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Offener Wettbewerb | 03/2023

Neubau Geh- und Radwegbrücke Murfeld - Feldkirchen bei Graz (AT)

Visualisierung Nutzerperspektive

Visualisierung Nutzerperspektive

1. Rang / Gewinner

KOB ZT-GmbH

Architektur

isea tec GmbH

Tragwerksplanung

Erläuterungstext

Die doppelte Welle

Die neue Brücke über die Mur führt Radfahrer und Fußgänger in einer dynamischen Bewegung von der einen Uferseite zur gegenüberliegenden Seite. Ihr Charakter ergibt sich durch die geschwungene und elegante Linienführung in Ansicht und Draufsicht und ist Namensgeber für “die doppelte Welle”.

Die Örtlichkeit der Brücke ist geprägt durch eine Vielzahl technischer Infrastruktureinrichtungen, in der sie von Süden, Westen, Osten und von oben in ihrer Abmessung begrenzt ist. Folglich muss die Geh und Radwegbrücke ihre eigene Identität mit einer prägnanten, aber im Bauraum reduzierten Gestalt
schaffen. Die Formensprache und die Gestaltung technischer Elemente wurden bewusst nicht zu fein gewählt, um kein deplatziert wirkendes Brückentragwerk zu erhalten. Die kräftigen, geschwungenen, oberen Flansche, welche dem Biegemomentenverlauf folgen und die dem Kraftfluss angepasster Anordnung der äußeren Rippen, welche die Mittelauflager betonen, vermitteln die gewünschte konstruktive Ästhetik. Diese technische Formensprache spiegelt sich in der Materialität wider. Mit einer Lösung in wetterfestem Stahl wird ein architektonisch ansprechendes, dauerhaftes,
unterhaltsarmes und ressourcenschonendes Tragwerk realisiert.

Die fließenden Formen erschließen sich auch dem Nutzer der Brücke. Die Stege des stählernen Trogträgers sind mit 30° gegen die Vertikale geneigt und gestalten den inneren Raum der Brücke großzügig. Die daran befestigten Geländerpfosten folgen dem Auf und Ab der wellenförmigen Seitenträgern und unterstreichen die Dynamik bei Überfahrt. Die Höhe der Wellenkämme wurde derart gewählt, dass sich ein Raum auf der Brücke bildet, bei dem die Sichtbeziehungen der Verkehrsteilnehmer allerdings nicht behindert sind.

Die großzügig angelegten Radien von mindestens 100 m gewährleisten einen zügigen und sicheren Radverkehr. Der rhythmische und relativ geringe Abstand von 1.8 m der Geländerpfosten vermittelt den Radfahrern subjektiv eine höhere Geschwindigkeit, was sich positiv auf die Verkehrssicherheit auswirkt. Mit den großzügigen Radien und einer max. Rampenneigung von 4.2 % ist die Brücke barrierefrei gestaltet und trägt damit nachhaltig zur dringend erforderlichen Mobilitätswende bei.

Ein für die Verkehrssicherheit wesentlicher Aspekt ist die konfliktfreie Führung von Fuß- und Radverkehr. Dies wird dadurch erzielt, dass der Radverkehr, welcher über die Eichbachgasse zur Brücke geführt wird, auf dem südlichen Streifen von 4 m Breite angeordnet wird. Nördlich der haptischen Trennung von 30 cm Breite, welche durch die längsverlaufende Entwässerungsrinne im Tiefpunkt des Querschnittes erreicht wird, schließt der 2 m breite Gehweg an. Hierdurch ergeben sich Querneigungen von 1.05% für die Radfahrer und 2.32 % für die Fußgänger. Am östlichen Widerlager wird eine Stiege mit 5 Stufen angeordnet, um einen direkten Zugang zur attraktiven Uferzone zu erhalten. Der barrierefreie Weg für die Fußgänger führt entlang der Rampe und gewährleistet im Weiteren den Zugang zu dem Wohngebiet der Eintrachtgasse.

Am westlichen Widerlager endet die Rampe im Bereich der Querung der Fernwärmeleitung. Zur Schaffung von erforderlichem Raum wird eine Überarbeitung der Tragkonstruktion für die Unterstützung der Fernwärmeleitung vorgesehen. Die größere lichte Breite des Rahmens ermöglicht
die parallele Führung von Radfahrern und Fußgängern in diesem Bereich. Die Zufahrt des Pumpwerkes ist durch die gemeinsame Nutzung mit dem Gehweg gewährleistet. Der Platzbereich vor dem Tor muss hierfür geringfügig in der Höhe (ca. 15 cm) angezogen werden. Aufgrund der Zahl von Fußgängern und Dienstfahrten zum Pumpwerk stellt sich ein geringes und vertretbares Konfliktpotential dar.

Integration des Bauwerks in den städtebaulichen und landschaftsräumlichen Kontext

Die neue Fußgängerbrücke ist ein wichtiger städtebaulicher Baustein des Geh- und Radwegenetzes der Stadt Graz und der Gemeinde Feldkirchen. Die umgebende Landschaft ist einerseits durch verschiedene Infrastrukturbauten für Verkehr und Energieversorgung dominiert und andererseits durch begrünte Bereiche am Murufer geprägt. Das entwickelte Bauwerk wird den beiden, eigentlich gegensätzlichen landschaftlichen Aspekten durch seine prägnante Formensprache mit einer dennoch sehr eleganten und dynamischen Silhouette, die sich vorwiegend aus dem Tragwerkssystem ergibt und damit die Anforderungen an konstruktiver Ästhetik vollständig befriedigt, hervorragend gerecht. Ergänzt durch ihre barrierefreie Gestaltung bietet die neue Geh- und Radwegbrücke eine sichere, attraktive und komfortable Querungsmöglichkeit für alle Nutzer an.

Während der Blick nach Süden aufgrund der massiven Autobahnbrücke in unmittelbarer Nähe eher unattraktiv ist, erlaubt das "Wellental" des Bauwerks einen kurzen Blick auf die begrünten Uferbereiche auf der Nordseite. Um ein potenziell unangenehmes Verweilen "im Schatten" der Autobahnbrücke zu vermeiden, sollen bestehende und neue Verweileberieche am Ostufer nördlich der Brücke, wie z.B. die Stege am Bootshaus, aufgewertet bzw. errichtet werden. Diese bieten gleichermaßen die Möglichkeit, die naturgeprägten Uferbereiche im Norden zu erleben, wie auch einen attraktiven Blick nach Süden auf die architektonisch ansprechende Fußgänger- und Fahrradbrücke. Insbesondere in der Abenddämmerung schafft die attraktive Beleuchtung der
Strukturwelle, die den Raum deutlich aufwertet, eine sehr angenehme Atmosphäre zum Verweilen.

Für die Errichtung des Bauwerks sind geringfügige Baumfällungen im Bereich des östlichen Brückenwiderlagers erforderlich. Als Ausgleichsmaßnahme wurden Ersatzpflanzungen auf dem Streifen zwischen dem Widerlager und der Murfelder Straße vorgesehen. Zudem ist die an der Autobahnböschung entstehende Stützmauer (Steinschlichtung) mit einer Begrünung vorgesehen. Damit lässt sich die Brücke optimal in das durch gut begrünte Uferbereiche geprägte Landschaftsbild einfügen. Die Anbindung der westlichen Seite nutzt den Bereich des bestehenden Wegs aus und vermeidet daher nennenswerte Eingriffe in natürliche Umgebung. Mit dem Fahrraddurchlass unter der Autobahn auf der westlichen Uferseite, welcher in der Flucht des
sich kreuzenden Weges angeordnet werden sollte, vervollständigt sich die Wegeführung.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Preisgericht schätzt den minimalistischen konstruktiven Ansatz und die gelungene Materialwahl. Die damit verbundene geringe Höhe der Brücke wird als sehr positiv wahrgenommen. Daraus ergeben sich sehr viele vom Preisgericht als äußerst positiv wahrgenommene Punkte. Die kurze Rampenlänge, die geringe versiegelte Fläche sowie der geringe Eingriff in das Gelände. Der geringe Materialverbrauch und damit verbunden eine wirtschaftliche Lösung. Die für den Radfahrer zu überwindende Höhe ist ein großer Vorteil dieses Projekts. Als Alleinstallungsmerkmal ergeben sich kurze Rampen in Kombination mit geringen Steigungen und geringen Höhenunterschieden. Die skulpturale Qualität der Brücke und die Materialität erzeugen ein stimmiges Erscheinungsbild und werden vom Preisgericht positiv hervorgehoben. Die Wartungsarmut des Konzepts konnte das Preisgericht in vollem Umfang überzeugen. Das Preisgericht gratuliert zum in dieser Phase bereits vorhandenen Ausarbeitungsstand. Der reduzierte Querschnitt ist eine herausragende Ingenieurleistung, die das Preisgericht voll überzeugen konnte. Die Brücke schafft für die Nutzung Sicherheit, Barrierefreiheit sowie Erlebnisqualität. Die gelungene Linienführung fügt sich sehr harmonisch in die Umgebung ein. In Summe kann dem Teilnehmer vom Preisgericht nur zum sehr gelungenen Projekt gratuliert werden.
Visualisierung Brücke

Visualisierung Brücke

Lageplan

Lageplan

Seitenansicht

Seitenansicht

Wegeführung

Wegeführung