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Nichtoffener Wettbewerb | 08/2023

Konzeptentwicklung Stadtquartier Nierstein in Jülich

Lageplan M 1000

Lageplan M 1000

3. Preis

QUERFELDEINS Landschaft | Städtebau | Architektur PartGmbB

Stadtplanung / Städtebau, Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Städtebauliches und freiraumplanerisches Entwurfskonzept
Das Plangebiet Nierstein befindet sich im Westen der Kernstadt Jülichs und bildet mit seiner Randlage die Schnittstelle von Stadt und Landschaft. Im Nordosten des Plangebiets ist der Brückenkopfpark, der aus der im Jahr 1998 ausgerichteten Landesgartenschau hervorging. Diese Lage ist sogleich auch das größte Potential für die Entwicklung des Plangebietes zu einem nachhaltigen und identitätsstiftenden Quartier, das das qualitative Wohnen in engem Kontakt mit der Natur in den Vordergrund stellt.
Das entstehende Stadtfeld wird durch die vom Landschaftspark ausgehende Grünfuge in zwei Teilquartiere gegliedert. Jedes Teilquartier hat ein eigenes Zentrum mit öffentlichen Funktionen in der Mitte. Die beiden Quartierszentren sind durch eine markante Retentionsmuldenlandschaft verbunden und bilden zusammen einen blaugrünen Quartiersanger als Rückgrat von West nach Ost durch das Stadtquartier. Der Quartiersanger verbindet das Plangebiet mit dem Mühlenteich im Osten und dem umliegenden Landschaftsraum und gliedert mit seinen Ausläufern, den angerartigen Gassen, das Plangebiet zugleich in 16 Baufelder. Entlang des Quartiersangers befinden sich verschiedene öffentliche und gebietsversorgungsrelevante Nutzungen, beispielsweise eine Grundschule, eine Kita, Co-Working Spaces, ein Fitnessstudio und Läden des täglichen Bedarfs. Der Anger und die Gassen gelten als multicodierte Flächen mit Aufenthaltsqualität, die nicht nur dem Parkieren und der Bewegung des motorisierten Individualverkehrs dienen, sondern auch entsprechend dem Bedarf Möglichkeitsräume für verschiedene Aktivitäten wie unterschiedliche Sportfelder und Kinderspielfläche bietet. Zugleich haben diese Räume aufgrund Ihrer Gestaltung als Retentionsflächen, beispielsweise durch Baumrigolen einen hohen Nachhaltigkeitswert und dienen den verschiedenen Nachbarschaften als Treffpunkt und damit Raum des sozialen Austauschs.
An der nördlichen und östlichen Grenze des Plangebiets wird eine blaugrüne Promenade angelegt, welche sich die topografischen Gegebenheiten des Areals zur Anwendung eines quartiersübergreifenden Entwässerungs- und Nachhaltigkeitskonzepts zu Nutze macht. Auf dieser blaugrünen Promenade sind vielfältige einladende landschaftliche Räume wie zum Beispiel Retentionsflächen, ein Regensee, Streuobstwiesen und Spielplätze eingeplant. Dieser landschaftliche Bereich bietet durch seine gute fußläufige Anbindung an den Landschaftspark und die weiteren Grünflächen Jülichs zudem ein großes Freiraumpotential im übergeordneten, städtischen Kontext. Außerdem befinden sich entlang der Promenade gemeinbedarfliche Nutzungen wie Jugend- und Bürgertreffs sowie eine Mehrzweckhalle. Der Quartiersanger und die blaugrüne Promenade kreuzen sich in der Mitte des Plangebiets und am Schnittpunkt weitet sich der grüne Freiraum zu einem Regenpark, der auch als Frischluftschneise fungiert. Das System aus Retentionsmulden und Baumrigolen zeigt bei Niederschlägen den nachhaltigen Umgang des Stadtquartiers mit seinen natürlichen Ressourcen. Es macht diese unmittelbar stadträumlich erlebbar und damit zum identitätsstiftenden Element.
Die neue Bebauung definiert klare und spannende Stadträume, die von den divers und zukunftsorientiert entwickelten Außenräumen profitieren. Das Netz aus öffentlichen Grünflächen, Quartiersplätze, autofreien Wohnanger und Gassen schafft ein lebenswertes Quartier mit hoher Aufenthaltsqualität und lässt den MIV in den Hintergrund rücken.

Bebauungskonzept
Innerhalb der zwei Teilquartiere werden unterschiedliche Gebäudetypologien, namentlich Geschosswohnungsbau, Punkthäuser und Reihenhäuser entlang des Quartiersangers und den Gassen zu nachbarschaftlichen Hausgruppen kombiniert. Sie bieten vielfältige Wohnräume wie Cluster-Wohnungen und Mehrgenerationenwohngemeinschaften für die Bedürfnisse unterschiedlicher Bewohnergruppen und präsentieren sich in der inneren Organisation offen und flexibel. Innerhalb der 15 blockartigen Baufelder entstehen halböffentliche Innenhöfe. Sie dienen den Nachbarschaften als wohnortnaher Treffpunkt und dem Kleinkindspielen. Darüber hinaus dienen sie als Retentionsflächen und können als neue Flutrasenflächen angelegt werden. Kleinteilige Nachbarschaften fördern den Austausch und das Miteinander unterschiedlichster Sozial- und Altersgruppen. Die großzügig angegliederten privaten Grünräume bieten einen hohen Grad an individuellem Gestaltungsfreiraum. Der Übergang öffentlicher, halböffentlicher und privater Freiräume verläuft fließend und fördert so ein nachbarschaftliches, lebendiges Quartierstreiben.
Die Quartiere bieten durch die Dimensionierung der Baufelder und die Einbindung in das Erschließungs- und Grünsystem räumliche Stabilität, auf dessen Grundlage die verschiedenen Haustypen mit größtmöglicher Flexibilität angeordnet und gestaltet werden. Somit wird ein nachfrageorientiertes, bedarfsgerechtes und individuelles Bebauungsangebot sichergestellt. Durch die klare Unterteilung der Bebauungsstruktur in Baufeldern können einzelne Teilbereiche des neuen Quartiers flexibel und zeitlich unabhängig voneinander entwickelt und realisiert werden.
Die Bebauungshöhe setzt durch vereinzelte fünfstöckige Punkthäuser an der Aachener Landstraße und zum nördlichen und östlichen Landschaftsraum Akzente. Zugleich steht die Bebauung entlang der Hauptstraße mit einer geschlossenen Bauweise und der Ansiedlung von gewerblichen Nutzungen dem Verkehrslärm entgegen, wobei die Bebauungsdichte höher ist als in dem nördlichen gelegenen Wohngebiet. Die blockartigen Wohnbebauungen sind überwiegend dreigeschossig sowie in ihrer Ausrichtung und konstruktiven Ausführung so vorgesehen, dass für optimale Belichtung und ein ausgeglichenes Wohnklima der Wohnungen gesorgt wird.

Nachhaltigkeit
Bei der Entwicklung des neuen Quartiers sollen umfassende Aspekte einer nachhaltigen, umwelt- und flächenschonenden Bauweise beachtet werden. Um regenerative Energie in Form von Solarstrom zu erzeugen, werden auf den grünen Retentionsdächern Bereiche für Photovoltaik vorgesehen. Die Dachbegrünung fördert ein ausgeglichenes Quartiers- und Gebäudeklima. Ein kompaktes Wohnangebot durch Geschosswohnungsbau und Reihenhäusern lässt die Wassersammlung im Sinne der Schwammstadt zu. Um Regenwasser wiederverwenden zu können, ermöglicht das System aus Retentionsdächern, offener Wasserführung bis hin zu den Mulden im Außenraum die Speicherung, Wiedernutzung in Zisternen, den Rückhalt sowie die Verdunstung und Versickerung über die belebte Bodensicht des Regenwassers. Auf dem Weg zum Brückenkopfgraben, der als Vorfluter dient, verdunstet und versickert ein Großteil des Regenwassers in den sanft modellierten Mulden und den Baumrigolen in den Straßenräumen und kommt somit unmittelbar der örtlichen Vegetation zugute. Das wirkt sich vorteilhaft auf das Quartiersklima aus. Das öffentlich zugängliche Wassermanagement ermöglicht zudem spielerischen Kontakt zum Wasser und fördert den sensiblen Umgang mit der Natur. Gleichzeitig sorgen die Abstände und Beziehungen zwischen den Gebäuden für eine geringere Verschattung und ein gesundes Wohnumfeld.

Mobilität
Das Mobilitätskonzept mit Schwerpunkt auf kurzen Wegen und Förderung der nichtmotorisierten Fortbewegung begünstigt eine umweltfreundliche und gesunde Lebensweise. Abgesehen vom notwendigen Durchgangs-, Versorgungs-, Not-, und Rettungsverkehr soll das Quartier den motorisierten Individualverkehr reduzieren und den Fuß- und Radverkehr fördern. Das Gebiet ist sehr gut an die bestehenden Buslinien im Süden des Quartiers angeschlossen.
Zwischen dem westlichen und südlichen Eingang ist eine Quartiersstraße als Haupterschließung geplant, die die Erreichbarkeit des MIVs zur Kita und Grundschule gewährleistet. An dieser Quartiersstraße und den Knotenpunkt der übergeordneten Straßen werden insgesamt drei multifunktionale und umnutzbare Quartiersgaragen eingerichtet, die ein ausreichendes Angebot von Stellplätzen für die Anwohner zur Verfügung stellen können. Diese verfügen über ihr eigenes Nutzungskonzept und passen sich dem veränderlichen Bedarf an Stellplätzen über die Zeit hin an. Aufgrund der Verkehrswende ist es denkbar, dass sich in den nächsten Jahren der MIV verringert und sich damit auch die Quartiersgarage zu einem multifunktionalen Gemeinschaftsort weiterentwickelt.
Ausgehend von der zentralen Erschließung vernetzen Quartiersanger und Gassen das Stadtfeld. Verkehrsräume erhalten Aufenthaltscharakter. Alle Verkehrsteilnehmer nutzen gleichberechtigt den kompletten Querschnitt der Verkehrsräume. Entlang der wenigen befahrbaren Anger und Gassen sind Stellplätze und multifunktional angelegte Flächen für temporäres Parken, Carsharing und E-Laden geplant. Bei fortschreitendem Rückgang der Verwendung des privaten PKW werden diese Bereiche für andere Nutzungen frei. Bike-Sharing und Parkstation befinden sich zentral erreichbar auf den Quartiersplätzen.

Blau-Grüner Anger

Blau-Grüner Anger

Vogelschau

Vogelschau

Schwarzplan 5000

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Lageplan M 500

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