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Nichtoffener Wettbewerb | 08/2023

Konzeptentwicklung Stadtquartier Nierstein in Jülich

2. Preis

Holl Wieden Partnerschaft

Stadtplanung / Städtebau

Pfeiffer Landschaftsarchitektur

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Stadtquartier Nierstein
Das städtebauliche Konzept versucht eine Antwort zu finden auf die aktuellen Herausforderungen der Klimakrise und des Artenschwunds sowie auf die gesellschaftlichen Veränderungen, insbesondere auf die Desintegration der Gesellschaft.

Wohnpark Nierstein
Das Areal Nierstein ist geprägt durch die nahen Parkanlagen am Gut Nierstein und am Brückenkopfpark. Dieser parkartige Charakter sollte auch im neuen Stadtquartier der bestimmende Charakter sein. Es ist die Antwort auf die Zunahme der Überhitzung in den Sommermonaten und die Folgen des Klimawandels.

Nachbarschaftshöfe und Gemeinschaftswiese
Das Konzept greift die Gartenstadtidee wieder auf, auch als Antwort auf die Desintegration der Gesellschaft. Vier Wohnquartiere gruppieren sich um ein Zentrum mit Schule und Nahversorgung sowie eine Gemeinschaftswiese als zentrale Aufenthaltsfläche für Spiel- und Aktionsflächen. Die Wohnbebauung gliedert sich in Nachbarschaftshöfe mit einem hohen Anteil an Gärten zur Selbstversorgung. Differenzierte Wohntypologien sorgen für ein Zusammenleben unterschiedlicher Bewohnergruppen.

Vielschichtiges Nutzungskonzept
Das Wohnungsangebot bietet ein differenziertes Nutzungskonzept. Den Wohnbereichen sind unterschiedliche gewerbliche und dienstleistende Arbeitsplätze zugeordnet. Wohnen und Arbeit werden in einfacher Weise miteinander verbunden. Die Gebäudestrukturen lassen unterschiedliche gewerbliche Nutzungen zu. Sowohl wohnverträgliche Handwerksbetriebe als auch Dienstleistungsgewerbe und Büronutzung sind möglich. Sie schirmen die Wohnquartiere vom Lärm der Verkehrsstraße ab.

Leitmobilität ist der Fuß- und Radverkehr
Im Stadtquartier Nierstein kann man ohne Auto leben. Für den KFZ-Verkehr ist das Gebiet über die Aachener Landstraße und den Nord-West-Ring als äußere Erschließung zu erreichen. Eine durchgehende Straßenerschließung von Ost nach West besteht nicht. Verkehrsberuhigte Wohnstraßen erschließen die beiden Teile Ost und West des Stadtquartiers über Stichstraßen und Wendeplätze. Im Gebiet soll man sich vor allem zu Fuß, mit dem Fahrrad oder mit dem E-Scooter bewegen. Die Gebäudestrukturen werden über befahrbare Wohnwege erschlossen, die zentralen Parkgaragen bieten Stellplätze für KFZ und Fahrräder für Bewohner und Besucher.

Vier Wohnquartiere gruppieren sich um ein Quartierszentrum
Im Inneren der Quartiere entstehen grüne Nachbarschaftshöfe, wo sich die Bewohner treffen können und sich ein nachbarschaftliches Miteinander mit Unterstützung einer Quartiersapp entwickeln kann. Hier wohnen unterschiedliche Personengruppen zusammen: Mieter, Eigentümer von Geschosswohnungen und Townhouses. Es wird eine Mischung der Altersgruppen und Einkommensschichten ermöglicht. Mit Schule und einer Versorgungseinrichtung, dem Lebensmittelmarkt, einem Quartiersbüro und weiteren Dienstleistungsbetrieben wie Hausarztpraxis, ambulanter Pflegedienst entsteht eine gut erreichbare Quartiersmitte. Ein Quartiersplatz als Treffpunkt des Quartiers, eine Gemeinschaftswiese für Spiel und Freizeit sowie ein Gemeinschaftshaus ergänzen das Angebot.

Gebäudekonzept
Die Gebäudestruktur ermöglicht ein differenziertes Angebot für unterschiedliche Bewohnergruppen. In den Mehrfamilienhäusern sind 1-, 2-, 3- und 4-ZimmerWohnungen sowohl freifinanziert als auch gefördert möglich. Die kompakten Baukörper ermöglichen auch besondere Wohnformen wie Clusterwohnungen oder Mehrgenerationenwohnen.

Insgesamt bietet die Gebäudestruktur eine hohe Flexibilität des Nutzungsangebotes als Antwort auf einen volatilen Wohnungsmarkt. In den Erdgeschossen sind auch Gemeinschaftsräume denkbar. Die vorgeschlagenen Grundrisse ermöglichen eine Modulbauweise mit einem hohen Grad an Vorfertigung. Jeder Wohnung ist auch ein privater Rückzugsraum als Terrasse, Balkon oder Dachterrasse zugeordnet.

An den Rändern der Wohnquartiere entstehen teilweise Geschosswohnungsbauten mit einer Mischnutzung, im EG mit Büroeinheiten, in den OG wahlweise Büros, Praxen und Wohnungen. Entlang des Nord-Ost-Rings entstehen drei- bis viergeschossige Geschosswohnungsbauten mit durchgehender Laubengangerschließung zur Lärmabwehr. In den Geschosswohnungsbauten können Miniappartements und Wohnungen für Wohngemeinschaften untergebracht werden.

Die kompakten Baukörper in allen Wohnquartieren haben ein günstiges Verhältnis von Hülle und Volumen. Sie sind hochwärmegedämmt und haben Grün- und Blaudächer mit PV-Anlagen.

Nutzungsmischung mit einem vielschichtigen Nutzungsangebot
Das Stadtquartier bietet ein vielschichtiges Nutzungsangebot. Der technologische Fortschritt bietet heute ein breites Spektrum an wohnverträglichen Nutzungen. Neben kleineren Handwerksbetrieben bieten die Gebäudestrukturen Räumlichkeiten für Büros und Dienstleistungsbetriebe. Sie schirmen das Stadtquartier zur Aachener Landstraße und zum Nord-West-Ring ab.

Das durch die Digitalisierung ermöglichte Homeoffice und das Arbeiten in vielen kleinen Büroeinheiten einzeln oder in Co-Working-Spaces ermöglicht neue Formen des Miteinander von Wohnen und Arbeiten.

Wichtig für das Wohngebiet sind auch die Arbeitsplätze in den sozialen Versorgungseinrichtungen wie Arztpraxen oder ambulante Pflegedienste für die Seniorenwohnungen.

Mit der 4-zügigen Grundschule und ihren Sporteinrichtungen sowie den beiden Kindergärten ergeben sich weitere Nutzungsmöglichkeiten, wenn sich diese Einrichtungen für verschiedenartige nichtschulische Funktionen wie Jugend-, Kultur- und Sozialarbeit öffnen. Weitere Versorgungseinrichtungen wie der Lebensmittelmarkt, gastronomische Einrichtungen oder Räume der Kreativwerkstatt sorgen für ein lebendiges Stadtquartier. Ein Gemeinschaftshaus mit einigen Gästezimmern kann vom Bürgerverein genutzt und verwaltet werden. Hier können sich die Bewohner treffen und gemeinsam Aktivitäten entfalten, wie Bürgerfeste, Bürgerarbeitskreise u.a.

Insgesamt können bei einer BGF von 66.274 m² und 110 m² / WE (laut Berechnungsbogen) 602 WE im Geschosswohnungsbau untergebracht werden. Hinzu kommen die 67 Stadthäuser mit insgesamt 669 WE. Bei einem Wert von 90 m² BGF / WE können 736 WE (803 WE mit den Stadthäusern) untergebracht werden. Wegen eines gewünschten hohen Anteils von Kleinwohnungen ist eher von einem Wert von 85 - 90 m² / WE auszugehen.

Mobilitätskonzept
Mit dem Auto ist der Wohnpark Nierstein über die Aachener Landstraße und den Nord-West-Ring als äußere Erschließung zu erreichen. Verkehrsberuhigte Wohnstraßen erschließen das Stadtquartier über Stichstraßen und Wendeplätze. Eine durchgehende Straßenerschließung von West nach Ost besteht nicht, um einen Durchgangsverkehr zu vermeiden. Nur die Busse können durchfahren.

ÖPNV
Die bestehenden Buslinien aus Richtung Linnich, Eschweiler und Stadt Jülich sollten über das Stadtquartier Nierstein geleitet werden. Es sind vor allem die Linien 6 und 279 sowie der Bürgerbus. Damit wird im Stadtquartier eine hohe Taktzahl sichergestellt. Es werden 2 Haltestellen eingerichtet in der Nähe der Einfahrt Nord-West-Ring mit zugeordneten Radabstellanlagen und am zentralen Stadtquartiersplatz. Radabstellplätze befinden sich hier am Parkplatz des Versorgungsmarktes. In der Nähe der Haltestellen befinden sich smarte Paketstationen, die den Lieferverkehr aus dem Stadtquartier heraushalten kann.

Die Gebäudestrukturen werden zusätzlich über befahrbare Wohnwege erschlossen, die nur in besonderen Fällen wie etwa bei Krankentransporten, ärztlicher Versorgung und bei Anlieferung von schweren Lasten wie z.B. Möbeltransporten anfahrbar sind. Ausnahmen können für Senioren (ab 80) mit Berechtigungsschein zugelassen werden.

Alle Autos können in den großen zentralen Parkgaragen abgestellt werden. Sie sind jeweils den Wohnquartieren A - D zugeordnet. Zusätzlich werden in den Wohnquartieren Stellflächen nah an den Stadthäusern ausgewiesen. Darüber hinaus sind Behindertenstellplätze für alle Wohnungen vorhanden.

Die in Systembauweise errichteten Parkhäuser haben 5 Geschosse und bestehen aus zwei Baukörpern, die mit Rampen verbunden sind. Die Bauten sind in Systembauweise (z.B. Stahl) zu errichten und sind rückbaubar. Im Hof der Parkhausbauten kann ein Mobilitätshub mit Bikesharing insbesondere mit einer hohen Anzahl von Lastenfahrrädern und Transportwagen untergebracht werden. In unmittelbarer Nähe zu den Parkhäusern werden Mobilitätsstationen mit Carsharing angeboten. Ziel der Mobilitätsstrategie ist es vor allem die befahrbaren Straßen von abgestellten Autos freizuhalten.

Neue Fahrradkultur
Die Grundidee des fußgänger- und fahrradgerechten Stadtquartiers prägt den Charakter des Wohnparks Nierstein. Durch die verkehrlichen Vorgaben wird sich im Wohnpark Nierstein eine neue Fahrradkultur entwickeln, welche eine Reduktion der hohen Anzahl eigener Kraftfahrzeuge erwarten lässt. Jeder abgeschaffte private PKW spart 2,5 t CO2 / Jahr! Die Parkhäuser können dann geschossweise zurückgebaut werden.

Zahlreiche Radwege erschließen das Stadtquartier von innen. Eine hohe Anzahl an Fahrradabstellanlagen wird unmittelbar an den Wohnungen angeboten, mit und ohne Überdachung.

Für die gewerblichen Nutzungen werden zwei eigene Parkhäuser angeboten. Die Stellplätze für Kunden werden an den jeweiligen Eingängen der Betriebe angeboten.

Die Versorgungseinrichtungen wie die 4-zügige Grundschule mit ihren Sporteinrichtungen sowie der Lebensmittelmarkt sind von der Aachener Landstraße aus über den Kreisverkehr gut zu erreichen. Am Nahversorgungsmarkt entstehen ebenerdig 70 Besucherstellplätze und 50 Radabstellanlagen, die auch anderweitig genutzt werden können, z.B. abends bei Veranstaltungen in der Schulturnhalle oder bei Events auf der Gemeinschaftswiese.

Feuerwehr
Alle Gebäude sind gemäß Musterrichtlinien über Flächen der Feuerwehr, Stand 2007, anleiterbar. Alle Wohnungen mit Brüstungshöhe von über 8 m sind mit dem Drehleiterwagen direkt anleiterbar.

Müllentsorgung
Die Müllentsorgung erfolgt über Sammelboxen entlang der Erschließungsstraßen in den jeweiligen Wohnquartieren. Sie sind gut anfahrbar und der Wendeplatz ermöglicht das bequeme Wenden der Müllfahrzeuge.

Barrierefreiheit
Alle Gebäude sind oberirdisch barrierefrei zu erreichen. Die BewohnerInnen und BesucherInnen werden sicher durch taktile Leitsysteme und durch ein umfassendes Beleuchtungskonzept durch das Stadtquartier geführt. Für die Außenbeleuchtung sind insektenschonende sparsame Leuchtmittel ohne Streulicht zu verwenden.

Bauphasen
Das Stadtquartier lässt sich in mehreren Bauphasen entwickeln. Erster Bauabschnitt kann das der Stadt am nächsten liegende Wohnquartier mit seiner gewerblichen Bebauung entlang der Aachener Landstraße sein. Von dort aus kann sich das Quartier Richtung Westen in mehreren Bauphasen entwickeln, wobei die gewerbliche Bebauung als Lärmschutz zuerst entstehen muss. Im ersten Bauabschnitt ist das zentrale Heizwerk unterzubringen.

Konzept der Freiräume
Der Wohnpark Nierstein bietet ein differenziertes Netz aus öffentlichen und privaten Freiräumen.
  1. breite Randeingrünungen und gliedernde Grünstreifen im Stadtquartier
  2. eine zentrale Grünfläche, eine Gemeinschaftswiese, auf der sich das Stadtquartier trifft und Feste feiern kann
  3. ruhige Wohn- und Nachbarschaftshöfe mit einem hohen Anteil von Gärten zur Selbstversorgung, mit Spielplätzen für Kleinkinder und großzügigen Aufenthaltsflächen
  4. Nachbarschaftsplätze als Treffpunkt des Wohnquartiers mit Gerätespielplätzen
  5. verkehrsberuhigte Wohnstraßen und Wohnwege, die auch als Spielstraßen genutzt werden können

Klimastrategie
Dichte hochaufgeastete Baumpflanzungen schaffen großflächige Schattenräume und lassen einen parkartigen Charakter entstehen. Insgesamt entsteht ein Baumdach von 34 % mit hoher Schattendichte.

Mit dem Raster aus Randeingrünungen und Grünstreifen entstehen zusammen hochwirksame Luftschneisen in Verbindung mit der angrenzenden Parkanlage Brückenkopfpark und dem Park des Gut Nierstein. Mit den offenen Wohn- und Nachbarschaftshöfen und ihrer lockeren Bebauung entstehen weitere wirksame Belüftungsschneisen. Sie ermöglichen einen bodennahen Luftaustausch.

Um die hohe Wärmebelastung der Wohnquartiere zu reduzieren, wurden alle Flachdächer als Grün- und z.T. auch Blaudächer angelegt. Während die Gründachstrategie eine intensive und extensive Dachbegrünung beinhaltet, kombiniert die Blaudachstrategie vornehmlich auf den Gewerbebauten die Begrünung mit einer Regenwasserspeicherung auf den Dachflächen. Das gespeicherte Regenwasser dient in Zeiten starker Trockenheit der Bewässerung der Vegetation. Die Parkhausdächer werden mit Stahlgestellen überstellt und dicht mit Kletterpflanzen berankt.

Entwässerung
Die Regenwasserkanäle werden als Stauwasserkanäle ausgebildet, um Retentionsraum für Starkregenereignisse zu schaffen. Das Regenwasser der Straßen wird in die begleitenden Grünflächen und Staudenbeete geleitet. Zusätzlich können Rigolenspeicher unter den befestigten Oberflächen eingebaut werden.

Energiekonzept
Für das Stadtquartier wird ein zentrales Heizkraftwerk am Kreisel Aachener Landstraße vorgeschlagen, welches mit regenerativen Energiequellen die Heizversorgung sicherstellt. Auf den Flachdächern der Gebäude sind umfangreiche Photovoltaikanlagen mit Südausrichtung vorgesehen. Die kompakte Bauweise (geringes AV-Verhältnis) mit Süd- und Westorientierung ermöglicht einen hohen Energiestandard. Grundsätzlich wird für alle Gebäude ein Energiestandard von einem KfW-Effizienzhaus 55 oder KfW 40 angestrebt.

Versickerungsflächen
Der Anteil der versiegelten Erschließungsflächen ist auf das notwendige Maß begrenzt. Alle Stellplatzflächen bestehen aus offenporigen Belägen, um zusätzliche Versickerungsflächen zu schaffen und die Quartiersaufheizung zu reduzieren. Das Regenwasser der Gebäude wird über Zisternen und Regentonnen gespeichert.