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Award / Auszeichnung | 06/2023

Deutscher Architekturpreis 2023

Studierendenhaus der TU Braunschweig

DE-38106 Braunschweig, Pockelsstr. 1

Staatspreis

Gustav DĂŒsing

Architektur

BĂŒro Hacke Architekten

Architektur

knippershelbig GmbH

Tragwerksplanung

energydesign braunschweig GmbH

TGA-Fachplanung, Bauphysik

Technische UniversitÀt Braunschweig

Bauherren

Projektdaten

  • GebĂ€udetyp:

    Wohnungsbau

  • ProjektgrĂ¶ĂŸe:

    keine Angabe

  • Status:

    Realisiert

  • Termine:

    Fertigstellung: 11/2022

Projektbeschreibung

Die post-pandemische Hochschulwelt unterliegt einem stÀndigen Wandel, das neue Studierendenhaus bietet Antworten auf die Frage, was die Rolle des UniversitÀren Campus in der Zukunft sein kann, wenn Vorlesungen und PrÀsentationen im digitalem Raum stattfinden und KI klassische Lernmodelle herausfordert.

Das Studierendenhaus der Technischen UniversitĂ€t Braunschweig ist ein innovatives, zweigeschossiges CampusgebĂ€ude, das fĂŒr studentische ArbeitsplĂ€tze aller Fachrichtungen konzipiert wurde. Das GebĂ€ude auf dem Zentralcampus ist direkt an der Oker gelegen und bildet einen neuen stĂ€dtebaulichen Auftakt zur Hauptachse entlang des Audimax, AltgebĂ€udes und dem Forumsplatz und gliedert sich in die bestehenden Laufwege der Studienreden ein.

Ziel war es, einen fĂŒr alle Studierenden zugĂ€nglichen und multifunktionalen Raum zu schaffen, der als ErgĂ€nzung zu den bestehenden Campustypologien eine neue Art von zeitgemĂ€ĂŸer Lernlandschaft bietet. Das Ergebnis ist ein offenes Raumkonzept, das vielfĂ€ltige AktivitĂ€ten unterstĂŒtzt und eine flexible Umgebung fĂŒr Gruppenarbeit, Seminare, VortrĂ€ge oder auch Entspannung bietet.

Das GebĂ€ude ist vollkommen hierarchiefrei gestaltet und fördert durch eine freie rĂ€umliche Organisation die zwischenmenschliche Kommunikation und interdisziplinĂ€re Wissensgenerierung von Studierenden und Lehrenden gleichermaßen und versteht sich dabei als Gegenmodell zu RĂ€umen der einseitigen Wissensvermittlung wie z.B. HörsĂ€len.

Die Struktur bildet dabei die Grundlage fĂŒr alle AktivitĂ€ten und bietet den Studierenden maximale Freiheit in der Nutzung. Um ein Studienfach ĂŒbergreifendes GemeinschaftsgefĂŒhl zu erzeugen war das Ziel einen durchweg gleichwertigen Raum zu schaffen in dem es weder VerkehrsflĂ€chen noch eine rĂ€umliche Trennung zwischen den Geschossen gibt. Anstelle von festen WĂ€nden wurden Zonen entwickelt die als Inseln im Raum ĂŒber eigene Treppen und ZugĂ€nge erschlossen werden. So entstanden verschiedene Bereiche die zu unterschiedlichen AktivitĂ€ten einladen. Von zweigeschossigen Lichtungen zu intimen RĂŒckzugsbereichen und PrĂ€sentationsflĂ€chen. Das Studierendenhaus zeichnet sich zudem durch eine vollverglaste Fassade aus, die eine hervorragende TageslichtqualitĂ€t fĂŒr alle Bereiche bietet und den Innen- und Außenraum nahtlos verbindet. Schallschluckende VorhĂ€nge, Teppich und Akustikdecken sorgen fĂŒr eine angenehme Raumakustik die ein gesprĂ€chige AtmosphĂ€re erlaubt.

Das Ordnungsprinzip des GebÀudes folgt der Idee der Superstructure, die eine stÀndige Neukonfiguration des Grundrisses ermöglicht. Diese FlexibilitÀt im Layout macht das GebÀude ephemer und reaktionsschnell, so dass es als neuer Campusbaustein lange relevant bleibt.

Die innovative Stahl-Holzhybridkonstruktion ist komplett demontierbar und ermöglicht eine einfache Montage und De-Montage und folgt dem Prinzip des „Design for Disassembly“. Das auf einem quadratischen 3 x 3m Achsmaß konzipierte PrimĂ€rtragwerk, bestehend aus TrĂ€gern und StĂŒtzen, ist modular geplant und setzt sich aus dem immer gleichen 10 x 10cm Quadrathohlprofil zusammen. Die in die TrĂ€gerrahmen eingelegten Holzrippen-Decken sind nur punktuell verschraubt, die Fassade ist nicht verklebt und ebenso demontierbar. Neben einer möglichen Nachverdichtung durch das Einziehen weiterer Plattformen könnte das GebĂ€ude auch an einem anderen Ort in einer anderen Form wieder aufgebaut werden und folgt so dem Prinzip des "Materiallagers der Zukunft", in dem nicht nur GebĂ€udematerialien wiederverwendet werden können sondern ganze Bauteile im Sinne des „zirkulĂ€ren Bauens“ neue Verwendung finden.

Das energetische Konzept basiert auf einer FernwĂ€rmeversorgung aus 80% regenerativen Energiequellen in Kombination mit Erdsonden zur sommerlichen KĂŒhlung. Der 3m tiefe Laubengang mit Vordach und Balkonen verschattet die Fassade im Sommer und generiert gleichzeitig, wenn im Winter die Sonnen tief steht und die BĂ€ume keine BlĂ€tter haben, einen solaren WĂ€rmeertrag. Die bis zu 200 an Laptops arbeitenden Studierenden sorgen zusĂ€tzlich fĂŒr passive WĂ€rmeertrĂ€ge. Das GebĂ€ude wird ĂŒber Kippfenster und eine zentrale Oberlichtkuppel natĂŒrlich Be- und EntlĂŒftet. Die Steckdosen, Beleuchtung im OG und die nötige KabelfĂŒhrung sind in die StĂŒtzen und TrĂ€ger integriert.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der pavillonartige Bau verkörpert eine bemerkenswerte junge Architektur und markiert einen bedeutsamen Schritt in der Entwicklung einer zeitgemĂ€ĂŸen akade-mischen Lernumgebung. Er dient als sozialer Knotenpunkt und integriert sich harmonisch in den GrĂŒnraum des Campus, erweitert das bestehende Ensemble und setzt durch seine innovative Raumkonfiguration neue MaßstĂ€be fĂŒr Bauwerke des Lernens. Das modulare Tragwerk schafft die Grundlage fĂŒr anpassungsfĂ€hige und wandelbare RĂ€ume. Die Freiheit im Grundriss ermöglicht den Studierenden nicht nur horizontal einen hierarchiefreien und interaktiven Wissensaustausch. Durch BrĂŒcken und Luft rĂ€ume im Obergeschoss wird bewusst auf StockwerkszĂ€suren verzichtet, um das GemeinschaftsgefĂŒge auch in der Vertikalen zu stĂ€rken. Intelligent positionierte Elemente – wie VorhĂ€nge, Treppen und EingĂ€nge – zonieren den Gesamtraum ge-schickt und bieten eine Vielzahl unterschiedlicher Bereiche, von RĂ€umen mit doppelter Höhe bis hin zu privaten RĂŒckzugsorten und PrĂ€sentations rĂ€umen. Die vollstĂ€ndig verglaste Fassade durchflutet den Innenraum mit natĂŒrlichem Tageslicht und schafft eine nahtlose Verbindung zum Außenraum. AkustikvorhĂ€nge, Teppichböden und eine perforierte Decke tragen zur behaglichen ArbeitsatmosphĂ€re bei. Die besondere Stahl-Holz- Hybridkonstruktion zeichnet sich durch ihre geringe Anzahl an Bauteilen aus, die schnell und unkompliziert zusammengefĂŒgt werden können. Dies verleiht dem Pavillon einen unverwechselbaren Charakter, der im positiven Sinne als »unfertig« wahrgenommen wird und die explizite Demontage oder Erweiterung des gesamten GebĂ€udes oder einzelner Bereiche ermöglicht. Der Pavillon gibt kein einseitiges State-ment zur Frage eines zukunftsfĂ€higen Lernortes ab, sondern agiert aktiv im Einklang mit den sich wandelnden Anforderungen der Zeit. Er ist ein interaktives Experiment, das von den Studierenden selbstbewusst angenommen wurde. Diese junge, frische und kĂŒhne Architektur hat den Campus in Braunschweig auf bereichernde Weise transformiert.