modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Nichtoffener Wettbewerb | 03/2023

Neubau Europagymnasium Kerpen

ein 3. Preis

v-architekten GmbH

Architektur

RMP Stephan Lenzen Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Beurteilung durch das Preisgericht

Städtebaulich bietet der Entwurf einen sehr wertvollen Beitrag. Er reagiert auf die Situation mit dem fußläufigen Anschluss an die südlich gelegene Bebauung wie auch auf die Zufahrt durch den Busverkehr von Westen. Das Gebäudeensemble bildet einen großzügigen Platz nach Süden aus und bindet gleichzeitig den Zugang von Westen von den Bushaltestellen ein. Durch einen gut dimensionierten zweiten Vorplatz im Westen gelingt es den Entwurfsverfassern, der Schule nach Westen sowie nach Süden eine Adresse zu geben. Somit richten sich die lauteren Schulaußenraumflächen Richtung Stadt und die ruhigeren Lern- und Unterrichtsflächen orientieren sich zum Friedhof bzw. zu den durch den Kamm entstehenden Innenhöfen.

Durch die durchgängige Dreigeschossigkeit integriert sich das Ensemble einerseits gut in den Naturraum und der südlich vorhandenen Wohnbebauung und schafft andererseits ein Schulgebäude, das über die Geschosse hinweg gut zu Fuß zu erschließen ist. Durch die kurzen vertikalen Wege und die ausgedehnte Kammstruktur entstehen allerdings lange Wege in den einzelnen Geschossen. Der Schulkomplex gliedert sich in drei klar ablesbare Funktionsbereiche: Die Aula mit der Mensa, die Lernräume mit der Verwaltung und die Sporthallen. Dadurch gelingt es den Entwurfsverfassern, die öffentlichen Nutzungen hin zum Stadtteil zu positionieren und sie gleichzeitig einfach von den privaten Bereichen, den Lern- und Unterrichtsräumen der Schule, abzutrennen und separat zu betreiben. Eine Nutzung durch außerschulische Akteure ist damit gut umsetzbar.

Die Anordnung der Funktionen innerhalb des Schulgebäudes ist sinnfällig. Wenig überzeugend ist die introvertierte Einordnung der Bibliothek, deren Potenzial durch den vorgeschlagenen Standort unterbewertet erscheint. Die gewünschte Verbindung der Cluster der Jahrgangsstufe 8 und 9 mit Bibliotheksbereiche ist durch die Anordnung auf zwei unterschiedlichen Geschossen nicht umgesetzt. Die offene Treppe im Eingangsbereich ist für die Anzahl der Schule unterdimensioniert.

Die Cluster der Lern- und Unterrichtsbereiche der Sekundarstufe I sind im Erdgeschoss und im Obergeschoss angeordnet und werden über die Innenhöfe zwischen den Gebäudefingern sowie durch zusätzliche kleinere, aber ausreichend große, Lichthöfe angemessen mit Tageslicht versorgt. Damit wird die durch den Brandschutz notwendige Trennung des Clusters in zwei Einheiten vorbildlich umgesetzt. Auch die offenen Lernlandschaften werden natürlich belichtet. Durch die vorgeschlagene Struktur und die damit größtenteils umsetzbare Querlüftung ist der vorgeschlagene Lowtech-Ansatz glaubwürdig nachvollziehbar. Allerdings sind die offenen Lernlandschaften hin zur Pausenhalle Durchgangszonen und schränken dadurch die Nutzbarkeit dieser offenen Zonen für konzentriertes Arbeiten und Differenzierung ein. Es ist schade, dass der Wunsch nach mehr Offenheit in der Raumstruktur der Sekundarstufe II im zweiten Obergeschoss nicht umgesetzt wird.

Die vorgeschlagene Holz-Glas-Fassade bietet eine gute Lösung um alle Funktionen von der Pausenhalle über Mensa, Sporthalle und Lern- und Unterrichtsflächen in einer Struktur einzubinden, lässt aber gleichzeitig eine Vielfältigkeit und Lebendigkeit bezogen auf die enorme Größe der Schule und damit der Dimension der Schulgebäude vermissen.

Das Eingraben der Sporthallen wird auf der einen Seite aufgrund des großen Grundstückes hinterfragt, aber auf der anderen Seite auch positiv hervorgehoben, da so die Sporthallen großzügig mit Tageslicht versorgt werden können und Blickverbindungen zwischen Außenraum und Sporthallen entstehen, die den zentralen Platz auch in den Abendstunden beleben.

Der Entwurf überzeugt durch seine städtebauliche Anordnung. Die Verortung der Neubauten in einem „grünen Feldhain“ ist strategisch richtig und großräumlich nachvollziehbar. Der Arbeit gelingt es den Haupteingangsbereich der neuen Schule als großzügigen Antrittsraum im Westen des Baufelds einzuordnen. Über eine adressbildende Platzfläche werden auch tiefer im Baufeld liegende Aktionsräume des Schulhofes erlebbar, was positiv bewertet wird. Die Absenkung der angelagerten Sporthallen ist konzeptionell begründet, wird aber im Hinblick auf die barrierefreie Gestaltung kritisch hinterfragt. Die für die Planung als ordnendes Prinzip herangezogene Wegediagonale entwickelt eine Kraft, die ihrer Bedeutung nicht angemessen scheint. Ferner bleiben an vielen Ecken Restflächen, die dann etwas ungelenk mit Nutzungen belegt werden. Die hier vorgesehenen ergänzenden Spiel- und Sportfunktionen sowie das zusätzliche Wegeangebot können diese Einschränkungen nicht aufwiegen. Die Benachbarung der geplanten Großspielfelder zum südlich angrenzenden Wohnungsbaubestand wird in Bezug auf zu erwartende Lärmbelastung problematisch bewertet. Das Flächenangebot für das geplante Vereinsgebäude ist unzureichend.

Der nach Süden exponierte, zentrale Schulhof stärkt den Campuscharakter. Die Freiraumprogrammierung bleibt hier jedoch zu schematisch. Dies betrifft insbesondere die Kernfläche des Schulhofs deren Verschneidung als altersstufenbezogen, differenzierter Angebotsraum fragwürdig erscheint. In Richtung Friedhof entsteht durch das leichte Abrücken des Schulgebäudes ein plausibler, mit ruhigen Nutzungen programmierter Freiraum.

Der Beitrag setzt sich mit der Implementierung von Nachhaltigkeitsaspekten auseinander. Mehrfachcodierungen von Sportanlagen und Gebäuden zur Aktivierung regenerativer Energiequellen sowie der nachhaltige Einsatz von Baustoffen sind integraler Bestandteil der Konzeption. Die regenwassersensible Standortentwicklung wird leider nicht zur gestaltprägenden Freiraumprofilierung genutzt. Sie bleibt technisch, programmatischer Anspruch. Insgesamt stellt die Arbeit 1007 - trotz struktureller Defizite der Freiflächenorganisation im östlichen Bearbeitungsbereich - einen soliden und identitätsstiftenden Beitrag dar. Er verspricht die Entwicklung eines zukunftsorientierten, den neuen Lehr- und Lernformaten raumgebenden, Schulcampus.