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Nichtoffener Wettbewerb | 09/2023

Neuordnung und Erweiterung Gymnasium in Steinhagen

Anerkennung

Preisgeld: 15.000 EUR

ANA - Adam Natkaniec Architekt

Architektur

UMOTO

Landschaftsarchitektur

ErlÀuterungstext

Leitidee
In WĂŒrdigung zum Bestandsensemble wird das Steinhagener Gymnasium durch 2 neue Sternstrahlen komplettiert.
StÀdtebauliche Setzung
Die Setzung nimmt RĂŒcksicht auf den bestehenden Baukörper mit der erhöhten Rotunde und den sternen- förmig hinausragenden Fingern.
Den Auftakt gibt ein unabhĂ€ngiger Neubau im nord- westlichen Bereich als Kulturbaustein. Dieser wird fĂŒr die Fachbereiche Musik, Theater, Kunst und Werken in Flucht der Finger ergĂ€nzt. Der Baukörper ist auf das Zentrum der Rotunde ausgerichtet, fĂŒgt sich in be-
stehende WegefĂŒhrung ein und dient als Schenkel eines rĂ€umlichen Trichters, der zum Haupteingang fĂŒhrt. Der zweite Baukörper wird als Anbau im sĂŒd östlichen Bereich zwischen den bestehenden Sternenstahlen angebaut. Gemeinsam mit der Umstrukturierung dient dieser mit den benachbarten Fingern fĂŒr die Cluster der Sekundarstufe 1. Die neu geschaffenen FreirĂ€ume zwischen den Fingern werden altersgerecht naturnah fĂŒr die jeweiligen Altersstufen bespielt.
Mit unserem Entwurf verfolgen wir folgende stÀdtebauliche Kernpunkte:
  • WĂŒrdigung der 3-geschossigen Rotunde mit den 1-geschossigen Sternenstrahlen durch den An- und Neubau weiterer Finger
  • EinfĂŒgen der neuen Baukörper in den Bestand
  • Zonierung neuer AußenrĂ€ume fĂŒr die jeweiligen Cluster der Sekundarstufe 1 im sĂŒd-östlichen Bereich
  • autarker Baustein im nord-westlichen Bereich zur SchĂ€rfung der Wegeverbindung Rotunde und Mensa

Architektur
Die Architektur orientiert sich wie der StĂ€dtebau an der Bestandsschule. Der Kulturbaustein stĂ€rkt die Adresse der Schule durch die stĂ€dtebauliche Setzung. Im Grundriss wird dies durch die Setzung des Saals fĂŒr Musik und Theater in Richtung Mensa unterstrichen.
Die GebĂ€udestruktur orientiert ist wie im Bestand als Flurschule konzipiert. Die FachunterrichtsrĂ€ume fĂŒr Musik und Kunst sind in Richtung des Sees ausgerichtet. Es lassen sich 2 Nutzungseinheiten fĂŒr Musik und Kunst trennen.
Die Anordnung der Fachbereiche in einem separaten Haus macht es möglich den Veranstaltungssaal auch außerhalb der Schulzeiten zu nutzen.

FĂŒr den Bereich der Sekundarstufe 2 werden die be- stehenden Finger verlĂ€ngert und mittig durch einen neuen Finger ergĂ€nzt. Jeder Sternenstrahl soll zukĂŒnftig ein großes Cluster mit je 8 KlassenrĂ€umen, DifferenzierungsrĂ€umen und GemeinschaftsflĂ€chen beinhalten. Der Grundriss ist dabei als Flurschule mit offenen Lernbereichen fĂŒr die Kommunikationszonen aufgelockert und verbindet die Kompartments mit dem jeweiligen Außenraum.
Der Anschluss des Anbaus an den Bestand findet im zentralen Bereich des Foyers statt. Die bestehenden zentralen GemeinschaftsflĂ€chen der Mediathek, des BĂŒhnenraums und Aquariums werden durch die neue SchulkĂŒche mit angeschlossener Cafeteria und dem Aufenthaltsraum ergĂ€nzt. Das Schulzentrum wird als Begegnungsraum gestĂ€rkt.
Die Bereiche Verwaltung und Naturwissenschaften verbleiben im Bestand.

Im 1.OG verbleibt der Informatikraum im Bestand und wird durch das IT-BĂŒro und die MINT-Labore ergĂ€nzt. Durch das anliegende Treppenhaus besteht eine rĂ€um- liche Verbindung zum Naturwissenschaftstrakt im EG, welcher unverĂ€ndert im Bestand verbleibt.
Die KursrĂ€ume fĂŒr Musik und Kunst werden in den Neu- bau umgezogen und die entstehenden FlĂ€chen werden fĂŒr das Sprachlabor, die BĂŒcherei, den SV-Raum und das Berufs-Orientierungs-BĂŒro genutzt.

Die Kommunikationszonen, das Lernstudio und der 16. Kursraum der Sekundarstufe 2 werden in den FlÀchen bestehenden KlassenrÀumen verteilt.
Das 3. Obergeschoss der Rotunde wird wie im Bestand fĂŒr die KursrĂ€ume der Sekundarstufe 2 genutzt und zukĂŒnftig den Hörsaal, den Aufenthaltsraum und 15 KursrĂ€ume beinhalten.

Landschaftsarchitektur
Das bestehende strahlenförmige Gestaltungskonzept setzt sich im Neubau auch in den Außenanlagen nahtlos weiter fort.
Im nordwestlichen Abschnitt wird der Haupteingang und Oberstufen-Aufenthalt entwickelt. Im nordöstlichen Abschnitt findet naturnahes Arbeiten statt. Der sĂŒdöstliche neue Abschnitt der Freianlagen wird inhaltlich tendenziell der Klassenstufe 5-7 zugeordnet – der sĂŒdliche neue Abschnitt tendenziell der Klassen- stufe 7-9. Die ÜbergĂ€nge sind jedoch fließend und alle Klassenstufen sind in allen Abschnitten willkommen! Im sĂŒdöstlichen Abschnitt wird das vorhandene Sport- und Bewegungsangebot erweitert bzw. modernisiert. Die vorhandenen ParkplĂ€tze und FahrradstellplĂ€tze werden entsiegelt und mit Kunststoff-Rasengittern befestigt. Es sind ~ 90 zusĂ€tzliche FahrradstellplĂ€tze im Bereich der Sporthalle möglich.
Die Verlegung der WegefĂŒhrung am „Kunst und Kultur“ – Neubau wird ergĂ€nzt um einen befestigten Eingangsbereich. Im Bereich der vorhandenen Fußballtore wird ein multifunktionales Fußball-Kleinspielfeld (Nr.1, grau), mit den Maßen 20 m x 13 m angelegt, das auch fĂŒr Veranstaltungen wie Theater oder Konzerte genutzt werden kann. Im Eingangsbereich des SchulgebĂ€udes werden zusĂ€tzliche Tischtennisplatten aufgestellt. Die fĂŒr den Neubau zu fĂ€llenden BĂ€ume werden 1 zu 1 ersetzt.
Der verwilderte Schulgarten am See wird neu strukturiert und um ein barrierefreies grĂŒnes Klassenzimmer ergĂ€nzt. Die Biotopstrukturen am Ufer des Sees werden erhalten und gefördert. Die Werkhof-FlĂ€che wird vergrĂ¶ĂŸert.
Baum- und Strauch-Neupflanzungen im Übergang zu den landwirtschaftlichen NutzflĂ€chen dienen einer StĂ€rkung der BiodiversitĂ€t und der Entwicklung neuer Biotopzonen als Kompensation fĂŒr die wegfallenden Bestandsbiotope am Schulbau, z.B. durch Anlage von Wildblumenwiesen und Erweiterung der Streuobstwiesen.
Es werden umfassende Angebote fĂŒr Spiel, Sport und Naturerlebnis – aber auch fĂŒr die Erholung in den Pausen und Freistunden geschaffen: HĂ€ngematten, ein Balanciermikado, Riesenschaukeln, ein ergĂ€nzendes Fußball-Kleinspielfeld (Nr.2, orange), mit den Maßen 20 m x 13 m, sowie Möglichkeiten zum Verstecken und Naturerlebnis bieten zahlreiche neue Funktionen auf dem SchulgelĂ€nde.
Ein weiteres Highlight ist die Erweiterung der Street- sport-Angebote durch einen Soccer-Court mit TribĂŒne (20 m x 13 m, blau), sowie eine Sportanlage fĂŒr Parkour und Freestyle-Turnen und eine zeitgemĂ€ĂŸe Modernisierung des Skateparks durch Installation eines Skate-Bowls, sowie Rampen und Backline in Ortbetonbauweise.
Die EntwĂ€sserung der Außenanlagen erfolgt weiter- hin vor Ort ĂŒber Rinnen und Mulden-Rigolen-Systeme, sowie in den vorhandenen See.

Bauphasen
Die erforderlichen Umbaumaßnahmen fĂŒr die Sekundarstufe 1 im 2.OG können aufgrund des geringen Umfangs in den Schulferien oder im Schulbetrieb an Nachmittagen erfolgen.
FĂŒr die restlichen Um- und Neubaumaßnahmen wird ein Riegel aus Containern im nord-östlichen Bereich in Richtung des Hallenbads als InterimsflĂ€chen errichtet. Diese können phasenweise die entfallenden Klassen- rĂ€ume aufnehmen. Hierzu wird als erstes der Neubau errichtet und die Kunst- und MusikrĂ€ume umgezogen. Parallel hierzu können die FlĂ€chen fĂŒr die MINT-Labore und das IT-BĂŒro im 1.OG erfolgen.
Die Finger fĂŒr die Sekundarstufe 1 werden der Reihe nach umgebaut, wobei jeweils 2 kleine Cluster in die InterimsflĂ€chen umziehen, bis der jeweilige Finger umgebaut ist. Der Anbau kann parallel dazu errichtet werden. FĂŒr den Anschluss an den Neubau ist abzustimmen, ob der Entfall der Cafeteria fĂŒr die Umbauzeit zu kompensieren ist oder eine Versorgung ĂŒber die Mensa auf dem NachbargrundstĂŒck erfolgen kann.

Konstruktions-, Energie- und Nachhaltigkeitskonzept
Das Konstruktionsprinzip fĂŒgt sich als Massivbau mit runden SichtbetonstĂŒtzen und einem flachgeneigten Pultdach in den Bestand ein.
Zur strukturellen Verschattung wird ein Bris-Soleil der Fassade als Stahlbetonfertigteil zur Reduktion des sommerlichen WĂ€rmeeintrags ohne den Ausblick zu beeintrĂ€chtigen vorgesetzt. In den sĂŒdlichen und westlichen Bereichen wird zusĂ€tzlich eine außenliegende Verdunkelung zur nutzergesteuerten Reduktion des sommerlichen WĂ€rmeeinfalls und Verschattung vorgeschlagen. Mit Zentralsteuerung im Sturmfall.
Die Fassade wird mit massiver BrĂŒstung mit hinterlĂŒftetem Verblendmauerwerk und ein Pfosten-Riegelfassade mit Dreh-Kippfenstern zur nutzerspezifischen Stoß- und QuerlĂŒftung ausgefĂŒhrt.
Das Dach wird als Stahlbetonflachdecke im GefĂ€lle mit einer extensiv begrĂŒnten Dachdeckung ausgefĂŒhrt. Die positiven Effekte des GrĂŒndachs auf das Mikroklima des Schulstandorts sind ein Habitat fĂŒr heimische Insekten, positiver Beitrag zur BauteilkĂŒhlung durch Wasserspeicher und -verdunstung und „Luftreiniger“ durch die CO2-Reduktion.
Wie im vorbildlichen Bestand werden die DachflĂ€chen mit Photovoltaik und optional Solarthermie zur Sonnen- ernte ausgestattet. Bei geeigneten BodenverhĂ€ltnissen kann Geothermie mit dauerhafter Reduktion der Heiz- kosten zu einer positiven Ökobilanz beitragen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Entwurfsverfasserin benennt als ihre Leitidee, dass „in WĂŒrdigung zum Bestandsensemble das Steinhagener Gymnasium durch zwei neue Sternstrahlen komplettiert wird.“ sowie, dass „die Setzungen RĂŒcksicht auf den bestehenden Baukörper mit der erhöhten Rotunde und den sternförmig herausragenden Fingern nimmt“. Das Preisgericht erkennt diese Haltung an, die dargebotene Umsetzung der Leitidee wird aber kontrovers diskutiert.

Die Verfasserin erklĂ€rt die Setzung des Kulturbausteins mit seiner Ausrichtung auf das Zentrum der Rotunde des BestandsgebĂ€udes. Geometrisch ist dies nachvollziehbar, inwieweit dies aber entwurflich schlĂŒssig und rĂ€umlich relevant ist, bleibt fĂŒr die Jury offen. Der Gedanke des, gleichfalls von der Entwurfsverfasserin benannten, „rĂ€umlichen Trichters“ der sich durch die Baukörpersetzung in Richtung des Haupteingangs ausbildet, ist dem Grunde nach nachvollziehbar, kann in seiner konkreten Ausbildung aber nur bedingt ĂŒberzeugen. Die Chance, die der neue „Sternstrahl“ als Empfangsgeste fĂŒr die Schule ausbilden könnte, bleibt weitestgehend ungenutzt. Weder die Ausbildung der Eingangsgeste des GebĂ€udes noch die Möglichkeiten die, der an der richtigen Stelle verortete Theaterraum bieten, werden genutzt.

Leider verstellt das GebĂ€ude den Ankommenden zudem den Blick auf das Wasser. Die Möglichkeiten, die die Lage am Wasser fĂŒr das GebĂ€ude bietet, speziell fĂŒr die dorthin ausgerichteten KunstrĂ€ume, bleiben ungenutzt. Der Wunsch, auch innerhalb des Bestandes Cluster auszubilden, stellt eine der großen Herausforderungen der Entwurfsaufgabe dar. Hier gelingt der Entwurfsverfasserin eine den baulichen Vorgaben angemessene Lösung, verbunden mit moderaten Eingriffen in den Bestand. Warum der weitere, neu angebaute „Sternstrahl“, nicht die Chance nutzt, eine rĂ€umlich, den Anforderungen eines zeitgemĂ€ĂŸen Doppelclusters möglichst optimal entsprechende Lösung anzubieten, (sondern den Eindruck vermittelt, als wenn hier ein bestehender Flurtrakt umgeplant worden wĂ€re,) ist fĂŒr die Jury nur bedingt nachvollziehbar. Die ErgĂ€nzung des MINT-Bereichs erfolgt im 1. Obergeschoss. FĂŒr den Schulalltag stellt diese Lösung eine erhebliche negative BeeintrĂ€chtigung dar (Versuchsanordnungen mĂŒssen aus dem MINT-Bereich im EG durch das Forum zum Aufzug und im 1.OG vom Aufzug bis in das MINT-Labor transportiert werden. In Bezug auf eine möglichst sichere und konfliktfreie bauliche Umsetzung, bietet die Entscheidung fĂŒr einen separaten Baukörper eine gute Lösung. Das neben dem weiteren, direkt angebauten ́Strahl ́ an fast allen anderen, in den Freiraum ausgreifenden GebĂ€udeteilen Anbauten vorgesehen werden, lĂ€sst eine hohe BeeintrĂ€chtigung fĂŒr den schulischen Betrieb, sowie baubedingt erhebliche, temporĂ€re Eingriffe in den Freiraum erwarten. Insgesamt stellt der Beitrag eine Lösung mit interessanten AnsĂ€tzen dar, die in ihrer konkreten Umsetzung die Jury nur bedingt ĂŒberzeugen kann.

Landschaftsarchitektur/FreiflÀchen
Der Charakter des Vorbereichs der Schule bleibt – Stichwort: ́Weg durch die Autos ́ - unverĂ€ndert; lediglich die StellplĂ€tze werden entsiegelt und die erforderlichen RadstellplĂ€tze ergĂ€nzt, der Neubau erhĂ€lt ein eher beengtes Umfeld. Entlang der Klassentrakte werden stereotyp durchgehende, versiegelte Terrassen angelegt, der Freiraum - mit Spielbereichen, diversen AktivitĂ€tsbereichen und drei MultifunktionsflĂ€chen - wirkt beliebig und lĂ€sst insbesondere Ortsbezug vermissen. Auch neue BĂ€ume im Sinne der Klimafolgenanpassung fehlen, alle Freibereiche sind der vollen Sonne ausgesetzt.

Wirtschaftlichkeit
Die Lebenszykluskosten des Entwurfs werden im niedrigen Bereich liegen. AuffĂ€llig sind die niedrigen Nutzungskosten im technischen GebĂ€udemanagement durch mehrere passive Maßnahmen, welche den Technisierungsgrad des GebĂ€udes reduzieren. Die Errichtungskosten wurden aufgrund der AnschlĂŒsse an das BestandsgebĂ€ude, den bau- konstruktiven sowie technischen Merkmalen niedrig mit der Tendenz zu ́mittel ́ bewertet. Das Energiekonzept fĂŒr den Entwurf ist wenig aussagekrĂ€ftig, gleiches gilt fĂŒr die Informationen zur Nachhaltigkeit. Die Energiekosten liegen voraussichtlich im mittleren Bereich können aber weiter reduziert werden. Im infrastrukturellen GebĂ€udemanagement ergeben sich wenig AuffĂ€lligkeiten und mittlere Nutzungskosten, wobei die Kosten der Unterhaltsreinigung hoch eingeschĂ€tzt werden. Der geringe Technisierungsgrad fĂŒhrt zu einem geringeren Sanierungsaufwand. Die technischen Nutzungsdauern werden vergleichsweise hoch eingeschĂ€tzt. Der Entwurf bietet das Potenzial zur weiteren Verbesserung der Wirtschaftlichkeit.