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Nichtoffener Wettbewerb | 09/2023

Erweiterungsneubau Kindertageseinrichtung Becker-Franck in Heilbronn

Lageplan

Lageplan

2. Preis

Preisgeld: 6.000 EUR

LRO GmbH & Co. KG

Architektur

Erläuterungstext

1 + 1 = 1
Wir verstehen die Aufgabe als Erweiterung des bestehenden Kindergartens, kein Zwilling, aber das Haus bekommt eine große Schwester. In Erinnerung an die beiden Stifterinnen schlagen wir vor die jetzt zwei Gebäudeteile „Haus Elisabeth“ und „Haus Marianne“ zu nennen.
Entsprechend übernehmen wir für den neuen Bauabschnitt das Material und Farbkonzept wie auch die Tektonik vom Bestand. Wie bei Schwestern: nicht ganz gleich aber doch ähnlich.
Wir mögen Wärmedämmverbundsysteme nicht so sehr. Deshalb schlagen wir für die Au-ßenwände den Einsatz von großformatigen dämmstoffgefüllten porosierten Ziegeln vor. Der Außenputz soll rein mineralisch und darf in Struktur und Oberfläche eher etwas gröber als beim Bestandsgebäude sein.
Der Sockel und auch die ursprünglich vorhandene Borte („König und Göre“) wird bei „Haus Elisabeth“ wieder hergestellt und bei „Haus Marianne“ fortgesetzt.
Ganz einfach
Die Materialwahl folgt dabei pragmatischen Überlegungen mit der jeweils naheliegendsten Antwort auf Fragen nach Feuchteschutz, Brandschutz, Bauakustik und Wärmeschutz.
Bodenplatte und Fundamente werden aus Ortbeton hergestellt. Die Decke über Erdgeschoss aus Halbfertigteilen (Filigrandecken). Die Flachdächer sind als Holzkonstruktion gedacht; als nicht belüftete Konstruktion mit mineralischer Aufdachdämmung.
Im Inneren schlagen wir Bodenbeläge aus Linoleum vor. Die Decken mit Akustikputz, hellblau mit Silikatfarben beschichtet. Die Wände mit Kalkmaterial verputzt und hell gestrichen. Einbauten und Türen holzsichtig mit Eschefurnier klar lackiert.
Ein Verzicht auf exotische Materialien und komplizierte Konstruktionen weitet den Markt möglicher Handwerker, die dieses Projekt umsetzen können. Beste Voraussetzungen um Kosten und Termine klein zu halten.
Energie
Der Standort und der Einbau einer Luftwärmepumpe ist vorbereitet. Auf den Flachdächern (möglichst auch auf dem Bestandsgebäude) werden Ost-West-orientierte PV-Elemente mit einem Gründach kombiniert. Ein Batteriespeicher hilft die selbst gewonnene Energie direkt zu nutzen. Der Wandaufbau mit Stärken von 36-42 cm ermöglicht das Erreichen von Passivhaus- als auch Plusenergiehaus-Standard.
Die haustechnischen Anlagen von bestehendem und neuem Gebäudeteil werden weitgehend gekoppelt; damit steigt die Effizienz und es reduzieren sich die Wartungskosten.

Fensteröffnungen nur dort wo für die natürliche Belichtung der Räume notwendig ist. Schwere Bauteile bleiben unverkleidet, um ihre Speicherfähigkeit zu nutzen und durch eine Phasenverschiebung (Nachtauskühlung über Klappen im Oberlicht und Fenster) die Temperaturen im Gebäude angenehm zu halten. Ein außenliegender Sonnenschutz redu-ziert den Wärmeeintrag im Sommer – gemeinsam mit der Verschattung der großen Laubbäume, die dann im Winter die Sonne hindurch lassen.
Garten
Die bestehenden Bäume werden weitgehend erhalten. Neupflanzung (Wäldchen) mit groß- und schnellwachsenden „Zukunftsbäumen“ wie z.B. Spitzahorn (Acer Platanoides), Erlen (Alnus staethii), Roteschen (Fraxinus) oder Silberlinden (Tilia) geben im Sommer kühlenden Schatten für das Haus und die Spielbereiche im Freien.

Beurteilung durch das Preisgericht

Eindeutig als Erweiterungsbau konzeptioniert, sogar als „Große Schwester“ benannt, überzeugt der Entwurf durch eine sensible und feingliedrige Nebeneinanderschau zweier verwandter Baukörper und den sich zwischen beiden aufspannenden Mehrzweckraum mit Außenraumerweiterung als multifunktional nutzbaren Zwischenraum und vielversprechenden Mehrwert für beide Kindertageseinrichtungen.

Die Entscheidung der Verfasser*innen aufgrund dieser grundsätzlichen Entwurfsidee den Neubau im Norden diagonal abzuschneiden, wird von der Jury unter städtebaulichen Aspekten kritisch diskutiert. Das daraus resultierende kleinteilige Erscheinungsbild der Westseite des Neubaus wird hingegen begrüßt, ebenso die dortige Einbindung der Parkierungs- und Fahrradstellplätze.

Ebenfalls positiv bewertet wird, dass im rückwärtigen Garten die qualitativ hochwertig, mit starker Topographie angelegten Außenanlagen des Bestandes auch im Bereich Neubau mit ähnlichem Duktus weitergeführt werden. Die Umhausung des außenliegenden Fluchttreppenhauses, die den Außenbereich im rückwärtigen Grün als massive Mauer durchschneidet, wirkt unterdessen kontraproduktiv und formal überformt.

Geringfügige Überschreitungen der Baulinie in Norden und Osten scheinen unkritisch ebenso die teilweise Über- bauung der Retensionsmulde. Die symmetrisch angeordneten Gebäudekörper mit eingeschobenen Mehrzweckraum adressieren klar und reprä- sentativ als gemeinsame, neu Adresse den öffentlichen Zugang. Auf Kosten eines hohen Versiegelungsgrades um die Gebäude entsteht das Potential für vielfältige skalierbare Nutzungen, die neben der Kindergartenfreianlage auch Veranstaltungen im Sinne eines Quartierszentrums zulassen.

Durch die kompakte Baukörperorganisation kann ein sehr ökonomisches Verhältnis von Hüllfläche zu Nutzfläche angeboten werden. Die Entscheidung, die äußere und innere Anmutung und Gestaltung des Bestandsgebäudes aus dem Jahr 2004 nahezu unverändert in die Jetztzeit zu tragen, wird kritisch betrachtet, auch wenn genau diese Entscheidung dazu führt, dass hier tatsächlich ein gleichberechtigtes Nebeneinander von Alt und Neu möglich wird.

Die Wiederholung einzelner Gestaltungselemente des Bestandes wiederum, wie z.B. das Oberlichtband mit einge- steckten Farbtafeln, versprechen hohe Aufenthaltsqualitäten in den einzelnen Räumen. Das dem Mehrzwecksaal zwischen beiden Gebäudeteilen vorgelagerte Foyer lockt mit großer einladender Geste ins Haus, betont die Zusammengehörigkeit der Gebäudeteile überzeugend und stärkt den Ensemblecharakter.

Die weitere Entscheidung der Verfasser*innen den Neubau dann in der Folge über einen schmalen Flur zwischen den Türen zu Toiletten und Küche zu betreten, kann nicht nachvollzogen werden. Die Gebäudeorganisation im Inneren wirkt ansonsten klar und konsequent und ermöglicht allen vier Gruppenräumen im Osten eine hervorragende Lage mit weitem Blick in Weinberge und grüne Hügel. Nicht final gelöst ist die Frage der Rettungswege und des Brandschutzes im Obergeschoss. Eine Lösung erfordert nach Dafürhalten des Preisgerichtes massive Eingriffe in den Entwurf. Materialwahl und Konstruktion scheinen sinnfällig, ebenso das gewählte Energiekonzept.

Die Freianlagen wirken zwar in Teilen noch programmatisch eingestreut, hier erfordert der ausgeprägte Geländesockel eine topografische Strukturierung der Freiräume in Hanglage, um die dargestellten Spielfunktionen umzusetzen. Insgesamt ein gut zonierter Freiraum mit Potential für die Weiterentwicklung mit Bedacht auf den notwendigen Versiegelungsanteil in der Klimaanpassung. Die Jury würdigt den Entwurfsansatz als denkbar und gelungen.
Ansichten, Schnitte

Ansichten, Schnitte

Grundrisse

Grundrisse