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Mehrfachbeauftragung | 12/2022

Quartiersentwicklung Kalkwiesen in Crailsheim

Gewinner

blocher partners GmbH

Stadtplanung / Städtebau

Erläuterungstext

Von Nebenan nach Mittendrin

Leitidee
„Von Nebenan nach Mittendrin“ – unter diesem Leitbild entwickelt sich eine Struktur aus einzelnen Nachbarschaften, die mittels einer übergeordneten Freiraumplanung zu einem neuen innovativen, nachhaltigen Stadtquartier vernetzt werden. Die Entwicklung der Nachbarschaftsquartiere versteht sich als moderne Weiterentwicklung der in der Umgebung dominierenden Einfamilienhausgrundstücke. Die vorhandenen Potentiale dieser Struktur, bestehend aus freistehenden Gebäuden mit Garten und Grünflächen, werden in ein „neues Pattern“ aus Nachbarschaften übersetzt. Dieses bildet damit Gemeinschaften und bietet seinen Bewohnern*innen einen qualitätsvollen Lebensraum.
Ein offenes soziales Miteinander, generationsübergreifendes Leben, Identifikation mit seinem Haus und seiner Nachbarschaft sowie ein nachhaltiges ressourcenschonendes Bauen bilden den Ausgangpunkt für das Konzept von sechs Nachbarschaften. Die städtebauliche Setzung, Körnung und Vielfalt der entwickelten Gebäude sowie der geplante Freiraum unterstützen diesen Aspekt maßgeblich.
Wir entwickeln zudem einen nachhaltigen Ansatz in Bezug auf den Individualverkehr und schlagen ein weitestgehend autofreies Quartier mit zwei Quartiersgaragen vor. Ebenso konsequent wird das energetische Ziel verfolgt, ein nahezu klimaneutrales Quartier zu entwickeln, welches den Erwartungen an einen nachhaltigen zukunftsorientierten Städtebau gerecht wird. So entsteht ein innovatives, nachhaltiges grünes Stadtquartier mit eigener Identität und hohem Wiedererkennungswert für die Bewohner der Stadt Crailsheim – „Von Nebenan nach Mittendrin“. Die Bewertung und Diskussion um die Entwürfe erfolgen dann analog des Vorgehens zum Masterplan für die östliche Innenstadt durch die Bürgerschaft, den Gemeinderat und die Verwaltung. Auf dieser Grundlage entscheidet dann der Gemeinderat final über den weiterzuverfolgenden Entwurf.

Städtebau
Das zu beplanende Nordhanggrundstück liegt zentrumsnah nordwestlich des Bahnhofs und wird begrenzt durch die Haller Straße im Norden, die Eichendorffstraße im Westen, die Breslauer Straße im Süden und bestehende Bebauung im Osten entlang der Kalkäckerstraße. Die Umgebung des Areals wird geprägt durch Einfamilienhausgrundstücke im Westen und Süden, dem Schulzentrum an der Breslauer Straße sowie der heterogenen Nutzungsstruktur mit Engelbrauerei, Tankstelle und Nahversorger entlang der Hallerstraße.
Über die Haller Straße im Norden und Breslauer Straße im Süden wird das neue Quartier erschlossen.
Dem Konzept eines innovativen, nachhaltigen autoarmen Quartiers folgend werden entlang dieser Straße jeweils eine Quartiersgarage als Mobilitätszentrale verortet. Beide Mobilitätszentralen erhalten über das Parken hinaus Sondernutzungen wie Sport- und Freizeitflächen auf den Dächern oder öffentliche Nutzungen in den Erdgeschossen und werden damit in das Freiraumkonzept integriert. Das gesamte Areal wird in sechs Nachbarschaften geclustert, die über ein nachhaltiges Frei- und Grünraumkonzept und zwei grüne Quartiersplätze miteinander verknüpft und in den natürlichen Geländeverlauf integriert werden. Die Quartiersplätze sind keine Plätze im eigentlichen Sinn, sondern können durch die Bewohner zu eigen gemacht und zum Beispiel für Urban Farming genutzt werden. Im Bereich der Kreuzung Eichendorfstraße / Breslauer Straße entsteht ein weiterer Platz, der an zentraler Stelle, gegenüber der Schule, das Quartier mit der vorhandenen Umgebung verknüpft.
Die individuell gestalteten Nachbarschaften sind als differenziert gestaltete Gebäudestrukturen mit III-V Geschossen in offener Bauweise entwickelt und jeweils um einen privaten grünen Innenbereich organisiert. Es entsteht eine hohe Vielfalt an Wohnungstypologien und ein breites Angebot an Wohnraum für alle Lebensphasen. Die einzelnen Gebäude werden durch wiederkehrende, auf den Ort und die stadträumlichen wie funktionalen Anforderungen angepasste, Erschließungstypologien organisiert. Ergänzt werden die Nachbarschaften durch gewerbliche Nutzungen, die entlang der entwickelten Quartiersplätze verortet werden. Die Engel Brauerei kann in den Städtebau integriert werden und beispielsweise durch eine Umnutzung der vorhandenen Flächen hin zu einer Kultur- und Veranstaltungsnutzung in das Gesamtkonzept integriert werden.

Nutzungskonzept / Typologien
Die von uns geplanten Nachbarschaften weisen eine große Vielfalt an unterschiedlichen Wohnformen für alle Lebensphasen auf – diese werden in differenziert gestalteten Gebäuden verortet und um einen gemeinsamen, halb privaten und begrünten Freiraum organisiert. Ergänzt wird das Angebot um gewerbliche und öffentliche Nutzungen, die sich zu den Quartiersplätzen orientieren. So weisen wir unter anderem eine KiTa aus, deren Zugang vom östlichen Quartiersplatz erfolgt und deren private Spiel- und Freifläche sich Richtung Jagst orientiert. Innerhalb der Nachbarschaften werden die Dachflächen als sogenannte 5. Fassade aktiv genutzt – hier werden z.B. Aufenthalts- und Gemeinschaftsflächen, Gewächshäuser und die grünen Terrassen für Urban Farming vorgesehen.

Ein ausgewogener Wohnungsmix mit 1-5 Zimmer Wohnungen, und eine sich gut in den Kontext einbettende Dichte, werden entwickelt, alternative Wohnformen werden integriert. Die Nachbarschaften fördern die Adressbildung und bieten durch eine kleinteilige Mischung unterschiedlicher Gebäudetypen, Wohnformen und Finanzierungsmodelle. Die Typologien sind auf die kleinteilige Aufteilung orientiert. Neben 2,3- und 4-Spännern werden sogenannte Flexhäuser, Clusterhäuser und Eckhäuser mit Laubengängen sowie Sonderbausteine vorgeschlagen. Die Flexhäuser werden auf einem Raster mit effizienten Spannweiten entwickelt und bieten analog zur Bezeichnung ein hohes Maß an Variabilität und Flexibilität für unterschiedliche Wohnungsgrößen und Wohnformen.
Clusterhäuser ermöglichen durch ihre Breite attraktive Gewerbe- und Gemeinderäume in der Erdgeschosszone. Sie sind ideal für Wohngemeinschaften, falls gewünscht. Die Geschosse sind flexibel und können zu WGs mit attraktiven Gemeinschaftsräumen zusammengeschlossen, aber auch in Geschosswohnungsbau umgesetzt werden. Auf dem Dach befindet sich der Gemeinschaftsdachgarten.
Der Gebäudetyp der Eckhäuser bietet Etagenwohnungen mit einer Laubengangerschließung an. Die Erschließungsfigur ermöglicht die soziale Interaktion der Bewohner miteinander und fördert das Gemeinschaftsgefühl.
Die Gebäudetypen lassen sich sowohl in konventioneller Massivbauweise als auch in innovativer Holz- oder Lehmbauweise realisieren – dies muss im weiteren Prozess mit dem Bauherrn entwickelt werden.

Freiraum
Die Kalkwiesen in Crailsheim werden in ein innovatives grünes Wohnquartier transformiert, das die Anforderungen an den Klimawandel und die lebenswerte Stadt vereint. Die PKWs werden bereits an den Eingängen in Quartiersgaragen gesammelt; stattdessen wird der gewonnene Freiraum als multifunktionaler Grünraum für Regenrückhaltung, soziale Nutzungen und ökologische Konzepte freigegeben.
Gegenüber der Eichendorffschule bildet sich der Eingangsplatz zum neuen Quartier aus. Eine begrünte Pergola und Baumreihen bespielen und beschatten den Raum. Zwei großzügige Grünachsen laden ins Quartier ein und weisen Erholungssuchenden den Weg in die Landschaft der Jagstaue. Die Ringerschließung lässt eine Befahrung für Versorgungs- und Notfallfahrzeuge zu. Im Zentrum verbindet der urbane Boulevard die grünen Plätze. Baumreihen und ein Wasserlauf begleiten die Aneignungsflächen der Bewohner – hier ist Raum für gemeinschaftliche Boulespiele, Sitzgruppen oder Hochbeete. Die beiden Plätze zeigen sich in einer überwiegend grünen Gestalt: bespielbare Wiesenterrassen terrassieren sich das Gelände hinab; ein gemeinschaftlicher Garten bietet einfache Möglichkeiten mit den Nachbarn ins Gespräch zu kommen. Auch die Höfe weisen individuelle Charaktere auf und fördern so die Identifikation der Bewohner. Oberhalb der Haller Straße wird das Dach der Quartiersgarage mit zahlreichen Angeboten zum sportlichen Anziehungspunkt.

Regenwasser
Für das Plangebiet wurden ein dezentrales Regenwasserkonzept und eine Vordimensionierung des erforderlichen Rückhalteraumes erstellt. Ein dezentrales Regenwasserkonzept nach dem Prinzip der Schwammstadt zielt darauf ab, durch naturbasierte Lösungen wie beispielsweise Gründächer oder bepflanzte Versickerungsmulden eine Annäherung an die natürlichen Abflussverhältnisse zu erreichen. Diese Wasserbilanz, setzt sich aus den drei Komponenten Grundwasserneubildung (GWN), tatsächliche Verdunstung (ETa) und Direktabfluss (A) zusammen. In dem vorliegenden Plangebiet setzt sich diese Wasserbilanz zu 14 % Grundwasserneubildung (GWN), 52 % tatsächliche Verdunstung (ETa) und 34 % Direktabfluss (A) zusammen. Der erforderliche Rückhalteraum (VR) wurde für das gesamte Plangebiet in einer ersten Vordimensionierung auf etwa 1600 m³ ermittelt (30-jähriges Regenereignis). Aufgrund der topographischen Bedingungen im Plangebiet und dem hohen Anteil des Direktabflusses (A), wird ein dicht vernetztes Muldenversickerungssystem empfohlen, das kleinräumige Einstauflächen zur Pufferung von Starkniederschlägen ermöglicht. Neben versickerungsfähigem Oberflächenbelag wird weiterhin eine verdichtete standortgerechte Bepflanzung empfohlen, um die tatsächliche Evapotranspiration nachzubilden. Das dargelegte dezentrale Regenwasserkonzept folgt dem Prinzip der Schwammstadt und setzt somit also auf die Schaffung von natürlichen Versickerungsflächen (Naturgärten, Regengärten, Blühwiesen und lokal angepasste Grünbiotope, Baumhaine) und einer vernetzten grün-blauen Regenwasserinfrastruktur (begrünte Rinnen und Retentionsmulden).

Klima
Für das Plangebiet wurden im Ist- und im Planungsszenario eine Klimasimulation des thermischen Komforts, der sogenannten Physiologisch Äquivalenten Temperatur (PET) vorgenommen. Als Referenz für die Simulation dient das Juni Solstitium am 21. Juni 2022 um 15 Uhr. Für die Bestimmung der meteorologischen Daten wurde die synthetische Windrose des Landes BadenWürttemberg für Crailsheim und öffentliche Temperatur- und Luftfeuchtigkeitsmessungen verwendet. Der für den Menschen optimale Wert der PET liegt bei 21 °C. Die Bestandsanalyse ergab für den unbebauten Bereich des Planungsgebiets eine PET von 25 °C. In den Bereichen der Vegetation im Nordosten liegt die PET bei unter 23 °C. In den Bereichen der Bestandsbebauungen steigt die PET auf etwa 37 °C an. Die Analyse der Planung zeigt für den ehemals unbebauten Teil eine Reduzierung der PET in dem Bereich auf 22 °C. Die geplante Vegetation führt in Folge von Verschattung und Transpiration zu einer Reduzierung der PET um 5°C. Auch die Retentionsmulden und Wasserläufe im Entwurf tragen zu einer Reduzierung der PET bei. Um angrenzende Bestandsgebäude ist eine Erhöhung der PET festzustellen. Gründe hierfür könnten eine Reduzierung der Windgeschwindigkeit durch die neuen Gebäudekubaturen sein. Insgesamt liegt für das Planungsgebiets eine Verbesserung der PET vor.

Mobilität und Verkehr
Das autoarme Neubaugebiet Kalkwiesen liegt östlich des Crailsheimer Bahnhofs und ist mit allen Verkehrsträgern sehr gut erschlossen. Der motorisierte Verkehr wird in zwei Quartiersgaragen an der Nord- und Südseite (Haller Straße bzw. Breslauer Straße) gebündelt. Diese sind als Mobilitätszentralen ausgestaltet und bieten neben den Stellplätzen für Bewohner den barrierearmen Zugang zu weiteren Mobilitätsangeboten wie Bike- und Carsharing und unterstützen den autoarmen Charakter des Quartiers. Innerhalb des Quartiers gibt es einen verkehrsberuhigten Erschließungsring von der Breslauer Straße aus, welche vor allem der Andienung der Kita und weiteren Nutzer dient. Grundsätzlich sind auch die Wegeverbindungen zwischen den Baublöcken mit Fahrzeugen erreichbar, was insbesondere auch für die Rettungsdienste und Ver- und Entsorgung notwendig ist, dem privaten motorisierten Verkehr stehen die Verbindungen jedoch nur im Ausnahmefall zur Verfügung (z.B. Umzug, größere Transporte). Die Zugangskontrolle kann beispielsweise über abschließbare oder versenkbare Poller erfolgen.
Die Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr erfolgt zum einen über die im Verlaufe der Breslauer Straße gelegenen Bushaltestellen, welche täglich durch die Buslinie 53 bedient wird, welche wiederum in ca. fünf Minuten Fahrzeit den ZOB am Bahnhof und in ca. 8 Minuten Fahrzeit das Rathaus erreicht, sodass die wichtigsten Orte im Stadtgebiet gut erreichbar sind. Der Bahnhof Crailsheim selbst ist auch fußläufig in ca. 10 Minuten vom Quartier aus erreichbar. Von hier aus bestehen regelmäßige Bahnverbindungen im Nah- und Fernverkehr nach Nürnberg, Stuttgart, Aalen und Ansbach.
Für den Radverkehr bestehen neben den gesicherten Stellplätzen in der Mobilitätszentrale im Umfeld der Bikesharing-Station auch weitere gesicherte Abstellmöglichkeiten mit kurzen Wegen zu den Wohnungen und weiteren Einrichtungen im Quartier. Dabei werden grundsätzlich die Stellplätze für Bewohner innerhalb von Gebäuden und somit gesichert vorgesehen, während für Besucher und Kunden auch Fahrradbügel im öffentlichen Raum vorgesehen sind, um möglichen Wildparken vorzubeugen. Im Umfeld des Fahrradparkens entstehen auch Fahrradservicestationen, an welchen beispielsweise Reifen aufgepumpt und kleinere Reparaturarbeiten vorgenommen werden können. Die fußläufigen Verbindungen innerhalb des Quartiers sind auf Grund der autoarmen Gestaltung besonders attraktiv und bieten eine erhöhte Aufenthaltsqualität. Sie dienen zum einen der letzten Meile zwischen den Mobilitätszentralen sowie Bushaltstellen und den eigentliche Quell- bzw. Zielorten, zum anderen aber auch der Durchwegung des Quartiers in Bezug auf die Nachbarquartiere, wodurch der zentrale Quartiersplatz an der Breslauer Straße zusätzlich belebt werden kann. Insbesondere zur Haller Straße und Kalkäckerstraße im Osten des Quartiers sollten zusätzliche Durchwegungen über die benachbarten Grundstücke geschaffen werden, um die fußläufigen Wegebeziehungen zum Bahnhof und zur Innenstadt deutlich zu verkürzen.

Energetisches Konzept
Das übergeordnete Ziel ist es, ein klimaneutrales Quartier zu errichten.
Um dieses Ziel zu erreichen, wird im ersten Schritt eine Reduktion des Energiebedarfs angestrebt. Es erfolgt die Umsetzung des EH 40 Standards in Kombination mit einem kompakten A/V Verhältnis, einem reduzierten Glasflächenanteil sowie einem intelligentem Sonnenschutzsystem. Darüber hinaus werden solare Erträge und Verschattungseffekte bei der Gebäudeanordnung berücksichtigt.
Die lokale Stromerzeugung durch PV stellt eine wichtige Säule dar, um den Energiebedarf im Quartier zu decken. Die großzügig vorhandenen PV-Flächen (Dächer und Fassaden) sowie das günstige Verhältnis von PV-Fläche zu Nutz-/ und Wohnfläche bieten hierfür ideale Voraussetzungen. Um den Anteil von zugekauftem Ökostrom gering zu halten, kann zusätzlich ein „Smart Grid“ oder ein „Mieterstromkonzept“ zum Einsatz kommen.
Der im „Mobility- & Energyhub“ befindliche Wasserstoff-Elektrolyseur stellt das zentrale Element des Energiekonzeptes dar. Mit Hilfe von überschüssiger, solarer Energie wird grüner Wasserstoff herstellt. Der Wasserstoff dient als Energiespeicher. Bei Bedarf kann er mittels Brennstoffzelle in elektrische Energie rückverstromt werden. Über die im Prozess entstehende Abwärme wird ein Teil des Wärmebedarfs der „Nachbarschaften“ gedeckt. Der Jahresnutzungsgrad der Elektrolyse erhöht sich durch die Abwärmenutzung erheblich.
Der weitere Wärmebedarf wird über ein kaltes Nahwärmenetzt gedeckt. Als Wärmequelle dient dabei der Abwasserkanal. Um die Temperaturen auf das Bedarfsniveau anzuheben, verfügt jeder Gebäudekomplex verfügt über eine Wärmepumpe. Wärmeverluste im Leitungsnetz werden folglich vermieden. Darüber hinaus wird auch eine Kühlung im Sommer ermöglicht. Diese kann direkt über das kalte Netz oder über die Wärmepumpe erfolgen.
Der Einfluss des hoch innovativen Energiekonzeptes reicht über die Quartiersebene hinaus und leistet einen wichtigen Beitrag zur Energiewende Deutschlands. Auch überschüssiger, erneuerbarer Strom von außerhalb wird über das öffentliche Stromnetz genutzt, um grünen Wasserstoff zu produzieren. Dieser kann dann z.B. von der im Quartier befindlichen Tankstelle abgenommen werden. Darüber hinaus kann der Wasserstoff zum nahe gelegenen Industriestandort transportiert werden. Hieraus entstehen Synergien zu der Attraktivität des Industriestandortes Crailsheim. Eine weitere Möglichkeit zur Nutzung des Wasserstoffes stellt die Einspeisung in das Erdgasnetz der Stadt dar.
Die Ressource Trinkwasser wird über die Rückhaltung und anschließende Nutzung von Regenwasser in Zisternen zur Bewässerung der Außenanlagen eingespart. Der hohe Anteil an unversiegelten Grünflächen in den Außenbereichen sowie Fassadenbegrünung hat ebenfalls eine kühlende Wirkung auf das Quartier.

Kennzahlen
Grundstücksgröße (Realisierungsteil) 30400 m²
Grundstücksgröße (mit Engel Brauerei) 44350 m²
GRZ (Realisierungsteil) 0,35
GRZ (mit Engel Brauerei) 0,32
BGF (Realisierungsteil) 35,385m²
BGF (mit Engel Brauerei) 44,264m²
Anzahl WE (Realisierungsteil) 400
Anzahl WE (mit Engel Brauerei) 450

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf von blocher partners ist der innovativste der Entwürfe. Der gewählte „Slogan“: von nebenan nach mittendrin gibt gut das generelle Leitbild hinter dem Entwurf wieder, das vor allem den gemeinschaftlichen, lebendigen Aspekt des Quartiers, der über eine reine Wohnnutzung hinausgeht, hervorheben soll. Um dies zu erreichen, sieht der Entwurf sogenannte „Nachbarschaften“ vor, die alle durch die unterschiedlichen thematischen Nutzungen der zugeordneten Freiflächen eine eigene Identität bekommen sollen und eine Vielzahl von Freizeitmöglichkeiten liefern. Die Lebendigkeit des Quartiers spiegelt sich dabei auch in der gewählten Architektur wider, die unterschiedliche Dachformen, Fassaden, Gebäudehöhen und -größen bietet und somit ein optisch ansprechendes Quartier formt.

Die Wohnnutzung an sich sieht sogenannte Clusterhäuser vor, die je nach Bedarf aufgeteilt und somit flexibel an den Wohnbedarf angeglichen werden können, was hinsichtlich einer Anpassung der Gebäude an den ermittelten Bedarf der Wohnraumbedarfsanalyse aus dem Jahr 2019 einen Vorteil darstellt. Bei Vollumsetzung entstehen 450 Wohneinheiten mit einer Einwohnerdichte von 169 Ew/ha im Gebiet. Trotz dieser relativ hohen Anzahl an möglichen Einwohnern*innen gelingt es, das Quartier in die Umgebung einzubinden, ohne dass auf übermäßig große Gebäude und Gebäudemassen zurückgegriffen werden muss.

Die „Autofreiheit“ des Quartiers wird durch eine Quartiersgarage und eine Tiefgarage erreicht. So wird der Verkehr gesammelt und aus dem Quartier herausgehalten. Allerdings fehlt der Nachweis der Einhaltung des Stellplatzschlüssels nach LBO. Zusätzlich ist der Entwurf der einzige, der nicht nur an der Haller Straße Gewerbeeinheiten vorsieht, sondern im ganzen Quartier. Vorgeschlagen werden hier Gastronutzungen und nicht näher benannte Gewerbeeinheiten – hierfür müssten ebenfalls die entsprechenden Stellplätze zur Verfügung gestellt werden, ebenso wie für Besucher*innen. Auch entstehen durch die zentralen Sammeltiefgaragen teilweise weiter Wege im Alltag, was gerade bei größeren Wocheneinkäufen schwierig sein kann. Als befahrbar im Alltag dient nur der „Boulevard“, an dem auch die Kindertagesstätte angeordnet ist.

Auch wenn der Bereich verkehrsberuhigt sein soll, könnte es gerade zu Stoßzeiten durch die KiTa zu einer hohen Auslastung kommen. Allerdings muss final abgeklärt werden, inwiefern Bedarf an einer Kinderbetreuungseinrichtung im Plangebiet besteht.
Durch die Ausfahrt des Mobility Hubs auf die Haller Straße und den dort zu erwartenden Verkehr durch die Zentralisierung des Parkverkehrs auf zwei Standorte könnte für den dort befindlichen Knotenpunkt eine zu hohe Verkehrslast entstehen. Inwiefern hier entgegengewirkt werden muss, ggf. durch einen Umbau der Kreuzung und welche Kosten daraus entstehen würden, muss entsprechend geklärt werden.
Der Umgang mit der Topographie ist teilweise unklar. So ist das Vorhandensein und die Nutzung von eventuell entstehenden Sockelgeschossen sowie der Umgang mit vorliegenden Steigungen zu diesem Planungszeitpunkt nicht immer eindeutig. Die Freiflächen der einzelnen Nachbarschaften weisen zum Beispiel nicht näher definierte Höhenunterschiede in sich auf.
Geschickt gelöst ist das Niederschlagsmanagement. Die vorgesehenen Retentionsbecken und Versickerungsflächen sind nicht als reine „Zweckbauten“ angelegt, sondern fließen in die Gestaltung der Grünflächen des öffentlichen Raums als Bauchläufe etc. ein.
Das vorgeschlagene Energiekonzept mit einer Wasserstoffnutzung ist nach Rücksprache mit den Stadtwerken wahrscheinlich nicht praktikabel umsetzbar, da die vorhandenen Photovoltaikflächen nicht den Energiebedarf zur Wasserstoffelektrolyse decken könnten und somit keine ausreichende Menge von „grünem“ Wasserstoff im Quartier erzeugt werden könnte. Der Ansatz wird als gut bewertet, muss jedoch weitergehend untersucht werden.

Der Entwurf stellt insgesamt eine Chance für die Entwicklung eines innovativen Quartiers dar, das es so in Crailsheim noch nicht gibt. Allerdings müssten für die Umsetzung „neue Wege“ gegangen werden. Die reine Erstellung eines Bebauungsplans, dessen Bearbeitung eine Menge Detailarbeit benötigen würde, wird es nicht schaffen, das Quartier mit Leben zu füllen. Hier sind über das reine Planungs- und Baurecht hinaus neue Ansätze nötig und Konzepte zu entwickeln, die auch nach der Herstellung der Wohnbebauung für ein lebendiges Quartier sorgen. Der Entwurf lebt dabei vom Gelingen der Nutzung der Freiflächen und der Identitätsentwicklung der einzelnen Nachbarschaften.
Lageplan

Lageplan

Energiekonzept

Energiekonzept