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Offener Wettbewerb | 10/2023

Gestaltung Neue Mitte in Freiberg am Neckar

Seeplatz mit Läden und Gastronomie

Seeplatz mit Läden und Gastronomie

2. Preis

Preisgeld: 21.500 EUR

Thomas Schüler Architekten und Stadtplaner

Stadtplanung / Städtebau

faktorgruen

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Neue Mitte und Grüne Plätze

Leitidee
Die Neue Mitte Freiberg versteht sich als ein urbanes Quartier mit hohem Wohnanteil, welches durch ihre gewerblichen und gemeinschaftlichen Einrichtungen zusätzlich die Funktion eines Stadtmittelpunktes übernimmt. Über diesen neu geschaffenen Stadtbaustein wird zukünftig die stadträumliche Vernetzung verbessert und die Wege- und Grünverbindungen gestärkt.

Lage im Stadtraum
Die Baufelder entstehen wie selbstverständlich aus den Wegebeziehungen und bilden klare bauliche Kanten zum öffentlichen Stadtraum aus. Blickachsen und Raumkanten lenken die Wege und schaffen so ein unverwechselbares Quartier. Der gesamte Innenbereich versteht sich als ein zusammenhängender verkehrsfreier Stadtraum aus Straßen, Gassen und Plätzen, die ein spannungsvolles räumliches Gefüge ausbilden und durch ihre Offenheit in der Lage sind städtisches Leben aufzunehmen.

Nutzungsgliederung
Die „Neue Mitte“ gliedert sich in zwei Teilbereiche. Die neuen Einzelhandelsflächen befinden sich im nördlichen Teil und ergänzen hier die bereits bestehenden Handelsflächen. Im südlichen Teil befinden sich alle gemeinschaftlichen Einrichtungen und das Rathaus. Diese orientieren sich zur Oscar-Paret- Schule und zum neuen ZOB und binden diese ein.

Platzfolge
Das Konzept sieht eine Abfolge von Platzräumen vor, wobei der Seeplatz und der Marktplatz die urbane Mitte ausbilden. Weitere Platzräume binden an die Württemberger Straße an und bilden hier grün geprägte Entreeplätze aus die in die „Neue Mitte“ hineinführen. Die Stadtverwaltung erhält einen repräsentativen Vorplatz als neuer Rathausplatz.
Der heutige Parkplatz wird unter Erhalt der bestehenden Platanen zum Bürgerpark weiterentwickelt, dieser verbindet sich mit dem begrünten Straßenring der Württemberger Straße und bietet sich als Festwiese für Feste, Flohmärkte an.

Der Marktplatz als zentraler Platzraum
Der zentrale Marktplatz bildet die eindeutige Mitte und das Herzstück der „Neuen Mitte Freibergs“. Die öffentlichen Einrichtungen wie das Haus der Bürger mit Bibliothek und Kita, das Haus der Kirche und das Rathaus bilden hier Magnete aus und schaffen Identität. Angrenzend befinden sich Cafés und Restaurants, die hier zusätzlich den Platz beleben.
Der Marktplatz ist nutzungsoffen, besitzt eine hohe Aufenthaltsqualität und dient als Kommunikationsfläche zwischen den Bewohnern des Quartiers und der angrenzenden Stadtteile. Er funktioniert als Drehscheibe der Wege und schafft eine urbane kommunikative Mitte.

Wohnen in der Neuen Mitte
Die Wohnnutzungen befinden sich über dem Gewerbesockel und gruppieren sich um begrünte Innenbereiche. Nach innen werden ruhige, private und begrünte Wohnhöfe mit wohnungsnahen Spielflächen und Kommunikationsorten geschaffen.

Die Württemberger Straße als grüner Stadtring
Der Straßenquerschnitt der Württemberger Straße wird auf das erforderliche Maß für den Begegnungsfall Bus/Bus zurückgebaut und besitzt zukünftig die Qualität eines grünen Stadtboulevards. Ein neuer Baumring säumt die „Neue Mitte“, Besucherstellplätze können als Längsparker in den Seitenbereichen angeboten werden. Für die gesamte Württemberger Straße wird im Bereich der Grünen Mitte eine Reduzierung der Geschwindigkeit auf Tempo 30 vorgeschlagen. Im Zuge der Neuanlage des Rathausplatzes kann auch ein verkehrsberuhigter Bereich ausgewiesen werden.
Der Radverkehr wird gemeinsam mit dem Kfz-Verkehr auf der Fahrbahn geführt. Durch die verminderte Geschwindigkeit und die entsprechenden Platzgestaltungen ist von einer Reduktion der die Kfz- Verkehrsmenge auszugehen.
Die seitlichen Gassen werden jeweils über die Seitenbereiche an die Württemberger Straße angebunden. Für die Fußgänger werden an den wichtigen Querungsachsen im Tempo 30-Bereich unterstützende Querungsstellen vorgesehen. Durch die breiteren Seitenräume und die unterstützende Gestaltung haben die Fußgänger größere Bewegungsräume und die Trennwirkung des Kfz-Straßenzuges wird reduziert.

Erschließung / Mobilität
Unter dem Rathausplatz befindet sich die öffentliche Garage, die über den Sockel von Süden angefahren wird. Der öffentliche Zugang befindet sich zentral innerhalb des Hauses der Bürger und führt direkt auf den Marktplatz. Der Höhenversprung zum neuen Busbahnhof hin wird genutzt um hier im Sockelbereich eine Mobilitätsstation mit Fahrradparkhaus vorzusehen die hier alle Funktionen der „sanften Mobilität“ bündelt.
Für die Erschließung der innenliegenden Baufelder entsteht eine neue Zufahrtsstraße in westlicher Randlage. Diese dient zu Anlieferung und Entsorgung der Einzelhandelsflächen und der Wohngebäude. Hierüber erfolgt der Hol- und Bringverkehr für die Kita und die Anfahrbarkeit der Sporthalle.
Die beiden Baufelder sind eigenständig und können in Bauabschnitten realisiert werden. In den Tiefgaragen befinden sich sowohl die privaten, als auch die gewerblichen Stellplätze. Die zusätzlichen kleinere Ladenflächen und Gastronomien werden über den öffentlichen Raum mit kleinen Fahrzeugen angeliefert.

Materialien / Nachhaltigkeit
Für die gesamte Neue Mitte wird ein durchgängiger Pflasterbelag aus einem nachhaltigen Naturstein oder Betonwerkstein in Anlehnung an die bereits vorhandenen Materialien vorgeschlagen. Die Verlegung erfolgt in einem Reihenverband in unterschiedlichen Breiten, der die Scherkräfte der Fahrbewegungen aufnehmen kann. Die Pflasterbereiche in den Fahrbahnen werden als vollgebundene Bauweise ausgeführt.

Die Oberfläche wird gestrahlt oder feingestockt ausgeführt, wodurch eine optimale Begehbarkeit und Barrierefreiheit auch für ältere Menschen und Behinderte erzielt wird. Darüber hinaus wird der motorisierte Verkehr gebremst und Abrollgeräusche auf ein Minimum reduziert. Die Farbigkeit bewegt sich zwischen den charakteristischen vorherrschenden Beige- und Grautönen und bildet einen warmen Platzrahmen für die zentralen Intarsien der beiden Platzbereiche Marktplatz und Seeplatz. Diese erhalten eine etwas größere Formatigkeit und setzen sich subtil von der umgebenden Pflasterung ab.

Klima- und Vegetationskonzept
Der Umgang mit dem Klimawandel ist ein zentrales Thema im Rahmen der Gestaltung der Neuen Mitte von Freiberg. Die vorhandenen Bäume werden möglichst erhalten und durch umfangreiche Neupflanzungen ergänzt. Es entsteht ein lebendiger Wechsel zwischen Licht und Schatten sowie eine spannende Abfolge von Räumen. Die beiden Platzsituationen werden jeweils durch die teils vorhandenen, teilweise neu gepflanzte Solitärbäume mit eigenem Charakter und Wuchs betont und inszeniert.

In Zusammenhang mit Unterpflanzungen mit Stauden und Gräsern sowie Sitzkanten und Holzdecks entstehen kühle Orte im Schatten, die auch während den heißen Sommertagen zum Verweilen einladen. Bei der Auswahl der Baumpflanzungen wird auf zukunftsfähige und klimaresiliente Arten geachtet. So wird für die Ergänzung der bereits vorhandenen Baumreihen an der Württemberger Straße die Verwendung einer klimaresistenten Sorte vorgeschlagen.

Im Bereich der Plätze können dagegen Charakterbäume wie z.B. Gleditschien, Amberbäume oder Tulpenbäume zum Einsatz kommen. Als Zukunftsbäume erzeugen sie eine einladende, freundliche Atmosphäre und bilden ein angenehmes Schattendach. Besonders im Herbst entsteht sowohl durch die großen Bestandsbäume als auch durch die Neupflanzungen ein vielfältiges Farbspiel mit gelben und roten Tönen.

Wasserkonzept
Durch ein differenziertes Wasserkonzept wird sämtliches Regenwasser gesammelt, zurückgehalten und den Bäumen in Form von Baumrigolen zur Verfügung gestellt. In den Platzbereichen wird das Wasser zusätzlich in Zisternen gesammelt, aufbereitet und zur Speisung der Brunnen und Wasserspiele verwendet. Das überschüssige Wasser kann über einen Notüberlauf in den Regenwasserkanal abgeführt werden.

Die Wasserspiele bieten eine willkommene Erfrischung während der warmen Sommermonate, im Rahmen von Veranstaltungen können diese abgeschaltet werden, wodurch der Platz multifunktional nutzbar ist. Daneben werden im zentralen Bereich zusätzliche Trinkbrunnen angeboten.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Qualität der Arbeit liegt in einer sowohl kraftvollen wie differenzierten Abfolgenunterschiedlich strukturierter Plätze.
Maßstäblichkeit und Körnung vorhandener Gebäude und additiver Neubauten, die die Räume erst so zur richtigen Fassung bringen, bilden ein sehr gutes Grundgerüst für ein gutes tragfähiges städtebauliches und freiräumliches Konzept. Die Arbeit demonstriert damit auch, dass Freiraum und Städtebau die gleiche Wertigkeit haben, um damit künftig ein gutes und soziales Gefüge zu gewährleisten.
Die Vernetzung der Plätze durch Gassen schafft Enge und Weite im Quartier und damit ein abwechslungsreiches Raumgefüge mit guter Orientierung in das sich der Gebäude- und überwiegende Baumbestand sehr selbstverständlich integriert.
Als sehr Identität stiftend wird die Haltung der Verfasser empfunden, den von der Bevölkerung gut angenommenen Seeplatz mit Wasserbecker vor dem Prisma zu erhalten und das Platanenfeld als grüne Oase zu einem Bürgerpark weiterzuentwickeln.
Bei den Neupfanzungen werden teilweise unterbaute Flächen (Markplatz) mit Baumstandorten angeboten, die ein kraftvolle Baumstruktur mangels Bodenanschluss schwierig machen.
Schade ist, dass der Busbahnhof in diesem Kanon der Entreeplätze neben dem Rathausplatz und dem nördlichen Entree noch keine eigenständige Gestaltqualität aufweist, funktional jedoch genau an dieser Stelle richtig platziert und mit drei Raumkanten gut gefasst ist.
Der Ränder des Quartiers werden konsequent mit öffentlichen Nutzungen besetzt wie mit dem Bürgerhaus, Haus der Kirche und der Stadtverwaltung mit Kunst und Kultur. Demgegenüber liegt der Einzelhandel gut konzentriert in der Quartiersmitte und trägt hier auch zur Belebung des öffentlichen Raums bei. Die dadurch notwendige westliche Anlieferungsgasse hält den öffentlichen Raum von Lieferverkehren weitgehend frei.
Der Bildungskomplex von Kita im Haus der Bürger mit dem Lesegarten ist eine spannungsvolle Geste im Übergang zum Schulhof. Die Konzentration des Wohnens auf den zentralen Blockstrukturen schafft eine Belebung der Mitte, eine gute Wohnlage und bietet einen vielseitigen Mix an unterschiedlichen Wohnungsgrößen und Wohnformen.
Im Sinne der Etappierung in Bauabschnitte ist die vorgeschlagene separate Erschließung einzelner Tiefgaragen von Vorteil. Die Arbeit ist robust und maßvoll - aber auch traditionell in der Wahl der Mittel. Sie verspricht qualitätvolle und angenehme Stadträume, sie versteht sich eher nicht als Neuinterpretation der Neuen Freiberger Mitte.

Marktplatz mit öffentlichen und gemeinschaftlichen Einrichtungen

Marktplatz mit öffentlichen und gemeinschaftlichen Einrichtungen