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Nichtoffener Wettbewerb | 08/2023

Freiraumplanung SeePark Hengstey in Hagen

Anerkennung

Preisgeld: 10.500 EUR

SOWATORINI Landschaft GbR

Landschaftsarchitektur

Beurteilung durch das Preisgericht

Zwei Setzungen machen den Entwurf sehr besonders:
Zum einen Stellen die Verfasser:innen nicht den See in den Vordergrund, sondern sehen den Wald als Attraktion. Genauer setzen sie auf zwei Waldtypen: den gewachsenen Wald, in seiner Vegetationsstruktur geprägt durch die Ruhrniederung, und den Pionierwald, eine Folge der industriellen Überformung und damit Zeuge der Industriegeschichte. Mit beiden Waldtypen zeigen die Verfasser:innen eine Vielzahl unterschiedlicher Gestaltungsmöglichkeiten auf, die verdeutlichen, welche verschieden Raumqualitäten und Atmosphären sich mit Wald als Vegetationstypus erzeugen lassen.
Zum anderen formulieren die Verfasser:innen mit dem Motto 90 zu 10 ein klares Statement: Sie wollen nur auf 10 % der Fläche gestalterisch eingreifen und den restlichen Park aus dem Bestand, also den vorhandenen Wege, und der Waldvegetation und anderen Relikten entwickeln.
Der starken Bestandsorientierung, organisch gewachsen, setzen sie mit eingeschlagenen Schneisen eine starke gestalterische Position gegenüber. Die Schneisen sind nicht zufällig gewählt, sondern greifen die spektakulären Sichtbeziehungen wie das Koeppchen-Werk oder den Niedernhof weit über den See auf. In diesen Schneisen finden unterschiedliche Themen Raum: Naturthemen wie die Wiesenschneise aber auch Aktivität in der spannungsreich gestalteten Bewegungschneise.
Das Wegenetz greift Bestandswege auf, baut Wege zurück, wird aber auch durch neue Wegabschnitte ergänzt, versiegelte Flächen werden erhalten.
Der radikale Ansatz der Arbeit überzeugt und ist streitbar. Gewürdigt wird der sensible Umgang mit dem Bestand, das kluge Lesen der Wesen des Ortes, der so, wie er ist zum einen aus dem Naturraum heraus entstanden ist, zum anderen durch seine industrielle Nutzung. Die Idee, Sukzession das wandelbare und prozessuale des Waldes zu zeigen verdeutlicht die große Rolle, die Zeit in der Landschaftsarchitektur spielt und akzeptiert das Unerwartete in seiner Entwicklung. Die Schneisen als anthropogene Eingriffe werden neuen Naturen zurückgegeben. Das Aktivitätsband verspricht aufregende Spiel- und Bewegungserfahrung.
Doch die Arbeit wird auch sehr kritisch gesehen und diskutiert, setzt sie sich doch in vielen Punkten, begründet zwar, über die Auslobung hinweg. Insbesondere die Umdeutung des Parkes vom Seepark zum Waldpark wird kritisiert. Die Umdeutung der Aktionfelder in die Schneisen erfüllt nicht die Erwartungen. Das Fehlen einer ausgewiesenen Eventfläche sowie der unspektakuläre Auftakt im Norden wird bemängelt. Die Überlagerung der Ruhrtalradweges mit den Schneisen wird als Gefahrenpunkt benannt. Die Anzahl der Stellplätze ist zu gering.
Dennoch wird der besondere Mut der Verfasser:innen gelobt, sich über die Vorgaben hinwegzusetzen und eine vollkommen anderen und eigenständigen Ansatz zu wählen, die Themen, die in den Aktionsfeldern genannt waren, umzusetzen. Entstanden ist so ein Beitrag, der vom Bestand aus denkend und handelnd, ein besonderes Narrativ entwickelt, das einerseits sensibel die vorhandenen Vegetationsstrukturen als besonderen Erlebnisraum nutzbar und dennoch mit den Schneisen einen gestaltungsstarken Eingriff vornimmt.
Die Arbeit überzeugt konzeptionell und leistet in ihrer Radikalität einen wertvollen Beitrag zur Aufgabenstellung.