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Offener Wettbewerb | 06/2023

Neugestaltung Tummelplatz in Graz (AT)

Blick aufs Akademische Gymnasium

Blick aufs Akademische Gymnasium

1. Ankauf / Nachrücker

Uniola AG

Stadtplanung / Städtebau, Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Tummelplatz Graz
Der kunsthistorisch und stadtstrukturell bedeutsame Tummelplatz wird durch den vorliegenden Entwurf neu aufgearbeitet. Der früher durch das Vieh belebte Platz, auf dem sich Pferde und deren Besitzer*innen „tummelten“, sollen dies nun die Menschen in ihrem neuen Freiraum tun und sich ihn aneignen. Der derzeit heterogene Stadtplatz, der sich aus dem Tummelplatz und seinen Seitengassen Bischofsplatz, Bürgergasse und Hans-Sachs-Gasse zusammensetzt, wird im Einklang mit seinen bisherigen Funktionen klimatisch, morphologisch, visuell sowie zeitgemäß neu strukturiert.

Markt, Flügel und Regengarten
Die Teilbereiche von Tummelplatz, Bischofplatz und Bürgergasse zeichnen sich durch jeweils einen Charakterschwerpunkt aus. Der Marktplatz ist ein offener Platz, der bespielt werden kann. Neben der unterschiedlich Marktnutzung von Christkindlmarkt bis Wochenmarkt ermöglichen Fontänen und Nebeldüsen die Verwandlung in einen sommerlichen Wasserspielbereich. Feste Sitzbänke in Form von Hufeisen beziehen sich auf die Historie des Platzes, schmiegen sich um die Baumscheiben der Bestandsbäume und ermöglichen die Beobachtung des Treibens aus dem kühlen Schatten. Ein Hain aus lichten Gleditschien erweitert das Schattenangebot am nordöstlichen Platzbereich und lässt trotzdem den Blick auf die Fassade des akademischen Gymnasiums zu. Ein großes Holzdeck ergänzt die Möblierung der angrenzenden Gastronomie und lässt hier auch eine Auszeit und Aufenthalt ohne Konsumzwang zu.
Der Bischofplatz ist ein Ruhepol in der Hektik der Grazer Innenstadt. Zwei Inseln im Pflasterteppich bestimmen das Bild. Eine großzügige Wildstaudenfläche strahlt mit ihrem Blütenmeer ganzjährig Ruhe aus. Eine kleinere wassergebundene Decke gibt der Nachbarschaft einen Treffpunkt zum Boulespiel und individueller Nutzung zurück. Musikalische Passanten können den außenraumtauglichen Flügel -der nachts stumm geschaltet wird- nutzen, um ihre Mitmenschen zu erfreuen. Zusätzlich spendet ein Trinkbrunnen Erfrischung. Regengärten bilden die Baumscheibe der neu gepflanzten Baumreihe im östlichen Abschnitt des Tummelplatzes. Im nördlichen Teil des Straßenverlaufs gepflanzt klimatisieren die Bäume die Südfassaden der angrenzenden Bebauung. Fahrradstellplätze und feste Möblierung erweitern das Sitzplatzangebot der Außengastronomie ganzjährig und nicht kommerziell. Service für Nachbarschaft und Passanten in Form von Fahrradstation und Wertstoff- Sammelstelle steht in der Bürgergasse im Vordergrund.

Schlicht, hochwertig und robust
Wenige, hochwertige Materialien bestimmen das Erscheinungsbild der Plätze. Das Kleinsteinpflaster der angrenzenden Straßenräume wird über die Bürgergasse auf Tummelplatz und Bischofplatz erweitert. Die gesägte Oberfläche sorgt für die barrierefreie Benutzbarkeit. Erhabene Messingstreifen führen taktil über die Platzbereiche. Großformatige, leicht zu reinigende Naturstein-Pflasterplatten markieren den Marktbereich und bilden außerhalb der Marktzeiten einen Wasserspielbereich. Der größere Fugenanteil des Mosaikpflasters unter dem Gleditschien-Hain verbessert die Standortbedingungen für die Bäume und lässt gleichzeitig eine intensive Nutzung dieser Platzzone zu.

Wasser, Bäume und Blumen
Das Oberflächenwasser der Plätze wird einerseits über die vegetationstechnisch abgesenkten, aber über den Kiesmulch ebenerdig betretbaren, blütenreichen und schmückenden Regengärten den unterirdischen Baumrigolen zugeführt. Andererseits werden sie auch über die Einläufe der Entwässerungspunkte und -rinnen mit Regenwasser versorgt. Wertvolles Wasser aus dem Wasserspiel wird genauso in den Bewässerungskreislauf eingespeist. Salzhaltiges Winterwasser wird im Bedarfsfall über Weichen direkt in den Überlaufrigolen versickert. Der Wurzelraum der Bestandsbäume
wird über Bestands-Baumrigolen erweitert. Der neue Gleditschien-Hain am Tummelplatz integriert die Bestandslinde. Kleinkronigere Feld-Ahorne bilden die Baumreihen in den engen Gassen und ergänzen die bestehende Ahorn-Reihe am Tummelplatz.

Sonne, Mond und Pferde
Fiederblätter und gestieltes Laub bieten unterschiedliche Schattendichten am Platz und kontrastieren mit dem offenen, sonnigen Marktbereich. Hufeisenförmige, abgehängte Leuchten heben den Platz auch nachts hervor und erinnern an die Historie des Platzes und somit an die Pferde aus den ehemaligen Hofstallungen. Auch in den abgehenden Gassen und Platzbereichen ist die Beleuchtung abgehängt, aber schlichter. Die Beleuchtungskörper bleiben so tagsüber aus dem Blick. Sie schenkt der Gesamtgestaltung einen filigranen Widererkennungswert und ist ein Kanon zu den gleichförmigen Sitzmöglichkeiten. Dazu zählen auch Sitzbänke, die sich gebogen um die Baumscheiben schmiegen. Bewegungsfluss, Mehrgeneration, Multifunktion
Die Gestaltung sorgt auch für einen sicheren und fließenden Verkehr zwischen Fußgänger*innen, Fahrradfahrer*innen sowie Lieferverkehr und Müllentsorgung. Das Augenmerk liegt hierbei darauf, den offenen Hauptplatz möglichst an Fußgänger*innen anzupassen und frei von motorisiertem Individualverkehr zu halten. Dies fördert zudem die Aufenthaltsqualität für alle Generationen, da für Schüler*innen bis hin zu Senior*innen ein verkehrsfreier Raum entsteht.

Bewegungsfluss, Mehrgeneration, Multifunktion
Die Gestaltung sorgt auch für einen sicheren und fließenden Verkehr zwischen Fußgänger*innen, Fahrradfahrer*innen sowie Lieferverkehr und Müllentsorgung. Das Augenmerk liegt hierbei darauf, den offenen Hauptplatz möglichst an Fußgänger*innen anzupassen und frei von motorisiertem Individualverkehr zu halten. Dies fördert zudem die Aufenthaltsqualität für alle Generationen, da für Schüler*innen bis hin zu Senior*innen ein verkehrsfreier Raum entsteht.

Die Fahrradverbindung wird so gelegt, dass ein Durchschneiden des Platzes vermieden werden kann. Die Ost-West-Verbindung wird auch unter Marktbetrieb erhalten und am südlichen Rand des Tummelplatzes entlang in die Hans-Sachs-Gasse geleitet. Zudem können Fahrradfahrende auch in den nord-westlichen Bischofsplatz abbiegen. Die Müll- und Lieferfahrzeuge haben Zugang zu allen Teilbereichen, nur der Bischofsplatz kann ausschließlich von Nord-Westen erschlossen werden. Es wird darüber hinaus darauf geachtet, dass der Platz mit seinen Nutzungsangeboten für alle Altersklassen geeignet ist. Die Planung soll über alle Generationen hinweg überdauern und auch vor dem Hintergrund des Klimawandels mit Starkregen und Hitzeperioden eine gesunde Umgebung für jedes Alter schaffen. Die befestigten Sitzmöglichkeiten aus Holz sind durch die verschiedenen Formgebungen und Größen multifunktional und haben gleichzeitig Spielwert für jüngere Besucher*innen. Auch die Mauer zum Bischöflichen Garten könnte einen multifunktionalen Charakter erhalten. Hier würde die Mauer kleine Öffnungen mit einer Holzauskleidung erhalten, in denen man sitzen und verweilen kann. Gleichzeitig
werden vor der Mauer kleine Gehölze gepflanzt. Die Mauer wird somit visuell durchlässig, erzeugt aber gleichzeitig einen weiterhin kontemplativen Charakter innerhalb der Bischöflichen Gärten.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Oberflächengestaltung des Wettbewerbsareals sticht durch eine harmonische altstadtgerechte Material- bzw. Farbwahl hervor, die Betonung des Tummelplatzes mittels großformatigen Natursteinplatten wird positiv gesehen. Die dichte, abwechslungsreiche Baumbepflanzung reagiert auf die jeweiligen vorhandenen räumlichen Situationen. Ein zentrales Entwurfselement – das Hufeisen, welches sich aus der historischen Nutzung des Tummelplatzes ableitet – findet sich in abstrahierter Weise am Tummelplatz sowohl in Form von Sitzbänken als auch in der Überspannungsbeleuchtung wieder, welche sich in großformatigen, hufeisenförmigen Leuchten im Bereich des Tummelplatzes im Wesentlichen in symmetrischer Anordnung und kleinen Leuchten in den Modulen wiederfinden. Die Formation der Hufeisen über dem Tummelplatz ergibt sowohl am Tag als auch in der Nacht ein räumlich durchaus spürbares Dach.

Das große zentrale Wasserspiel mit Fontänen und Nebeldüsen wird kritisch gesehen, da der klimatologisch zu erwartende Effekt zu gering sein wird und technische Bedenken hinsichtlich der Überrollbarkeit (Einsatzfahrzeuge) von Spritzdüsen bestehen. Erhabene Messingstreifen als taktiles Leitsystem werden hinsichtlich der Barrierefreiheit (Stolperschwellen) problematisch gesehen. Insgesamt wird festgestellt, dass die tiefere Auseinandersetzung mit der Zonierung/Möblierung der Teilbereiche nicht ausreichend erfolgt ist.
Lageplan

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