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Nichtoffener Wettbewerb | 06/2023

Sorbisches Wissensforum am Lauenareal in Bautzen

Visualisiserung

Visualisiserung

Anerkennung

Preisgeld: 12.500 EUR

VON M GmbH

Architektur

schlaich bergermann partner - sbp SE

Tragwerksplanung

Konopatzki & Edelhäuser Architekten und Beratende Ingenieure GmbH

Brandschutzplanung

PKi holistic engineering

TGA-Fachplanung

Erläuterungstext

Konzept und Ziel: Attraktivität / Identität / Vielfalt / Selbstbewusstsein / Zukunftsorientierung

/ Die Sorbischen Höfe sollen attraktiv sein. Dann sind sie positive Botschafter der sorbischen Kultur. Sie sollen kulturelle und soziale Treffpunkte sein, an denen man sich informieren kann und weiterbilden – und an denen man gerne verweilt. Im Sorbischen soll man sich wohlfühlen.

/ Die 4 Höfe: Museumshof, Bibliothekshof, Institutshof und Lindenhof geben dem neuen Ensemble seinen Namen und Identität.

/ Das Museumsgebäude ist konsequent flexibel gestaltet um zahleichen Anforderungen und einer langfristigen Nutzung optimale Bedingungen zu schaffen. Eine Vielzahl von Nutzungsszenarien kann leicht und intuitiv umgesetzt und erschlossen werden. Die Sonderausstellungsflächen können auch für Veranstaltungsformate und das Sommercamp genutzt werden.

/ Die Fassaden sprechen eine zurückhaltende aber selbstbewusste Sprache: Sorbisch eben.

/ Die Materialwahl ist auf größtmögliche Wartungsfreiheit angelegt. Nach der Errichtung bleiben die Kosten für Wartung und Instandhaltung gering und handhabbar. Denn Dauerhaftigkeit ist Nachhaltigkeit.

Städtebau – Lebendigkeit und Geschichte

Die Sorbischen Höfe stellen eine intelligente und integrative städtebauliche Maßnahme dar, die die Bebauungssituation, die Wegeführung und die Orientierung im Stadtraum verbessert.
Die neuen Baukörper greifen die Kubaturen und Gliederungen der historischen Nachbargebäude auf und fügen sich respektvoll in den Bestand ein. Die zeitgemäße Fassadengestaltung gibt ihnen Präsenz. Sie bietet Orientierung und kommuniziert eine der Nutzung angemessene Selbständigkeit.
Das Erscheinungsbild zum Lauengraben hin wird von der Klinkerfassade geprägt, die sorbische Musterstrukturen zitiert. Dadurch erlangt der Bau im Stadtraum Identität und Charakter. Abends bietet und während der dunklen Jahreszeit bietet die durchbrochene Klinkerfassade eine kommunikative Verbindung in die Stadt und präsentiert das Ensemble als betriebsamen, lebendigen Raum. Fassade, Portal und das große Schaufenster in den Vermittlungsraum zeigen der Stadt die Lebendigkeit des sorbischen Kulturlebens. Passanten und Vorbeifahrende erleben ein wechselndes Fassadenspiel, das neugierig macht.
Die neue Passage vom Lauengraben, entlang am Eingang des Museums über den Bibliothekshof zur Goschwitzstraße, ist eine attraktive Bereicherung für Fußgänger zur Erschließung der Innenstadt. Dieser Weg aufgrund seines Beleuchtungskonzepts entlang der Glasfassade auch nachts ein attraktiver Weg.

Materialität – Material / Geschichte / Form / Sprache

In Anlehnung an sorbische Gebindehäuser trennt die Galerie das Obergeschoss baulich vom Erdgeschoss. Als zeitgemäße Interpretation wandeln sich die Rundbögen in Rechtecke. Die Arkaden umgeben das Gebäude von der Ostseite und im Hof. In Baufeld 1 werden die historischen Rundbögen freigelegt und zur Nutzung für Freisitze vorgesehen. Neu und alt stehen so in Austausch und bleiben doch selbständig.
Die großzügig in den Baukörper des Museums eingeschnittenen Fenster können bei Bedarf die Sonderausstellungsräume mit Tageslicht versorgen. Wenn konservatorisch notwendig werden sie vollständig verdunkelt und die Ausstellung mit Kunstlicht beleuchtet. Die Nutzung der Räume bleibt so flexibel und der wunderschöne Blick zum Bibliothekshof und auf die historische Posthalterei bleibt als Qualität erhalten.
Die Arkaden werden in Betonbauweise ausgeführt. In die Verschalung werden sorbische Schriften und grafische Elemente eingefräst, so dass sich diese dann dauerhaft auf der Oberfläche des Betons abzeichnen. Sie begleiten die Besucher bei ihrem Gang durch die sorbischen Höfe.

Historischer Bestand: Wie Neues zu Altem steht

Die baulichen Eingriffe erfolgen behutsam und minimalinvasiv. Neues ist durch Materialität und anspruchsvolle Details erkennbar. Historischer Bestand und Neues bilden so ein harmonisches Ganzes. Im Sinn der Nachhaltigkeit werden – wo möglich – Bauverbindungen rückbaubar ausgeführt. Rückgebaute Originalsubstanz soll erfasst, beschriftet und ortsnah eingelagert werden. Der größte Eingriff folgt einem berechtigten, neuen Bedürfniss: der barrierefreien Wegeführung (und der Entfluchtung). Er umfasst den Einbau des Treppenhauses und die Erschließung des Gebäudes, was wiederum die Anbindung der Splitgeschosse erlaubt. Erhalt und Nutzung des Denkmals werden so auf Jahrzehnte gesichert.

Auf einen Besuch in den Sorbischen Höfen

Im Sommer zur blauen Stunde unter dem Himmel der Oberlausitz gehe ich den Lauengraben entlang. Eine Überraschung, gegenüber der lauten kommerziellen Fassade, da wo früher eine grasbestandene Baulücke war und großflächige Werbung auf Brandmauern, steht ein neues Gebäude. Seine fein gearbeitete Backsteinfassade steht im Kontrast zu den großflächigen Geschäftsgebäuden auf der anderen Straßenseite. Aber der Neubau fügt sich gut ein. Er versteht sich mit den Barockgebäuden nebenan, alle Linien fließen ineinander über. Alt und neu, Hand in Hand. Die Fassade ist bespielt mit geometrischen Mustern, nicht aufdringlich, aber da. Zwischen den Steinen scheint das warme Licht von drinnen durch. Da scheint was los zu sein!. Die Muster erinnern mich an was. Früher, bei meinen Großeltern auf dem Land, da gab es auch Sachen, die solche Muster hatten…merkwürdig, dass ich daran denken muss. Schau, da, das große Tor, da geht es hinein. Wow – ein schöner Arkadengang auf einen Hof – da ist noch Licht und ein paar Menschen stehen beieinander an diesem Sommerabend. Da geh ich schauen. Was sind das hier für Schriften in den Säulen? Witajśo k nam! Warte mal, das ist – Polnisch ist das nicht – ist das Sorbisch? Ja, das ist Sorbisch. Die Leute im Hof sprechen in verschiedenen Sprachen miteinander. Weiter oben ist ein großes Fenster, da basteln Kinder und spielen. Wo bin ich hier gelandet? Das ist so ein schöner Innenhof, irgendwie total nett, aber auch modern. Hier vom Hof aus kann man in eine Bibliothek schauen. Oben ist auch noch was los, Leute stehen an der großen Glasfront. Gespräche erfüllen die Luft. Da hängt ein Plakat – „Sorbisches Sommercamp“ – na, jetzt verstehe ich! Deswegen kommt mir hier alles so sorbisch vor!! Ich schaue mal rein. Das Foyer ist weit und offen, am Tresen steht noch jemand und winkt mich freundlich rein. Heute Abend Eintritt frei? Das ist ja toll. Hinter dem Tresen geht eine Treppe hoch – oder doch gleich den Fahrstuhl daneben nehmen? Und da geht’s runter zu den Toiletten und Garderoben, gut zu wissen, aber jetzt erstmal umschauen. Ich sehe nochmal anders auf den Raum. Schon sehr schön, wie weit und hell das hier alles gemacht ist, wirklich eine angenehme Atmosphäre. Selten, dass neue Gebäude einen so willkommen heißen. Man kann bis in den Hof schauen, in dem eine junge Linde steht – ja, jetzt ist Sommer. Von oben, oberhalb der Galerien, fällt durch ein Glasdach noch das letzte blaue Abendlicht und mischt sich mit der Beleuchtung des Foyers. Obwohl man in einem Gebäude ist, wirkt alles weit und großzügig. Links geht es in eine Dauerausstellung – rechts in einen Vortragsraum, aus dem riecht es nach Kaffee. Ich geh mal schauen. Wow – schon wieder ein so schöner Blick in den Hof. Ich glaube, ich trinke schnell noch ein Tässchen, die anderen stehen hier ja auch alle ganz gesellig. Die Fenster sind geöffnet und man kann auf den Hof hinaus. Das Gezwitscher von Amseln ist zu hören. Der Hof ist wirklich schön mit dem alten Gebäude gegenüber. So schöne Plätze kann es gar nicht genug geben in der Innenstadt! Na komm, nochmal drinnen in die Ausstellung schauen. Ansprechend und übersichtlich gemacht – schau da geht’s weiter, die Treppe hoch – hier ist die Galerie, die ich vorhin von unten gesehen habe und über mir der Blick in den Abendhimmel. Oben geht es noch einen Stock weiter. Auf diesem Geschoss ist noch eine Sonderausstellung. Von dort kann ich wieder in den Hof schauen mit der Bibliothek, die eine ganz eigene Ruhe ausstrahlt. Über den Hof hinweg, gegenüber, sehe ich eine zweite junge Linde und ein Haus in gleicher Bauweise. Das scheint hier alles zusammen zu gehören. Sorbisches Institut steht dort. Und hier oberhalb der Bibliothek sehe ich Leute an Tischen, mit Leselampen in ihre Studien vertieft. Einige schauen auch nur versonnen in die abendliche Hofstimmung und hängen ihren Gedanken nach. Den Hof durchqueren immer wieder Passanten, die die besondere Atmosphäre dieses Ortes offensichtlich genießen. Mütter sitzen auf Bänken und die Kinder balancieren und fahren Slalom zwischen den Säulen des Arkadenganges. An der Linde sitzt ein jugendliches Pärchen und guckt sich gemeinsam etwas auf einem Handy an. Ein schöner Ort der Ruhe. Hier komme ich jetzt öfter hin. Dann schau ich mir auch mal eine Veranstaltung an. Es scheint ja recht nett zu sein, bei den Sorben.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf weist vielfältige Bezüge zur sorbischen Kultur und zur Region auf: die ornamentale Fassadengestaltung, Symbolik oder Arkadengänge als Interpretation der Umgebindehäuser. Die einheitliche Gestaltung der zu den 3 Stadtseiten gerichteten Fassaden wirkt verbindend und ermöglicht die Wirkung eines Gesamtensembles.
Begrüßt wird die vorgeschlagene Art der öffentlichen Durchwegung vom Lauengraben bis zur Goschwitzstraße, insbesondere die Anbindung des Lesesaals und des Veranstaltungsraums an den Museumshof wird als sehr gelungen bewertet.
Die Organisation der Grundrisse in beiden Bearbeitungsbereichen überzeugt, allerdings sind im Eingangsbereich des Museums wichtige Funktionen nicht nachgewiesen, so dass die Fläche, die der Entwurf dafür zur Verfügung stellt, nicht für eine funktionierende Nutzung ausreichen wird. Hinterfragt wird die Ausbildung mit Klinkern, einem im Stadtbild fremden Material. Auch die vorgeschlagene Perforation der Klinker für Durchleuchtung und Belebung der Fassaden zur Abendzeit wird aus Gründen der Konstruktion und des Unterhalts kritisch gesehen. Die Wirkung der zum Lauengraben weitgehend geschlossenen Fassade in Verbindung mit dem vorgeschlagenen überdachten Arkadengang vom Lauengraben zum Innenhof wird bei einer künftigen Bebauung des Nachbargrundstücks kritisch gesehen. Die straßenseitigen Fassadenöffnungen der Neubauten an Goschwitzstraße und Äußerer Lauenstraße wirken unmaßstäblich.
Modell

Modell

Grundriss EG

Grundriss EG

Grundriss 1.OG

Grundriss 1.OG

Grundriss 2.OG

Grundriss 2.OG

Längsschnitt

Längsschnitt

Querschnitt

Querschnitt

Ansicht Nord

Ansicht Nord

Ansicht West

Ansicht West

Ansicht Süd

Ansicht Süd