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Nichtoffener Wettbewerb | 08/2023

Baugebietsentwicklung Kalverdonk in Meerbusch-Osterath

Multicodierter Freiraum

Multicodierter Freiraum

Anerkennung

Preisgeld: 29.285 EUR

rheinflügel severin

Stadtplanung / Städtebau

RMP Stephan Lenzen Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

IGS Ingenieurgesellschaft Stolz mbH

Verkehrsplanung

Erläuterungstext

IDENTITÄT
Verbindung_Der Entwurf sieht eine kompakte wie integrative bauliche Struktur vor, welche den Bestand selbstverständlich ergänzt und den östlichen Bereich Osteraths baulich vervollständigt. Ein System grüner Korridore tritt als signifikantes Gliederungeselement in Erscheinung. Die Korridore teilen den Siedlungsbereich in überschaubare Einheiten und sorgen zugleich für eine optimale Verzahnung mit der Landschaft. Durch eine Gliederung in 5 Nachbarschaften fügt sich die Bebauung selbstverständlich in die Maßstäblichkeit der baulichen wie freiräumlichen Strukturen ein. Die bestehenden Gehölze werden geschützt und im Sinne eines Biotopverbunds miteinander vernetzt. So erfolgt eine selbstverständliche Einbettung der neuen Quartiere in die gleichwohl von Besiedlung und Landwirtschaft geprägte Landschaft des mittleren Niederrheins.
Gliederung_Der Entwurf ist von der Motivation getragen möglichst viel zusammenhängenden Landschaftsraum zu erhalten und die bestehenden Siedlungsstrukturen und Hofstellen behutsam zu entwickeln und mit den neuen Quartieren in Beziehung zu setzen. Ziel ist die Entwicklung kompakter in die Landschaft integrierter Siedlungskörper, sodass dem Landschaftsbezug im gesamten Plangebiet eine tragende Rolle bei der Identitätsbildung zukommt. Vor diesem Hintergrund spielt der Erhalt und die Einbindung der Hofstellen eine zentrale Rolle. Sie fungieren als Gelenke hinsichtlich der weiteren Siedlungsentwicklung und bleiben über Grünzüge mit dem offenen Landschaftsraum verbunden. Die Gliederung in 5 überschaubaren Einheiten fördert die Ausbildung von Nachbarschaften. Der neue Siedlungsraum zeichnet sich insgesamt durch eine wohldosierte Urbanität aus, welche die Komponenten Landschaftsbezug, Adressbildung, Gemeinschaft, typologische Vielfalt und Vernetzung miteinander verknüpft und hieraus eine unverwechselbare Identität entwickelt.
Hofstruktur_ Die baulichen Strukturen der neuen Quartiere leben grundsätzlich von der Vielfalt unterschiedlicher Typologien, folgen aber häufig dem Prinzip der Hofbildung, um den Aspekt des gemeinschaftlichen Wohnens zu fördern. Dabei handelt es sich sowohl um Wohnhöfe, deren Erschließung von innen erfolgt, als auch um Höfe mit Außenerschließung, wodurch der Innenbereich rein gärtnerisch genutzt werden kann - am Haus privat, in der Mitte gemeinschaftlich. Die Mischung der verschiedenen Wohntypologien, Eigentumsformen und Finanzierungsmodelle erfolgt innerhalb der Höfe, womit eine soziale Segregation vermieden werden kann. Über die Einbeziehung von Baugruppen- und Mehrgenerationenprojekten wird der Zusammenhang des gemeinschaftlichen Wohnens weiter begünstigt. Die typologische Diversität erzeugt hinsichtlich der Geschossigkeit ein Spektrum von 2 – 3 und fügt sich darüber homogen in den Bestand ein. Angeboten werden Eigenheime als Reihen-, Gartenhof-, Doppel- sowie wenige freistehende Einfamilienhäuser und Geschosswohnungsbau in unterschiedlichen Typologien. Die Geschosswohnbauten konzentrieren sich vor allem um die Plätzen und entlang der Haupterschließungsachsen. Um den urbanen Charakter der Plätze zu unterstützen, werden hier punktuell auch 4 Geschosse erreicht - jeweils in Kombination mit aktivierten Erdgeschosszonen durch gewerbliche oder gemeinwohlorientierte Nutzungen.

ORGANISATION
Phasierung_Die Realisierung des neuen Quartiers lässt sich entsprechend der 5 Siedlungsschwerpunkte in 5 Bauabschnitte einteilen. Die Bautätigkeit soll zentral im Bereich der Ivangsheide beginnen und sich zunächst von dort nach Nordwesten entwickeln. Abschließend ist eine Bebauung Auf’m Kamp vorgesehen.
Mobilität_ Das Mobilitätskonzept sieht autoarme Quartiere mit verkehrsberuhigten Bereichen vor. Der MIV wird in Quartiersgaragen am Rand der Quartiere abgefangen. Alle Fahrzeuge der Bewohner und auch der Besucher müssen hier geparkt und können auch geladen werden. Die Straßen innerhalb des Quartiers dienen außerhalb des Fuß- und Radverkehrs nur noch der Anlieferung. In diesem Sinne sind die Quartiersgaragen Mobilitätstransformatoren, Autofahrer werden hier zu Fußgängern, Roller- und Radfahrern. Alle Nachbarschaften sind bestens an das zentrale Radverkehrsnetz der Stadt Meerbusch angeschlossen.
Erschließung_Ausgehend von der Zufahrt am Kreisverkehr Winklerweg/Marie-Curie-Straße ergibt sich eine zentrale Erschließungsachse im Trennsystem mit unmittelbarer Anbindung von 3 der insgesamt 5 Nachbarschaften. Die Erschließung der nördlichen Nachbarschaft erfolgt über die Goethestraße und die Erschließung der südöstlichen Nachbarschaft über den westlichen Ivangsweg. Die östliche Verbindung zwischen den beiden Quartieren nördlich der K-Bahn auf dem Kalverdonksweg ist als „Notverbindung“ gedacht, falls die Bahnüberfahrt der K-Bahn durch einen Havariefall nicht passierbar ist. Grundsätzlich ist die Verbindung auf dem Kalverdonksweg abzupollern, sodass diese nur bei der Sperrung der Bahnüberfahrt nutzbar ist. Die Haupterschließung über den Kreisverkehr Winklerweg/Marie-Curie-Straße ist zugleich Teil des Linienwegs einer oder mehrerer Busverbindungen. Für die Busverbindungen werden Haltepunkte an der K-Bahn-Haltestelle Kamperweg und nördlich des Kreisverkehrs eingerichtet. Die Busverbindungen werden ausgehend von der Meerbuscher Straße über den Ivangsweg und Kamperweg und Ivangsweg zum Kreisverkehr geführt. Dazu wird dem Busverkehr durch ein Zusatzverkehrszeichen erlaubt, den Geh- und Radweg im Bereich der Haltestelle Kamperweg zu befahren. Vorgesehen ist, dass die Busse nur im Einrichtungsverkehr geführt werden.
Ruhender Verkehr_ Der ruhende Verkehr wird vollständig in Quartiersgaragen untergebracht, wobei die Lage der Garagen so angelegt wurde, dass diese zu Beginn der Nachbarschaften direkt anfahrbar sind, um den Kfz-Verkehr in den Nachbarschaften so gering wie möglich zu halten. In den verkehrsberuhigten Bereichen werden lediglich Kurzzeitstellplätze zum Liefern/Laden und für Pflegedienste angeboten. Die Quartiersgaragen der beiden zentralen Nachbarschaften dienen zusätzlich als „Schallschutzmaßnahme“ gegenüber der K-Bahn. Die Stellplätze für das kleine nordwestliche Subquartier sowie für den nördlichen Teil des südöstlichen Quartiers werden in kleinteiligen Paternosteranlagen vor Ort vorgehalten.
Nahmobilität_ Für Fußgänger und Radfahrer wird ein dichtes Wegenetz mit optimalen Anschlüssen an die Bestandsgebiete angeboten, aber auch an die überregionalen Wege im Landschaftsraum, wobei ein besonderes Augenmerk auf die Durchdringung der Geh- und Radwege durch das gesamte Gebiet gelegt wird, um die Nachbarschaften und auch die Bestandshöfe räumlich miteinander zu verknüpfen. So ist neben einer durchgehenden Fuß-Radwegachse entlang der K-Bahn auch eine Fuß-Radwegachse von Südwesten nach Nordosten zwischen Winklerweg und Kalverdonksweg geplant. Da der Kalverdonksweg und der Weg parallel zur K-Bahn Hauptrouten im Radverkehrsnetz der Stadt Meerbusch darstellen, werden die Geh- und Radwege ausreichend breit angelegt. Ebenso verhält es sich mit den Nebenrouten des Radverkehrsnetzes der Stadt Meerbusch. Die Nachbarschaften sind so angelegt, dass die K-Bahn-Haltestellen Kamperweg und Hoterheide in maximal 450 Meter von den 5 Nachbarschaften zu erreichen sind. An der Haltestelle Kamperweg werden nördlich und südlich der K-Bahn Radabstellanlagen eingerichtet, die zum einen überdacht sind und auch die Möglichkeit bieten das Fahrrad im Bedarfsfall aufzuladen sowie sicher zu verschließen.
Freiraum_Das Wegenetz für Fußgänger und Radfahrer ist in ein vielfältiges System von Freiräumen eingebunden. Zentrale Bedeutung kommt dem mittleren Landschaftskorridor zu, dessen Qualität als Landschaftsraum verbleibt, aber eine Umwidmung erfährt. Es handelt sich um den zentralsten Ort des neuen Siedlungsraums, sowohl an der Schnittstelle zum Schützenplatz, als auch im Übergang zur offenen Landschaft. Der Schützenplatz erfährt eine räumliche Rahmung mit Klimagehölzen und Aufenthaltsmöglichkeiten und wird so auch im Alltag zu einer attraktiven Eingangssituation. Vom Eingangsbereich führt eine Landschaftspromenade entlang der Siedlungskante bis zur offenen Agrarlandschaft. Sie dient als verbindendes Element zwischen den einzelnen Quartiersplätzen und inszeniert den freien Blick in die Park- bzw. Kulturlandschaft. Während die Grünkorridore weitgehend extensiv gestaltet sind und je nach Verortung Wiesen- oder ökologische Landwirtschaftsflächen aufnehmen, ist der Übergang von der Bebauung zur offenen Landschaft mit Landschaftsschalen gestaltet, die intensivere Nutzungen wie Spiel, Sport, Urban Gardening (Almendegärten, Saisongärten etc.) aufnehmen. Charaktergebende Bestandshofschaften sind in die Landschaftsschalen integriert und können so zu besonderen, gemeinschaftlichen Orten werden. Alle Quartiersplätze bieten mit Ihrer Öffnung zur Landschaft (Landschaftsfenster) attraktive Ausblicke und laden mit beschatteten Langbänken zum Verweilen. Die Freiräume verfügen über eine wegebegleitende offene Regenwasserführung einschließlich Versickerungsmulden, die als multikodierte Flächen in Wiesen und Weiden integriert sind.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Preisgericht bewertet die Gliederung von Landschaftsraum und Siedlungsclustern positiv. Hierdurch kann ein qualitätsvolles Wohnen im Grünen entstehen. Auch die Verbindung aus dem Ortskern in den freien Landschaftsraum kann so abwechslungsreich gestaltet werden.

Die räumliche Fassung der Nachbarschaftsplätze, die sich zur Landschaft hin öffnen sowie die Einbindung und Freistellung des Bestandes in den Freiraum sind weitgehend gelungen. Jedoch wird die interne Qualität der einzelnen Cluster in Bezug auf Typologie, städtebauliche Anordnung und Hofbildung als unzureichend erachtet. Sie gleicht eher einer Vorortentwicklung mit einem hohen Anteil an Reihenhäuser und Doppelhäusern und stellt keine Entwicklung für die Zukunft dar. Sie wirkt beengend und folgt darüber hinaus keinem klaren Muster. Hinzu kommt, dass die massiven Quartiersgaragen in deutlichem Kontrast zu den umliegenden Bebauungstypologien stehen. Die Struktur wird in ihrer Form insgesamt als zu wenig flexibel erachtet, wodurch sich auch zukünftig keine Adressbildung herauskristallisieren kann. Die zentrale Erschließung wird teilweise einseitig angebaut in das Gebiet geführt und trennt darüber hinaus an einigen Stellen die für das Konzept maßgebenden Landschaftskorridore.
Schwarzgrünplan

Schwarzgrünplan

Lageplan

Lageplan

Blick von Nordwesten

Blick von Nordwesten