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Offener Wettbewerb | 04/2023

Sieben auf einen Streich - Innerstädtische Nachverdichtung der Stadt Obertshausen

Anerkennung

Preisgeld: 7.500 EUR

kama Architekten

Stadtplanung / Städtebau

GTL Landschaftsarchitektur Triebswetter, Mauer, Bruns Partner mbB

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Städtebauliche Struktur


Um die beiden Stadtteile Hausen und Obertshausen zusammenwachsen zu lassen, soll ein neues und identitätsstiftendes Quartier entlang einer „Neuen Allee“ entstehen.

Die neue Bebauung in offener Bauweise entlang der Neuen Allee - B448, nördlich der Schönbornstraße, weist eine 3 bis 5-Geschossigkeit auf. Die vom Riegel, L-Form, Urbanem Reihenhaus bis zum Punkthaus spannende städtebauliche Körnung orientiert sich an den Nachbarschaften. Im neuen Quartier wird ein nachhaltiger Nutzungsmix aus Wohnen und Arbeiten angestrebt. Hierbei werden die gewerblichen Nutzungen an den Quartiersplätzen verortet, während sich die Wohnnutzungen vornehmlich um die Nachbarschaftshöfe gruppieren.

Ergänzt wird die Struktur durch großmaßstäbliche Setzungen in Form von öffentlichen Gebäuden wie Mobility Hubs, KiTas, einer Schule, Bibliothek und dem Haus am Platz. Zwischen den neuen Gebäuden entstehen offene Stadträume unterschiedlicher Größe, Qualität und Nutzung als Orte der Identifikation und Aneignung.

Als primäre Nutzung wird ein diverser, gesunder, lebendiger und damit robuster Wohnmix aus baugenossenschaftlichen Projekten, Co-Living, Studiowohnen, Generationenwohnen, gefördertem Wohnraum und individuellen Konzepten angestrebt. Dieser Mix begünstigt auch eine etappenweise Realisierung mit den unterschiedlichen Akteuren.

Die Quartiersplätze fungieren als verbindendes Element der sich gegenüberliegenden Stadtteile. Diese Stellung wird durch Quartiers-orientierte Nutzungen in Form von Gastronomie, Post, Bäckerei und Kleingewerbe, sowie Infrastrukturbauten wie Bushaltestellen und Mobility Hubs gestärkt. Zudem bieten sie die Möglichkeit der Fuß- und Radläufigen Querung der Allee, sowie durch die neue Struktur hindurch in die dahinter liegenden Stadtteile, um diese zu vernetzen und näher aneinander zu rücken.

Die offene Bebauungsstruktur ermöglicht auch einen „Durchblick“ auf die sich dahinter befindlichen Bestandsbauten der jeweiligen Nachbarschaften, um diese auch visuell miteinander und der Bebauung an der Neuen Alle zu verweben und der neuen Struktur eine stadträumliche Tiefe zu verleihen.

Ein neuer Marktplatz nahe der Gathofkreuzung ergänzt das Quartier „Neue Allee“ um eine Nutzfläche für alle Bewohner von Obertshausen und ist durch Nutzungen wie Bibliothek, Mobility Hub, Haus am Markt sowie den bestehenden HIT-Markt angemessen „ausgestattet“.

Im südöstlichen Teil des Entwurfsgebietes entsteht das neue, grüne Gewerbegebiet „In den Obstwiesen“, das durch sein übergeordnetes Obstbaumraster, in das die neuen Gebäude gesetzt sind, den Übergang zu den Feldern und Wiesen vollzieht. Hier sind auch der neue Bauhof, sowie ein Standort für eine Feuerwehr situiert, die über den nahegelegenen Kreisel an beide Ortsteile angebunden sind.





Grün


Die B448 wird als „Neue Allee“ mit rhythmischen Unterbrechungen der Baumreihen an den beiden neuen Quartiersplätzen ausgebildet. Durch die geometrisch gesetzten Baumhaine binden sich die Quartiersplätze gestalterisch an die neue Allee an, die sich hier vom Durchgangsraum des grünen Straßenzugs zum urbanen Aufenthaltsraum aufweiten. Damit markieren Sie das Bindeglied der neuen Bebauungsstruktur zwischen den beiden Ortsteilen Obertshausens.

Die urbanen, der Straße zugewandten Nachbarschaftshöfe werden durch großzügige Gräser-/Staudenpflanzungen mit Retentionsfunktion und locker gestellte, malerische Blütenbäume von der Straße abgeschirmt und laden zum Spielen und Verweilen ein. Die befestigten und teilversiegelten Flächen im Gebiet bieten - da verkehrsfrei - hochgradig kommunikative Räume für alle Altersgruppen und sind für Spiele jeder Art, vom Rollerfahren über Boule und Federball, ideal geeignet.

Die grünen, der Straße abgewandten, Nachbarschaftshöfe sind weitestgehend entsiegelt und werden als grüne Oasen mit Flächen für nachbarschaftliches Urban Gardening, kleinen Spielplätzen und langen Tafeln für den Nachbarschaftsklön gestaltet. Die grünen Nachbarschaftshöfe laden zudem auch die bereits bestehenden direkten Nachbarschaften zur Partizipation ein, um eine Verwebung von Bestand und neuem Quartier zu begünstigen.

Das Regenwasser (aus den begrünten Dächern mit Retentionsfunktion und aus den befestigten Flächen) wird über offene Rinnen und Gräben sichtbar und erlebbar geführt und in üppig bepflanzten, flachen im Gebiet dezentral verteilten Retentionsmulden zurückgehalten. Soweit es die geologischen Verhältnisse erlauben, wird das Regenwasser an Ort und Stelle versickert.

Südlich der Schönbornstraße erhält die B448 die Anmutung einer grünen Schneise durch eine grüne Wand in Form von vertikaler Begrünung entlang der Privatgärten der Bebauung an der Robert-Koch-Straße. Der neue Fuß- und Radweg auf der Hauserner Seite wird durch eine neu gesetzte Baumreihe flankiert.

Das Waldstück zwischen Schönborstraße und Albrecht-Dürer-Straße wird bis zur angrenzenden neuen Bebauung an der Gathof-Kreuzung aufgeforstet und das Waldwegenetz erweitert, um das Grün besser als Naherholungsgebiet nutzen zu können. Oberhalb der Waldkirche hin zur Neuen Allee befindet sich, unter den Schatten spendenden Bäumen, ein Waldspielplatz als weiteres neues Bindeglied zwischen den beiden Stadtteilen.

Zwischen Seligenstädter Straße und B448 entsteht ein grünes Naherholungsgebiet mit großen Flächen für eine Streuobstwiese, Blühwiese und Bienenwiese. Das Gewerbegebiet „In den Obstwiesen“ auf der Gegenüberliegenden Seite der B448 wird ebenfalls von Streuobstwiesen umrahmt.





Verkehr


Aus verkehrlicher Betrachtung steht im Zentrum des Entwurfs die Umgestaltung der überdimensionierten, vierspurigen B448 in eine Allee mit einer rad- und fußverkehrsfreundlichen Straßenraumgestaltung. Gemäß den Richtlinien für die Anlage von Stadtstraßen (RASt 06, FGSV) wurde eine Fahrbahnbreite von mindestens 6,50 Metern gewählt mit je einem Fahrstreifen pro Richtung.

Beidseitig der Fahrbahn angeordnet sind gemeinsame Geh- und Radwege, die im Regelquerschnitt Breiten von jeweils 3,50 Metern aufweisen. Das zwischen der Fahrbahn und den Geh- und Radwegen angeordnete Straßengrün sorgt für eine Trennung des motorisierten und des nichtmotorisierten Verkehrs.

Um die fußgängerfreundliche Erschließung der Quartiere zu ermöglichen, sind entlang der Neuen Allee sowie der neuen Anbindung am westlichen Kreisverkehrsplatz in Richtung Süden mehrere gesicherte Querungsstellen mit Mittelinsel vorgesehen, u.A. an den für den Fußverkehr wichtigen Quartiersplätzen mit den dazugehörigen Nutzungen und Infrastrukturen wie Bushaltestellen, Schulen, quartiersnahen Dienstleistungen und Gewerben.

Im Bereich des zentralen Knotenpunkts Neue Allee (B448) / Schönbornstraße ist die Fahrbahn auf eine Breite von 10 Metern aufgeweitet, um einen zusätzlichen Linksabbiegesteifen an allen Knotenpunktarmen anzuordnen. Die Fußgängerfurten sind angeschrägt und befinden sich dicht am Zentrum der Kreuzung, um Umwege für den Fußverkehr so gering wie möglich zu halten.
Zudem ist die Erschließung des Obertshausener Südosten über eine neue Einmündung B448 / Albrecht-Dürer-Straße geplant. Hier sind eine Fahrbahnaufweitung und die Einrichtung eines Linksabbiegestreifens vorgesehen. Hierdurch kann eine weitere Beruhigung der Strecke zur Erreichung des Allee-Charakters sowie eine Entlastung des zentralen Knotenpunktes Schönbornstraße erreicht werden.

An den beiden Ortseinfahrten sind Kreisverkehrsplätze vorgesehen, die zur Entschleunigung des ankommenden MIV, sowie zur frühzeitigen Aufteilung des Verkehrs in die verschiedenen Stadtteile dienen. An beiden Knotenpunkten erfolgt zudem die Reduzierung der Fahrbahn von vier auf zwei Fahrstreifen. Beide Kreisverkehre weisen zu ihrer Entlastung zwei Bypässe für Rechtsabbiegenden Verkehr auf. Der südöstliche Kreisverkehrsplatz befindet sich an der Stelle der derzeitigen Überführung Seligenstädter Straße. Durch die plangleiche Anbindung können die derzeit bestehenden Auf- und Abfahrten entfallen und die Flächen entsiegelt und renaturiert werden.

Zur Förderung des ÖPNV sind an den zentralen Quartiersplätzen sowie an der Waldschule im Südwesten des Plangebiets Bushaltestellen vorgesehen. Sie sind aus Gründen der Verkehrsberuhigung und der Barrierefreiheit als Haltestellen am Fahrbahnrand ausgeführt. Auch eine Durchbindung in Richtung Bürgerhaus/Lämmerspiel, bzw. den Hausener Westen ist durch den neuen Kreisverkehr prinzipiell möglich.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfasser gliedern den Planungsraum den unterschiedlichen Rahmenbedingungen entsprechend konsequent in zwei Teile: Das urbane Quartier im Norden und das neue grüne Gewerbegebiet „In den Obstwiesen“ im Süden, die sich beide im Anschluss einen jeweils einen durch Kreisverkehr klar definierten Stadteingang erstrecken. Mit der kleinteiligen Baustruktur beiderseits der Neuen Allee gelingt den Verfassern ein maßstäbliches Quartier, welches räumlich differenziert auf die Nachbarschaften im Umfeld eingeht. Trotz der Linearität des Bebauungsstreifens mit den klar formulierten Bebauungskanten entstehen vielfältige Wohnsituationen, die eine hohe Wohnqualität versprechen. Leider bleiben die Freiräume hinter ihren Möglichkeiten zurück, die Nutzungsqualitäten sind unklar, die Gestaltung schematisch, die beiden Quartiersplätze tragen nur wenig zur Vernetzung der beiden Ortsteile bei und wirken in ihrer konkreten Konfiguration jedoch beliebig.
Die Potentiale des Planungsraums im Bereich des derzeitigen Bauhofes werden nicht genutzt. Die Schule am Waldrand liegt isoliert und wirkt nicht in das Quartier, die Baukörper der Stadtkita, des Mobility-Hubs stehen bezugslos im Raum. Auch kann der Bereich rund um die Gathof-Kreuzung nicht überzeugen. Der nach Norden zur B448 orientierte Marktplatz wirft Fragen nach seiner Aufenthaltsqualität und Funktionalität auf.
Der Kulturhub mit der Bibliothek ist ein gut platzierter Stadtbaustein, der jedoch durch die große Parkplatzfläche erheblich an Attraktivität einbüßt. Das Umgestaltungspotenzial der Schönbornstraße wird nicht genutzt, sie bleibt eine gewöhnliche Stadtstraße ohne besondere Qualität für Fußgänger und Radfahrer. Auch kann der neue Stadtbaustein am Übergang zum Wäldchen nicht der besonderen Bedeutung des Ortes für die Verbindung beider Ortsteile entsprechen. Die Zufahrt des Supermarkts von der Schönbornstraße ist nachteilig. Das Gewerbequartier ist funktional gut gelöst, die Haltung der Baukörper zur Bundesstraße jedoch indifferent.
Die übergeordnete Gestaltungsidee des Obstbaumrasters wirkt aufgesetzt. Die abschnittsweise Umsetzung ist möglich, Aussagen zur Klimaanpassung bleiben im Unklaren.
Insgesamt zeigt der Entwurf das grundsätzliche Potenzial des Planungsraums zur Innenentwicklung auf, die konkrete Bau- und Freiraumstruktur kann jedoch insbesondere im Bereich rund um die Gathof-Kreuzung keine Vision einer überzeugenden gemeinsamen Mitte vermitteln.
Gesamtumgriff

Gesamtumgriff