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Nichtoffener Wettbewerb | 10/2022

Gestaltung einer Stätte der Erinnerung und Mahnung für die Opfer des Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) in Erfurt

Anerkennung

Braun Engels Gestaltung

Kunst

NUWELA Büro für Städtebau und Landschaftsarchitektur

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Künstlerische Konzeption/Gestaltung

Die erste Annäherung an die Erinnerungsstätte zeigt einen monolithischen, längsgestreck- ten Block aus hellem, gestocktem Beton. Der Block wächst ohne sichtbaren Sockel aus dem Boden heraus. Die eingearbeitete Schrift aus poliertem, bronzefarbig abgetöntem Edelstahl gedenkt der Opfer und ist gleichzeitig Appell gegen Rassismus und für Vielfalt und Toleranz. Die Namen der Opfer, die Orte der Verbrechen und das Datum der Taten sind – entlang der Chronologie der Taten – frei angeordnet. Form und Platzierung des Mahnmals fügen sich in das Gesamtbild des Platzes ein, zeigen aber gleichzeitig Präsenz.

Der Entwurf wirkt damit auf den ersten Blick zurückhaltend und dem Gedenken angemessen. Erst der zweite Blick auf das Mahnmal offenbart eine weitere, inhaltlich gleichwohl genauso relevante Ebene: Die Oberseite besteht aus gewalztem Stahl und öffnet sich über die gesamte Länge hin nach unten, in das Innere des Betonblocks hinein. Die Öffnung ist trichterförmig und weckt die Assoziation an einen überdimensionalen Aktenvernichter.
Die den Betrachter*innen zugewandte Fläche enthält Texte und Aussagen zum Versagen der Ermittlungsbehörden bei der Aufklärung, des Verfassungsschutzes, seinem fragwürdigen Umgang mit V-Läuten, zu Vertuschung und Vernichtung von Unterlagen sowie vielen
bis heute ungeklärten Fragen. Der Text verliert sich in der Tiefe des Blocks und entzieht sich nach und nach der Lesbarkeit.

Ein Denkmal zu den NSU-Morden in Erfurt, in Sichtweite zum Thüringer Landtag, wäre ohne einen klaren Verweis auf die Versäumnisse bei der Aufklärung und Strafverfolgung unvollständig. Erst die Verknüpfung zu diesen Aspekten macht ein Denkmal an diesem Ort sinnvoll.

Zwischen dem Mahnmal und der Inschrift des Thüringer Landtags auf dem gegenüber liegenden Mauervorsprung wird eine Blickverbindung geschaffen.


Freiraum und räumliche Disposition

Die Landschaftsarchitektur verfolgt das Leitbild eines minimal-invasiven Eingriffs in den Bestand des Beethovenplatzes. Nichts soll durch etwaige zusätzliche Gestaltung oder Materialität im Freiraum von dem neuen Objekt des Gedenkens, Mahnens und Erinnerns ablenken.
Durch eine wohlbedachte räumliche Setzung und wenige landschaftsarchitektonische Eingriffe entsteht eine kontemplative Situation, die dem Mahnmal einen Ort gibt und Passant*innen zum Innehalten einlädt. Bestehende Materialitäten wie die ortbildprägenden Natursteinmauern und Treppenanlagen sowie der gewachsene Baumbestand werden erhalten und ergänzt bzw. ertüchtigt.