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Nichtoffener Wettbewerb | 08/2023

Freiraumplanung SeePark Hengstey in Hagen

Fenster "Blaugrüne Bühne"

Fenster "Blaugrüne Bühne"

Anerkennung

Preisgeld: 10.500 EUR

GREENBOX Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

KONZEPT
Der durch die Ruhr geprägte Hengsteysee spiegelt auf verschiedenen Ebenen die spannungsreiche Dialektik von Mensch, Technik und Natur wider. Jüngere und ältere Zeugnisse der Industriegeschichte – wie das Koepchenwerk oder die Villa Funcke – befinden sich am Nordufer, eingebettet in aufragenden, waldigen Naturräumen. Das flache Südufer ergänzt diese Kulisse als siedlungsnahe Freizeit- und Naherholungsroute mit Angeboten an und auf dem Wasser sowie der Anbindung an den Ruhrtalradweg. Unter dem Motto “Vier Fenster zum See” knüpft der Seepark zukünftig an den gewachsenen Strukturen an und verbindet den gesamten See hin zu einem überregionalen Freizeit- und Naherholungsgebiet im Sinne eines aktiven Naturerlebnisses.

Das Rückgrat des Seeparks wird durch die „Uferpromenade“ gebildet, die als durchgehende Geh- und Radwegeverbindung an den Ruhrtalradweg anschließt und durch einen großzügigen Querschnitt konfliktfrei verschiedene Geschwindigkeiten ermöglicht.

Die „Vier Fenster zum See“ lassen das Südufer des Hengsteysees durch ihre jeweilige Bespielung zu einem spannenden und naturnahen Freizeit- und Erholungsraum werden: Das Fenster „Sport und Bewegung“ am bestehenden Seebad; Spiel, Sport und Veranstaltung an der „Blaugrünen Bühne“; Vereinskultur und Regeneration an den „Aktiven Waldinseln“; Ankommen und Eintreten am „Seetreff“. Durch moderate, abschnittsweise Auslichtungen der Uferböschungen wird der See und seine Landschaftskulisse wahrnehmbar und erfahrbar.

Erlebnisraum Hengsteysee
Das Fenster „Blaugrüne Bühne“ dient als aktiver Treffpunkt und wird durch das „Multigreen“ mit „Seebühne“, den „Panorama Steg“ sowie die „Wald-Düne“ gegliedert. Das „Multigreen“ ist als offene, multifunktionale Rasenfläche gestaltet und beinhaltet die „Seebühne“, die als eingelassene Recyclingbetonplatten und breiter Rasenfuge ausgeführt werden. Veranstaltungen und Aufführungen können hier hinter natürlicher Kulisse durchgeführt werden. Die anschließende „Wald-Düne“ grenzt zum einen den rückwärtigen Entwicklungsbereich für die „Neue Natur“ (Sukzessionsfläche/Birkenwald des ehemaligen Rangierbahnhofs) von menschlichen Einflüssen ab und lädt zum anderen durch aufgespannte Netze zum Spielen und Entspannen ein. Eingelassene Sitzstufen orientieren sich zur „Seebühne“ nach dem Vorbild eines Amphitheaters. Der Ankunftsturm für die Zip-Line, sowie ein „Mobilitäts Pavillon“ werden in das Landschaftsbauwerk ebenso integriert wie die belasteten Böden, die im Zuge der Sanierung anfallen. Der „Panorama Steg“ dient als Anleger der Solarfähre und bietet gleichzeitig Aufenthaltsmöglichkeiten mit Panorama Blick über den See. Eingelassene Netze laden zum Entspannen an und über dem Wasser ein.

Im Fenster „Aktive Waldinseln“ trifft Vereinssport auf Natur. Der Baumbestand wird erhalten und die an das Vereinsgelände angrenzenden Flächen werden extensiv als sogenanntes „Waldbad“ aufgewertet. Im „Waldbad“ bieten Yoga-Decks und Hängematten einen Ausgleich und Treffpunkt für die aktiven Sportler und Besucher. Auf dem Wasser werden durch schwimmende „Waldinseln“ neue Nisträume und ökologische Nischen geschaffen. Gleichzeitig wird den Besuchern im Zusammenspiel mit den Infostelen der „Ruhr-Erlebnisroute“ anschaulich das Ökosystem See erklärt oder auch die variablen Pegelstände des Sees anhand der Inseln ablesbar.

Im „Seetreff“-Fenster werden ankommende Besucher empfangen und in den Park geleitet. Ein halbgeschossig abgesenktes und begrüntes Parkdeck bietet ausreichend Stellplätze und bettet sich in die Umgebung ein. Der beliebte Bikertreff inklusive Gastronomie bleibt dem Ort erhalten und situiert sich zukünftig zentral auf dem Eingangsplatz des Seeparks. Eine Spielplatzfläche dockt unmittelbar an die Gastronomie an. Ein weiterer „Panorama Steg“ lässt die Besucher auf die Solarfähre wechseln und zur „Blaugrünen Bühne“ oder dem Koepchenwerk/Villa Funcke am anderen Ufer übersetzen.

Neben der „Vier Fenster zum See“ und der „Uferpromenade“ - die insbesondere zur Erholung und Freizeitbeschäftigung dienen - setzt ein schmaler, fußläufiger Erlebnispfad die Themen Ökologie und (Kultur-/Industrie-)Historie in Szene. Der mäandrierende Pfad – die „Ruhr-Erlebnisroute“ - lässt den Besucher in die unterschiedlichen Zonen von neuer und alter Natur eintauchen und erzählt durch analog-digitale Infostelen die Geschichten der Orte. An den Fenstern weitet sich der Blick wieder auf die begleitenden Landmarken und Naturräume gegenüberliegender Ufer.

Naturraum Hengsteysee
Der Hengsteysee und seine angrenzenden Uferbereiche bilden durch die unterschiedlichen topographischen Gegebenheiten (Ardey Gebirge im Norden / Flachland im Süden), die diversen Vegetationsstrukturen und nicht zuletzt durch den Einfluss von Ruhr und Mensch, zahlreiche Biotope für Flora und Fauna aus.

Diese wertvollen Räume gilt aus auch im Seepark zu schützen und zu entwickeln. Aus diesem Grund konzentriert sich die aktive Nutzung durch den Menschen auf die Uferpromenade und die „Vier Fenster zum See“. Der rückwärtige, waldige Bereich („Neuer Wald“ und „Alter Wald“) bleibt größtmöglich unberührt und der Natur vorbehalten. Durch kleinere Interventionen, wie der Einbringung von Kleinstrukturen und Schaffung leichter Senken, wird insbesondere die Sukzessionszone im „Neuen Wald“ gezielt als ökologische Nische gestärkt.

MÖBLIERUNG UND AUSSTATTUNG
Von Anfang an wird sowohl bei den Oberflächen als auch in der allgemeinen Ausstattung und innerhalb der Bankfamilie großer Wert auf einen ressourcenschonenden, kreislaufwirtschaftlichen Umgang mit den benötigten Rohstoffen gelegt. Die unterschiedlichen Bänke werden aus Recycling-Beton, Stahl und FSC-zertifiziertem Holz hergestellt. Auf dem Areal wird das Standardmobiliar, bestehend aus Abfallbehältern, Radbügeln, Mast- und Pollerleuchten, in einem schlichten, dennoch eleganten Design aus wiederverwertbarem Stahl gefertigt und einheitlich platziert. Die Beleuchtung der Fenster wird durch Mastleuchten gewährleistet. Entlang der „Uferpromenade“ werden Pollerleuchten vorgesehen. Insektenfreundliche Leuchtmittel finden ebenso Verwendung, wie das Prinzip des „mitlaufenden Lichts“ (Adaptive Beleuchtung).

MOBILITÄT
Das Mobilitätskonzept des Seeparks inkludiert viele Mobilitätsformen und aktiviert so das Areal als überregionalen Tourismus- und Naherholungsort. Das Foyer des Hengsteysees wird an der Dortmunder Straße (L704) südlich der Ruhrbrücke verortet. Ein Mobilitätshub bietet hier Raum für verschiedene Erschließungswege. Haltestellen für die bestehenden Linien sowie einen optionalen Shuttelverkehr binden den Seepark an das ÖPNV-Netz an. Ein begrüntes, halbgeschossig abgesenktes Parkdeck generiert über 300 Stellplätze und schafft so platzeffizient genügend Kapazitäten, den Parkraumbedarf auch zu Spitzenzeiten abzudecken. Für den Radverkehr werden ausreichende öffentliche Stellplätze (inklusive überdachte Stellplätze in den „Mobilitäts Pavillons“ an den Fenstern „Blaugrüne Bühne“ und „Seetreff“) und Self-Service-Points (Luftpumpe, Werkzeug) entlang des ausgebauten Ruhrtalradwegs geschaffen. Die „Mobilitäts Pavillons“ bieten nachhaltig gespeiste (z.B. Solar-Bojen) Lademöglichkeiten und Bike-Sharing-Angebote. Am Endpunkt der Seestraße befinden sich weitere Behindertenstellplätze und eine Wendemöglichkeit.
Die Durchwegung und Vernetzung des Seeparks gliedert sich in „Seepromenade“ und „Ruhr-Erlebnisroute“. Die „Seepromenade“ qualifiziert den bestehenden Ruhrtalradweg entlang des Seeufers und generiert eine attraktive direkte Verbindung der vier Fenster mit Blick auf den Hengsteysee. Die Promenade setzt sich durch einen 4m breiten Radweg (Asphalt) und 2,5m breiten Fußweg (wassergebundene Wegedecke) zusammen. Die „Ruhr-Erlebnisroute“ (wassergebundene Wegedecke) ist Fußgängern vorbehalten und verwebt den Uferbereich mit dem abwechslungsreichen Landschaftsraum. Eine durchgängige Barrierefreiheit der Wegestruktur sowie Rast- und Sitzmöglichkeiten in regelmäßigen Abständen, machen den Seepark für alle Generation zugänglich und erlebbar.


Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf „Vier Fenster zum See“ schafft mit der durchgängigen Uferpromenade und den großzügigen Waldflächen des „Alten“ und des „Neuen“ Waldes ein klares räumliches Gerüst, in dem bespielte und naturbelassene Flächen in einem ausgewogenen Verhältnis stehen.
Neben der Uferpromenade schafft der in weiten Schwüngen verlaufende Ruhr-Erlebnis-Pfad ein weiteres Wegeangebot. Die Führung dieses Weges wird jedoch als zu formalistisch kritisiert. Insbesondere seine nicht durchgängig begehbare Fortsetzung über die Wasserfläche mit unterschiedlichen Elementen wie Inseln, Bojen und Stegen erscheint einzig aus der Plangrafik abgeleitet und nicht nachvollziehbar.
Die drei Aktionsfenster sind in ihrer Lage und den Nutzungsangeboten richtig platziert, werden in ihrer Ausformulierung jedoch kontrovers diskutiert.
Das südliche Aktionsfenster mit der Seebühne und der Wiese als Eventfläche bietet eine dem Ort angemessene Lösung, mit einer positiv bewerteten Nutzungsoffenheit und vielfältigen Aneignungsmöglichkeiten. Kritisch wird die teilweise zufällig wirkende Platzierung von Ausstattungselementen gesehen, sowie das unmittelbare Aufeinandertreffen von Steg und Hauptradroute.
Das mittlere Aktionsfenster wirkt dagegen räumlich unklar und diffus, die Öffnung der Vereinsflächen in den Parkraum kann nicht ganz überzeugen. Positiv bewertet wird das atmosphärische Raumbild der Waldinsel mit Holzdecks.
Der nördliche Eingangsbereich des Parks wirkt durch das unmittelbar an der Straße liegende mehrgeschossige Parkdeck wenig einladend; und mit großen befestigten Flächen angesichts der Lage des Areals außerhalb eines urbanen Kontextes nicht passend. Flächen zum Aufstellen der Motorräder des Biker-Treffs fehlen, ebenso wie eine Darstellung der Zufahrt zum Parken.
Insgesamt überzeugt der Entwurf mit seinen räumlichen Setzungen für das gesamte Gebiet, bleibt in der Ausgestaltung insbesondere des Erlebnis-Pfades jedoch zu formal. Es entsteht eher das Bild eines romantischen Landschaftsparks, als dass eine zeitgemäße Antwort auf die Anforderungen aus Ökologie, Nutzungsintensität und industriellen Erbe gefunden wird.

Übersichtsplan "Vier Fenster zum See"

Übersichtsplan "Vier Fenster zum See"

Pikto "Naturraum Hengsteysee"

Pikto "Naturraum Hengsteysee"

Vertiefungsbereich "Blaugrüne Bühne" M1-250

Vertiefungsbereich "Blaugrüne Bühne" M1-250

Schnitt "Blaugrüne Bühne" M1-250

Schnitt "Blaugrüne Bühne" M1-250

Pikto "Erlebnisraum Hengsteysee"

Pikto "Erlebnisraum Hengsteysee"

Fenster "Aktive Waldinsel"

Fenster "Aktive Waldinsel"

Vertiefungsbereich "Aktive Waldinsel" M1-250

Vertiefungsbereich "Aktive Waldinsel" M1-250

Schnitt "Aktive Waldinsel" M1-250

Schnitt "Aktive Waldinsel" M1-250

Pikto "Ausstattung"

Pikto "Ausstattung"

Fenster "Seetreff und Uferpromenade"

Fenster "Seetreff und Uferpromenade"

Vertiefungsbereich "Seetreff" M1-250

Vertiefungsbereich "Seetreff" M1-250

Schnitt "Seetreff" M1-250

Schnitt "Seetreff" M1-250