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Award / Auszeichnung | 10/2022

Baukultur Hohenlohe-Tauberfranken 2023

Ansicht Süd

Ansicht Süd

Büroscheune Obermaßholderbach

DE-74613 Öhringen, Zum Buschfeld 5

Auszeichnung / Hohenlohekreis

Steinbach Bernhardt Architekten

Architektur

Tobias Finckh

Architektur

Roland Steinbach, Freier Landschaftsarchitekt

Bauherren

steinbach schimmel architekten

Architektur

Projektdaten

  • Gebäudetyp:

    Büro-, Verwaltungsbauten

  • Projektgröße:

    180m² (geschätzt)

  • Status:

    Realisiert

  • Termine:

    Baubeginn: 10/2018
    Fertigstellung: 07/2020

Projektbeschreibung

Idee und Anlass
Die Dörfer des Hohenlohekreis in Baden-Württemberg sind geprägt von landwirtschaftlichen Gebäuden und Hofstellen. Mit ihren für diese Region typischen Fachwerk-Konstruktionen aus Eiche und den steilen Satteldächern bestimmen sie den Charakter der Ortschaften. Der Umbau von Scheunen und ehemaligen Wirtschaftsgebäuden ermöglicht Nutzungen, die der heutigen Arbeits- und Lebensrealität entsprechen und sichert somit deren Erhalt. Als Erweiterung eines ansässigen Planungsbüros für Landschaftsarchitektur wird eine Scheune wieder zum Mittelpunkt des sich wandelnden, ländlichen Arbeitslebens.

Die umgebaute Fachwerkscheune aus dem Jahr 1800 steht in Obermaßholderbach bei Öhringen. Früher war sie Teil einer landwirtschaftlich genutzten Hofstelle. Das Gebäude hatte ursprünglich zwei Tennen mit großen Holztoren. Zu den beiden Giebeln Richtung Nord und Süd war die Scheune unterkellert, darüber war bis zum First Platz zur Lagerung der Ernte. Im mittleren Bereich zwischen den beiden Tennen befand sich im Erdgeschoss der Kuhstall, davor die Miste. Über die gesamte Länge der Scheune war der Dachboden als Lagerfläche genutzt. Zusätzliche Ebenen auf den verschiedenen Höhen der Balkenlagen erweiterten die Fläche.
Als landwirtschaftliches Gebäude hat die Scheune eine Geschichte des Wandels und der Umnutzung hinter sich. Der Vater des jetzigen Eigentümers griff immer wieder in die Substanz ein, um das Gebäude den sich ändernden Bedingungen der Landwirtschaft anzupassen. Der Scheunenbereich am Südgiebel wurde in den 70er Jahren zum Kuhstall umgenutzt. Dafür wurde der darunter liegende Keller abgebrochen, da das Gewölbe eine ebenerdige Erschließung vom Hof verhinderte. In das Fachwerk des Giebels wurden kleine Fenster integriert, um den Stall zu belichten und Luftaustausch zu ermöglichen. Nach Aufgabe der Nutztierhaltung diente das Gebäude weiter als Lager für Geräte und Maschinen.

Der jetzige Besitzer, ein Landschaftsarchitekt, machte sich im Jahr 1998 im Wohnhaus des Hofes selbstständig. Schnell wurde ein größeres Büro gebraucht und so kam die Idee, die vorhandene Scheune einer neuen Nutzung zuzuführen. Im Jahr 2001 wurden dafür in einem ersten Bauabschnitt etwa zwei Drittel der Erdgeschossfläche - Scheunenbereich am Nordgiebel mit Tenne und dem ehemaligen Stall in der Mitte - umgebaut. Die ehemalige Tenne mit Scheunentor wurde verglast und diente als Eingang.
17 Jahre später war der Platz für die steigende Mitarbeiterzahl des Büros erneut ausgeschöpft. So entschied man, in einem zweiten Bauabschnitt, den noch nicht sanierten, südlichen Scheunenbereich zusammen mit der zweiten Tenne auszubauen. Das Raumprogramm sah einen abgeschlossenen Besprechungsraum, einen Rückzugsbereich für die Mitarbeiter und weitere Arbeitsplätze vor. Außerdem war die Erschließung ins Dachgeschoss der Scheune zu lösen.

Konzept Architektur
Zentrales Anliegen des Entwurfs war es, die ursprüngliche Struktur und Funktion der Scheune in die neue Nutzung zu übertragen. Das Konzept sieht die Einfahrt, früher genutzt um Heu auf den Boden zu heben, als Erschließungszone vor. Die Balken der historischen Zimmermanns-Konstruktion geben eine klare Dreiteilung der Scheune von Traufe zu Traufe vor. Vom Hof aus gelangt man über einen kleinen überdachten Eingangsbereich ins Büro. Hier erschließt eine Treppenskulptur aus schwarzem Zunderstahl alle Ebenen und schafft einen Bezug zur ursprünglichen Nutzung - horizontaler Zugang vom Hof und vertikale Erschließung der verschiedenen Heuböden. Um die Treppe orientieren sich Kommunikationsbereiche, Arbeitsplätze und der sich in den Garten öffnende Besprechungsraum auf verschiedenen Niveaus. Wie Bilder an einer Wand rahmen die Fenster im Besprechungsraum verschiedene Bereiche des Gartens und heben die Arbeit der Landschaftsarchitekten hervor. An der Fassade ist das neu erstellte Kellergeschoss durch einen Materialwechsel vom Fachwerk abgehoben. Die Fenster sind hier in verschiedenen Größen frei in der Wundfläche verteilt. Darüber wurde das Fachwerk aus Eiche mit seinem Mauerwerk aus Bruchstein sichtbar belassen. Die kleinen Fensteröffnungen des ehemaligen Stalls belichten heute die Arbeitsplätze.

Aus Wertschätzung gegenüber der ursprünglichen Konstruktion, den einfachen Materialien und dem Handwerk, werden für den Umbau im Wesentlichen Lehm, Beton, Holz und Zunderstahl verwendet. Die neue Gründung und das Tiefparterre sind in Beton ausgeführt. Nach dem Ausschalen wurde der Beton mit Wasser gestrahlt. Der Estrich ist in geschliffenem Zustand sichtbar belassen. Für die Innendämmung des Fachwerks kommt eine Schüttung aus Lehm und Hanf in Kombination mit einer Wandheizung zum Einsatz. Das Dach ist mit Stopfwolle aus Hanf gedämmt. Sämtliche Innenwände und die Dachschrägen sind in Lehmputz realisiert. Die beiden Türen zum Besprechungsraum und ins Dachgeschoss sind aus Eiche. Die zentrale Treppe und weitere Möbel sind aus schwarzem Zunderstahl gefertigt. Natürliche und roh belassene Materialien gehen eine spannende Verbindung mit dem Bestand ein und machen die Sanierung zu einem zeitlosen Eingriff in die Baugeschichte der Scheune.

Beurteilung durch das Preisgericht

Durch Erhalt und Umnutzung des Scheunengebäudes der ehemaligen elterlichen Hofstelle gelingt es in hervorragender Weise die prägende dörfliche Struktur zu erhalten und gleichzeitig eine neue Arbeitswelt mit zeitgemäß moderner Ausprägung zu implementieren. Mit wohl gesetzten Eingriffen in hervorragender architektonischer Qualität gelingt hier ein in jeder Hinsicht beispielgebender Bestandserhalt. Die äußerst angemessenen und naturnah gestalteten Freibereiche ergänzen die Architektur in symbiotischer Weise und runden das Gesamtbild in harmonisch ab.
Besprechungsraum

Besprechungsraum

Eingang

Eingang

Arbeitsplätze

Arbeitsplätze

Zwischenebene

Zwischenebene

Scheunenfenster

Scheunenfenster

Ebene 2

Ebene 2

Dachspitz

Dachspitz

Blick ins Treppenhaus

Blick ins Treppenhaus