Award / Auszeichnung | 04/2023
polis Award 2023
©scape Landschaftsarchitekten und Gereon Holtschneider
Landschaft als Impulsgeber - Eine abstrahierte Flusslandschaft als gestalterisches Leitmotiv
Platz an der Wupper - Rückeroberung des Stadtraums durch einen hybriden Platz in Wuppertal-Elberfeld
2.Preis Lebenswerter Freiraum
Landschaftsarchitektur
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Verfasser
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Mitarbeit
Valentin Dreisen, Martin Joschko, Florian Selle, Ben Zemke, Stefanie Trobisch
Lichtplanung
Architektur
Jakob Leonhards Söhne GmbH & Co. KG
sonstige Fachplanung
Projektdaten
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Gebäudetyp:
Landschaft und Freiraum
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Projektgröße:
keine Angabe
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Status:
Realisiert
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Termine:
Baubeginn: 04/2021
Fertigstellung: 05/2022
Projektbeschreibung
Ausgangspunkt für die Gestaltung des ehemaligen Busbahnhofgeländes in zentraler Lage in Wuppertal-Elberfeld ist der Flusslauf der Wupper. In Anlehnung an den ursprünglichen, natürlichen Flussverlauf mit Inseln, Geröllbänken und grünen, baumbestandenen Ufern prägt der neue Platz an der Wupper den Stadtraum und trägt zur Erhöhung der Grünanteils in der urbanen Umgebung bei. Als hybrider Platz ist er Uferpark und Platz am Wasser zugleich.
Die Baukörper des Infopavillons, der Drogenanlaufstelle Café Cosa und der Bambusgarten am Abgang zum unter dem Platz befindlichen Luftschutzbunker, der zukünftig als Event- und Clubraum genutzt wird, gleichen in ihrer Formgebung Kieseln in der Flusslandschaft. In Anlehnung an diese Motiv sind sechs in Auf- und Ansicht organisch geformte Vegetations-“Kiesel“ locker über die Fläche verteilt und schaffen im Zusammenspiel mit einer differenzierten Pflanzenverwendung einen außergewöhnlichen grünen Platz mit urbanen Qualitäten.
GRÜNER STADTBAUSTEIN
Bei der Neugestaltung des Platzes an der Wupper handelt es sich um den letzten Baustein des 2022 abgeschlossenen Großprojektes „Döppersberg“, mit dem der Bereich zwischen dem Wuppertaler Hauptbahnhof, Schwebebahnstation und der Elberfelder City verkehrlich und städtebaulich neu organisiert wurde. Ziel war die Inwertsetzung und Attraktivitätssteigerung des gesamten Bahnhofsumfeldes, indem die Innenstadt mit dem Bahnhofsbereich ebenerdig zusammengeführt und neu strukturiert wurde. Zu den baulichen Maßnahmen gehörte auch die Absenkung der Bundesallee B7 auf einer Strecke von zirka 600 m, die den Platz südlich flankiert. Der Platz ist direkt an der verlängerten Fußgängerzone „Alten Freiheit“ gelegen und bildet als Gegenpol zur pulsierenden Innenstadt einen ruhigen, grünen Verweilort an der Wupper.
MATERIALITÄT + NUTZUNGEN
Auf mehr als 30 km durchfließt die Wupper das Wuppertaler Stadtgebiet, doch nur an wenigen Stellen ist das Wupperufer begeh- und erlebbar. Der Platz schafft einen neuen Aufenthaltsort am Wasser, der nicht nur bei Hitzeperioden für angenehme Kühle sorgt. Das Wupperufer wurde bewusst von Einbauten freigehalten, um das Flanieren und den Aufenthalt am Wasser und im Schatten der Bestandsbäume zu ermöglichen. Der Einsatz von robusten Materialien unterstützt die multifunktionale Nutzbarkeit. Die Vegetationsinseln sind durch individuell angefertigte, amorph geformte Einfassungen aus mittelgrauem Granit abgegrenzt. An geeigneten Stellen wurden Sitzauflagen und Rückenlehnen aus Holz ergänzt. Die Wegeflächen wurden in Asphalt mit sandfarbener Abstreuung ausgebildet. Frei schwingende, 40-70 cm breite Bänderungen aus hellem Asphalt mäandrieren über den Platz und symbolisieren die Wupper, die abstrakt den Stadtraum zurückerobert. Der Platz wird zum eigenständigen, landschaftlichen Signet in der Stadt.
SOZIALER TREFFPUNKT
Der Platz an der Wupper ist ein intensiv genutzter, multikultureller Treffpunkt in Wuppertal-Elberfeld. Die transparente und robuste Gestaltung bietet Aufenthaltsmöglichkeiten für verschiedenste gesellschaftliche Gruppen. Der Platzgestaltung ging eine intensive Diskussion in Bürgerschaft und Politik über den neuen Standort des Café Cosas, das im östlichen Pavillon auf dem Platz untergebracht ist, voraus. Das Café Cosa ist ein Kooperationsprojekt mit dem Jobcenter Wuppertal und erste Anlaufstelle für drogengebrauchende oder obdachlose Menschen, die ihren Lebensmittelpunkt auf der Straße haben. Der barrierefrei zugängliche, transparent gestaltete Platz wirkt freundlich und lädt alle Bevölkerungsgruppen zum Aufenthalt ein.
VEGETATIONSKONZEPT
Die sechs großen Vegetationsinseln nehmen das Thema der artifiziellen Flusslandschaft auf und sind mit sanft modellierte Rasen- bzw. Pflanzflächen und Baumpflanzungen begrünt. Durch den zusätzlichen Bodenaufbau wurde sowohl für die Bestandsbäume, als auch für die Baumneupflanzungen ein optimaler Wuchsraum über dem unter dem Platz befindlichen Luftschutzbunker geschaffen. Das Motiv des dynamischen Platzes am Wasser wird auch in der Pflanzenauswahl konsequent umgesetzt: Drei mehrstämmige Zelkovien (Zelkova serrata) auf den Baumkieseln sowie eine schlitzblättrige Erle (Alnus glutinosa ‚Laciniata‘) nördlich des Infopavillons schaffen ein malerisches Bild und tragen zur unverwechselbaren Atmosphäre des Ortes bei. Die südlichen zwei langgezogenen Pflanzbeete zur Bundesallee sind mit hochwüchsigen, im ausgewachsenen Zustand ca. 4-5 m hohen Bambusvorhängen bepflanzt, die den Platz zur Straße hin abschirmen.
LICHT
Eine differenzierte Lichtführung akzentuiert die fließenden Räume und Formen. Die platzprägenden Gestaltungselemente werden hervorgehoben. Ein hohes Grundlichtniveau auf dem gesamten Platz stärkt die dynamische Bänderung in der Belagsfläche und stützt das individuelle Sicherheitsgefühl. Die Umsetzung erfolgte mit ausrichtbaren LED Strahlern an konisch geformten Leuchtenmasten. Die Höhe der Masten von 6 bis 10 m ist auf den angrenzenden Hochbau und die Baumkronen der Bestandsbäume abgestimmt.
©scape Landschaftsarchitekten und Gereon Holtschneider
Wupperpromenade - Schaffung einer Fußgängerpromenade am Ufer der Wupper mit Verweilorten im Schatten von Bestandsbäumen
©scape Landschaftsarchitekten und Gereon Holtschneider
Hybrider Platz - Sechs große weich modellierte Vegetationsinseln sorgen als stilisierte Flusskiesel für die maximale Begrünung des Platzes
©scape Landschaftsarchitekten und Gereon Holtschneider
Amorph geformte Einfassung aus mittelgrauem Granit vor dem ‚Café Cosa‘, einer neue soziale Anlaufstelle für Suchtkranke in Wuppertal
©scape Landschaftsarchitekten und Gereon Holtschneider
Fließende Räume - Frei schwingende, dynamische Bänderungen aus Asphalt mit sandfarbener Natursplitt-Beschichtung symbolisieren die Wupper, die abstrakt den Stadtraum zurückerobert
©scape Landschaftsarchitekten und Gereon Holtschneider
Lage des Platzes an der Wupper im urbanen Kontext
©scape Landschaftsarchitekten
Nachtaspekt - Der Beleuchtungsentwurf hebt die platzprägenden Gestaltungselemente wie die dynamische Bänderung der Belagsfläche hervor
©scape Landschaftsarchitekten und Gereon Holtschneider
Lichtkonzept - Eine differenzierte Lichtführung akzentuiert die fließenden Räume und Formen. Eine hohe Grundhelligkeit sorgt für eine gute soziale Kontrolle
©scape Landschaftsarchitekten
Entwurfsplan - Gestaltungskonzept und Lage des Platzes an der Fußgängerachse Wuppertal Hauptbahnhof - Innenstadt / Wupperufer in Wuppertal-Elberfeld
©scape Landschaftsarchitekten
Schnitt - Platzaufbau mit Luftschutzbunker