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Offener Wettbewerb | 07/2023

Erweiterungsneubau Rungholtschule und Berufliche Schule Nordfriesland in Husum

2. Preis

Preisgeld: 26.100 EUR

STOY - Architekten

Architektur

gartenlabor bruns

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Konzept
Ziel des Entwurfs ist, die Erweiterungsbauten für die Rungholtschule und die Berufliche Schule in einer einheitlichen Ausrichtung und identitätsstiftenden Architektursprache zu errichten, die dem hetero-genen Schulareal eine Ordnungsstruktur gibt. Es entsteht ein Campus, der miteinander verbindet. Die Eigenständigkeit der Schulen bleibt erhalten. Die Konzentration auf kompakte Baukörper schafft großzügige Freiräume für differenzierte auf die Bedürfnisse der Schüler abgestimmte Pausenbereiche.
Rungholtschule
Die Erweiterung der Rungholtschule gliedert sich in 3 Baukörper: das zweigeschossige Eingangs-gebäude für die Sekundar-, Berufsbildungsstufe und die OGS, den eingeschossigen Neubau der Primarstufe und die Sporthalle. Die Gebäude sind durch eine Achse untereinander und mit dem Bestandsgebäude verbunden. Die Haupterschließung mit Busbahnhof erfolgt über eine Vorfahrt von der Matthias-Claudius-Straße, der nördliche Eingang von der Hermann-Tast-Straße mit einer zweiten Busvorfahrt bleibt erhalten.
Ein überdachter Eingang führt in das zentrale Foyer, das den Pausenbereich, die Fachräume und die Verwaltung im bestehenden Gebäude mit dem Neubau verbindet. Eine großzügige Treppenanlage mit Sitzstufen bietet Raum für Kommunikation, verbindet die Geschosse und ermöglicht Blickbe-ziehungen zum geschützten Innenhof des Neubaus. Um den Innenhof gruppieren sich die Markt-plätze der Cluster. Im Erdgeschoss befinden sich die Cluster der Berufsbildungsstufe und der OGS. Das grüne Klassenzimmer bietet einen zusätzlichen Aufenthaltsbereich im Freien. Im Obergeschoss liegen die Cluster der Sekundarstufe. Diesen Lernlandschaften wird mit einer überdachten Terrasse ebenfalls ein eigener gemeinsamer Freibereich zugeordnet.
Kurze Wege ermöglichen eine cluster-übergreifende Betreuung und Lehre. Die klare Raumstruktur, Tageslicht und ein durchgängiger Sichtbezug nach aussen schaffen die Voraussetzung für eine leichte und verständliche Orientierung.
Die Nähe der OGS zu Mensa, Aula und Kreativbereich ermöglicht vielfältige ergänzende Nutzungs- angebote für die Ganztagsbetreuung.
Im ruhigen hinteren Grundstücksbereich ist in Verbindung zum Primarcluster im Gebäudebestand ein eingeschossiger Neubau für das 2.Cluster der Primarstufe vorgesehen. Der zentrale Marktplatz wird erweitert durch einen nach Süden ausgerichteten überdachten Terrassenbereich.
Die Sporthalle fügt sich in die Freifläche des ehemaligen Spielplatzes ein und ist von dichtem Grün umgeben. Sie ist mit der Rungholtschule direkt verbunden, ein separater Eingang ermöglicht ebenso externe Nutzungen. Eine blendfreie Belichtung der Halle ist von Norden vorgesehen – eine Aufheizung wird so vermieden und der grüne Aussenraum mit einbezogen.
Berufliche Schule
Die Erweiterung der Beruflichen Schule ist als zweigeschossiger Solitär geplant, der die Architektur-sprache der Neubauten für die Rungholtschule aufnimmt und den Schulcampus komplettiert. Ein überdachter Gang verbindet den Erweiterungsbau mit der vorhandenen Schule. In Verbindung mit den Bestandsgebäuden wird ein angemessener Eingangsbereich und Schulhof geschaffen, der sich nach Süden öffnet und Raum für verschiedene Nutzungen und Veranstaltungen bietet. Im Erd-geschoss befinden sich die Aula, die den Pausenbereich erweitert, sowie Fach- und Klassenräume. Eine breite Treppenanlage mit Sitzmöglichkeiten und Blickbezügen zum Schulhof verbindet die Klassen- und Kursräume im Obergeschoss.
Konstruktion, Materialkonzept, Nachhaltigkeit
Die einheitliche Architektur der neuen Gebäude setzt sich vom heterogenen Gebäudebestand spürbar ab. Durch die Wahl der Materialien und Fassadengliederung soll ein leichtes und natürliches Gestaltbild entstehen. Öffnungen und überdachte Bereiche schaffen eine intensive Verbindung zum Aussenraum.
Vorgeschlagen wird eine Hybridkonstruktion aus Holz und Beton, die sowohl die Anforderungen an einen geringen Primärenergieinhalt als auch die Möglichkeiten der Speicherfähigkeit erfüllt.
Die Dächer erhalten eine Dachbegrünung. Diese dient als ökologischer Ausgleich für die zusätzliche Bodenversiegelung und ermöglicht die Zwischenspeicherung des Regenwassers. Die zweigeschos-sigen Bereiche werden mit Photovoltaikanlagen und Solar-Luftabsorbern ausgerüstet.
Natürliche Materialien und eine zurückhaltende Farbigkeit bestimmen die Atmosphäre und lassen Raum für individuelle und wechselnde Gestaltung. Das Äußere wird geprägt durch eine Holzver-schalung im Wechselfalzprofil. Das vorpatinierte heimische Holz für die Fassade besitzt Robustheit, Alterungsvermögen und geringen Erhaltungsaufwand. Der Innenausbau erfolgt in verbundstoffreier Holzpaneelkonstruktion, so dass bei Rückbau eine sortenfreie Trennung und das Recycling der Baus-toffe möglich ist.
Energiekonzept
Als nachhaltiges Konzept für Energiegewinnung und Speicherung ist ein zentraler Eisspeicher mit Entzugs– und Regenerations-Wärmetauscher geplant, der Sole/Wasser-Wärmepumpen in den Ge-bäudeteilen versorgt. Die Flächenheizungen dienen zudem der sommerlichen Kühlung der Gebäude und der Wärmerückführung in den Speicher. Zusätzlich ist der Einsatz von Solar-Luftabsorbern zur Optimierung der Energiegewinnung möglich. In Verbindung mit den großflächigen Photovoltaik-anlagen mit Batteriespeicherung wird ein wirtschaftlicher Betrieb der Anlage garantiert.
Sommerlicher Wärmeschutz
Durch hochwertige Wärmedämmung und den auf die Nutzung angepassten Verglasungsanteil werden solare Lasten reduziert, Glasflächen nach Süden werden weitgehend vermieden. Verglasungen erhalten Verschattungen aus im Scheibenzwischenraum liegenden Sonnenschutz-lamellen, um die direkte solare Einstrahlung zu minimieren.
Sommerliche Kühlung erfolgt über die aktivierten Bauteile. Zudem reduziert der gezielte Einsatz von Speichermasse (WC-Trakte, Decken) die Temperaturspitzen (Amplitudendämpfung). Zusätzlich ist die Möglichkeit einer Nachtauskühlung über geschützte Öffnungsflügel vorgesehen. Auf eine flächendeckende kontrollierte Be- und Entlüftung soll verzichtet werden.
Brandschutz
In beiden Schulen stehen zwei bauliche Rettungswege zur Verfügung:
In der Rungholtschule werden je 4 Klassenräume als Cluster zusammengefasst. Die eingeschossigen Bereiche verfügen über direkte Ausgänge ins Freie, das EG des 2-geschossigen Bereichs ist zudem an die Pausenhalle als erweiterter Treppenraum angeschlossen. Rettungswege für die Cluster im OG werden über eine Dachterrasse mit Aussentreppe und über den notwendigen Treppenraum geführt.
In der Beruflichen Schule werden die Fluchtwege über notwendige Flure zu einem notwendigen Treppenraum bzw. über eine 2-geschossige Halle ins Freie geführt.
Die Installation einer Brandmeldeanlage wird vorgeschlagen.
Freiflächen
Die Freiflächen verbinden die Gebäude im Sinne des Campusgedanken und vernetzen die Schulen mit dem Quartier. Durch die Setzung der Baukörper entstehen unterschiedliche Zonen, die ein vielfältiges Nutzungsangebot ermöglichen. Die Pausenbereiche der einzelnen Schulen werden ganz selbstverständlich definiert. Den Clustern der Primarstufe und der Sekundar-/Berufsbildungsstufe werden eigene, baulich von einander getrennte Schulhöfe zugeordnet.
Der parkartige Freiraum mit großzügigen Wiesen mit eingemähten Wegen und Aufenthaltsbereichen bildet das zentrale landschaftliche Zentrum, nutzbar für den gesamten Campus. Über den großzügigen Ankunftsbereich mit viel Platz für die Busaufstellfläche, wird der Lehrende und Lernende über grüne Bauminseln in diesen Raum geführt. Naturnahes Grün d.h. die Wiesenflächen mit großer Artenvielfalt für die Pflanz- und Tierwelt prägen den neuen Campus. Eine behutsame Mahd der Flächen ist Voraussetzung für das gute Gelingen.
Die Regenrückhaltung ist auf den Flächen bedingt durch Größe und Lage gewährleistet. Sauberes Regenwasser versickert vor Ort ins Grundwasser und kommt so der nachhaltigen Regen-wasserbewirtschaftung zugute. Sowohl Bestehende als auch neu entstehende Flutrasen bzw. Baumbestände werden in das Gesamtkonzept integriert. Gestärkt wird aber die grün - blaue Infrastruktur, zu der neben aller bepflanzten Bereiche auch Bäume gehören.
Befestigte Flächen werden mit Wasserdurchlässigen Belägen versehen. Auf den Parkplätzen Rasenfugenpflaster. Auch hier ist die Versickerung des Regenwassers gegeben.

Beurteilung durch das Preisgericht

Dem Entwurf gelingt es mit seiner orthogonalen Struktur in einer überraschend einfachen Weise das heterogen bebaute Gelände neu zu ordnen. An der Rungholtschule werden entlang einer Erschließungsachse drei Baukörper, wie an einer Perlenkette entlang, aufgereiht. Der an der Hermann-TastStraße angeordnete Baukörper ist von der Straße abgerückt und es bildet sich ein großer Erschließungshof, auf dem ausreichend Fläche vorhanden ist um den Busverkehr und Zubringerverkehr störungsfrei zu organisieren.

Der mittlere, eingeschossige Baukörper ist mit der Primarstufe belegt und auf der nord-westlichen Fläche ist die Sporthalle angeordnet.

Die Grundrisse sind schlüssig organisiert und bieten ausreichend Tageslicht in allen Bereichen. Es fehlen Abstellflächen für Rollstühle und Hilfsmittel. Die Räume der OGS sind, nicht wie gefordert, an der Primarstufe angeordnet. Der Zugang zur Primarstufe und zur Turnhalle erfolgt, wenn der Laubengang aufgrund des Wetters nicht genutzt wird, über den Bestand, was dort zu Störungen führen kann.

Die Berufsschule erhält eine quadratische Erweiterung, die mit einer überdachten Pergola angebunden ist. Eine Anbindung der Obergeschosse fehlt. Die Aula ist nun richtig zum Innenhof ausgerichtet. In den Grundrissen werden als Lernlandschaften nutzbare Flure und Differenzierungsbereiche vermisst.

Durch das Abrücken des Baukörpers von der Straße und die Anordnung der Sporthalle im Westen bietet der Entwurf einen lockeren und überzeugenden Städtebau, leider wird dadurch auch der für die Schule sehr wichtige Außenbereich besetzt. Die angebotenen Schulhöfe für die Primar und Sekundarstufe sind zu klein und im Bereich der Sporthalle zergliedert und wenig attraktiv. Die Chance auf einen öffentlich nutzbaren großzügigen Spielbereich der Primarstufe ist durch die Anordnung der Sporthalle verschenkt.

Der Pausenhof der Sekundarstufe fließt unter dem Laubengang hindurch und verbindet sich auf selbstverständliche Weise mit dem öffentlichen Freiraum. Dies wird aus Sicht der Schulen aufgrund der Lärmentwicklung leider als problematisch beurteilt.

Der neu geplante Schulhof der Berufsschule schafft einen guten Eingangsbereich und wird vom Preisgericht gewürdigt. Die Auffindbarkeit der Sporthalle für externe NutzerInnen und auch die Anfahrbarkeit mit Rettungswagen ist bei diesem Entwurf eingeschränkt. Die Parkpalette und die überdachten Fahrradstellplätze sind folgerichtig angeordnet.

Die vorgeschlagene Konstruktion in Holz-Hybridbauweise ist nachhaltig und wirtschaftlich. Gründächer und PV-Anlagen runden das schlüssige Konzept ab. Die Gestaltung der Fassaden mit einer vertikalen Holzverschalung wirkt beruhigend und ist hervorragend gelungen.

Der Entwurf ist in seiner Einfachheit ein außerordentlicher wertvoller Beitrag zur Lösung dieser schwierigen Bauaufgabe, hat aber leider einige Schwächen in der Raumanordnung und kann nicht die Anforderungen der unterschiedlichen Schulhöfe der Rungholtschule erfüllen.