modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Einladungswettbewerb | 07/2023

Entwicklung Areal Ziegelhöhe in Mühlacker (Freianlagenplanung)

Blick Grüne Mitte

Blick Grüne Mitte

3. Preis

Preisgeld: 14.600 EUR

helleckes landschaftsarchitektur

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Ziegelhöhe Mühlacker
Auf dem Ziegeleigelände in Mühlacker entsteht nach dem Ende der industriellen Nutzung ein einzigartiges innenstadtnahes Wohngebiet. Es zeichnet sich durch eine intensive Durchdringung mit öffentlichen und privaten Freiflächen aus. Die vorgefundene anthropogene Überprägung des Ortes erlaubt eine topographische Neugestaltung, aus der eine Vielzahl von besonderen Orten im Stadtgefüge hervorgehen.

Die tragenden Bausteine des Freiraumsystems sind die Grüne Mitte und der Quartiersplatz in der Folge der Pocketplätze sowie der östliche Abschluss mit dem kleinen Platz am Quartiersparkhaus zwischen den Grünwällen. Alle Freiflächen sollen dabei vielseitig nutzbar und in sich jeweils angenehm proportioniert sein.

Die Freiräume sind durch das Wegesystem optimal mit dem Siedlungskörper verwoben. So leiten nicht nur die Hauptwege der Ringerschließung, sondern auch alle Nachbarschaftswege in das Freiraumsystem über. In West-Ost-Richtung fügt sich die neue Siedlung zwischen dem Hohlweg Maulbronner Weg und dem Gewerbegebiet ein.
Von besonderer stadträumlicher Bedeutung ist die Abwicklung in Nord-Süd Richtung mit der Einbindung von der Unterführung im Süden über den neuen Scheitelpunkt der Topographie in der südlichen Mitte bis zum nördlichen Ausblick in die Landschaft des Schönenbrunner Tals. An den Rändern entstehen mit dem Quartiersplatz, dem Ausgang der Unterführung und dem Platz am Quartiersparkhaus markante Ankommensorte.

Die Grüne Mitte
Sie ist das grüne Herz der Siedlung. Als Freiraumband fügt sie sich in den Siedlungskörper ein. Auftakt zur Stadt ist der Platz im Süden. Ziel ist es trotz topographischer Enge einen offenen weiten Ankunftsplatz zu schaffen. Die Wiese am Hang mit ihren Sitzstufen öffnet sich dem Betrachter. Sie wird gerahmt von Baumhainen. Entlang der Straße wird ein Bühnenpodest der Landschaftstreppe gegenübergestellt, das eine Bespielung über den Platz hinweg eröffnet und so auch die obere Ebene an der Ziegeleistraße konzeptionell einbindet.
Wesentliches Element der Grünen Mitte ist der durchlaufende Radweg, die „Pendlerachse“, die mit Hilfe einer großen Serpentine barrierearm geführt wird und sich durch Farbe und Akzentuierung mit einer begleitenden Ziegelrollschicht erkennbar von den anderen Gehwegen absetzt, um so aus unterschiedlichen Geschwindigkeiten resultierende Konflikte zu minimieren. In den Schwung der Serpentine wird das Kleinspielfeld wie eine kleine Arena im Hang eingefügt. Unterhalb wird die Liegewiese terrassiert. Durch Neigungen und Ausmuldungen gelingt es, hier die notwendigen Rückstauvolumina anzubieten.
Oberhalb der Arena befindet sich der Spielplatz. Die terrassiert angeordneten Teilflächen haben jeweils unterschiedliche Themenschwerpunkte-Kleinkindspiel, Calisthenics und Spiel für größere Kinder.
Zwischen Sammelstraße Süd und Wohnstraße 1 entsteht eine multifunktional nutzbare Wiesenfläche, die auch als weitere Retentionsfläche fungieren kann. An der Wohnstraße 1 öffnet der „Platz am Scheitelpunkt“ den Blick nach Süden. So gelingt es aus dem Alltagszusammenhang heraus einen Blickbezug in die Stadtlandschaft mit Sendemast, Wasserturm und Stadtsilhouette mit Pauluskirche herzustellen.
An der geometrischen Engstelle um Wohnstraße 3 öffnet eine platzartige Aufweitung mit gezielt gesetzten Bäumen den Raum, an dem Bänke, Sitzdecks, Spielpunkt und Pflanzbeete die Verweilqualität stärken.
Richtung Norden schließen sich nun nutzungsoffene Wiesenflächen an, deren Mahd-Management sich flexibel an der Nutzungsintensität ausrichtet. Hier sind Verweilplätze und ein kleinerer Spielpunkt eingefügt.
Der Hauptweg knickt im Norden ab und führt über den Ziegelplatz an der Sammelstraße Nord zu einem Baumhain. Zur Landschaft des Schönenberger Tals wird dieser durch einen AHA-Mauer eingefasst über die sich ein Steg als Blickpunkt leicht hinausschiebt.
Die Stellung der Großbäume in der Grünen Mitte unterstützt die Raumwirkung. Baumhaine begleiten im Süden und Norden die Plätze. Nördlich und südlich wird der Park von jeweils einer Baumreihe begleitet. In der Mitte, wo die Grünflächen schmaler werden, wird diese durch silhouettenartige Querreihen ersetzt, die die Enge des Bereiches überspielen und sich mit dem Grün innerhalb der Bebauung verzahnen.

Quartiersplatz und Pocketplätze
Der Quartiersplatz bildet den urbanen Erschließungsauftakt von Süden. Die hier verorteten Nutzungen erzeugen Kommunikation im Quartier. Ein Baumhain bildet einen Raum, der gleichzeitig robust, nutzungsflexibel und klimaangepasste ist.
In ein Passepartout aus Ziegelreihenpflaster als offene Vorzone der angelagerten Gebäude ist der Baumhain in einer Splittfläche eingelassen. Feste und flexible Möblierung, Staudenflächen und ein Wasserbecken mit kleinem Wasserspiel erhöhen die Aufenthaltsqualität. Nach Süden schließt der Platz durch eine lange Sitzbank gegenüber den Straßenräumen vor Befahrbarkeit ab. Hier ist ein Gräserbeet angeordnet, dass Oberflächenwasser aus dem Platzraum aufnimmt.
Der Pavillon stellt sich schematisch als 2-geschossiges Sekundärgebäude mit vorgelagerter Terrasse am nördlichen Platzrand dar. Die barrierefreie Verbindung wird über die grüne Mitte nachgewiesen, um hier für die flankierenden Gebäude einheitliche Eingangsniveaus anbieten zu können. Der Quartiersplatz ist der räumliche Abschluss einer Kette von Pocketplätzen als Nachbarschaftstreffs, die durch ein Band aus Klinkerpflaster zusammengebunden werden. In den Wohnstraßen öffnen sie sich zu kleinen Plätzen. In die Ziegelflächen sind jeweils unterschiedliche Begegnungsflächen und eine Pflanzfläche mit einem Großbaum eingelassen. Die Möblierung der Treffpunkte stellt Variationen von nachbarschaftlichen Austauschsituationen her.

Quartierseingang Ost und Landschaftswall
Der Landschaftswall verschafft der Siedlung am Rand eine grüne Kulisse mit entsprechender Raumtiefe. Die Grundtopographie wird soweit modifiziert, dass leicht erhöhte Bereiche in die gemeinschaftlichen Wohnhöfe hineingezogen werden. Jede Hofgruppe erhält zwei höhengestaffelt versetzte Sitzbereiche, die in die Topographie eingemuldet werden. Diese erhabenen Nachbarschafts-Oasen werden durch niedrige Sträucher räumlich gefasst und dienen dem Verweilen und Treffen im Grünen. Alle weiteren Wallbereiche werden als zweischürige Wiesen ausgebildet. Am Platz am Quartiersparkhaus wird der Wall unterbrochen. Hier entsteht ein kleiner aber im Wegesystem wichtiger Ankunftspatz, der durch die Pergola und die Baumpflanzungen markiert und hervorgehoben wird. Hier ist der logische Treffpunkt für Schulkinder, Eltern und alle anderen Quartiersbewohner*innen auf ihren täglichen Wegen.

Materialität und Regenwassermanagement
Die öffentlichen Freianlagen sollen im Wesentlichen durch die offenen multifunktionalen Wiesenflächen geprägt sein. Baum und Strauchpflanzungen sowie bescheidene Staudenflächen dienen der Raumbildung und Akzentuierung von Aufenthaltsqualitäten.
Die Oberflächenbeläge sollen in weiten Teilen versickerungsfähig ausgeführt werden. Ziegelbeläge sollen als helle (beige-gelb) Klinkerbeläge mit Sickerfugen als Verweis auf die ehemalige Ziegelei ausgeführt werden. Topographisch beanspruchte Wege werden in beigem Farbasphalt ausgeführt. Der Haupt-Radweg soll farblich abgesetzt werden und mit einem Klinkerband akzentuiert werden.
Mauern, Sitzmauern und Treppen sollen aufgrund des im Gelände entstehenden Erd- und Wasserdruckes aus Betonfertigteilen erstellt werden. Die Farbigkeit kann durch Zuschlag von Ziegelsplitt auf die Bodenbeläge angepasst werden.
Die Grünflächen werden, auch in der Hanglage durch Ausmuldungen so modelliert, dass diese Oberflächenwasser aufnehmen können und auch im Falle einer Überlastung keine zusätzlichen erosionsverstärkenden Wirkungen auftreten.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der aus der Bahnunterführung heraustretende Besucher des neuen Wohngebiets Ziegelhöhe betritt einen großzügigen Platzraum, der eine erste Orientierung erlaubt und den Blick nach Norden freigibt. Die doppelte Erschließung zur Ziegeleistraße sollte nochmals hinterfragt werden. Die nach Norden anschließenden Landschaftsstufen bieten eine hohe Nutzungsvielfalt und sind zugleich, ohne dies hervorzukehren, Retentionsraum für Starkregenereignisse. Sie sind dort, geduckt unter dem Niveau der Ziegeleistraße, trotz der Lage an Straße und Bahn, noch verhältnismäßig lärmgeschützt. Die nach Norden anschließenden, selbst relativ lärmintensiven Nutzungen Kleinspielfeld und Kinderspielplatz sind dort - entfernt von der Wohnbebauung - richtig platziert. Der Radweg, der hier aus der ansonsten linearen Wegestruktur ausbricht und einen prägnanten Bogen beschreibt, trennt so die Nutzungen in eigenständige Plateaus und überwindet zugleich durch die erzeugte Wegelänge die steile Topografie mit barrierearmen 6%.

Der anschließende Bereich der Grünen Mitte zwischen den Sammelstraßen Süd und Nord ist geprägt durch Rad-und Gehwege entlang der Ränder der Bebauung, die zum einen kurze Wege zum Bahnhof und in die Stadt, zum anderen aber auch differenzierte Fußwegeführungen anbieten. Die so gebildeten grünen Felder sind multifunktional nutzbar, weisen aber einen deutlich zu geringen Bestand an - auch großkronigen - Bäumen auf. Diese würden nicht nur die Ausbildung differenzierter Teilräume erlauben, sondern auch in Zeiten des Klimawandels die Aufenthaltsqualität in den Sommermonaten signifikant verbessern und nicht zuletzt einen Beitrag zum Kleinklima im Quartier leisten, das durch die geplanten Tiefgaragen außerhalb der Grünen Mitte nur eingeschränkt größere Bäume erlaubt. Gelungen ist die Platzbildung an der Engstelle des Parks im Bereich der Wohnstraße 3, die bei einer Breite von nur 5 bis 10 m ohnehin nur eingeschränkte Grünraumqualität erwarten ließe. Die Ausbildung eines Aussichtspunkts am höchsten Punkt des Geländes zeugt von der Aufmerksamkeit des Verfassers im Hinblick auf die Topografie.

Das Generationenhaus schließt als Querbau die nördliche Raumkante zum Quartiersplatz. Dieser ist von einem Baumkarree geprägt, das zugleich eine klare Raumkante zum Straßenraum bildet und damit nicht zuletzt auch dem ankommenden Autofahrer Orientierung bietet. Die unter dem Baumdach angeordneten Hochbeete verunklaren dagegen die prägnante Grundform eher und schränken zudem die multifunktionale Nutzung ohne Not ein. Die Abgrenzung zum Straßenraum gelingt elegant durch ein Hochklappen des Belags, so dass nicht nur eine klare Kante zum Gehweg, sondern auch eine Sitzgelegenheit und ein dahinter liegendes Grünbeet entsteht, in das der Platz ganz selbstverständlich entwässert werden kann. Sehr kritisch wird der Verzicht auf eine barrierefreie Verbindung zwischen Platz und Wohnstraße 1 gesehen: Gerade körperlich eingeschränkten Personen darf ein Umweg über die Grüne Mitte nicht zugemutet werden. Hier wäre in der Überarbeitung eine Lösung gefordert, die auch außerhalb des Quartierstreffs eine barrierefreie Zugänglichkeit des Platzes von Norden sicherstellt.

Die Ausformulierung des Walls an der östlichen Gebietsgrenze gelingt mit den jedem Wohncluster zugeordneten „Nachbarschaftsoasen“ außerordentlich gut und bietet gerade den verdichteten Wohngebäuden hohe Außenraumqualitäten. Das ohnehin beengte Doppelgelenk am östlichen Gebietsausgang wird dagegen durch die dort angeordnete Pergola zusätzlich eingeengt - über deren Lage sollte nochmals nachgedacht werden.

Insgesamt zeigt der Entwurf überzeugende Lösungen für den südlichen Bereich der Grünen Mitte, insbesondere aber für den Quartiersplatz und den Bereich des Walls auf.
Vertiefung Auftaktplatz

Vertiefung Auftaktplatz

Vertiefung Sammelstraße

Vertiefung Sammelstraße

Quartiersplatz

Quartiersplatz

Vertiefung Quartiersplatz

Vertiefung Quartiersplatz

Lageplan

Lageplan