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Offener Wettbewerb | 10/2022

Neubau HeilpÀdagogische Schule und Erweiterung Schulanlage Kirchmatt in Zug (CH)

1. Rang / 1. Preis

Preisgeld: 60.000 CHF

BÜRO KONSTRUKT

Architektur

PIRMIN JUNG

Brandschutzplanung, Tragwerksplanung

Nightnurse Images AG

Visualisierung

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Projekt Tsukamori entwickelt ausgehend von einer sorgfĂ€ltigen Analyse des Ortes eine sehr kluge Konzeption, die es versteht, einen intakten und Ă€usserst qualitĂ€tsvollen Kontext, bestehend aus dem Kapuzinerinnenkloster, dem Lehrerseminar und der Schulanlage Kirchmatt mit dem Neubau HPS um ein weiteres Element zu ergĂ€nzen - einem Element, welches eigenstĂ€ndig bleiben und gleichwohl verbindend wirken kann. Das Kloster und die beiden Schulbauten sind drei autonom funktionierende Anlagen, die sich in ihrer Erscheinung wie auch in ihrer Typologie stark voneinander unterscheiden. Sie schaffen es aber gleichwohl, als gleichwertige Bausteine miteinander in eine spannende rĂ€umliche Beziehung zu treten, diesen Ort entscheidend zu prĂ€gen und ihm einen ganz besonderen Geist zu verleihen. Genau dort findet das Projekt Tsukamori seine Inspiration. Um sich diesem Trio auf Augenhöhe annĂ€hern zu können, bemĂŒht es sich, sich mit einer ebenso eigenstĂ€ndigen Typologie und einem Ă€hnlichen SolitĂ€rcharakter zu positionieren.

Mit viel FeingespĂŒr gelingt es, den Neubau der HPS als viertes Element in dieses höchst heikle GefĂŒge einzubringen. HierfĂŒr wird in einem ersten Schritt die Schulanlage Kirchmatt fast unscheinbar erweitert. Die ErgĂ€nzungen sind Ă€usserst zurĂŒckhaltend und reagieren respektvoll auf die architektonische QualitĂ€t dieses Baus aus den Sechzigerjahren. Beim Hauptbau wird die bestehende Splitlevelsituation hindernisfrei gestaltet. In einem nĂ€chsten Schritt wird die Hauswartwohnung rĂŒckgebaut und durch einen Neubau fĂŒr musische und gestalterische FĂ€cher ersetzt. Als letzter Schritt wird der Allwetterplatz um ein Geschoss angehoben, um darunter neue UnterrichstrĂ€ume zu platzieren. Es sind wenige und subtile, aber Ă€usserst effiziente Massnahmen im Perimeter Kirchmatt. Sie verĂ€ndern die Schulanlage in ihrem Auftritt wenig, schaffen es aber bereits, einen bedeutsamen Teil des Raumprogramms dort zu organisieren. In der Folge kann der zweite Bauperimeter auf dem Areal Maria Opferung deutlich entlastet werden und wird so zu einer guten Ausgangslage fĂŒr einen vergleichsweise niedrigen, beinahe quadratischen Neubau. Das Raumprogramm der HPS, vier Klassenzimmer der Primarschule sowie weitere gemeinsam genutzte RĂ€ume finden dort ihren Platz. Dank seiner kompakten Ausdehnung positioniert sich der Neubau sehr entspannt neben dem denkmalgeschĂŒtzten Kloster, nimmt dessen OrthogonalitĂ€t auf und setzt sich mit genĂŒgend Abstand Richtung SĂŒden ab.

Gelobt wird auch die schön gestaltete Dachlandschaft. Sie verleiht dem Baukörper nicht nur eine wohltuende MassstĂ€blichkeit, sie rĂŒckt ihn auch in eine optische NĂ€he zum Kloster. Auch die Hanglange wird klug fĂŒr verschiedene ZugĂ€nge auf unterschiedlichen Niveaus genutzt. Der Haupteingang liegt in der Arkade leicht zurĂŒckversetzt auf dem unteren Niveau. Er ist ĂŒber einen inneren Erschliessungsraum mit dem oberen Zugang verbunden. Ein weiterer separater Eingang zum Therapiebereich an der SĂŒdseite ermöglicht eine klare Abgrenzung von Drittnutzern. Das erste Obergeschoss bietet Raum fĂŒr die Primarstufe HPS sowie fĂŒr die Ober- und Werkstufe der HPS. Die inneren Zonen sind ĂŒber schmale Atrien belichtet. Im zweiten Obergeschoss liegen die Klassenzimmer der Primarschule Kirchmatt sowie die RĂ€ume fĂŒr Singen/Betreuung und die Aula mit separatem Ausgang zum Garten. Diese RĂ€ume und deren Erschliessungszonen sind allesamt zusĂ€tzlich ĂŒber grosse Shedoblichter belichtet.

Die vier RaumbĂŒnder mit der quer dazu angelegten Erschliessung lassen sich mit einem Skelettbau in Holz gut umsetzen. Dieses Konstruktionsprinzip, gepaart mit einer klaren und regelmĂ€ssigen Raum- und Tragstruktur verspricht eine hohe FlexibilitĂ€t und verleiht dem Haus einen federleichten, fast pavillonartigen Ausdruck und von innen eine ansprechende Wohnlichkeit.

Aus Nutzersicht sind insbesondere die geringe Höhenentwicklung und die einfache, ĂŒbersichtliche Struktur des Neubaus HPS als grosse QualitĂ€ten des Projekts zu nennen. Vermisst wird noch ein direkter, hindernisfreier Zugang ins Kirchmatt via Klosterstrasse.

Freiraum
Dank einer geschickten und kaum sichtbaren Verdichtung des Kirchmattareals kann der Neubau der HPS stĂ€dtebaulich gut vertrĂ€glich mit auf drei Seiten grosszĂŒgigen FreirĂ€umen neben die Klosteranlage positioniert werden. Allerdings benötigen die RĂ€ume im Erdgeschoss Abgrabungen bis weit in den seitlichen Hang hinein, was sich ausgerechnet an der engsten Stelle auf der Seite zur Klosteranlage in einer unattraktiven Grabensituation manifestiert. Auch der östliche Gartenbereich ist durch einen Lichthof vom GebĂ€ude losgelöst und beansprucht ausserdem das GelĂ€nde bis direkt an die NachbargebĂ€ude. In dem Zusammenhang wird die vorgeschlagene Positionierung des Allwetterplatzes vor dem WohngebĂ€ude in gezeigter Form kritisch betrachtet.

Die Gestaltung und Ausformulierung der Aussenbereiche im Gesamtareal ist differenziert und abwechslungsreich angedacht, aber noch mager an konkreten Aussagen zu Materialisierung und Vegetationsverwendung. Die im Gegensatz zur orthogonalen WegfĂŒhrung des Kirchmattareals bei der HPS nun geplante organische Gestaltung der Wege und FlĂ€chen ist zwar nachvollziehbar, sie stellt aber den Erhalt der BestandsbĂ€ume in Frage und wird sich mit dieser Zielsetzung nicht vereinbaren lassen. Der Ankunftsbereich zeigt noch keine Verbesserung gegenĂŒber der aktuellen Situation.

Fazit
Das kompakte Projekt Tsukamori ĂŒberzeugt mit einer sehr guten stĂ€dtebaulichen Setzung, die dem Kloster grossen Respekt zollt und ihm noch immer genĂŒgend Raum lĂ€sst. Das Raumprogramm der beiden Schulen ist zwischen unterem und oberem Perimeter sehr gut und ausgewogen aufgeteilt und nutzt dabei die Chance, das vielfĂ€ltige Spektrum der Benutzergruppen in die Konzeption miteinzubeziehen und sichtbar zu machen, so dass sich daraus nachvollziehbare Regeln ergeben, die den architektonischen Ausdruck, die Art der FreirĂ€ume und letztlich auch die Konstruktion in eine spannende Wechselwirkung treten lassen.