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Einladungswettbewerb | 05/2023

IBA'27 - Wohnbebauung in Fellbach

1. Preis

Preisgeld: 22.000 EUR

UTA Architekten und Stadtplaner BDA

Architektur

Hannes Hörr Landschaftsarchitektur

Landschaftsarchitektur

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit sucht mit ihrer städtebaulichen Setzung einen Mittelweg zwischen einem differenzierten Dialog mit dem Straßenraum und der Gestaltung von attraktiven privateren und gemeinschaftlichen Gartenflächen im Süden. Es werden Baukörper, abgerückt von der Eppingerstraße, formuliert, die durch ihre Höhenstafflung zwischen drei und fünf Geschossen eine weitere visuelle Untergliederung in fünf Baukörper erzielt. Damit fügt sich die Arbeit selbstverständlich in ihre Umgebung ein und nimmt dabei auch Bezug auf die Rhythmisierung der gegenüberliegenden Gebäude im Bestand.

Das punktartig konzipierte, durch eine breite Fuge deutlich abgesetzte Quartiershaus beheimatet sinnhaft das Café, das Co‐Working, die Wohngruppen, Budgetwohnungen und Mietwohnungen. Diesem ist in der Gebäudefuge ein öffentlich gewidmeter Freiraum zugeordnet, der dem Quartier selbst, aber auch dem Umfeld Angebote für gemeinschaftliche Nutzungen macht. Das Quartiershub wäre eigentlich genau hier räumlich sinnhaft eingebunden. Die Arbeit setzt einen Schwerpunkt auf öffentliche und halböffentliche Angebote, die man als Leitgedanke der Arbeit deutlich ablesen kann, denn auch die Eppingerstraße wird zukünftig sowohl als Erschließung aber auch als Platzfläche, Vorgartenfläche und Kontaktzone interpretiert und ausformuliert. Durch das Abrücken der Baukörper erscheint es möglich, an erdgebundenen Standorten Baumpflanzungen anbieten zu können, die als grüner Filter die neuen Baumassen einbinden. Möglichen Konflikten zum Wohnen im Erdgeschoss wird mit einer Sockelausbildung entgegengewirkt, die in Bezug auf die Barrierefreiheit kritisch bewertet wird.

Im zweiten Baukörper wird eine Vielfalt an Wohnungen im bunten Mix angeboten, die sich auch baulich zukünftig veränderten Wohnsituationen anpassen könnten. Eine wesentliche Leitidee der Arbeit ist es, nur mit zwei Erschließungskernen anzutreten und die beiden Gebäude durch visuell markante Stege zu verbinden, die auch die breite Fuge auf mehreren Etagen überspannen. So befinden sich die Treppenhäuser in den außenliegenden Baukörpern und die Wege zu den einzelnen Wohnungen werden über kleinere und größere Brücken und Laubengänge zu den Wohnungseingangstüren geleitet. Dies führt teilweise zu verwinkelten und mehrfach über Eck geführten internen und als Kalträume ausgestalteten Wege, die im Preisgericht kontrovers diskutiert werden dahingehend, welche Vor‐ und Nachteile die Arbeit durch das Einsparen eines dritten Erschließungskerns gewinnt oder verliert. Denn die gestalterische Ausformulierung von, wie in der Visualisierung dargestellt, auch begrünten Brücken muss diesen Anspruch zwingend durchhalten, um nicht additiv zu wirken. Der im Außenraum im Dialog mit der Umgebung als interessant empfundene Versatz der einzelnen Baukörper untereinander führt bei der Erschließung der Wohnung leider auch innenliegend zu teilweise etwas verschachtelten und nicht immer klar ablesbaren Grundrissfiguren. Auch die Organisation des Quartierscafés könnte klarer und großzügiger ausfallen.

Im Zuge der Höhenstaffelung bieten die Verfasser*innen zwei Dachflächen an, eine halb öffentlich, etwas tiefer zu den Wohnungen gesetzt, um Konflikte zu vermeiden und eine eher öffentliche Terrasse und urban gardening‐Fläche am Hochpunkt des Quartiershaus. Gemeinschaftliche Dachflächen stehen und fallen mit der Akzeptanz und Belebung der umliegenden Räume. Da diese hier in der An‐ zahl und im Maßstab gut gesetzt sind, könnte dies gelingen. In den Freiräumen entsteht durch die Gebäudesetzung eine Abfolge von ausdifferenzierten Räumen mit verschiedenen und auch im Detail gut ausgearbeiteten Nutzungsangeboten, mit ökologischer Qualität, die im Maßstab angemessen und attraktiv bewertet werden. Wünschenswert wäre, den Großbaum am südlichen Ende der Fuge mit Erdanschluss zu stärken. Wo im Osten die Tiefgarage endet, wird der Umgang mit Regenwasser angedeutet.

Die Tiefgarage und die Erschließungskerne werden massiv aus Recyclingbeton konstruiert, die restlichen Gebäudeteile sind in Holzbauweise ausgeführt. Die Fassaden lassen eine hausweise Differenzierung innerhalb der Leitidee einer vertikalen Holzverschalung ablesen. Bezüglich der Kennwerte tritt die Arbeit mit einer kleinen GRZ, geringem AV‐Verhältnis und einem angemessenen Fensteranteil an. Abstandsflächen und Rettungswege sind ausreichend dimensioniert, die Kennwerte im Wohnen treffen im Wesentlichen die Wünsche des Auslobers, wobei die räumlichen Qualitäten der einzelnen Wohnungen nicht durchgehend positiv bewertet werden. Auch bestehen derzeit noch punktuelle Konflikte mit dem Lärmschutz, die aber baulich lösbar sind.

Insgesamt bietet die Arbeit einen städtebaulich sehr angemessenen und in der Qualität der Raumgestaltung auch sozial wertvollen Beitrag. Inwieweit das wesentliche und auch gestalterische Merkmal der Brücken und Stege tragfähig ist, bleibt auch im Preisgericht eine offene Frage.
UTA Architekten und Stadtplaner

UTA Architekten und Stadtplaner