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Nichtoffener Wettbewerb | 10/2022

Gestaltung einer Stätte der Erinnerung und Mahnung für die Opfer des Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) in Erfurt

Schattenwurf

1. Preis

Wolf Kipper Architektur

Architektur

Dagmar Korintenberg

Kunst

realgrün Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

THEMA
Die Anschläge des NSU haben vielfältige Schatten geworfen:
Auf die Ermordeten, die willkürlich und mit äußerster Brutalität aus dem Leben gerissen wurden. Auf unsere Gesellschaft, in der rechtsradikale Strukturen bestehen können und im Fall des NSU über 10 Jahre nicht gesehen wurden. Auf uns alle, die wir in unserem Alltag eigene rassistische Strukturen nicht erkennen. Aber vor allem auch auf das Leben der Familienangehörigen und Freunde der Opfer, in deren Mitte nicht nur eine unwiederbringliche Lücke gerissen wurde, son- dern die bis heute unter dem Geschehenen leiden und denen auch lange Zeit von Behörden und der Öffentlichkeit die Einordnung und Aufklärung dieser terroristischen Gewalttaten verwehrt wurde. Die Gestaltung dieses Erinnerungsortes zeigt all diese Schatten auf, die auch auf das Land Thüringen als Herkunftsort der Täter:innen fallen.

STRUKTUR, FORMENSPRACHE UND INHALT
Sechs Torbögen aus pulverbeschichtetem Vierkant-Stahl tragen eine Ansammlung von Stahl- streifen. Aus zehn dieser Elemente sind die Namen der Mordopfer des NSU herausgelasert, sodass durch die Namen das Sonnenlicht scheint und sie so zu Schattenschablonen werden.
Je nach Wetterlage und Sonnenstand werden die Namen am Boden, auf dem Weg vom Bus- parkplatz zum Landtag, abgebildet, – fallen aber auch auf die im Erinnerungsort stehenden Besucher:innen. Andere Streifen sind nicht mit Namen versehen, diese werfen weitere Schatten, welche für die Opfer der rassistischen Gewalttaten des NSU stehen, die schwer verletzt und traumatisiert wurden.

INFORMATIONEN UND AUDIO-ELEMENTE
Informationstexte zu den terroristischen Anschlägen des NSU zwischen 1999 und 2007 finden sich auf den 15 cm breiten Innenflächen der Torbögen.
Ein QR-Code befindet sich ebenfalls auf den Gedenkstützen für die Anschlagsopfer, welcher auf eine Microsite weiterleitet. Hier werden Audio-Elemente und weitere Informationen bereitgestellt. Diese können von den Besucher:innen mit ihren Smartphones abgerufen und über Kopfhörer oder den im Telefon integrierten Lautsprecher angehört werden.
In den Audioaufnahmen möchten wir Angehörige einladen, Erinnerungen zu den Mordopfern der Terroranschläge zu teilen – Aussagen, die den Mensch in den Vordergrund stellen, Angehörige, die bereit sind, auf diese Weise zur Gestaltung des Erinnerungsortes und zum Gedenken an die geliebte Person selbst beizutragen. Wünschen die Angehörigen keinen Sprachbeitrag wird eine Tonspur mit Umgebungsgeräuschen am Anschlagsort erstellt.
Die Aufnahmen sollen im alltäglichen Lebensumfeld oder an den Anschlagsorten aufgenommen werden. Hintergrundgeräusche nehmen die Höhrer:innen so auf der Audiospur mit – es entsteht eine akustische Brücke zwischen dem Erinnerungsort und den jeweiligen Anschlagsorten.

LAGE UND POSITIONIERUNG
Als städtebaulicher und gestalterischer Auftakt einer „Repräsentationsachse“ ist der Beethoven- platz geprägt durch die aus der Grundkonzeption erhaltene Geometrie und Axialität der in den 1920er Jahren gestalteten Ursprungsanlage. Der Erinnerungsort nimmt diese Achse auf und posi- tioniert sich im Vorbereich der Treppenanlage. Das Mahnmal fügt sich in das Ensemble und wird als Teil der Grünanlage wahrgenommen. Durch seine luftige Konstruktion aus filigranen Torbögen und den verbindenden Streifen wird ein dreidimensionaler, allseits offener Ort definiert, der aus allen Richtungen barrierefrei durchgangen werden kann. Die bestehenden Wege- und Sichtachsen und die öffentliche Nutzung der Parkanlage werden nicht beeinträchtigt. Zur Integration des Erinnerungsortes in die Parkanlage trägt auch die reduzierte Material- und Formensprache bei, die Wassergebundene Decke wird beibehalten und die Punktfundamente minimieren die Eingriffe in den Baugrund.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Thema des Verfahrens der Gestaltung einer Stätte der Erinnerung und Mahnung für die Opfer des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) in Erfurt wurde überzeugend umgesetzt. Durch die gewählte Gestaltung des Erinnerungsortes wird der Schatten aufgenommen, der durch die NSU-Morde auf vielen Bereichen der Gesellschaft liegt.
Aus zehn Stahlelementen sind die Namen der Mordopfer des NSU herausgelasert, sodass durch die Namen das Sonnenlicht scheint und sie so zu Schattenschablonen werden. Je nach Wetterlage und Sonnenstand werden die Namen am Boden, auf dem Weg der Besucher/-innen von der Busankunft zum Landtag, abgebildet. Die durch das Licht entstehenden Namen fallen aber auch auf die sich im Erinnerungsort aufhaltenden Besucher/-innen. Andere Streifen sind nicht mit Namen versehen, diese werfen weitere Schatten, welche für die Opfer der rassistischen Gewalttaten des NSU stehen, die schwer verletzt und traumatisiert wurden.
In der technischen Umsetzung stellt sich die Frage nach der "richtigen" Schablonen-Schrift, die einen optimalen Schattenwurf erzeugt.
In der Arbeit 1060 finden sich Informationstexte zu den terroristischen Anschlägen des NSU zwischen 1999 und 2007 auf den 15 cm breiten Innenflächen der Torbögen. Zusätzlich soll ein QR-Code, der sich ebenfalls auf den Gedenkstützen für die Anschlagsopfer befindet, auf eine Webseite weiterleiten. Hier sollen Audio-Elemente und weitere Informationen bereitgestellt werden. Zur Bereitstellung und Abstimmung der Inhalte (Text und Audio), um auch die Thematik des "Staatsversagens" besser in die ausgezeichnete Arbeit zu integrieren, empfiehlt das Preisgericht einen Abstimmungsprozess unter der Federführung des Auslobers.
Lageplan

Lageplan

Aufsicht

Aufsicht

Infotafeln

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