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Verhandlungsverfahren | 04/2023

Objektplanung Gebäude und Innenräume Kita Mary-Wigman-Straße

Südostseite zum Hof

Südostseite zum Hof

Zuschlag

HAHN + KOLLEGEN GmbH

Architektur

Erläuterungstext

Städtebau
Im Stadtteil Seevorstadt der Stadt Dresden soll ein Neubau für eine Kindertagesstätte errichtet werden. Auf dem zur Verfügung stehenden Flurstück befindet sich aktuell die Investruine eines geplanten Anbaus an die Alloheim-Seniorenresidenz. Die gewonnene Fläche soll neben der Kindertageseinrichtung Platz für Freiflächen bieten. Im unmittelbaren Umfeld befindet sich die 10.Grundschule, das Gymnasium Bürgerwiese und die Kita „Kleinstein“.

Der Stadtteil Seevorstadt West ist durch eine ruhige Wohngegend geprägt und bildet den Gegenpol zur belebten Prager Straße. Der Städtebau ist vorrangig durch eine Zeilenbebauung geprägt. Im Nord-Osten grenzt das Baugrundstück an die ehemalige Allee zur Bürgerwiese an, welche heute noch die städtebauliche Figur als Grünzug prägt. Über die Allee ist der Blüherpark fußläufig zu erreichen. Neben dem Wohnen, befinden sich verschiedene Bildungseinrichtung im unmittelbaren Umkreis, die den Stadtteil prägen. Die städtebauliche Figur des Neubaus mit seiner länglichen Form orientiert sich an der stadtteilprägenden Zeilenbebauung. Dadurch erzielt der Entwurf einen kompakten Baukörper, der eine klare bauliche Kante nach Nord-West ausbildet. Durch die städtebauliche Setzung schafft der Entwurf eine klare Trennung zwischen öffentlichen und privaten Bereich.

Der zur Mary-Wigman-Straße orientierte Haupteingang zum zentralen Foyer wird durch eine neu angedachte Baumreihe betont und lässt Kinder und Besucher in das Gebäude hineinfließen. Das Erdgeschoss des Neubaus nimmt hierbei das Niveau des Geländes auf und ermöglicht einen fließenden Übergang zwischen Außen und Innen.

Grundrissorganisation
Der Neubau besteht aus einem Volumen, unterteilt in drei übergeordnete Funktionsbereiche, welche sich über zwei Vollgeschosse erstrecken. Das Erdgeschoss bildet den Eingangsbereich mit der anschließenden Krippe aus. Das Obergeschoss zoniert sich in Kindergarten- und Hortbereich.

Die Eingangszone wird nach Innen versetzt, um nicht nur einen fließenden Übergang zwischen Innen und Außen zu schaffen, sondern auch um Schutz vor Wind und Wetter zu bieten. An den Haupteingang gliedert sich der Bereich für den Kinderwagen und Trockenraum, welcher über einen separaten Zugang erreichbar ist.

Der Krippenbereich erstreckt sich entlang der Südfassade und öffnet sich zur Hofseite hin. Durch den Rücksprung des Baukörpers im Erdgeschoss wird ein geschützter Außenbereich mit der Möglichkeit zum Spielen, Lagern und Bewegen geschaffen. Über Öffnungen in der Fassade wird ein direkter Zugang zur Freifläche ermöglicht. Die Krippe umfasst drei Bereiche, jeweils bestehend aus einem Gruppenraum mit angrenzendem Schlafraum und Sanitärkern. Dabei können die Schlafräume zu den jeweiligen Gruppenräumen nach Bedarf zugeschaltet werden. Der gemeinsame Bewegungsraum gliedert sich an die Familien- und Mischgruppenräume. Die Funktionsbereiche für Leitung und Personal werden zur Straßenseite hin ausgebildet. Alle Räume werden über einen zentralen Flur erreicht, welcher sich durch Aufweitungen zoniert. Darüber hinaus bietet die Aufweitung nicht nur eine Zonierung, sondern auch Platz für Garderobe und Spiel. Durch die Differenzierung aus einerseits weiten und offenen, andererseits begrenzten und engeren Räumen bildet die Verkehrsfläche im Erdgeschoss eine Analogie zu den stadträumlichen Abfolgen aus Plätzen, Straßen und Gassen. Sie sind damit nicht nur als reine Verkehrsfläche zwischen den einzelnen Funktionsbereichen zu verstehen, sondern ermöglichen gleichfalls hohe Aufenthaltsqualitäten innerhalb des Gebäudes. Der äußere Spielflur wird dabei zusätzlich über ein großzügiges Sitzfenster in der Fassade belichtet. Die Krippenräume ermöglichen durch ihre Transparenz in der Fassade ein Maximum an Tageslicht, welches neben den Räumen auch den Flurbereich gut belichtet.

Über die zentrale Treppe gelangt man ins Obergeschoss, welches den Kita -und Hortbereich ausbildet. Neben dem Treppenhaus ermöglicht der Aufzug eine barrierefreie Erschließung. Die Gruppenräume werden synchron zum Erdgeschoss zur Hofseite ausgerichtet. Hierbei wird dem Nutzer ein Zusammenschalten der Räume ermöglicht. Durch ein vorgeschalteten Spielflur sind Begegnungs- und Bewegungszone differenziert. Neben der Gliederung der Räume wird auch an dieser Stelle durch die Transparenz in der Fassade ein Maximum an Tageslicht nach innen gelenkt. Zusätzlich werden die Spielflure, sowie das Treppenhaus über Oberlichter im Dach belichtet. Die Sanitärbereiche für Hort und Kita sind als Kern ausgebildet.

Um eine Trennung der Funktionen Krippe, Kita und Hort nicht nur in den Räumlichkeiten zu erzielen, können die Bereiche im Obergeschoss über separate Außentreppen erreicht werden. Diese fungieren zusätzlich als Rettungswege im Brandfall.

Die räumlichen Anforderungen aus dem Raumprogramm können ebenso erfüllt werden, wie die qualitativen Anforderungen an die Zonierung, Funktionalität und Aufenthaltsqualität.

Tragstruktur
Die Baukonstruktion des Gebäudes soll durch das Material Holz geprägt werden. Die Vollholzwände (bspw. Brettsperrholz) bilden die druckbeanspruchten vertikalen Elemente. Diese weisen eine hohe Formstabilität auf und wirken aussteifend. Die Elemente lassen sich nahezu beliebig zuschneiden. Durch sich wiederholende Bauteile im Entwurf ist ein überaus hohes Maß an Vorfertigung möglich, was die Realisierung sowohl aus wirtschaftlicher als auch aus baulicher und ökologischer Sicht effizienter gestaltet.
Die horizontalen Elemente werden als Holz-Beton-Verbunddecken ausgebildet. Diese ermöglicht eine ideale Ausnutzung der Eigenschaften von Holz und Beton. Auch diese Systeme können vorgefertigt und vor Ort montiert werden. Das hybride Bauteil besteht aus Holzelementen, die mit einer darüber liegenden Stahlbetonplatte einen schubfesten Verbund herstellen. Die Bewehrung ist dabei konstruktiv und verhindert die Rissbildung. Somit kann weniger Stahl als bei herkömmlichen Stahlbetondecken eingesetzt werden.

Fassade / Material
Die Fassade als Lochfassade wird aus drei wesentlichen Elementen komponiert – Fensterelemente, Lamellen und geschlossene Wandflächen. Die Lamellen übernehmen dabei unterschiedliche Funktionen. Einerseits dienen sie als Sichtschutz und Verschattung in erdgeschossigen Verwaltungsräumen. Darüber hinaus werden die Lamellen zur Verschattung der an seitlichen Fassaden platzierten Fenster, als seitlicher Gebäudeabschluss zur Betonung der Gebäudegeometrie und zur Maskierung der Außentreppen eingesetzt. Letztlich werden die vertikalen Holzlamellen als gestalterisches Element vor geschlossenen Wandflächen in ausgewählten Bereichen der zur Fassade zugewandten Funktionsräumen eingesetzt.

Die Fensterelemente aus Holz weisen identische Maße auf und sind somit seriell herstellbar was die Bau- und Herstellungskosten sowie die Bauzeit reduziert.

Im Erdgeschoss sind alle Aufenthaltsräume für Kinder nach Südosten zum Hof hin orientiert. Die Pfosten-Riegel Fassade stellt somit einen klaren Bezug zwischen Innen und Außen dar. Das Obergeschoss weist zum Hof hin einen Überstand auf, welcher zugleich als Verschattung und bespielbarer, überdachter Außenbereich für die Krippenkinder gilt. Die Stützen werden um Außenlagerelemente ergänzt. Auch hier dienen die Lamellen zum Sichtschutz, Sonnenschutz und als dezente Trennung von zwischen dem überdachten Spielbereich der Krippe und Außenanlagen.

Der tiefer ins Gebäudeinnere platzierte Zugang macht selbigen von außen deutlich ablesbar und bietet sowohl Sonnen- als auch Witterungsschutz.

Das Flachdach wird als Gründach ausgebildet. Neben der Tatsache, dass man der Natur den genommenen Fußabdruck in dieser Form wieder zurückgibt, geht die Begrünung positive Synergien mit der darauf platzierten PV-Anlage ein. Die Begrünung sorgt lokal für Kühlung und macht die PV-Anlage effizienter. Zusätzlich ist das Gründach Retensionsfläche und dient dem Rückhalt und gedrosselten Abfluss anfallenden Regenwassers.

Die geschlossenen Elemente der Fassade werden, wie im Holzmassivbau üblich und dem ökologischen Konzept gerecht ist, in sichtbarem Holz ausgeführt.

Im Innenraum soll das Holz ebenfalls erlebbar sein. Wir verbringen den Großteil unserer Arbeits- und Freizeit in geschlossenen Räumen, unser Befinden ist deshalb stark vom vorherrschenden Raumklima beeinflusst. Daher gilt, dass naturnahe Verhältnisse im Innenraum künstlichen vorzuziehen sind. Holz hat viele gesundheitsverträgliche Eigenschaften: es hat ein gutes Feuchte- und Wärmeverhalten, unterstützt die Regulierung des Raumklimas und besitzt keimtötende Eigenschaften. So sollen die Wand- und Deckenflächen holzsichtig sein.

Linoleum, ebenfalls ein natürliches Material, besitzt eine hohe Robustheit und Praktikabilität und soll als Fußbodenbelag eingesetzt werden.

Ökobilanz
Das Gebäudekonzept strebt eine Klimaneutralität über den gesamten Lebenszyklus hinweg an. In allen drei Phasen des Gebäudes - Herstellungsphase, Nutzungsphase und Entsorgungsphase – werden energie- und ressourcenschonende Prozesse angewendet und natürliche Ressourcen genutzt.

Durch die Verwendung von nachhaltigen Materialien und Rohstoffen können die Emissionen von Treibhausgasen stark reduziert werden. Im vorliegenden Entwurf wurde Holz als maßgeblicher Roh- und Baustoff für die Konstruktion, Dämmmaterial, Fassadenmaterial und den Ausbau gewählt.

In der Herstellungsphase sind nur geringe Emissionen für den Ressourcenabbau, die Produktherstellung und die Gebäudeerrichtung zu erwarten. Treibhausgase entstehen hauptsächlich durch den Transport der Rohstoffe und Baumaterialien. Es wird angestrebt regionales Holz zu schlagen und zu verarbeiten, um Lieferstrecken zu verringern.

In der Nutzungsphase wird die CO2-Bilanz durch lokal produzierte, regenerative Energie und den Anschluss an das Fernwärmenetz der Stadt Dresden positiv beeinflusst. Die eingesetzte Technik wird sich durch einfache Funktionalität, einfache Bedienung, Robustheit und einfache Wartungsmöglichkeiten auszeichnen. Der Energiebedarf wird verringert durch eine kompakte Bauweise, die Orientierung der Gruppenräume nach Südost, Sicht- und Lichtachsen innerhalb des Gebäudes, Dach-Lichtbänder im Obergeschoss, konstruktive Verschattung durch Überhang des Obergeschosses, außenliegende Brandschutztreppen und weitere gestalterische Maßnahmen.

In der Entsorgungsphase kann das Gebäude durch Demontage rückgebaut werden. Nahezu alle beim Bau eingesetzten Materialien können recycelt und in den Stoffkreislauf zurückgeführt werden. Auch in dieser Phase ist die größte Emission durch den Transport zu erwarten, weshalb die Entsorgung bzw. die Weiterverarbeitung innerhalb der Region erfolgen sollte.
Die diesem Entwurf entsprechende Menge m³ Wand bindet ca. 520 t CO2 in der Holzbauweise. Würde stattdessen in Stahlbeton gebaut werden, entstünden allein durch die Betonherstellung 100t C02.

Nachhaltigkeit
Unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit wurden ökologische, ökonomische und soziale Aspekte in den Gestaltungsprozess einbezogen.
Daraus ergaben sich Planungsansätze, die im Entwurf wie folgt umgesetzt wurden:
- Verwendung nachwachsender Rohstoffe –Holz für Konstruktion, Dämmung, Fassade und Ausbau
- Hohe Flächen- und Energieeffizienz durch kompakten Baukörper,
- klare und einfache Baukonstruktion – Baukastenprinzip, einheitliche und wiederkehrende Elemente
- seriell vorgefertigte Bauelemente ermöglichen temperaturunabhängiges Bauen
- außenliegende Brandschutztreppen
- Nutzung von erneuerbarer Energie – Kombination aus Photovoltaikanlage und Gründach
- hoher Nutzerkomfort trotz einfacher technischer Lösungen
- einfache Schwerkraftlüftung, anstatt technisch komplexer Lüftungsanlage
- Natürliche Belichtung aller Gruppen- und Spielbereiche durch große Fenster und Lichtbänder im Dach
- Konstruktiver sommerlicher Wärmeschutz im EG durch Überstand des OG und die Holzlamellen
- vertikaler, außenliegender Sonnenschutz im Obergeschoss
- Verschattung durch Anpflanzung von Bäumen auf der Südseite
- Natürliche Belüftung und Nachtkühlung über Lüftungsflügel
- Reduzierung von Schallemissionen durch städtebauliche Platzierung des Baukörpers und Orientierung der Gruppenräume zum Garten
- Energiebedarf senken durch Orientierung der Gruppenräume nach Südost

Brandschutz
Bedingt durch seine Flächenanordnung bietet das Gebäude optimale Möglichkeiten für kurze und übersichtliche Rettungs- und Erschließungswege. Die endständigen Außentreppen in den Bereichen Hort und KiTa bilden den ersten baulichen Rettungsweg für das Obergeschoss aus. Zentral im Gebäude befindet sich eine Haupttreppe in offener Halle, die zugleich den zweiten baulichen Rettungsweg aus den beiden obergeschossigen Bereichen bildet. Der KiTa Bereich ist dabei in zwei und der Hortbereich in eine Nutzungseinheiten unterteilt. Im Erdgeschoss hat man in allen Aufenthaltsräumen die Möglichkeit nach draußen zu flüchten.
Die Anforderungen an die beabsichtigte Konstruktion mit tragenden Wänden aus brennbaren Materialien können aufgrund der überschaubaren Anforderungen an die Feuerwiderstandsfähigkeit der tragenden Bauteile bei einer Gebäudeklasse 3 ohne weiteres erreicht und das ggf. verbleibende Defizit kann infolge der komfortablen Rettungswegsituation kompensiert werden.

Außenanlagen
Die Außenanlagen für Kita, Hort und Krippe erstrecken sich südöstlich der Kindertageseinrichtung und bilden rückseitig zum Baukörper einen Freibereich. Zwischen der hofseitigen Fassade bis zu den südlichen und östlichen Flurstücksgrenzen entstehen auf ca. 1.700 m² Fläche die Freianlage für unterschiedliche Nutzungen und erfüllen damit die Anforderungen an den Freiflächenbedarf von 12,6 m² je Kind. Neben einem Ballspielfeld werden verschiedene Bereich zum Spielen und Zusammensein ausgebildet.

Baustelle und Baustelleneinrichtung
Die Lage des Grundstücks an zwei angrenzenden Straßen ermöglicht eine gute Andienung der zukünftigen Baustelle mit zwei Anlieferungszonen. Nach Abbruch der Rohbauruine steht diese Fläche zusätzlich als BE-Fläche für den Neubau zur Verfügung. Das Grundstück bietet grundsätzlich genug Fläche für die BE und die Kranaufstellung. Das hohe Maß an Vorfertigung bei Holzmassivbau erlaubt kurze Bauzeiten. Es werden fertige Wandelemente auf die Baustelle geliefert, die durch eine einfache Schicht für die Bauphase geschützt sind. Ein weiterer Ausbau ist dabei nicht mehr notwendig.

Minimierung der Unterhaltungs- und Betriebskosten
Robuste und langlebige Materialien, die auch in Schönheit altern und patinieren können, sind ebenso geeignet, Unterhaltungskosten zu minimieren, wie eine energetisch hocheffiziente Gebäudehülle mit einer gebäudeeigenen PV-Anlage, deren Wirksamkeit durch ein Gründach verstärkt wird und eine Beheizung auf Basis nachwachsender Energieträger die Betriebskosten des Gebäudes gering zu halten verspricht. Zugleich wird die Nachhaltigkeit des Gebäudes in ökonomischer, ökologischer und sozialer Hinsicht durch die Bewahrung der natürlichen Regenerationsfähigkeit der angewandten Systeme gewährleistet. Mit dem Verzicht auf komplexe technische Lüftungsanlagen entfällt auch ihre Wartung und nach gewisser Zeit auch deren Austausch. Mitunter könnten in Zukunft geltende Standards beim Austausch der Anlagen bei der Kompaktheit der modernen Baukörper für Komplikationen sorgen.