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Mehrfachbeauftragung | 07/2022

Neue Mitte Nordsteimke im Sonnenkamp in Wolfsburg

Fußgängerperspektive

Fußgängerperspektive

Gewinner

Pesch Partner Architektur Stadtplanung GmbH

Stadtplanung / Städtebau

Rainer Schmidt Landschaftsarchitekten und Stadtplaner GmbH

Stadtplanung / Städtebau

Erläuterungstext

IDEE: Eingebettet in die Wolfsburger Stadtlandschaft gewinnt die neue Mitte Sonnenkamp Identität durch die Verknüpfung der Natur mit einem urbanen Zentrum zur Versorgung der Bevölkerung in den Bestands- und Neubauquartieren. Die städtebauliche Leitidee zeigt sich mit radialen Wegen aus der Kulturlandschaft von grünen Fugen aufgenommen, die in eine kleinstädtische Raumfolge übergehen. Die Übergabepunkte werden mit kleinen Plätzchen einladend gestaltet. Die neue Mitte erhält einen begrünten Platz als Ort der Identifikation, als Treffpunkt und Aktionsraum. Das besondere Merkmal dieser Raumfolge ist ein Rundlauf, der beide Teilgebiete über die K 5 hinweg zu einem Quartier zusammenbindet. An diesem Loop liegen die Märkte (SB-Markt, Discounter und Drogeriemarkt), direkt zugänglich von den ÖPNV-Haltpunkten und über eine Passage verbunden, der Landmarkt auf dem Platz mit Cafés, kleinen Läden und Handwerk, und der Zugang zum südlich anschließenden Campus Nordsteimke. Stadt- und Landmarkt als Tandem von Versorgung, Freizeit und Erholung bilden eine Klammer zur Minderung der Trennwirkung des Verkehrs. Die komfortable Querung der Kreisstraße wird über die Signalanlage am Kreuzungspunkt mit der Allee und eine signaltechnisch koordinierte Querungshilfe nördlich des Knotenpunkts sichergestellt. Das räumliche Konzept lebt vom Spiel der Richtungen und von Enge und Weite, von begrünten und (wenigen) befestigten Flächen. Die kleiteilige Bebauung ermöglicht weitestgehend eine Realteilung der Wohnhöfe und eine Realisierung in Form eines fein gegliederten Parzellenstädtebaus. Die kleinstädtische Atmosphäre wird durch die kleiteilige Bebauung und ortstypische Vegetation gefördert. Weiterhin soll auch ein Spiel der Geschossigkeiten und Dachformen die Vielschichtigkeit und Individualität der „Urbanität im ländlichen Räum“ widerspiegeln. Dabei bietet der Städtebau trotzdem durch klare ablesbare Räume ein geschlossenes und identitätsstiftendes Siedlungsbild. NUTZUNGEN: Die großen kommerziellen Versorgungseinrichtungen sind westlich der K 5 konzentriert. Einige kleine Läden, Handwerksbetriebe und Cafés ziehen sich die Allee entlang zum zentralen Platz. Der Campus mit den öffentlichen Versorgungseinrichtungen (Schule, Kindergarten, Familienzentrum und Jugendzentrum) liegt am Freiraum mit einer klar definierten Adresse Richtung Quartiersmitte und dem Campusplatz als vermittelnden Raum. Schwerpunkt des Nutzungskonzepts ist Wohnen in unterschiedlicher Dichte. In weniger wohnaffinen Lagen werden urbane Produktion oder Büronutzungen vorgeschlagen. In den zentralen Bereichen entlang der Allee und am Platz gilt dem Erdgeschoss besondere Aufmerksamkeit. Eine Mischung zeigt sich auch hinsichtlich der Altersstruktur: durch die Unterbringung mehrerer unterschiedlicher Wohnangebote für Senioren ergibt sich ein Quartier für alle Altersgruppen, welche über die öffentlichen Räume in Kontakt treten sollen. WOHNFORMEN: Im Zentrum gruppieren sich die Wohngebäude um urbane Höfe, die eine klare Trennung von öffentlichen und privaten bzw. gemeinschaftlichen Nutzungen garantieren. Die Ortskante Richtung Norden und Osten zur Grünen Mitte besetzen aufgelockerte Wohnzeilen, die an autofreien Gassen liegen.

Hier entsteht eine bauliche Membran mit gerahmten Blicken in die Landschaft und einem vielfältigen Wohnumfeld. An der K 5 entlang wird eine Gebäudezeile mit lärmgeschützten Grundrissen vorgeschlagen. Über den SB-Märkten können gemeinschaftliche Wohnkonzepte wie Servicewohnen oder Gemeinschaftswohnen realisiert werden. Das Pflegeheim befindet sich im Zentrum der neuen Mitte und ermöglicht in Verbindung mit den nördlich gelegenen Altenwohnungen eine Teilhabe über die angrenzenden Platzbereiche am öffentlichen Leben.

FREIRAUM: Der Freiraum gliedert sich in Plätze, nachbarschaftliche Treffpunkte und die beiden großzügigen grünen Fugen als Verbindung zum öffentlichen Landschaftspark. Die intensive Begrünung sorgt für eine nachhaltige Weiterentwicklung der ausgeräumten Ackerfluren zu vielfältigen Lebensräumen für Pflanzen, Tiere und Menschen. Die Beläge sollen soweit technisch vertretbar wasserdurchlässig ausgeführt werden. Die Entwässerung der Belagsflächen direkt in die anliegenden Vegetationsflächen. Insbesondere der Baumbestand und die Neupflanzungen sollen davon profitieren. Trotzdem noch vorhandene Restwassermengen insbesondere bei Starkregenereignissen werden über oberirdische offene Entwässerungsgräben wie auch unterirdische Rigolensysteme versickert oder zu Nutzung oder Kühlung des Stadtklimas in Richtung der neuen Mitte geleitet.

MOBILITÄT: Leitverkehr in der Stadtteilmitte ist der Fuß- und Radverkehr. Die Stellplätze werden auf möglichst kurzem Weg erreicht. Die befestigten Gassen eignen sich für Andienung und Rettungsfahrten. Die Parkierung für die zentralen Wohnhöfe ist in Quartiersgaragen konzentriert. Die Wohnungen (einschließlich der Stadthäuser) am Ortsrand sind über Tiefgaragen erschlossen. Die Stellplätze der SB-Märkte werden unter Nutzung der Topografie unter die Gebäude geschoben. Die Unterbringung des ruhenden Verkehrs kann dabei in der zukünftigen Entwicklung flexibel gehandhabt werden: die Garagen bieten über unterschiedliche Geschossigkeiten Potenzial für unterschiedliche Bedarfe. Die urbanen Reihenhäuser weisen Garagen im Gebäude auf und sind somit urban und flächensparend.

KLIMA UND ENERGIE: Die Neue Mitte soll Standards für klimagerechtes Bauen in Wolfsburg setzen. Hierbei spielt in erster Linie die Holz-Hybrid-Konstruktion eine große Rolle, durch die deutlich weniger CO2 entsteht als bei herkömmlichen Bauweisen. Die helle Farbgebung der Neubauten und befestigten Flächen nutzt den Albedo-Effekt und verhindert eine zu starke Aufheizung bei starker Sonneneinstrahlung. Die umfangreichen Baumpflanzungen wie auch die intensiv begrünten Innenhöfe und Gründächer wirken sich tagsüber positiv auf den Verdunstungs- und Abkühlungseffekt aus. Auch die nicht unterbauten Höfe, Straßen und Platzbereiche mit einem hohen Grünanteil und die Gründächer tragen dazu bei.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das städtebauliche Konzept ist gekennzeichnet durch eine innere Logik und Klarheit. Das neue Quartier ist ganz beiläufig und ebenso selbstverständlich in die bestehende Situation eingefügt. Die neue Bebauung tritt gegenüber der Landschaft als ablesbare Form in Erscheinung und bietet zugleich eine sukzessive Weiterentwicklung des Quartiers.

Durch die radiale Führung der Erschließung und die unterschiedlich großen Plätze entstehen im gesamten Quartier sehr spannende Raumsequenzen, die eigenständig in Erscheinung treten und eine hohe Aufenthaltsqualität bieten. Der Bildungscampus wird gut in das Quartier eingebunden.

Die Vielfallt an Wohntypologien unterstützt das Ziel des Auslobers, ein Quartier zu realisieren, das von Menschen mit ganz unterschiedlichen Bedürfnissen angenommen wird. Das Konzept wird generell als sehr robust angesehen und kann dadurch gut auf sich verändernde Anforderungen reagieren. So ist es beispielsweise vorstellbar, dass zu den Rändern des Quartiers hin die Bauten in ihrer Höhe reduziert oder kleinteiliger ausgeführt werden.

Die Lage des Campus wird begrüßt. Hervorgehoben wird die gute Adressbildung und die Öffnung der Bildungseinrichtungen zum Günraum. Eine stärkere Verknüpfung mit dem zentralen Platz wäre zu überprüfen.

Die straßenbegleitende Bebauung entlang der K5 ist in der Typologie richtig gewählt. Sie bietet eine ablesbare Identität und Adresse als Ortseingang für Nordsteimke und schafft an dieser Stelle den erforderlichen Schallschutz. Die gegen Norden anschließende Wohnbebauung bedarf noch einer Überprüfung. Die Positionierung von EDEKA auf dem westlichen Grundstück wird aufgrund seiner zentralen Lage begrüßt.

Um auf eine separate Wegeführung durch eine Brücke über die K5 zu verzichten, welche aus Sicht der Verfasser eine unangemessene Priorisierung des MIV’s gegenüber dem menschlichen Maßstab darstellen würde, ist eine ebenerdige Überquerung mit z.B. einer Tempo 30 Zone vorgeschlagen. Die Realisierbarkeit dieser durchaus sympathischen Idee bedarf einer eingehenden Prüfung. So bietet auch die Ausbildung einer dreireihigen Baumallee entlang der K5 die Möglichkeit, die Vorzone zum Quartier als attraktive Erschließung für Fußgänger*innen und Radfahrer*innen weiterzuentwickeln.

Die geplanten Typologien und die Nutzungsmischung entlang der K5 erlauben eine flexible Umnutzung. Um die Transformation der Mobilität zu stärken, favorisieren die Verfasser die Erstellung von oberirdischen Parkdecks. Diese Einschätzung wird vom Gremium geteilt.

Insgesamt würdigt das Gremium die gelungene Integration des neuen Quartiers in die bestehende Situation und die zugleich hohe Eigenständigkeit des Beitrags. Die abwechslungsreichen Freiräume und die gewählte Typologie der einzelnen Bausteine versprechen ein Quartier mit hoher Aufenthaltsqualität. Vereinzelt werden geringe Anpassungen erforderlich, so beispielsweise beim Campus.
Lageplan

Lageplan

Städtebauliche Vertiefung

Städtebauliche Vertiefung

Baumassenstudie

Baumassenstudie

Einordnungsplan

Einordnungsplan

Schnitte

Schnitte