modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Award / Auszeichnung | 03/2023

Große Häuser, kleine Häuser – Ausgezeichnete Architektur in Hessen 2018–2023

Seminarhäuser E12 E14, FB BAU Technische Hochschule Mittelhessen

DE-35390 Gießen, Bismarckstrasse 4a

Preisträger Simon-Louis-du-Ry-Plakette

hjp architekten PGmbB _ Prof. Jürgen Hauck, Herbert Osel

Architektur

Landesbetrieb Bau und Immobilien Hessen, Niederlassung Mitte

Bauherren

Projektdaten

  • Gebäudetyp:

    Hochschulen, Wissenschaft und Forschung

  • Projektgröße:

    1.360m² (geschätzt)

  • Status:

    Realisiert

  • Termine:

    Baubeginn: 09/2018
    Fertigstellung: 01/2021

Projektbeschreibung

Bei der Baumaßnahme handelt es sich um eine Erweiterung der bestehenden Campusbebauung „Südanlage“ durch den Neubau von zwei Seminargebäuden inklusive der Neugestaltung der umliegenden Freianlage.

Die Erweiterung der Seminarhäuser im Zentrum von Gießen ist bestimmt durch die Zeit, die besonderen Bedingungen des Umfeldes, die Nutzungsanforderungen, die Struktur des Gebäudes und seine logische Anordnung, die Angemessenheit der Mittel, das Material als Werkstoff, die Einfachheit und die Klarheit durch Beschränkung der Materialien.

Die neuen Seminarhäuser sollen die vorhandenen Räumlichkeiten des Fachbereichs Bau nicht ersetzen, sondern ergänzen. Lediglich die Modellbauwerkstatt wird aus dem Bestandsgebäude E10 in eines der Neubauten verlagert. Die beiden Neubauten schließen mit ihren gewählten Standorten den Campus ab und bildet somit einen Auftakt für ein lebendiges, studentisches Carée.

Die städtebauliche Struktur ist geprägt von der Suche nach einer räumlichen Form, die die Gegebenheiten des Ortes erkennt, freilegt und in einen neuen Kontext einbindet. Es geht um die Integration von traditioneller und moderner Bauweise, darum, dass die historischen Strukturen des Ortes Ausgangspunkt des Entwurfskonzeptes werden. Sensibel und schonend vorhandene historische Substanz zu berücksichtigen und einzubeziehen, Geschichte aufzudecken und anschaulich zu machen, sind die Leitgedanken für den Entwurf.

Architektur findet immer ein Umfeld vor, fügt meist etwas Neues hinzu. Ein neues Gebäude ist die Reaktion auf die Bedingungen seiner Umgebung. Die neue Bebauung übernimmt die einfachen ortstypischen Gebäudemerkmale wie Geschossigkeit und Traufhöhe der umliegenden Bestandsbauten. Die Anordnung der Gebäudeteile erzeugt ablesbare Baukörper und Strukturen. Die entstehenden Zwischenräume bilden Plätze für flexible Nutzungen aus.

Die Neubauten werden für die Lehre des Fachbereichs Bau der THM Technischen Hochschule Mittelhessen genutzt. Sowohl in der Nutzung als auch in der Materialität und der Konstruktion ist das Konzept der Neubauten klar ablesbar.:
Im Gebäudeteil E12 befindet sich im Erdgeschoss ein Seminarraum (studentischer Arbeitsraum) sowie WC-Räume. Im ersten und zweiten Obergeschoss befindet sich der Bereich der Modellbauwerkstatt mit zwei unterschiedlichen Werkräumen - einem "staubigen" Raum für staubintensive Arbeiten wie das Bearbeiten von Holz mit CNC-Fräsen, Band- und Tellerschleifern und einem "staubfreien" Raum zum Schneiden von Styrodur mit Styrocuttern, das Bearbeiten von Pappen mit dem Laser sowie kleinere Arbeiten an Werkstoffen wie Gips. Im zweiten Obergeschoss befindet sich zudem ein Maschinenraum mit einer Formatkreissäge, einer Tischkreissäge und einer Standbandsäge. Ergänzt werden die Geschosse durch raumhohe Einbaumöbel zur Unterbringung von weiteren Maschinen, die gleichzeitig auch als Lagerfläche für Modellbaumaterial dienen. Die Werkstatt ist mit einer Staubabsaugung und einer RLT-Anlage ausgestattet, die für eine notwenige Belüftung und Absaugung sorgt.

Im Gebäudeteil E14 befinden sich auf drei Ebenen Seminarräume, die der Nutzung als studentische Arbeitsplätze, sowie für Vorlesungen, Kolloquien und Ausstellungen dienen. Zusätzlich sind in den Räumlichkeiten Büroräume für Lehrstühle untergebracht.

Alle für den Bau der Gebäude verwendeten Materialien sind sichtbar belassen worden, sodass ein ehrlicher Umgang mit den Werkstoffen erfolgt. Die Wände wurden in konventioneller Betonbauweise errichtet, die Oberflächen ohne Anforderung an eine Sichtbetonklasse ausgebildet und lediglich roh belassen. Der so entstehende "rohe" Werkstattcharakter ist Grundlage für eine neutrale Nutzung der Räumlichkeiten ohne Ablenkungen durch "Übergestaltete" und verkleidete Oberflächen. Raumhohe Einbaumöbel bieten in den Rohbau integrierte Lagerflächen zur Ausstellung von studentischen Arbeiten, Modellen und Materialmuster. Leitungen und Technik wurden sichtbar verlegt sodass zukünftig zu erwartende Ausstattungsänderungen ohne großen Aufwand möglich sind. Gleichzeitig lässt sich so die funktionale Struktur der Gebäude klar ablesen.
Das Tragkonzept basiert aus aussteifenden Flachdecken, die in einem Raster auf Stützen und Wänden aufgelagert sind. Diese klare Tragwerksstruktur lässt sich auch in der Fassadenebene deutlich ablesen:
Vorgehängte Betonfertigteile an den Stirnseiten (Ost- Westfassaden) und eloxierte Pfosten-Riegel-Glasfassaden an den Süd- Nordfassaden prägen die äußere Gestalt. Die homogene, reduzierte Aussenhaut der Baukörper lässt alle notwenigen Nutzungen unter einer einheitlichen Struktur verschwinden und verleiht den Baukörpern einen klaren Charakter. Ziel der Fassadengestaltung war die Herstellung von offenen, lichtdurchfluteten Lern- und Arbeitsräumen. Die Spiegelung der Glasflächen lässt Alt und Neu miteinander verschmelzen. Die Rohdecken wurden mit einem Industrie- Verbundestrich in Anthrazit ausgeführt. Die Dachebenen der 3-geschossigen Gebäude wurden mit einem Gründach ausgebildet.

Die Gesamtanlage des Camus Bauwesen befindet sich im Zentrum von Gießen in der Südanlage.  Es erfolgt die Ausbildung einer „verbindenden Achse“ vom Hauptgebäude / Hugo von Ritgen-Haus bis zur Lonystraße, welche alle Gebäude auf dem Campus miteinander verknüpft.  Als Bodenbelag sind großformatige Betonplatten ebenengleich ausgeführt worden, welche die Rasterung der Betonvorsatzelemente aufnimmt und auf den Boden abdrückt. Eine neue Zufahrt für den parkenden PKW Verkehr wird von der Lonystraße auf das Grundstück ausgeführt.
Die neu geschaffenen Freiraumflächen – wie Plätze zwischen den Gebäudeteilen, spielen eine entscheidende Rolle. Der Campus entwickelt sich ausgehend vom Bestands-Hauptgebäude E10 (Hugo von Ritgen-Haus) als rhythmisierte Abfolge von Rasen- und Plattenstreifen, der seinen Abschluss an der Lonystraße findet.
Die PKW-Stellplatzflächen werden durch Rasenliner ausgebildet, um auch in unbelegtem Zustand ansprechend „grün“ wirken und den grünen Charakter des Ortes zusätzlich hervorheben sollen.
Das vorhandene Natursteinpflaster angrenzend am Gebäude der Bismarckstrasse 5 wurde aufgenommen, wiederhergestellt bzw. ergänzt, um den historischen Bestand zu erhalten und zu stärken.
Die Baumgruppe an der Bismarckstraße wird erhalten und um einen zusätzlichen Baum ergänzt um eine Einheitlichkeit zu gewährleisten. Ebenso wird ein grüner Korridor entlang der Bismarckstraße ausgebildet.