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Nichtoffener Wettbewerb | 08/2023

Baugebietsentwicklung Kalverdonk in Meerbusch-Osterath

Kalverdonk am Zug - Gemeinschaft zum Selbermachen

Kalverdonk am Zug - Gemeinschaft zum Selbermachen

Anerkennung

Preisgeld: 29.285 EUR

De Zwarte Hond GmbH

Stadtplanung / Städtebau

KRAFT.RAUM.

Landschaftsarchitektur

SHP Ingenieure GbR

Verkehrsplanung

Erläuterungstext

Kalverdonk am Zug - Gemeinschaft zum Selbermachen

1. Städtebaulich-freiraumplanerisches Konzept
Mit der Entwicklung am „Kalverdonk“ kann Meerbusch als Ganzes und im Besonderen der Stadtteil Osterrath erheblich wachsen, sowohl quantitativ als auch qualitativ bezüglich des Wohnangebots, dass es an seine Bürgerinnen und Bürger machen kann. Damit steckt in der Entwicklung am „Kalverdonk“ eine große Chance das Wohnungsangebot resilient zu diversifizieren. Es geht dabei um Fragen des Zusammenlebens verschiedener Generationen, Angebote in Form von kleineren Wohnungen auch für Alleinwohnende und Angebote im preisgedämpften Wohnen. Das Zusammenwachsen der bestehenden Stadtstruktur mit dem neuen Quartier verbindet Tradition und Innovation auf natürliche Weise und erhält die lokale Identität. Für eine nachhaltige Quartiersentwicklung ist ein ökonomisches Erschließungs- und Freiraumsystem, das durch besondere räumliche Qualitäten gekennzeichnet ist und das Zusammenleben im Quartier stärkt der Ausgangspunkt. Betrachtet wird dabei nicht nur das finale Bild der Gesamtentwicklung, sondern insbesondere auch alle Phasen für sich, da unsicher ist über welchen Zeitraum sich die Entwicklung erstreckt. Letztlich kann die Entwicklung nach jeder Phase individuell fortgeschrieben oder ausgesetzt werden. Damit entsteht eine Struktur, die neben den privaten Gärten und öffentlichen Räumen (Straßen, Panorama, Quartiersmitte und Parkflächen) auch gemeinschaftliche Flächen anbietet. Es zeigt sich, dass Bürger:innen immer stärker Flächen nachfragen, aufsuchen und sich aneignen und ihnen einen großen Gestaltungsspielraum bieten. Dieses können im Normalfall KEINE öffentlichen Flächen sein, da dem zum Beispiel eine öffentliche Verkehrssicherungspflicht / Verantwortlichkeit und Haftbarkeit entgegensteht. Die gemeinschaftlichen Höfe durch ein öffentliches Geh- und (Fahrrad-Fahr-) Recht sind zugänglich und bieten gleichzeitig einen maximalen Gestaltungsspielraum, da sie im Eigentum (W.E.G.) der Umwohnenden sind.

2. Bestand und Neubau
Die bestehenden Gebäude und der historische Nibbelsweg werden als Basis für die neue Struktur des Entwurfs genutzt. Die Verwendung gemischter Typologien für die neuen Gebäude bringt Abwechslung in das gesamte Viertel, sorgt gleichzeitig dafür, dass sich der Entwurf nahtlos in seine Umgebung einfügt.

3. Nutzungsverteilung
Das Entwurfskonzept baut auf einer breiten Mischung verschiedener Gebäudetypologien auf, um einen aktiven öffentlichen Raum zu schaffen, sowohl für die Innenhöfe als auch für die Parks. Jedes Baufeld weist eine Mischung von Wohntypologien auf: Doppel- und Reihenhäuser sowie Mehrfamilienhäuser. Auch der soziale Wohnungsbau wurde in jedem Baufeld den Typologien beigemischt und ist sowohl in den Einfamilienhäusern als auch in den Mehrfamilienhäusern zu finden. Öffentliche Funktionen sind an den Rändern der Baufelder angeordnet. Sie schließen an Plätze wie den Schützenplatz und den Bahnhofplatz an oder befinden sich an den Haupterschließungsstraßen. Neben dem Ärztehaus sind es halböffentliche Funktionen wie ein Gemeinschaftshaus, eine kleine Bibliothek oder ein Café, die die Besucher zur Nutzung des öffentlichen Raums anregen und für mehr Aktivität im Gebiet sorgen.

4. Nachhaltige Maßnahmen
Die Auseinandersetzung mit Fragen der Nachhaltigkeit hat für „Kalverdonk“ eine herausragende Bedeutung. Das finale Konzept kann dabei nur mit und durch die späteren Nutzer:innen entwickelt werden. Grundsätzlich gilt aber, dass bilanziell sowohl im Betrieb als auch in der Errichtung angestrebt werden sollte, einen Plus-Energie-Quartier zu errichten. Im Rahmen der nachhaltigen Bauweise werden vermehrt nachwachsende Baustoffe wie Holz und Naturfasern eingesetzt, um CO² zu speichern. Gleichzeitig wird versucht, Tiefgaragen und Untergeschosse zu vermeiden, da ihr Bau einen erheblichen Einsatz von Beton erfordert, was mit einer hohen Menge an "Grauer Energie" einhergeht. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf dem Aufbau eines Niedertemperaturnetzes auf Quartiersniveau, um Wärme- und möglicherweise auch Kälteaustausch innerhalb des Quartiers zu ermöglichen. Dadurch entsteht die Möglichkeit zur zentralen Wärmeerzeugung. Um überschüssige Kälte und Wärme zu speichern, kann ein Saisonal-Speicher wie beispielsweise ein Geothermie- oder Eisspeicher genutzt werden. Dieser Speicher könnte als besonderes Bauwerk in den Freiraum integriert werden. Des Weiteren wird angestrebt, Photovoltaikanlagen auf allen Dächern zu installieren, die nicht als Dachterrassen genutzt werden. Volldachsysteme ohne Attika und mit einer Neigung von etwa 10° erzielen dabei die beste Leistungskurve, insbesondere in den Tagesrandstunden und im Winter. Der Umgang mit Niederschlagswasser und Starkregenereignissen ist ein definierendes Gestaltungselement des Freiraumentwurfs. In den privaten Höfen entstehen Regengärten. Hierbei handelt es sich um wechselfeuchte Grünflächen, die anfallenden Niederschlag und Grauwasser mithilfe von Pflanzen reinigen, verzögert versickern lassen und so den Abfluss verringern und den Hitzeinseleffekt mittigeren. Mit Trittsteinen, Holzdecks, (Wasser)Spielgeräten und ansprechender Bepflanzung sind sie für die Bewohnenden sowohl im trockenen als auch im nassen Zustand nutzbar. In Rückbereichen der Wohnbebauung gibt es weitere Retentionsflächen, auf denen Wasser zurückgehalten wird und bei starken Niederschlägen in anschließende Retentionsmulden weitergeleitet wird. Durch das leichte Gefälle des Gebiets ist es möglich das Wasser bis zu den im Entwässerungskonzept festgelegten Versickerungspunkten zu leiten. Pflanzenkläranlagen werden vor den Versickerungspunkten platziert, um das anfallende Grau- und Niederschlagswasser zu reinigen. So gelingt eine Entlastung des Abwassernetzes und eine Verhinderung von Überschwemmungen bei Extremwetterereignissen. Das „Wetland“ inmitten der Parkfläche dient neben der Wasserrückhaltung und Versickerung als naturnahe Feuchtbiotopfläche mit diverser Flora und Fauna und als kühlendes Element, das die Klimaanpassung des Baugebiets fördert. Neben der blauen Infrastruktur gibt es weitere nachhaltige Maßnahmen, die im Freiraum umgesetzt werden. Die größte Rolle spielt die zentrale Grünfläche. Hier soll mit der Zeit ein Landschaftsraum mit extensiv genutzten Wiesenflächen, waldartigen Bereichen mit Pioniergesellschaften und Feuchtbiotopen entstehen, der Lebensraum für Mensch und Tier ist. Im Sinne der produktiven Stadt sind in dem Landschaftspark Streuobstwiesen und an seinen Rändern „Urban Farming“ Flächen mit Feldern, Beeten und Nutztiergehegen angeordnet, auf denen Bewohnende und Besuchende gemeinsam anbauen, ernten und Naturerfahrung sammeln können.

5. Materialität
Gebäude:
Die Gebäude sind aus langlebigen, nachhaltigen und qualitativ hochwertigen Materialien gebaut. Die Gebäudetypologien unterscheiden sich leicht durch unterschiedliche Materialien und Details. Alle Gebäudetypologien können aus Holz und/oder Ziegeln errichtet werden, wobei bei den Einfamilienhäusern mehr Ziegel verwendet werden. Bei den Mehrfamilienhäusern kommt Holz in Kombination mit Ziegeln zum Einsatz. Die öffentlichen Gebäude und die Schule werden entweder durch die Verwendung anderer Materialien oder durch besondere Details in Holz oder Ziegeln akzentuiert. Die Erdgeschosse erhalten eine leichte Überhöhung und eine gute Verbindung mit dem öffentlichen Raum, indem Durchblicke in das Gebäude geschaffen und attraktive Eingänge angelegt werden.
Vegetation:
Im Hinblick einer nachhaltigen Planung sollten die Alleen aus verschiedenen Klimabäumen (z. B. GALK-Liste, Klimaarten-Matrix, etc.) bestehen. Im Landschaftspark sollen mithilfe von Sukzessionsprozessen möglichst regionaltypische Pflanzengesellschaften herausgebildet werden. Die Wohnhöfe und Plätze im Gebiet werden mit Bäumen mit besonderer Wuchsform, Farbigkeit und Blühaspekten markiert. Spezielles Augenmerk wird in Verbindung mit dem Regenwasserkonzept außerdem auf Wasserrandpflanzen gelegt, die durch Durchwurzelung die Versickerungsfähigkeit des Bodens stärken, als Biofilter dienen und durch Verdunstung kühlen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Preisgericht erkennt die grundlegende Entwurfsabsicht zur Gliederung des gesamten Gebietes an, hält allerdings die Durcharbeitung im Bereich der Erschließung, der Gebäudetypologie und der Dichteverteilung für nicht tragfähig. Auch die beidseitige Platzgestaltung am Haltepunkt „Kamperweg“ lässt eine Urbanität vermuten, die dem Charakter Meerbuschs nicht gerecht wird. Eine der Haupterschließung verläuft direkt angrenzend aber eine parallel verlaufende Straße zum Nibbelsweg. Dadurch wird der Nibbelsweg stark überformt und nicht in seiner derzeitigen ortsprägenden Struktur erhalten. Bestehende Gehölzstrukturen gehen dadurch verloren. Aufgrund der Quantität der „Mobilitätsscheunen“ wird die Realisierung eines autoarmen Quartiers in Frage gestellt. Die zusätzliche Anzahl an privaten Stellplätzen wirkt nicht innovativ und zeitgemäß. Der städtebauliche Übergang zur offenen Landschaft hin ist in dieser Form mit der Aneinanderreihung von Reihenhäusern nicht sinnvoll gelöst. Im Zusammenhang mit den oberirdischen Stellplätzen im rückwärtigen Bereich wird dadurch keine angemessene Wohnqualität erreicht. Darüber hinaus wurde die Thematik der Schulerweiterung nicht behandelt.
Kalverdonk am Zug - Gemeinschaft zum Selbermachen

Kalverdonk am Zug - Gemeinschaft zum Selbermachen

Lageplan

Lageplan

Detail I

Detail I

Detail II

Detail II