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Nichtoffener Wettbewerb | 10/2023

Neubau Studierendenwohnheim in Kulmbach

Lageplan

Lageplan

Anerkennung

Preisgeld: 2.800 EUR

DIEZINGER ARCHITEKTEN

Architektur

Erläuterungstext

Erläuterungen


Städtebau
Der kompakte, viergeschossige, Bauköper nimmt die orthogonale Grundordnung der unmittelbaren Nachbargebäude auf und schafft mit dem östlichen Bestandsgebäude einen angemessenen Vorplatzbereich. Unter Berücksichtigung des westlichen Baumbestandes wird der Gebäudekubus nahe an der östliche Grundstücksgrenze situiert. Der westlich gewonnene Aussenbereich wird für die Freianlagengestaltung vorgehalten und kommt den Bewohnern zugute.
Die vier Flügel der Wohnanlage sind in alle Himmelsrichtungen orientiert und geben Ausblick in die Kulmbacher Hügellandschaft mit Biegisberg, Kauern- und Plassenburg. Der markante Baukörper setzt einen städtebaulichen Akzent im Blaichviertel und behauptet sich durch angenehme Proportionen und Materialität wohltuend in der in der unmittelbaren, sehr heterogenen, Nachbarschaft.


Erschliessung
Die Fahrverkehrserschliessung erfolgt von der Hugo-Hesse-Strasse im Süden und führt unmittelbar in die Tiefgarageneinfahrt des Gebäudes. Diese ist baulich vierseitig abgeschottet, einschliesslich verschliessbarem Zufahrtstor zur Reduzierung der Schallimmissionen. In der Tiefgarage sind 19 KFZ- und 40 abschliessbare Duplex-Fahrradstellplätze unter gebracht. Ein Behindertenstellplatz ist mit eingerechnet. Die Tiefgarage ist über den Aufzug mit allen Geschossen barrierefrei angeschlossen. Fussläufig betritt man an der südöstlichen Gebäudeecke das Wohnheim, wo die Treppen aus dem zentralen Innenhof die Wohngeschosse erschliessen.
Die baulich notwendigen Fluchtwege führen über offene Treppenhäuser auf der Erdgeschossebene direkt ins Freie. Der vorhandene, Nord-Süd verlaufende, Fussweg wird an den
östlichen Rand des Grundstücks verlegt.


Funktion/Gestaltung
Das nach dem `Windmühlen-Prinzip´ angelegte Grundrissgefüge gruppiert sich um einen zentralen offenen Innenhof, der im Erdgeschoss als Kommunikationsraum für alle Bewohner dient. Dort sind die für das Zusammenleben notwendigen Räume, wie Gemeinschaftsraum, Wasch-/Trockenraum, Hausmeisterbüro, etc. angelagert. Auf gleicher Ebene befindet sich die geforderte Rollstuhl gerechte Wohnung. Im Wohngebäude sind insgesamt 78 Appartements unter gebracht, davon sind 8 Wohneinheiten als Duplex-, und 70 als Einzelappartements gestaltet. Das Wohnheim ist als `Haus im Haus´ entworfen mit vier konstruktiv eigenständigen Gebäudetrakten innerhalb des Gebäudekubus. Der Innenhofbereich und die Erschliessungsflure sind als unbeheizter `Kaltraum´ konzipiert. Es entsteht ein wohlproportionierter Baukörper mit einer anmutigen Fassadengestaltung die den heterogenen Kontext aufwertet.


Konstruktion
Die vier Gebäudetrakte werden - bestehend aus einzelnen Holzraummodulen - über vier Geschosse aufeinander gestapelt. Die vorgefertigten Grundmodule aus Brettsperrholz können auf der Baustelle innerhalb kürzester Zeit montiert werden. Die Obergeschosse werden auf das in Stahlbetonmassivbauweise errichtete Untergeschoss gestapelt und anschliessend an den Betonwänden befestigt. Die äussere Fassadenhülle aus vorgefertigten Holzbauelementen wird als letztes Bauteil vorgehängt. Die winkelartigen Flurwände und -decken sind aus Stahlbeton gefertigt und dienen sowohl der statischen Aussteifung wie auch den brandschutztechnischen Anforderungen an die offenen Flure. Notwendige Fluchtwege werden über zwei getrennte Treppen zur Verfügung gestellt. Wohnungszugänge im Bereich der Treppen werden mit T 30-Türabschlüssen versehen. Die Entrauchung ist über die offenen Flure und die direkt ins Freie gehende Innenhoföffnung gewährleistet.


Nachhaltigkeit
Die einfache, orthogonale, Gebäudegeometrie mit klarer Statik lässt ein kompaktes Gebäude entstehen, das durch den hohen Grad an vorgefertigten Bauelementen wirtschaftlich erstellt werden kann. Die verwendeten Materialien sind nachhaltig und bestehen überwiegend aus nachwachsenden Roh- bzw. recyclingfähigen Baustoffen. Statisch notwendige Massivteile und das gesamte Untergeschoss werden aus recyceltem Beton erstellt. Das energetische Konzept wird auf `Low-Tech´ - Basis erstellt, d. h. alle Räume verfügen über natürliche Fensterlüftung und zusätzlicher Querlüftung (Nachtauskühlung) über die offenen Flure. Der sommerliche Sonnenschutz erfolgt über vorgehängte, bewegliche Fassadenelemente die händisch bedient werden können. Die Wärmeerzeugung wird mittels Wärmepumpen sichergestellt. Eine PV-Anlage auf dem Dach unterstützt die Stromerzeugung. Die Warmwassererzeugung erfolgt dezentral über elektrisch betriebene Durchlauferhitzer.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die städtebauliche Setzung der Anlage ist gelungen. Allerdings wird die Massivität des Baukörpers kontrovers diskutiert. Durch die stringente Anordnung und daraus resultierende Kompaktheit des Gebäudes kann ein großer Teil des vorhandenen Baumbestandes erhalten werden. Auch die für die Grundstücksverhältnisse großzügigen Freiflächen werden begrüßt.

Die Eingangssituation mit einem kleinen Vorplatz an der Südwestecke wirkt schlüssig. Deren Bündelung mit der Tiefgarageneinfahrt könnte allerdings zu Konflikten führen. Das innere Erschließungssystem ermöglicht Ausblicke nach allen Seiten und besitzt auch mit dem zentralen Lichthof räumliche Qualität. Die Dimensionierung erscheint jedoch sehr minimalistisch. Die offenen Erschließungsbereiche lösen zwar einige Aspekte des Brandschutzes, lassen aber dennoch Fragen offen. Die Kompaktheit der Gesamtanlage setzt sich in Bezug auf die Gebäudehülle nicht fort, da die einzelnen Flügel nach allen Seiten eine gedämmte Außenhaut benötigen. Die in das Gebäude integrierte Tiefgaragenrampe wird grundsätzlich begrüßt, führt aber in Verbindung mit den übrigen Untergschossnutzungen zu einer teilweisen Unterbauung der nördlichen Freiflächen und damit zu einer über das Gebäude hinaus gehenden Versiegelung. Einige der bestehenden Bäume werden im Gegensatz zur zeichnerischen Darstellung bei der Bauausführung nicht zu erhalten sein. Die Tiefgarage ist effizient organisiert. die Unterbringung sämtlicher Fahrräder im Untergeschoss, nur zugänglich über die einspurige Zufahrtsrampe der Tiefgarage oder den knapp dimensionierten Aufzug, wird hinterfragt. Die windmühlenflügelartige Anordnung überzeugt grundsätzlich, allerdings ergeben sich Qualitätsunterschiede durch die Gleichbehandlung der Orientierung zu den Himmelsrichtungen. Begrüßt wird die Lage der Gemeinschaftsräume im Süden an der Straßenseite. Die Appartements sind ebenso wie die gesamte Anlage sehr effizient organisiert, lassen aber keine Flexibilität in der Möblierung zu. Die Anordnung des rollstuhlgerechten Appartements erscheint zu isoliert und widerspricht dem Inklusionsgedanken. Der zugehörige Assistenzraum fehlt gänzlich. Die vorgeschlagene Konstruktion mit einem massiven Untergeschoss und dem aussteifenden Stabilisierungsgerüst aus Stahlbeton ermöglicht das Stapeln von Modulen und verspricht damit eine kurze Bauzeit. Voraussetzung dafür ist ein längerer Vorlauf für die Planung und Fertigung der Module. Mit der sparsamen Verwendung von Stahlbeton und dem Einsatz von Holz als nachwachsenden Rohstoff und CO2-Speicher wird der Nachhaltigkeitsaspekt positiv bewertet.
Erdgeschoss

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Ansichten

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Detail

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