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Nichtoffener Wettbewerb | 11/2022

Neubau Moldauhafenbrücke in Hamburg-Grasbrook

3. Preis

Ramboll Deutschland GmbH

Bauingenieurwesen, Tragwerksplanung

gmp Architekten von Gerkan, Marg und Partner

Architektur

Conceptlicht GmbH

Lichtplanung

Erläuterungstext

Am Südufer der Elbe entsteht mit dem Grasbrook ein neuer Stadtteil mitten in Hamburg. Die neue Rad- und Fußgängerbrücke verbindet das nördliche mit dem südlichen Quartier um das Moldauhafenbecken und stellt somit eine wesentliche Wegeverbindung der beiden Uferbereiche des neuen Stadtteils her. Sie tritt mit ihrer zurückhaltenden, aber dennoch ausdrucksvollen einprägsamen und skulpturalen Erscheinung nicht in Konkurrenz zu den umliegenden Bauwerken des, bildet aber gleichzeitig einen einprägsamen Auftakt in das neue Stadtquartier. Die Brücke ist als schlanke Stahlkonstruktion konzipiert und ermöglicht so aus dem ganzen Hafenbecken transparente Blickbeziehungen vom Stadtteil Grasbrook über die Elbe hinweg zu Hafencity/ Elbphilharmonie.

Die Silhouette der Brücke mit dem ausdifferenzierten Kastenquerschnitt und der klaren Detaillierung hat einen hohen Widererkennungscharakter. Die zwei schräg gestellten Stützen ermöglichen zudem einen großzügigen Durchfahrtsbereich. Die seitlichen Bereiche sind schlanke Kragträger als Hohlkastenträger
ausgebildet, um die Leichtigkeit der Brücke zu unterstreichen. Zu diesem Erscheinungsbild trägt ebenfalls bei, dass bis auf die notwendigen Geländer auf weitere Brückenaufbauten bzw. unterseitig auf weitere konstruktive Differenzierung verzichtet wird. Die Medienführung ist ebenfalls kaum wahrnehmbar
zwischen den Hauptträgern horizontal direkt unter dem Deck angeordnet. Das Geländer der Brücke lehnt sich an die Ausbildung von Reling und Geländer auf Schiffen an und ist sehr transparent und leicht. Die Geländerpfosten bestehen aus nach innen geneigten sich nach oben verjüngenden Flachstählen und sind mit Edelstahlseilen verbunden. Die in die seitlichen und mittleren Handläufe integrierte Beleuchtung ist so konzipiert, dass die Brückenbereiche beleuchtet werden, ohne zu viel Licht auf das Geländer und in das Umfeld des Hafenbeckens zu bringen. Durch die vermiedene Blendung der Passanten adaptiert sich das Auge besser an das dunkle Umfeld und Personen und Gesichter sind eindeutig durch den Widerschein vom Boden zu erkennen. Eine leichte Aufhellung der Stützen unterstreicht die gestalterische Struktur der Stützen. Die Bereiche der Uferpromenaden unter der Brücke sind mit Beleuchtung aufgehellt.

Das Deck der Brücke ist mit den zwei mittleren 6,50m breiten Spuren für Radfahrer/ Busse und den beiden seitlichen jeweils 2,50m breiten Spuren für Fußgänger eben durchgängig und großzügig angeordnet. Damit kann flexibel auf eine spätere Nutzungsänderung mit Kfz- und Radverkehr reagieret
werden. Die barrierefreie Brücke bietet insbesondere in den seitlichen Bereichen eine hohe Aufenthaltsqualität, einen Treffpunkt für das neue Stadtquartier und lädt die Passanten durch fein differenzierte räumliche Aufweitungen zum Verweilen ein. Die seitlichen Bereiche sind in der Höhe im Vergleich zum mittleren Deck leicht abgesenkt. Durch ein variierendes und gleichzeitig durchgängiges Möbelelement entstehen vielfältige räumliche Angebote mit verschiedenen Sitzmöglichkeiten bis hin zur Aufweitung in der Mitte, die über einen Sitzbereich mit hoher Rückenlehne gefasst wird. Für das innere
Deck ist eine lineare Entwässerung aus recycelten Kunststoffmodulen zur Minimierung der Querschnittsbreite vorgesehen.

Bei dem Tragwerk der Brücke handelt es sich um einen integralen Rahmen, der als Sprengwerk 140 m über drei Felder überspannt. Der Überbau besteht aus zwei luftdicht verschweißten Stahlhohlkästen, die in Längsrichtung zu den Stützen hin gevoutet sind und einer orthotropen Fahrbahnplatte. Im Bereich der
Widerlager ist die Brücke auf Elastomerlager gelagert. Die schräg verlaufenden Stahlstützen sind biegesteif an den Überbau angeschlossen. Unmittelbar über den Stützen befindet sich jeweils ein Querträger, der als Hohlkastenprofil ausgeformt ist. Die Stütze sind biegesteif an das Pfahlkopffundament über einen Betonsockel angeschlossen. Für die Gründung werden Stahlbeton-Bohrpfähle verwendet.

Die Wahl einer dreifeldrigen Brücke mit einem gevouteten Überbau und schlanken Stahlstützen erzielt ein wirtschaftliches Tragwerk. Durch den hohen Vorfertigungsgrad und die einfache Gründung kann die Bauzeit und damit verbundene Baukosten verringert werden. Die Robustheit der Konstruktion reduzieren zusätzlich die Wartungskosten auf ein Minimum. Wartungs– und Inspektionsarbeiten erfolgen mittels Unterflurbesichtigungswagen oder mittels Besichtigungsschiff. Die Widerlager sowie die Auflager können mittels Leitern sicher von der Uferpromenade aus erreicht werden.

Bei der Konstruktions- und Materialwahl orientiert sich die Brücke am funktionalen Maximum hinsichtlich Langlebigkeit und Recyclingfähigkeit. Der gevoutete Überbau reagiert mit der Bauhöhe ressourcenschonend auf die statischen Erfordernisse und optimiert somit die Ökobilanz. Die Kragarme als
Aufenthaltsflächen schaffen freie Sichtbeziehungen, die eine sozioökonomische Qualität bieten. Um die Sicherheit am Bauwerk zu gewährleisten, wird unter anderem ein Asphaltbelag vorgesehen, der auf dem Deck eine gute Rutschfestigkeit und einfache Reinigung gewährleistet.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Brücke fügt sich sehr selbstverständlich in die Stadtansicht ein. Der Entwurf zeichnet sich durch eine sehr einfache Gestaltung von geschlossenen Kastenquerschnitten aus und bildet in der Silhouette ein harmonisches, stimmiges Tragwerk. Gestalterisch wirken die Stützen aber zu fremdartig und zu wenig aus den konstruktiven Zusammenhängen entwickelt. Die im Deck schräg einmündenden Stützen treffen relativ unvermittelt auf den Fundamenten im Hafenbecken auf. Die auf den Pfahlköpfen verbleibenden Horizontallasten stellen ein Problem bei der Lastweiterführung in den Baugrund dar. Eine entsprechend aufwendige Fundamentierung oder ein ggf. im Hafengrund eingesetztes Zugband wäre eine Folge. Es bestehen Risiken aus der Dimensionierung der Pfeilerfundamente (H-Last-Abtrag / Verformung). Es wird erwartet, dass die Fundamente größer ausfallen als dargestellt. Ggf. werden auch zusätzliche Schrägpfähle neben den Vertikalpfählen notwendig.

Die Gliederung in einzelnen Bewegungsräumen wird grundsätzlich verstanden, allerdings sorgt die Ausformulierung des Sitzelementes auf Grund weniger Durchlässe für ein stark wandartiges Gefühl. Gleichwohl wird der Ansatz eines sehr großen, zusammenhängenden Sitzelementes gewürdigt. Dadurch entsteht zu viel an Nebeneinander und zu wenig an Miteinander. Eine größere Durchlässigkeit ist anzustreben. Die reine Ausleuchtung der Gehwege- und Fahrspuren erzeugt wenig Raum und schafft kaum Aufenthaltsqualität. Die Querungsmöglichkeiten sind in der Anzahl und in der Qualität nicht optimal gelöst.

Die Konstruktion erscheint robust, wirtschaftlich herstellbar auch in der aktuellen Marktlage. Da die Leitungen unterhalb der Brücke frei geführt werden, sind diese für eine Sichtkontrolle und Wartungszwecke gut geeignet. Die regelmäßige Brückenprüfung wird durch die vorgeschlagene Lage der Leitungen jedoch erschwert. Die Zugänglichkeit der Lager ist jedoch möglich. Insgesamt liegt der Entwurf in der vergleichenden Betrachtung der Nachhaltigkeitsaspekte nur im mittleren bis oberen Feld der eingereichten Arbeiten.
Lageplan

Lageplan

Längssschnitt

Längssschnitt

Querschnitt

Querschnitt

Konzept Fahrzeugbrücke

Konzept Fahrzeugbrücke

Konzept Fussgängerbrücke

Konzept Fussgängerbrücke