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Nichtoffener Wettbewerb | 08/2023

Neubau Bundesstützpunkt Säbelfechten mit Schwimmbad am Norbert-Gymnasium in Dormagen

Die Fassade orientiert sich in Farbigkeit und Maßstab an den Fassaden des Bestandes, interpretiert die Materialität aber neu und verweist analogienreich auf die durch den Leistungssport geprägte Nutzung.

Die Fassade orientiert sich in Farbigkeit und Maßstab an den Fassaden des Bestandes, interpretiert die Materialität aber neu und verweist analogienreich auf die durch den Leistungssport geprägte Nutzung.

3. Preis

Preisgeld: 15.840 EUR

pbr Architekten Ingenieure

Architektur

pbr freiraum GmbH

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Städtebau – Integration und Struktur

Wir verstehen die Klosteranlage und das Gymnasium als ein Ensemble, das wir mit einem neuen Baustein behutsam und mit Selbstverständlichkeit ergänzen. Die städtebauliche Setzung folgt der Logik der bestehenden Bebauung und erreicht doch eine Eigenständigkeit und selbstbewusste Aussagekraft. Die Integration in den Natur- und Kulturraum gelingt durch Staffelung der Baumassen und eine maß- und respektvolle Höhenentwicklung, die keinerlei Fernsicht verstellt und auch in der Nahsicht keine Konkurrenz entstehen lassen will.

Der Eingang der Säbelfechthalle wird Richtung Osten zur L 36 orientiert, wendet sich somit zur Obstwiese, weiter zum Parkplatz und formuliert bei aller gebotenen Zurückhaltung gegenüber dem Baudenkmal eine selbstbewusste Adresse. Begleitend zum Pletschbach schlagen wir ein lockeres Wegenetz vor, dass eine direkte Erschließung des Fechtzentrums ermöglicht. Der Eingang der Schulsportfunktionen erfolgt in logischer Fortführung des Schulhofes.

Architektur – Zurückhaltung und Mystik
Wir schlagen einen in zwei aufeinander bezogenen Volumen gegliederten Baukörper vor. Die beiden Gebäudeteile bilden dabei die Nutzungen „Schulsport und -schwimmen“ und „Bundesstützpunkt“ ablesbar ab: Schulsport im Westen in unmittelbarer Nachbarschaft zu den bestehenden Sporthallen, Säbelfechten im Osten in Bezugnahme auf den Freiraum. Der Baukörper formuliert mit Selbstverständlichkeit die beiden geforderten separaten Eingänge und regt gleichzeitig zur Interaktion der beiden Nutzungen an. Unser Beitrag ist ein Massivholzbau, der mit einer zeitgemäßen und langlebigen Gebäudehülle versehen ist. Eine reduzierte vertikale Erschließung, eine intuitiv begreifbare Erschließungsstruktur, Verzicht auf Unterkellerungen sowie
optimal erreichbare Technikflächen bilden die soliden funktionalen Grundlage für einen ebenso effizienten wie poetischen Sportbau. Während Schulsport und -schwimmen kompakt gestapelt zu einer effizienten Gebäudeform finden, sind alle wesentlichen Funktionen des Trainingsbetriebes des Fechtzentrums erdgeschossig organisiert.

Die Fassade orientiert sich in Farbigkeit und Maßstab an den Fassaden des Bestandes, interpretieren die Materialität aber neu und verweisen analogienreich auf die durch den Leistungssport geprägte Nutzung. Die Massivholzaußenwände werden gedämmt und mit einer vorgehängten, hinterlüfteten Fassade aus u-förmig gekanteten, perforierten und weiß beschichteten Metallpaneelen verkleidet. Fechthalle und Schulsport werden dabei subtil durch die Einbaurichtung der Paneele differenziert: der Schulsport erhält eine glatte Hülle, die Fechthalle eine feine vertikale Gliederung. Die Fassade ändert ihr Erscheinungsbild im Laufe des Tages und der Jahreszeit und tritt so in den Dialog mit dem sich ebenfalls ständig in Veränderung befindenden Naturraum.
Die Fassade funktioniert nicht nur als ausdrucksstarke Hülle und Witterungsschutz, sondern zugleich als Sonnenschutz für die dahinter liegenden Räume

Prägendes räumliches Element im Inneren ist das Tragwerk des Hallendaches der Säbelfechthalle. Als Raumtragwerk nutzt es die Möglichkeiten des Baustoffes Holz materialgerecht aus und verweist in seiner Dynamik gleichsam auf den Fechtsport. Zugleich bewirkt die statische Höhe des Tragrostes Lichtlenkung und Blendschutz der Sportler:innen. Die Halle erhält ausschließlich zenitales Licht und schafft so eine konzentrierte und meditative Raumwirkung. Die Schwimmenden wiederum werden sich nahezu im Wald schwimmend erleben. Hier bildet nicht das Tragwerk den Attraktor, sondern die Blickbeziehungen zum beeindruckenden Baumbestand am Pletschbach.

Freiraum – Biodiversität und Vielfalt
Das Gesamtensemble Knechtsteden erfährt durch die schließende städtebauliche Setzung eine strukturelle, freiraumplanerische Nutzungserweiterung. Durch die neue mäandernde Erschließung entsteht eine umlaufende Erkundungsroute. Der neue Vorplatz des Säbelfechtzentrums bildet eine neue Adresse als Teil des Rundgangs und bindet die bestehenden Angebote behutsam ein. Der Zufahrtsbereich verbleibt unter größter Rücksichtnahme auf die bestehende Vegetationsstruktur an aktueller Position. Anlieferung und Rettungswege werden gewährleistet. Das Parken wird auf das geforderte Minimum reduziert und fokussiert sich auf die Bereitstellung barrierefreier Stellplätze. Die große Dachfläche des Fechtzentrums besitzt ausreichend Flächenpotenzial für naturschutzfachlich-sinnvolle Begrünungen. Geplant ist ein Biodiversitätsdach, dass neben der Förderung der Artenvielfalt auch energetische, mikroklimatische und CO² bindende Vorteile bietet.

Das Regenwassermanagement baut sich kaskadenartig auf. Die mit PV-Modulen belegte Dachfläche leitet die Regenspenden zu dem tiefer liegenden Biodiversitätsdach. Speichermodule stellen der Vegetation auf dem 0% Dach dauerhaft ausreichend Wasser zu Verfügung. Im Falle von übermäßigen Starkregenereignissen läuft das überschüssige Wasser in das umgenutzte historische Rückhaltevolumen. Im erneuten Falle wiederum via Überlauf und Leitung in die tiefer liegenden Retentionsflächen und auf natürlichem Wege weiter in den Petschbach. Der Vorplatz selbst wird aus mikroklimatisch sinnvollem Drainasphalt hergestellt.

Die Bestandsvegetation bleibt vollständig erhalten. Die circa 20 Neupflanzungen orientieren sich stark am Bestand (heimische Vegetation). Im Bereich des Vorplatzes wird sich an dem historischen, gelungenen Experiment orientiert und der immergrüne Quercus turnerii eingesetzt. In den Bereichen des Mäanderweges orientiert sich die Pflanzung an dem Obstwiesenbestand. Regio-Zert Saatgut bildet die flächige Unterpflanzung und sorgt für zusätzliche, faunistische Angebote. Die Lichtimmissionen werden durch leuchtlichtstrom-reduzierte Mastleuchten in Anzahl und Dimension auf ein Minimum reduziert. Sämtliche Bereiche und Zugänge sind barrierefrei erschlossen.

Konstruktion – Kreislaufgerechtigkeit und Klimaneutralität
Wir schlagen vor, maximal kreislaufgerecht und klimaneutral zu bauen. Die gewählten Baukonstruktionen sind durchgehend kreislaufgerecht rückbaufähig und wieder verwertbar. Wo möglich, wird auf recycelte Materialien zurückgegriffen. Die Verwendung von Holz als klimapositiver Baustoff wird forciert (Decken und Wände aus Brettsperrholz, Stützen und Träger aus Brettschichtholz) und nur an zwingend notwendigen Stellen durch Bauteile aus Recyclingbeton unterstützt. Heizen und Kühlen soll unter Vermeidung von fossilen Energieträgern erfolgen. Die Integration in das bestehende Nahwärmenetz sowie die Verwendung von Eigenstrom über Photovoltaik machen das Gebäude dabei nahezu energieautark. Zur Klimatisierung der Fechthalle werden Erdwärmetauscher vorgeschlagen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Zwei sorgfältig gesetzte Baukörper, gegeneinander verschoben, schließen östlich an das Gebäude der bestehenden Sporthalle an und bilden den räumlichen Abschluss des Campus im Norden. Der Ansatz, das Ensemble durch 2 weitere Gebäudekörper mit gleicher Wirkung weiterzubauen, überzeugt in der konsequenten Trennung von Schulsport und Säbelfechtsport als jeweils ablesbare Nutzung. Die zurückgesetzte Position des schlanken, höheren Schulsportkörpers im Westen erzeugt eine großzügig Vorplatzsituation, die als Bewegungszone nach Süden in den Außenanlagen des Schulhofs fortgesetzt wird. Es ist dazu allerdings anzumerken, dass der stark zurückgesetzte Baukörper die Konsequenz eines starken Eingriffs in den nördlichen Baumbestand zur Folge hat. Der Baukörper der Säbelfechtsporthalle wird gegenüber der östlichen Gebäudeflucht der Schulgebäude zu Gunsten einer multifunktionalen Vorplatzzone zurückgesetzt, die die nach außen gerichtet Adresse für Nutzer und die externen Besucher der Säbelsporthalle bildet.
Somit adressiert sich jede Funktion differenziert und entsprechend der jeweiligen Nutzer und findet ihre Entsprechung in den weiterentwickelten Außenanlagen:
Eine neue mäanderförmige Wegestruktur im Gelände verknüpft alle bestehenden und neuen Eingänge im und zum Campus miteinander.
Die klaren, plastischen Baukörper mit ihrer großzügigen Verglasung zu den Foyers, Multifunktions- und Sporträumen sowie dem Schwimmbad, die in Spannung zu den geschlossenen, hellen Fassaden stehen, prägen die Architektur im Äußeren. Im Inneren ist die Erscheinung der Baukörper angenehm konträr. Das Tragwerk der Halle mit dem diagonalen Holztragwerk hat eine Atmosphäre stiftende Wirkung, gemeinsam mit der Belichtung durch die Oberlichter. Die architektonische Innen-und Außenwirkung ist stimmig zueinander, die plastische Wirkung des Baukörpers setzt sich im Inneren fort. Ob die primäre Materialität mit weißen Metall-Paneelen bei dem gewählten, städtebaulichen und freiraumplanerischen Ansatz, und vor allem in Bezug auf den landschaftlichen Kontext und die Basilika, richtig ist, wird kritisch hinterfragt.

Die unterschiedlichen Adresssituationen werden in zweigeschossigen Foyersituationen aufgenommen, die entweder in der Dimension tendenziell klein oder deren Innere (visuelle) Verknüpfung mit den angeschlossenen Funktionen nicht ausreichend wirksam ist. So ist das Foyer der Säbelfechtsporthalle zu knapp bemessen und lässt eine natürliche innere Übersicht zwischen Nutzungen kaum zu. Die Lage des Foyers würde eigentlich eine direkte, großzügige Orientierung in die Säbelfechthalle möglich machen - im Entwurf gelingt dies nur von der Treppe aus. Hervorzuheben sind der geschützte Ausblick aus dem Schwimmbad ohne direkte Einblicke ins Schwimmbad, und der Blick in die Baumkronen von der Schulsporthalle.

Die Verfasser verbinden mit ihren Vorschlägen zur Eingangs- und Vorplatzsituation stimmig die Freiräume der neuen Gebäude mit dem Campus und seiner neuen zukünftigen Wirkung. Die Platzsituation vor dem Schulsportgebäude wir dabei besonders positiv gesehen. Die zahlreichen Ideen zur Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit werden positiv aufgenommen. Die Beschäftigung mit Wasser über Wassergräben und die umfangreichen, gut auf den Ort bezogenen Maßnahmen zur Klimaresilienz sind ins Konzept zu Regenwassermanagement und Biodiversität eingebunden. Dazu gehört auch das „historische“, kreisrunde Fenster in die Vergangenheit. Der Hochwasserschutz ist nicht ersichtlich, er wäre durch Anhebung um ca. 60 cm erreichbar und scheint auch in Hinblick auf die Höhenbegrenzung möglich. Die sportbezogenen Funktionen des Säbelfechtsports sind konsequent im EG angeordnet. Dort ist tendenziell zu wenig Raum, im 1.OG gleichzeitig zu viel Raum, hier müssten sinnvolle Veränderungen im Sinne einer gleichmäßigen Auslastung der Geschosse erfolgen. Die Lobby liegt richtig, ist aber zu klein, die Multifunktionale Physio ist sehr gut gelöst. Lagerräume mit direktem Zugang zur Halle wären wünschenswert. Die fehlende Schwimmbadunterkellerung im Schulsport ist nicht sinnvoll - die Anordnung der Schwimmbadtechnik im 1.OG nicht zielführend. Kleinere funktionale Einschränkungen, wie längliche Umkleidekabinen, und keine Unterscheidung von „trockenem“ und „nassem“ Gang lassen sich lösen, konzentriertere Zugänge zum Schwimmbad sind wünschenswert. Die beiden offenen Foyers sind brandschutztechnisch gegenüber den angrenzenden Räumen abzutrennen. Die Arbeit scheint mit ihrer rationalen Grundstruktur und Bauweise wirtschaftlich realisierbar, mit Tendenz zu geringfügiger Überschreitung. Neben den obengenannten dysfunktionalen Vorschlägen zur Anordnung der Schwimmbadtechnik sind BGF-Überschreitungen als Ergebnis von einem hohen Verkehrsflächenanteil die Ursache.

Nachhaltigkeit/architektonisch relevante Aussagen zur Energie und Wärmeversorgung/Umweltverträglichkeit/Klimaresillienz
Den Beitrag zeichnet eine konsequente, kreislaufgerechte Baukonstruktion aus. Die Realisierung als Holzmassivbau Konstruktion unter Integration zahlreicher, wiederverwerteter Baustoffe in sekundären Bauteilen lässt eine nachhaltige Bauweise und Recyclerbarkeit im Rückbau erwarten. Die Integration in das Nahwärmenetz wird begrüßt. Die Differenzierung der Dachbegrünung und die Anordnung des PV differenziert nach den Gebäudeteilen in Kombination mit Regenrückhaltung sind zielführend

Insgesamt eine gute städtebauliche und freiraumplanerische Konzeption mit einer klaren, nachhaltigen architektonischen Haltung als Lösung der anspruchsvollen Aufgabe. In der Organisation der Nutzungen zeigt diese Arbeit jedoch funktionale Schwächen,
Prägendes räumliches Element im inneren ist das Tragwerk des Hallendaches der Säbelfechthalle.

Prägendes räumliches Element im inneren ist das Tragwerk des Hallendaches der Säbelfechthalle.

Model

Model

Model

Model

Grundriss EG

Grundriss EG

Grundriss 1. OG

Grundriss 1. OG

Nachhaltigkeitskonzept

Nachhaltigkeitskonzept

Ansicht Nord

Ansicht Nord

Ansicht Ost

Ansicht Ost

Ansicht Süd

Ansicht Süd

Ansicht West

Ansicht West

Schnitt A-A

Schnitt A-A

Schnitt B-B

Schnitt B-B

Lageplan

Lageplan

Regenwassermanagement

Regenwassermanagement

Biodiversitätsansatz

Biodiversitätsansatz