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Nichtoffener Wettbewerb | 03/2023

Neubau Köstlinschule Tübingen

Blick vom Pausenhof

Blick vom Pausenhof

3. Preis

Preisgeld: 11.000 EUR

Cheret Bozic Architekten

Architektur

Mundsinger + Hans I freie Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Die Besonderheit der gestellten Aufgabe ist komplex: einerseits soll sich der Neubau der Grundschule in das Ensemble der Musikschulbauten einfügen. Andererseits soll er sich als „Neuankömmling“ im heterogenen stadträumlichen Umfeld behaupten und eine markante Adresse an der Wilhelmstraße bilden. Außerdem gilt es auf dem knapp bemessenen Grundstück zu beachten, dass den Schülern ein ausreichend großer und differenzierter Schulhof zur Verfügung steht.
stadträumliches Konzept
die neue Grundschule ist in einem kompakten Volumen organisiert. Dies hat zunächst den Vorteil, dass eine relativ große und gut belichtete Fläche im Freibereich nicht überbaut ist und diese sowohl den Kindern aus der Musikschule als auch von denen aus der Grundschule als Schulhof zur Verfügung steht. Zur Wilhelmstraße hin ist der Schulhof mit dem Nebengebäude für den Fahrradunterstand gefasst, der auch als Schallschutzbarriere fungiert und klar definierte und gut erkennbare Eingänge auf das Schulgelände definiert. Das kompakte Volumen erscheint an der Wilhelmstraße als markanter und weithin sichtbarer Stadtbaustein. Der Bestand wird kompositorisch mit einem weiteren Flügel ergänzt und erscheint nach der Fertigstellung als stadträumlich stabiles Gesamtensemble mit differenzierten Bezügen zwischen den einzelnen Bauteilen und zu den Außenräumen. Dies wird durch die neu gesetzte Umfassungsmauer noch verstärkt.
Da der Weg zu den Nebenräumen des Küchenbereichs kurz ist, schlagen wir für die Anlieferung einen geregelten Stellplatz an der Wilhelmstraße vor. Dieser dient auch als Standplatz für die Feuerwehr. Der Schulhof ist in Ausnahmefällen, beispielsweise der Grünpflege, für Fahrzeuge auch direkt befahrbar. Die beiden geforderten Stellplätze für Behinderte sind ebenfalls als Längsparker an der Wilhelmstraße angeordnet.
architektonisches und innenräumliches Konzept
im Erdgeschoss ist der künftige Haupteingang zentral auf den Schulhof ausgerichtet. Das über ein Oberlicht mit Tageslicht versorgte Foyer dient als zentraler Verteiler in alle Bereiche des Gebäudes. Für größere Schulfeiern kann es mit der Öffnung der Mensa erweitert werden. Die pädagogische Küche lässt sich ebenfalls zur Mensa hin öffnen.
Die ebenfalls zentrale Treppe sorgt für eine gute Orientierung im Haus. In den Obergeschossen sind hier auf kurzem Weg jeweils zwei Clusterbereiche angeschlossen, deren Lernateliers über einen Innenhof belichtet sind. Jeweils zwei Schulklassen eines Jahrgangs bilden eine abgeschlossene Einheit. Ein Aufzug sorgt für die barrierefreie Erschließung aller Bereiche. An drei Seiten der Gebäudehülle sind Umgänge in Form einer raumhaltigen Fassade vorgesehen. Sie sind Teil des Brandschutzkonzepts und dienen samt der beiden Außentreppen als Rettungsweg.
Die geschlossenen Brüstungen schirmen die Emissionen aus der Wilhelmstraße ab und dienen darüber hinaus dem Sonnenschutz. In einem weiterführenden und qualifizierten Konzept für die akustischen Belange wäre zu untersuchen, ob Teilflächen der raumhaltigen Fassade schallabsorbierend ausgeführt werden sollten. Eine weitere Option wäre das Belegen der Brüstungen mit Photovoltaikelementen.
Die Gymnastikhalle ist abgesenkt. Ihre lichte Raumhöhe erlaubt die zweigeschossige Organisation der Neben- und Technikräume sowie die für den Werkraum und die Schulsozialarbeit, welche nach Westen hin dank eines Lichthofs mit Tageslicht versorgt werden. Der Lichthof dient auch als zweiter Rettungsweg im Freien. Außerhalb des Schulbetriebs ist die Gymnastikhalle mit Erschließung über das Foyer auch für Außenstehende erreichbar.
Freianlagen
Der Schulhof der Köstlinschule wird begrenzt durch die umgebenden Neubauten der Grund- und Musikschule. Im Westen des Gebäudes befindet sich ein Lichthof, der den Kreativ- und Sportbereich der unteren Geschosse nach außen erweitert. Neben einer Terrassenfläche und begleitender Sitzkante, beinhaltet der Lichthof eine Bepflanzung als grünem Rahmen mit Strauchhain. Im Obergeschoss der Grundschule wird das Thema Nachhaltigkeit und Natur in Form des innenliegenden Schulgartens ins Zentrum des Schullebens gerückt. Die SchülerInnen können gärtnern, beobachten und mit der Natur mitwachsen.
Den Schulhof kann man im Norden über die Frischlinstraße und im Süden über die Wilhelmstraße erreichen. Die Eingänge sind durch zurückversetzte Nischen erkennbar und führen auf eine großzügige Belagsfläche. Durch die gewollte Abgrenzung zu den angrenzenden Verkehrsräumen entsteht ein geschützter Bereich für die Kinder der Grundschule. Wie ein grünes Band ziehen sich Einzelbäume mit Pflanz- und Sitzinseln durch die Schulhofflächen. Die entstehenden Kleinräume können als Ruhe- und Rückzugsbereiche, Begegnungs- und Spielräume genutzt werden. Eine größere grüne Insel dient zudem als Retentionsraum für das dezentrale Regenwassermanagement. Wasserdurchlässige Beläge und ein einheitliches Erscheinungsbild schaffen Großzügigkeit im klar begrenzten Schulhof. Im rückwärtigen Innenhof der Musikschule ergänzt ein grünes Klassenzimmer mit atriumartigen Sitzstufen und Baumdach das Nutzungsrepertoire der Grundschule. Im Zentrum des Schulhofs liegt eine Spielinsel mit Klettermöglichkeiten.
Die südliche Schulhofgrenze bildet ein Nebengebäude für Fahrräder, Roller und Müllbehälter mit schützendem und lärmminderndem Effekt zur Wilhelmstraße hin. Der öffentliche Fußweg entlang der Wilhelmstraße wird leicht nach Norden verschwenkt, sodass eine Andienungs- und Servicefläche am Straßenrand entsteht. Hier können die Behindertenstellplätze sowie eine großzügige Freifläche für Anlieferung, Müllentsorgung und weitere Bedarfe untergebracht werden. Der neu entstandene Vorplatz zum Schulhof und zur Musikschule gibt dem öffentlichen Freiraum eine neue Qualität und sichere Adresse. Die sich wiederholenden Grünflächen entlang der Wilhelmstraße geben den Schulen wieder einen ergänzenden grünen Rahmen. Zusätzliche neue Straßenbäume greifen das ortstypische Bild auf. Die Dächer sind nachhaltig begrünt und sinnvoll mit Photovoltaik ergänzt.
Konstruktion und Materialität
Die erdberührenden Untergeschosse sind im Massivbauweise geplant: tragende und aussteifende Wände sowie die Geschossdecken in Recyclingbeton mit CO2-reduziertem Zement. Das Baugrundgutachten beschreibt einen uneinheitlichen Untergrund. Wir gehen davon aus, dass das Untergeschoss als steifer Kasten mit Plattengründung realisiert werden kann.
Die Obergeschosse sind in Holzbauweise konzipiert: tragende Stützen und Unterzüge in BSH, alternativ in BauBuche. Für die Decken sind Kostenelemente vorgeschlagen, z.B. CLT-Box oder Lignatur. Die Hohlräume können je nach Anforderung aus der Raumakustik oder der Wärmedämmung befüllt werden. Tragende und nichttragende Innenwände sind in Massivholzbauweise, z.B. Brettstapel oder BSP konzipiert, einseitig aus raumakustischen Gründen beplankt. Für die Gebäudehülle ist die Holzrahmenbauweise vorgeschlagen. Die gesamte Holzkonstruktion kann in einzelnen Elementen großformatig vorfabriziert werden. Dies hat den Vorteil der bestmöglichen baulichen Qualität und durch kurze Montagezeiten eine kurze Bauzeit.
Entsprechend der Charakteristik eines Holzbaus wird angestrebt, im Gebäudeinneren ausgewählte Flächen holzsichtig zu belassen. Als äußere Bekleidung der Gebäudehülle sind Dreischichtplatten vorgesehen, Oberflächen gebürstet und deckend lasiert. In besonders bewitterten Teilbereichen kann acetyliertes Holz zum Einsatz kommen.
Die außen umlaufende Struktur zur Entfluchtung ist in nichtbrennbarem Material geplant: Stahlprofile und Gitterroste, die Brüstungsbekleidung aus farbig pulverbeschichtetem Wellblech.
Wirtschaftlichkeit, Flächeneffizienz und Umnutzungsfähigkeit
Die Kompaktheit des Neubaus mit einem günstigen A/V-Verhältnis bildet die Grundlage für ein hohes Maß an Wirtschaftlichkeit. Dies wird unterstützt durch die einfache und klare geometrische Grundordnung, die dem Entwurf zugrunde liegt.
Dasselbe gilt für die Flächeneffizienz. Das Verhältnis zwischen Nutz- und Verkehrsflächen ist optimiert. Durch die Verbindung oder auch Öffnung von Räumen zueinander lässt sich ein hohes Maß an Synergie erreichen.
Die klare geometrische Grundordnung und die Differenzierung in tragende und nichttragende Wände erlaubt ein hohes Maße an Flexibilität. Änderungen im Raumgefüge sind konstruktiv machbar.
Lebenszykluskosten
Das Tragwerk und die Raumbildungen sind simultan aufeinander abgestimmt und können in der reduzierten Bauweise als angemessen gelten.
Im Holzbau lassen sich verschiedene Energiestandards bis hin zu dem von Passiv- oder Nullenergiehäuser vergleichsweise gut erreichen. Die Versorgung mit Tageslicht senkt den Verbrauch für die Raumbeleuchtung. Es ist außerdem vorgeschlagen, die aus Fotovoltaik gewonnene Energie in Salzwasserspeicher zu speichern.
Alle Materialien sind robust und lassen sich leicht reinigen. Dank des Umgangs in den Obergeschossen ist ein Großteil der Fassade zu Reinigungszwecken gut zugänglich.
Ressourcen, Energie, Nachhaltigkeit
Dank des kompakten Volumens kann die Versiegelung der Freiflächen auf ein Mindestmaß reduziert werden. sämtliche Dachflächen sind begrünt
Überschüssiges Oberflächenwasser und/oder auch Grauwasser wird in einer Zisterne gesammelt und steht der Bewässerung der Freiflächen zur Verfügung.
Der nachwachsende Rohstoff Holz garantiert naturgemäß CO2-Neutralität, ist Ressourcen schonend und recycelbar. Sämtliche Elemente und Bauteilaufbauten sind mit lösbaren Verbindungen montiert und können im Falle eines Rückbaus aus dem Verbund gelöst und wiederverwendet oder -verwertet werden.
Alle Fügungen sind einfach und die Oberflächen robust, sodass von einer langen Nutzungsdauer mit langen Erneuerungsintervallen ausgegangen werden kann
Die Stoffkreisläufe können kurz gehalten werden und auch in der Fertigungstechnik trägt der Holzbau im Vergleich zu anderen Konstruktionsweisen nur in geringem Maß graue Energie in das Bauwerk ein und der CO2-Fußabdruck ist klein.
Die Summe aller natürlichen Vorteile des Holzbaus werden zu einer günstigen Gesamtenergie- und Klimabilanz führen. Dasselbe gilt für den Betrieb des Gebäudes, insbesondere dann, wenn auch die Fernwärme klimaneutral erzeugt wird.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Bestandsensemble der Musikschule wird mit dem Neubau der Köstlinschule um einen Westflügel ergänzt und der Schulhof mit einer Einfriedung zur Wilhelmstraße räumlich gefasst. Im Zusammenspiel mit den Kopfbauten der Musikschule entsteht ein städtebaulich interessantes und gut komponiertes Bild eines zusammenhängenden Schulcampus. Durch den kompakten Baukörper und den sparsamen Umgang mit den überbauten Flächen spannt sich der Schulhof angenommen offen und großzügig zwischen der Köstlinschule und der Musikschule auf. Eine Freifläche die viele Qualitäten bieten könnte. Konsequenterweise orientiert sich der Haupteingang und die Mensa der Köstlinschule dann auch zum Schulhof als Herz der Anlage. Die Räume sind richtig und flächeneffizient verortet, das großzügige Treppenhaus ist über den zentralen Innenhof und die Fassade gut belichtet. Das kompakt entwickelte Cluster mit den Lernateliers um den offen Atriumgarten kommt gänzlich ohne Flurflächen aus und ist damit äußerst effizient.

Der kleine und kompakte Baukörper ist allerdings nur durch den Vorschlag eines 2. Untergeschosses möglich. Die Schwierigkeit einer damit vom Tageslicht entkoppelten Gymnastikhalle wird vom Preisgericht kritisch gesehen. Zwar ist der Tiefhof auf der Westseite eine nachvollziehbare Entwurfsentscheidung und in seiner vorgeschlagenen Form auch gut entwickelt, bedauerlicherweise dient diese aufwendige Maßnahme aber nicht der Tagesbelichtung und Belüftung der Gymnastikhalle im angrenzenden Untergeschoss.

Die Einfriedung des Schulhofs wird vom Preisgericht einerseits als begrüßenswerte Möglichkeit einer räumlichen Definition der Freifläche gesehen, andererseits wirft der etwas abweisende Charakter und die Verortung des Eingangstors Fragen bzgl. der angemessenen Berücksichtigung der ebenso dahinter befindlichen Musikschule auf. Die Anmutung der umlaufenden Balkonbänder und der nach außen gestellten Fluchttreppenhäuser verstärken den Eindruck einer wenig einladenden Anlage.

Positiv bewertet wird das vorgeschlagene Konstruktionsprinzip des Entwurfs. Die Spannweiten, der vorgeschlagene Decken- und Wandaufbau sowie die durchgängige Rasterung lassen eine ökonomische Umsetzung erwarten. Die Kenndaten des Gebäudes liegen im wirtschaftlichen Bereich.

Die Arbeit lässt eine große Holzbaukompetenz erkennen. Die gezeigten Wand-Decken und Dachaufbauten sind schlüssig und lassen eine hohe bautechnische Qualität in der baulichen Umsetzung erwarten. Die Grundrisse sind auf einem holzbaugerechten Raster aufgebaut. Dies wird als wichtige Basis für eine wirtschaftliche Umsetzung geschätzt.

Das Gebäude weist einen geringen Fensterflächenanteil und geringe Transmissionswärmeverluste auf und weist deshalb einen guten Energiebedarf auf. Das Gebäude weist eine geringe Südfläche auf und durch das zusätzliche bestehen lassen der Bäume an der Straße wird ein guter sommerlicher Wärmeschutz ermöglicht. Die Wärmeversorgung und Warmwassererzeugung werden über die Fernwärme realisiert. Hier könnten gerade in Kombination mit der Photovoltaikanlage durch den Einsatz von Wärmepumpen ein emissionsärmeres Erzeugersystem ermöglicht werden. Das Dach ist durch die geplante Photovoltaikanlage gut ausgelastet.

Insgesamt stellt die Arbeit eine konzeptionell gut durchdachte und individuell ausgearbeitete Lösung der gestellten Aufgabe dar, welche allerdings im funktionalen Detail und in der architektonischen Anmutung nicht immer zu überzeugen weiß.
Lageplan

Lageplan

Erdgeschoss

Erdgeschoss

Obergeschosse mit Unterrichtsclustern

Obergeschosse mit Unterrichtsclustern

Untergeschoss mit Tiefenhof

Untergeschoss mit Tiefenhof

Querschnitt

Querschnitt

Längsschnitt

Längsschnitt

Ansicht Südost

Ansicht Südost