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Offener Wettbewerb | 09/2023

Erneuerung Primarschule Wilen (CH)

frères et soeurs

3. Rang / 3. Preis

Preisgeld: 20.000 CHF

Architekturbüro Josef Prinz BDA

Architektur

Architektin Hanna Stengelin

Architektur

Steidle Anschauungsmodellbau

Modellbau

silberstudio

Visualisierung

Erläuterungstext

Das Projekt „Primarschulanlage Wilen, Erneuerung Altbau“ ist eine komplexe und gleichzeitig interessante Aufgabe, in der verschiedene gewachsene Gebäude und Strukturen einer kleinen, und doch besonderen Schulanlage neu verknüpft und gestärkt werden sollen und können. Die Schulanlage selbst, ist seit dem Ende des 19. Jahrhunderts von dem Ursprungsbau dem „Türmli“ weiter gewachsen und dieser bildet durch die topographische Lage immer noch von der Ferne einen zentralen Punkt der Anlage. Die Erweiterungen in den 1950/60er Jahren, sowie die weiteren Erweiterungen der Schulräume mit separaten Gebäude und der Neuen Turnhalle Anfang der 2000er Jahre, haben die Schule zu einer eigenständigen, aber auch heterogenen Schulanlage wachsen lassen, in der die baugeschichtlich unterschiedlichen Gebäude die unterschiedlichen Funktionen und Nutzungen aufnehmen. Durch die Verlegung der Turnhalle in einen Neubau und durch die unterschiedlichen, differenzierten Anforderungen des Raumprogramms, wird jedoch die Möglichkeit geschaffen, diese teils heterogene Struktur der bauzeitlich und strukturell unterschiedlichen Gebäude neu zu definieren und zu stärken. Die baulichen „Geschwister“ der unterschiedlichen alten und neuen Gebäuden sollen durch das Umwandeln der „alten“ Turnhalle in die Aula und durch die Umnutzung des Bühnenturms erweitert und zusammengehalten werden, ähnlich einen kleinen Stadt- oder Burganlage, in der es immer wieder zeitliche und bauliche Umbrüche gibt, in dem alte Teile teilweise umgebaut, umgenutzt, abgerissen oder wiederverwendet werden.

Die ortsbauliche Gesamterscheinung der Schulanlage, soll im Wesentlichen belassen und nur durch wenige aber angemessene Ergänzungen, wie z.B. das gemeinsame Vordach zum Pausenhof gestärkt werden. Die neue Aula nimmt das bisherige Volumen der Turnhalle auf und öffnet sich nun zum Pausenhof mit einer offenen Struktur aus Holz und Glas und vermittelt so zwischen Innen und Aussen. Die Aula wird nun Teil des Pausenhofs und umgekehrt. Der neue Eingangsbereich verbindet sich mit der Struktur des Vorbereichs der Aula und fliesst über in das offene Foyer im Mitteltrakt. Durch das offene Foyer im EG und die neue Deckenöffnung zum Obergeschoss werden die beiden Eingangsbereiche räumlich und visuell verbunden. Mitteltrakt und Westtrakt werden hier nun zusammengeführt und erhalten eine barrierefreie Erschliessung. Daran angegliedert sind die Bibliothek im Erdgeschoss und im Obergeschoss das Lehrerzimmer, sowie weitere gemeinsame Räume, wie z.B. Schulsozialarbeit der Schule. Das zusätzlich geforderte Klassenzimmer wird im Bestand des Westtraktes untergebracht, die zuätzlichen Gruppenräume werden stattdessen im Mitteltrakt ermöglicht und zusätzliche Arbeitsplätze im OG geschaffen.
Im Nordwesten gibt es den zusätzlichen Eingang zu Schule und Kindergarten, sodass SchülerInnen und Kindergartenkinder den bisher gewohnten Zugang im Norden an ähnlicher Stelle auch nutzen können. Der ursprüngliche Bühnenturm der alten Turnhalle wird als Ergänzung zum Türmli auch an imposanter und einprägsamer Stelle, als neuen Ort der dritten Kindergartengruppe vorgeschlagen und stellt somit eine Art ergänzendes „Türmli“ mit Vogelnest für die Kindergartenkinder zur Verfügung. Die Erschliessung erfolgt über eine Art hölzernen Steg von Nordwesten, ähnlich einer Burganlage, parallel zur nördlichen Seite der Aula im Obergeschoss. Die Fenster der Aula sollen zur Belichtung erhalten bleiben und eine visuelle Verknüpfung der unterschiedlichen Gebäudeteile und Nutzungen soll ermöglicht werden.

Konstruktiver Aufbau und Materialisierung: Die baulichen Eingriffe sollen möglichst reduziert bleiben, bestehende Strukturen erhalten bleiben bzw. weitergenutzt werden. Die Neuen Anbauten und Ergänzungen, wie z.B. das Neue Vordach im Bereich Foyer und Aula, sollen mit Elementen aus Holz in leichter Bauweise ergänzt und behutsam angefügt werden. Im Bereich des Bühnenturmes wird eine Innere Holzstruktur vorgeschlagen, die sichtbar bleibt und in den Gefachen mit Innendämmung und Lehmputz gefüllt werden soll. Im obersten Geschoss des Kindergartens, kann es eine „Nestartige Struktur“ aus Holzgitter geben, als besonderer Erlebnisraum des Kindergartens.
Die Aula soll in Ihrer Struktur gestärkt werden, die oberen Öffnungen erhalten bleiben. Im Inneren soll eine Holzverkleidung mit Innendämmung ausgeführt werden. Im Bereich der Oberlichter der Aula und des Laubengangs zum Kindergarten, wird ebenfalls eine gitterartige Holzstruktur als Lichtfilter vorgeschlagen. Durch die gezielten und sensiblen Eingriffe, soll das Gesamtensemble Primarschulanlage Wilen gestärkt und wieder zu einer Einheit zusammengeführt werden.

Résumé: Mit dem Hintergrund der aktuellen gesellschaftspolitischen Erkenntnisse, dass im Erhalt des Bestandes, die grösstmöglichen Ressourcen eingespart um damit auch die CO²-Reduktion insgesamt besser erzielt werden können, möchte dieser Wettbewerbsentwurf einen aktuellen und zeitgemässen Beitrag bieten und gleichzeitig die bestehende Identität der Schulanlage sinnvoll stärken. Insgesamt sollen durch behutsame und gezielte Ergänzungen und Umnutzungen, sowie minimierte Eingriffe eine Transformation der Schulanlage im Sinne eines nachhaltigen und ressourcenschonenden Umgangs mit dem Bestand ein Mehrwert für das gesamte Schulareal, sowie für Kindergartenkinder, SchülerInnen, LehrerInnen und MitarbeiterInnen geschaffen werden.

Beurteilung durch das Preisgericht

In einer sorgfältigen Analyse erkennen die Verfasser die über die Jahre gewachsene Schulanlage als bauliche «Geschwister», die unterschiedliche Jahrgänge und Charakteristiken aufweisen. Sie betrachten die letzte Etappe – den Neubau der Turnhalle – als Chance, das heterogene Konglomerat rund um das «Türmli», dem Ursprung des Areals, zu klären, zu ordnen und neu zu nutzen. Die ortsbauliche Konzeption wird im Wesentlichen belassen und durch wenige Ergänzungen gestärkt. Das Projekt versucht aber, die visuelle Erscheinung zu vereinheitlichen und atmosphärisch zu beruhigen.
Das neue Pausendach, der Eingangsbereich, die Bibliothek und das Lehrerzimmer bilden bereits in der Fassade ein verbindendes Element, das der Anlage einen frischen Auftritt verleiht. Die neue Aula findet in der alten Turnhalle Platz und öffnet sich über eine vorgelagerte, neue Raumschicht aus Holz und Glas zum Pausenhof. Im Eingangsbereich ist ein offenes Foyer angesiedelt, das über eine Galerie räumlich und visuell mit dem Obergeschoss verbunden ist. Hier finden alle Trakte zusammen und erhalten einen barrierefreien Zugang. Im Mitteltrakt sinnfällig angeschlossen sind die Bibliothek im Erdgeschoss und das Lehrerzimmer im Obergeschoss, sowie weitere gemeinsam genutzte Räume, wie z.B. die Schulsozialarbeit. Mit diesen wenigen Eingriffen und Anpassungen gelingt es, eine sehr übersichtliche und gut organisierte Schulanlage zu schaffen. Einzig die Fluchtwege sind mit dem offenen Treppenhaus noch nicht befriedigend gelöst.
Schön gelöst ist auch der zweite, gedeckte Eingang im Norden des Obergeschosses: Ins Schulhaus gelangt man über eine als Lernlandschaft gestaltete Fläche und in den Kindergarten über einen als Garderobe genutzten, langen Korridorbereich, der zum ursprünglichen Bühnenturm führt. Dort wird ein neuer Standort für die dritte Kindergartengruppe eingebaut. Organsiert ist dieser Kindergarten auf drei Ebenen, was einerseits spannende räumliche Kompositionen ergibt, andererseits betrieblich aber Fragezeichen aufwirft.
Das Anliegen der Verfasser, bauliche Eingriffe so gering wie möglich zu halten und bestehende Strukturen möglichst zu erhalten bzw. umzunutzen scheint sehr gut zu gelingen. Die neuen Anbauten und Ergänzungen, wie z.B. das neue Vordach im Bereich Foyer und Aula werden mit Holz in Leichtbauweise ergänzt und behutsam in den Bestand eingefügt.
Auch im Aussenraum wird auf einen nachhaltigen ressourcenschonenden Umgang mit dem Bestand geachtet: Er bleibt praktisch unverändert und auf dem Pausenplatz sind nur minimale Anpassungen erkennbar. Überhaupt geht das Projekt sehr sparsam mit Eingriffen um und lässt ein sehr gutes Kosten-Nutzen-Verhältnis erwarten. Bei näherer Betrachtung wird jedoch klar, dass die Eingriffstiefe doch grösser ist und die Investitionskosten im Vergleich eher über dem Durschnitt liegen.
Frères et soeurs ist ein sehr sorgsam ausgearbeiteter und verblüffend einfacher Entwurf, der die Schulanlage in Erscheinung und Funktionalität aber stark verbessert. Die Fassaden sind fein proportioniert und materialisiert. Die Schulanlage wird zu einem architektonischen Ganzen zusammengefügt und verspricht eine neue, stimmungsvolle Atmosphäre auf dem Areal zu schaffen. Allerdings wird mit dem Weiter- und Umbauen im Bestand, die Weiterentwicklung des Areals eher eingeschränkt.
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