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Nichtoffener Wettbewerb | 05/2023

Neubau Feuer- und Rettungswache in Dülmen

2. Preis

Preisgeld: 39.000 EUR

JSWD Architekten

Architektur

ZWP Ingenieur-AG

TGA-Fachplanung

Franke - Ingenieure für Brandschutz GmbH

Brandschutzplanung

Erläuterungstext

Regionaltypische Bauweise mit recyclebarem Klinker aus dem Münsterland

Zum städtebaulichen Konzept

Ruhig und selbstverständlich bilden drei sich verschneidende Volumen ein skulpturales Gebäude in dessen Mitte sich der gemeinsame Eingang der Feuer- und Rettungswache Dülmen befindet. Dabei gliedert das Gebäude die Außenräume entsprechend ihren Nutzungsanforderungen. Zufahrt mit Parkplätzen und Haupteingang befinden sich am nordwestlichen Grundstücksrand sodass zukünftige bauliche Entwicklungen (z.B. FTZ) ausdrücklich in Dialog mit der Feuer- und Rettungswache treten können. Synergieeffekte z.B. bei Parkplätzen sind denkbar. Der Alarmhof mit separierter Ein- und Ausfahrt liegt direkt an der Straße Nordlandwehr. Schnell ausrückende Fahrzeuge können von hier aus kreuzungsfrei und auf direktem Weg ausrücken. Städtebaulich bildet das zurückgestaffelte Gebäude dadurch einen räumlichen Abschluss zur Straße und zur Wohnbebauung. Nordöstlich hinter dem Gebäude befindet sich der Betriebshof wodurch die angrenzende Wohnbebauung vor Lärmemissionen aus dem Tagesbetrieb geschützt wird. Eine zweite Zufahrt von der Straße An der Lehmkuhle kann neben dem Tagesbetrieb bei Störungen im Betriebsablauf als Notausfahrt von den Einsatzfahrzeugen genutzt werden. Die Gliederung des Gebäudes spiegelt die Aufteilung der inneren Funktionen wider. Rettungswache sowie Feuerwache mit Werkstätten sind funktional in je einem Gebäudeteil untergebracht, sodass eine eigentumsrechtliche Parzellierung leicht möglich ist. Zugleich unterstreicht der kompositorische Ansatz den Wunsch nach einem selbstbewussten, gemeinsamen Auftritt.

Zur Gestaltung

Das „Tor“ als Grundmotiv dieser Gebäudetypologie bestimmt die Fassadengestaltung aller Gebäudeteile. Entlang der Straße Nordlandwehr sind die Tore der Alarmausfahrt aufgereiht und verleihen dem Gebäude sein typisches Gesicht. Büro- und Ruhebereiche sowie Werkstätten führen das Fassadenmotiv des Tores mit entsprechender Fensterfüllung weiter. Dieses einfache Prinzip verbindet den Kompakten, orthogonalen Grundriss mit der äußeren Fassade zu einer wahrnehmbar kohärenten Einheit. Die rote Ziegelfassade orientiert sich an der regionaltypischen Bauweise und unterstreicht die Plastizität des Baukörpers, der kantig und mit klaren Geometrien einen spannungsvollen Kontrast zum angrenzenden Grün der Felder bildet. Der offene Charakter strahlt, der Funktion angemessen, Sicherheit und Beständigkeit aus. Das Gebäude zeigt auch für Außenstehende, dass es sich um eine Feuer- und Rettungswache unter einem Dach handelt. Es verfügt über eine Ausstrahlung, die nach außen und innen wirkt und sowohl die Ratio als auch die Emotionen anspricht.

Organisation und Funktion

Die Organisation des Gebäudes sieht im Erdgeschoss einen gemeinsamen Erschließungsbereich mit Haupteingang der Feuer- und Rettungswache mit den jeweiligen Fahrzeughallen sowie den Werkstätten und Lagerräumen vor. Die Aufenthaltsräume der RW und Ausbildungsräume FW sind im 1. Obergeschoss, die Aufenthalts- und Ruheräume der FW im 2. Obergeschoss vorgesehen. Dadurch entsteht ein kompaktes Gebäude in dem die verschiedenen Funktionsbereiche über ein gemeinsames Foyer mit großzügigem Luftraum attraktiv erschlossen werden. Die kompakte Funktionsbündelung in drei Riegel hat nicht nur energetische und ökonomische Vorteile, sondern ermöglicht eine klare, funktionale Grundrissorganisation mit kurzen Wegeverbindungen innerhalb des Gebäudes sowie großzügig dimensionierten Höfen und Rangierflächen mit ausreichenden Wenderadien vor und zwischen den Gebäudeteilen.

Materialien und Konstruktion

Im Sinne der Außenwirkung wird beim Neubau neben dem möglichst ökonomischen Einsatz von Baustoffen und Materialien besondere Rücksicht auf die lokale und globale Umwelt genommen. Somit werden nur regionale Baustoffe verwendet, die in ihrer Gewinnung und Funktion eine hohe Umweltverträglichkeit aufweisen und bei der Beschaffung keine langen Transportwege zurücklegen müssen. Daher wurde eine Ziegelfassade geplant. Die Vollklinkersteine werden im Umland von Dülmen hergestellt und können gemäß des Cradle-to-Cradle-Prinzips, nach Ablauf der Nutzungsdauer sortenrein rückgebaut und recycelt oder wiederverwendet werden.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Vorsatz, ein ruhiges und wie selbstverständlich in den Kontext gesetztes, skulpturales Ensemble zu entwerfen gelingt den Verfassern beeindruckend gut.
Die differenziert ausformulierten Volumina sitzen richtig, sowohl als Vis-a-Vis zu der eher kleinmaßstäblichen Bebauung längs der Nordlandwehr, wie aber auch mit Blick auf durch geschickte Setzung überzeugend dimensionierte und verortete Außenräume.
Das Gebäude präsentiert sich als regionaltypischer, wohl proportionierter, disziplinierter Mauerwerksbau - unaufgeregt in Material und Detail, man verzichtet auf modische Elemente und befriedigt die Erwartungen in Bezug auf typologisches Erscheinungsbild in besonderem Maße. Nachhaltigkeitsaspekte werden vorrangig über die Verwendung regionaler, recycelter oder recycelbarer Baustoffe nachgewiesen. Die Dachflächen sind richtigerweise begrünt und für Dachterrassen sowie PV-Module vorgesehen. Das Bemühen um Low-Tech (Brandschutz, Belichtung, Belüftung) durch bauliche Maßnahmen und weniger technische Installationen scheint machbar.
Der Alarmstellplatz im Westen mit eigenem Eingang liegt richtig (allerdings ist der Weg für die von Osten einrückenden Kräfte relativ weit), der Werk- und Übungshof mit gut platziertem Übungsturm im Osten ist funktional und angemessen dimensioniert, die Alarmzugänge liegen gut und sind direkt, die anschließenden Wege zu den Einsatzfahrzeugen sind akzeptabel.
Das Bemühen um möglichst kurze und kreuzungsfreie Wege wird anerkannt. Die Länge und Ausformulierung der Flucht- und Rettungswege im Gebäude werden aber in Frage gestellt. Die dreigeschossige Eingangshalle überzeugt als Innenraum, stellt jedoch ebenfalls Anforderungen an den Brandschutz. Die Erreichbarkeit der jeweiligen Hallen aus den Ruhe- und Aufenthaltsbereichen ist gut gelöst.
Die gemeinsamen Alarmaus- und Einfahrten funktionieren störungsfrei, die Breite der östlichen Umfahrt wird - insbesondere nach Erweiterung der Halle - aber durchaus auch kritisch gesehen.
Die Kombinierbarkeit der Schulungs- und Besprechungsräume lässt eine vielfältige Nutzung zu, die erhofften Synergieeffekte werden erzielt.
Bei aller Würdigung der positiven Aspekte und hohen funktionalen wie gestalterischen Qualitäten der Arbeit, gibt es Anlass zur Kritik: die Arbeit kann auf eine Teilunterkellerung nicht verzichten, die Topographie wird nur im Außenraum berücksichtigt, die Arbeit überschreitet das Raumprogramm und ca. 260 qm, die Annahme und Ausgabe der kontaminierten Ausrüstungen funktioniert in vorgeschlagener Form nicht, das im Innenbereich der Werkstatt liegende Lager führt zu einer umständlichen Beschickung der Fahrzeuge. So attraktiv die Grundrisslösung im 2. OG auch gelungen ist, aus den Fluren gibt es keinen direkten Außenbezug - nur zu den wohlproportionierten Innenhöfen.
Dennoch gelingt den Verfassern ein überzeugender, im positiven Sinne robuster und kompakter Entwurf für die Feuer- und Rettungswache, dessen Gebäudekenndaten im guten Bereich liegen und eine wirtschaftliche Errichtung so wie gute Unterhaltung erwarten lassen.
Beurteilung Schwerpunkt Funktionalität für Feuer- und Rettungsdienst
Bemängelt werden die lang verwinkelten Alarmwege, die innenliegenden und damit eingeschränkt anzuliefernden Lagerbereiche, die lange Zufahrt für Einsatzkräfte aus dem Osten, der »Ablauf« im schwarz/weiß Bereich, die Zuwegung zum Bereitschaftsraum sowie die Entfernung des Ruhebereiches zur Fahrzeughalle. Der Betriebshof wird positiv bewertet.
Lageplan

Lageplan

Modellfoto

Modellfoto