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Einladungswettbewerb | 05/2023

Quartiersentwicklung Glückstraße in Dortmund-Derne

1. Preis

Preisgeld: 26.000 EUR

Pesch Partner Architektur Stadtplanung GmbH

Stadtplanung / Städtebau

club L94

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Klimaquartier Glückstraße

Städtebauliche Idee: Die Quartierentwicklung Glückstraße greift auf gartenstädtische Motive der Dortmunder Arbei-tersiedlungen in der Umgebung zurück und interpretiert sie neu für eine vielfältige soziale Gemeinschaft. Grundlage für nachhaltiges Zusammenleben im neuen Quartier ist die attraktive Wohnatmosphäre in überschaubaren Nachbar-schaften. Hier können sich die Menschen wohl fühlen, weil öffentliches und privates Leben konfliktfrei zusammen-spielen.

Getragen wird der Entwurf von zwei aus den historischen Ruhrgebietssiedlungen abgeleiteten Motiven: Dem Quar-tierspark, der als grüne Mitte einen Kristallisationspunkt für die Quartiersöffentlichkeit bildet und den Wohnhöfen unterschiedlicher Spielart und Dichte, die eine Heimat für generationsübergreifende Nachbarschaften erzeugen. Verknüpft werden diese Kernelemente des Entwurfs mit den wichtigen Zielpunkten in der Umgebung über ein komfor-tables und sicheres Wegenetz. Als Rückgrat des Wegenetzes fungieren die beiden grünen Pfade zwischen dem Quartierspark in der Mitte und der urbanen Natur im Norden. Das Mobilitätskonzept stellt konsequent den Fuß- und Radverkehr in den Fokus und garantiert eine autoarme Wohnumgebung.

Städtebau: Attraktive Räume und Adressen

Die Verbindungen in die Landschaft betonen den gartenstädtischen Charakter des Quartiers. Die städtebauliche Figur ergibt sich selbstverständlich aus den wichtigen Wegen zwischen dem Bahnhof im Süden, den Angelteichen im Nordosten und den Siedlungsgebieten um den Derner Kippshof. Diese Richtungen fügen sich zu einem Fächer aus Nachbarschaften mit dem Quartierspark im Fokus. Rhythmisiert werden die Wege durch das Quartier und in die Natur von dezentral angeordneten Treffpunkten, die zufällige Begegnungen fördern und zum Aufenthalt einladen. An der Terrasse vis à vis dem Quartierspark befinden sich ein Quartierscafé und ein Bewohnertreff. Auch weitere an die Quartiersöffentlichkeit adressierte Einrichtungen könnten hier Platz finden – so etwa ein Kiosk, eine Bäckerei oder einfache Serviceangebote. Die Waldkita entsteht unter großen Bestandsbäumen in bester Erreichbarkeit am südli-chen Quartierseingang. Wir schlagen vor, sie mit Seniorenwohnungen in den Obergeschossen zu einem Generatio-nenhaus zu ergänzen.
Wohnen: Vielfalt als Konzept

Für die Vielfalt der Wohnungsangebote sorgt die Verbindung von individuellen und gemeinschaftlichen Wohnformen in Wohnhöfen unterschiedlicher Dichte und Gestalt. Geschosswohnungsbau, Stadt- bzw. Reihen- und Doppelhäuser decken eine breite Nachfrage in Dortmund ab. Hinzu kommen besondere Wohnformen, in denen sich unter einem Dach individuelles Wohnen und Arbeiten verbinden. Soziale Vielfalt ergibt sich beiläufig, indem sich Geschosswoh-nungsbau, ggf. auch öffentlich geförderten Wohnungen und individuellen Wohnformen in den Höfen mischen. Alle Wohnungen erhalten einen geschützten privaten bzw. gemeinschaftlich nutzbaren Freiraum. Entlang der Bahnstre-cke werden Gebäudetypologien angeboten, die leistungsfähigen Lärmschutz mit hoher Wohnqualität verbinden. Die Grundrisstypologien bauen auf Ergebnissen einer Studie des BBSR, in der kleinräumige Konzepte zur Lärmminderung erprobt wurden. Dementsprechend kombinieren wir entlang der Bahnlinie Spännertypologien mit kurzen Laubengän-gen und Stadthäusern, die Stellplatzanlagen werden in das Lärmschutzkonzept integriert.
Die im Entwurf dargestellten Gebäude ermöglichen die Realisierung von 285 Wohneinheiten im Geschosswohnungs-bau und 114 Wohneinheiten in Stadt- bzw. Reihen- und Doppelhäusern. Die modular aufgebauten Stadtbausteine erzeugen ein stabiles Gerüst, das während der Realisierung auf eine veränderte Nachfrage reagieren kann.

Freiraum: Verweben von Stadt und Natur

Der baumüberstandene Quartierspark nimmt als grüne Mitte die erforderlichen Spielflächen und Aufenthaltsbereiche auf. Seine Dimension erlaubt es, die Funktionsbereiche zu einem prägnanten Gesamtbild zu verweben. Die ganztägig besonnte Terrasse verbindet offene Sitzbereiche mit einem lichten Baumhain. Unabhängig von Witterung und Jahreszeit bietet der öffentliche Quartierstreffpunkt viele Optionen. Südlich der grünen Terrasse markieren besonnte Sitzstufen den Übergang zur Parklandschaft, die mit einer gemuldeten Fläche und wechselfeuchten Zuständen zur Verbesserung des Mikroklimas beiträgt und auch für Kinder einen ökologischen Spielwert bietet. Richtung Süden entwickelt sich der mit Baumreihen begleitete Park als sonnige Spiellandschaft weiter, die punktuell mit schatten-spendenden Solitärbäumen bespielt wird. Mit Großzügigkeit, Raumbildung und Aufenthaltsqualität stiftet die grüne Lunge des Quartiers Identität und wird als neue Adresse in Derne wahrgenommen.
Der Beziehung von Stadt und Natur widmet unser Entwurf besondere Aufmerksamkeit. Den Weg von der grünen Mitte zum Landschaftsschutzgebiet im Norden begleiten die beiden grünen Pfade, sie finden ihre Fortsetzung womöglich in Form einfacher Holzstege im Landschaftsraum Richtung Anglerparadies und zu den Siedlungsgebieten weiter im Nor-den. In Gegenrichtung fächert sich die Ortskante am Landschaftsschutzgebiet auf, sodass sich der Charakter des Schutzgebiets, grünen Fingern gleich, über lockere Baumpflanzungen in die Gärten und Wohnachsen des Quartiers hineinzieht.
Die Wohnhöfe im westlichen und östlichen Bereich fungieren als grüne Wohnzimmer und Treffpunkt für die Nachbar-schaften. Sie erhalten durch Obstgehölze jeweils ein eigenes Thema und bieten somit auch einen sozialen Aspekt der Selbstversorgung innerhalb der Gemeinschaft.
Mobilität: Umweltgerecht und bewohnerfreundlich

Die gewählte städtebauliche Dichte bietet die Chance für ein innovatives Mobilitätsmanagement. Leitverkehrsmittel des Quartiers ist der Fußverkehr, dem ein dichtes Netz von verkehrsberuhigten Wohnstraßen durch alle Nachbar-schaften hindurch zur Verfügung steht. Die Velo- und Autoerreichbarkeit aller Grundstücke ist jedoch gegeben.

Das Quartier wird in klassischer Weise durch den Bügel der Glückstraße erschlossen. Sie bietet Orientierung und trägt mit dem Blick auf die Grüne Mitte zur Adressbildung bei. Die Glückstraße ist als Tempo 30-Straße gestaltet und erhält Aufpflasterungen an querenden Fuß- und Radwegen. Alle anderen Straßenräume sind als verkehrsberuhigte Bereiche elementarer Bestandteil eines attraktiven Wohnumfelds.
Die Bewohnerstellplätze werden dezentral in Mobilitätsscheunen und Carports angeboten, sodass fahrverkehrsfreie Innenbereiche möglich werden. Tiefgaragen sind angesichts des geforderten Stellplatzschlüssels erforderlich. Diese werden unter Mehrfamilienhäusern im zentralen Bereich entlang der Glückstraße und am südlichen Eingang des Quartiers angeboten. Den Wohnhöfen sind Stellplätze für Fahrräder und Lastenfahrräder in Scheunen und im Frei-raum zugeordnet. Erdgeschossige Räume in den Gebäuden ergänzen das Abstellangebot.
Energie und Klima: Nachhaltig und resilient

Die Lebensqualität im Quartier wird durch ein ausbalanciertes Netz gut erreichbarer gemeinschaftlich nutzbarer Frei-räume mit Grünvolumen und Aufenthaltsqualität gesteigert. Der erhaltene Baumbestand trägt durch Verdunstungs-kühle und Schatten zu einem angenehmen Klima bei. Die helle Farbgebung der Häuser und Verkehrsflächen nutzt den Albedo Effekt. So kann die Aufheizung der Außenräume in Hitzeperioden vermieden werden. Alle auf dem Planungs-perimeter anfallenden Niederschläge sollen auf den jeweiligen Baufeldern und den öffentlichen Erschließungsflä-chen verzögert abgeleitet bzw. versickert werden. Erste Aufgabe ist die Reduktion des Inputs. Dies wird erreicht über begrünte Dächer und die Minimierung versiegelter Belagsflächen. Soweit technisch vertretbar, sollten wasserge-bundene Wegedecken, wasserdurchlässiger Asphalt oder Pflaster bevorzugt werden. Die Entwässerung der Belags-flächen erfolgt in den Wohnhöfen über Rigolen und in den grünen Fugen zwischen den Hausgruppen in Mulden auf den anliegenden Vegetationsflächen. Die Parkwiese und die Pflanzbeete in den begrünten Straßen und Treffpunkten leisten sind wichtige Bausteine der blaugrünen Infrastruktur.

Die Ausrichtung der Gebäude und die Dachflächen bieten optimale Bedingungen für die Solarenergiegewinnung (Photovoltaik und Kollektoren). Eine Kombination mit der Dachbegrünung ist vorgesehen.

Das stark durchgrünte Wohnumfeld, ein in die Lebenswelt einbezogenes Niederschlagsmanagement und ein solar optimierter Städtebau verbinden sich zu einem resilienten Konzept, das auch Extremwetterlagen standhält.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf sieht ein klares städtebauliches Grundgerüst vor. Angrenzend an den zentralen und angemessen proportionierten Grünraum fächern sich verschiedene Teilquartiere auf. Die typologische Mischung der Bebauungsstrukturen innerhalb der Teilquartiere gelingt ebenso, wie die Bildung von Nachbarschaften und kleinen Quartierstreffpunkten. Die Positionierung der Kita in Verbindung mit einem attraktiven Freibereich und ergänzendem Seniorenwohnen am südlichen Quartiersauftakt überzeugt. Die Lage des zentralen Angers im Quartier wird positiv gesehen. Das südliche Teilquartier profitiert vom zentralen grünen Anger und die nördlichen Bebauungsstrukturen von der Lage am Landschaftsraum und dessen naturnaher Vernetzung mit dem Quartier.

Insgesamt wird eine sehr dichte und kompakte Quartiersentwicklung vorgeschlagen. Diese Grundhaltung der sparsamen Flächenentwicklung unter Berücksichtigung von zusammenhängenden Grünflächen wird als zukunftsgerichtet angesehen und gewürdigt. Dennoch erscheint die vorgeschlagene Dichte in Teilbereichen, z.B. entlang der Bahnlinie, sehr kompakt und sollte noch einmal überprüft werden.

Durch die Dichte und Kompaktheit des Entwurfes gelingt es den Verfasser*innen, das bestehende Landschaftsschutzgebiet in seiner aktuellen Grenze zu wahren und gleichzeitig eine Verbindung zwischen Siedlungsrand und Naturraum herzustellen. Die Öffnung der angrenzenden Teilquartiere in nördlicher Richtung ermöglicht eine Verzahnung von privaten Gärten und offener Landschaft. Durch eine zusätzliche Wegeverbindung entlang der Siedlungskante wird der Naturraum für alle Bewohner*innen erlebbar.

Das Erschließungskonzept sieht eine klare Straßenführung und Hierarchisierung vor, die die Entwicklungsfläche harmonisch gliedert. Die fußläufige Anbindung zum Bahnhof und zum Nahversorgungszentrum wurde vernachlässigt und ist aufgrund der Bedeutung des Bahnhaltepunkts für die Quartiersentwicklung an der Glückstraße zu überarbeiten. Die Unterbringung des ruhenden Verkehrs in dezentralen Energiescheunen wird grundsätzlich positiv gesehen, jedoch bleibt der Stadtbaustein „Energiescheune“ teilweise unklar. Die Energiescheunen werden aufgrund ihrer Qualitäten, Größen und Lagen sowie aufgrund der Ausgestaltung intensiv diskutiert.

Das Entwässerungskonzept kann nicht vollumfänglich überzeugen und ist im Weiteren zu optimieren. Es fehlen ausreichende Retentionsflächen. Aufgrund der kompakten Bebauungsstruktur besteht aber im nördlichen Landschaftsraum ein entsprechendes Retentionspotential.

Insgesamt überzeugt der Entwurf durch seine kompakte Grundkonfiguration und Klarheit.
Städtebauliche Vertiefung

Städtebauliche Vertiefung

Städtebauliche Idee

Städtebauliche Idee

Schnittansicht Nord-Süd

Schnittansicht Nord-Süd

Mobilität

Mobilität

Öffentlicher Raum

Öffentlicher Raum

Nutzungen

Nutzungen