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Nichtoffener Wettbewerb | 10/2023

Neugestaltung Volksfestplatz in Germering

Perspektive

Perspektive

1. Preis

Preisgeld: 21.000 EUR

NMM [Nicole M. Meier] LandschaftsArchitektur

Landschaftsarchitektur

von Angerer Architekten und Stadtplaner GbR

Stadtplanung / StÀdtebau

ErlÀuterungstext

KONZEPT
Der Entwurf setzt auf die zentrale Lage der FlĂ€che innerhalb des FreiflĂ€chensystems Germerings. Die stĂ€dtebauliche Setzung des KiTa-ErgĂ€nzungsbaus unterstĂŒtzt die Intention neue Orte mit AufenthaltsqualitĂ€t und IdentitĂ€t zu schaffen. Die bislang an der Bahn-UnterfĂŒhrung endende Marktstraße wird nun bereits am Marktplatz deutlich entschleunigt. So entstehen drei neue Lieblingsorte in Germering: Der introvertierte KiTa-Hof, der sowohl dem Ankommen der Kinder als auch dem gemeinschaftlichen Spiel oder KiTa-Veranstaltungen dient. Das Ensemble aus Park und Marktplatz, das durch die konsequente Umsetzung des Shared-Space-Prinzips neue PrioritĂ€ten setzt und zum Verweilen anstatt zum Durchlaufen einlĂ€dt. Der Nachbarschaftsgarten mit Urban Gardening-FlĂ€chen und einer Nachbarschaftswerkstatt, wo gemeinsam gegĂ€rtnert, repariert und gebaut werden darf.
Den roten Faden durch das Areal bilden die verschiedenen „Linsen“, die unterschiedliche Nutzungen zulassen und dank ihrer Multicodierung flexibel auf unterschiedliche Situationen reagieren können. So können hier MĂ€rkte stattfinden, Regenwasser eingestaut werden oder Streetball- und Schachmatches stattfinden. Skaten und Dreiradrennen sind hier ebenso möglich, wie HĂŒpfspiele und Torwanderfolge. ErgĂ€nzt werden die Linsen um die fröhliche und vielseitige BestĂŒckung mit Sitzelementen, Kleinarchitekturen und Spiel- und Ausstattungselementen. Als Ersatz fĂŒr den ehemaligen Spielplatz an der Kleinfeldstraße entsteht ein neuer Spielbereich im Park. Wer eher Ruhe sucht, zieht sich auf die Liegebank in der Lese-Ecke im nordwestlichen Park zurĂŒck. Gerahmt werden Park und Platz von einem grĂŒnen Saum. Im Bereich des Parks und SĂŒdlich des Platzes als Sponge Garden angelegt nimmt er das Regenwasser der befestigten FlĂ€chen auf und bietet mit seiner artenreichen Bepflanzung einen Lebensraum fĂŒr Kleintiere und Insekten. Die Baumauswahl berĂŒcksichtigt die klimatischen VerĂ€nderung. Durch ihre artenreiche Zusammensetzung wird der Schaden im Falle einer Totalausfall einer Baumart minimiert. Hinsichtlich Nachhaltigkeit wird auf ein dezentrales, vielschichtiges EntwĂ€sserungskonzept gesetzt. Der Einsatz von regionalen Materialen zeigt sich vor allem bei der Pflasterauswahl und die bestehenden AsphaltflĂ€chen werden als Tragschichten fĂŒr die „Linsen“ erhalten und neu beschichtet. Auch auf sozialer Ebene stellt der Volksfestplatz 2.0 eine Optimierung dar. Die Nutzung der FlĂ€chen bezieht alle Altersgruppen mit ein und ermöglicht ein gemeinschaftliches Miteinander.

MULTICODIERUNG: zu Marktzeiten
Die FlĂ€chen des Marktplatzes sowie der zugehörigen StellplĂ€tze erlauben eine vielseitige und flexible Nutzung. Die MarktstĂ€nde können entsprechend der Vorgaben platziert werden. Die ZugĂ€nge von Westen und von Osten sowie zum WC bleiben dabei frei. 16 StellplĂ€tze befinden sich im Bereich des Shared Space, vier parallel zur Kleinfeldstraße. Bei MĂ€rkten am Wochenende stehen alternativ die 20 StellplĂ€tze der KiTa zur VerfĂŒgung, sodass die multicodierten FlĂ€chen im Shared Space frei bleiben fĂŒr Freizeitnutzung. StellplĂ€tze fĂŒr FahrrĂ€der und LastenrĂ€der werden dezentral im Bereich der ZugĂ€nge verteilt.

MULTICODIERUNG: außerhalb Marktzeiten
Findet kein Markt statt, dann stehen die FlĂ€chen fĂŒr FreizeitaktivitĂ€ten zur VerfĂŒgung. Gleichzeitig entschleunigen sie aufgrund ihrer auffĂ€lligen Gestaltung den Verkehr und rĂ€umen dem unmotorisierten Verkehr eine hohe PrioritĂ€t ein. Der Water Square erhĂ€lt eine dreifache Codierung: Marktnutzung, SpielflĂ€che und Überflutungsraum im Falle von Starkregen. Neben den multicodierten FlĂ€chen gibt es weitere Nutzungsbereiche: Spielplatz, Lese-Ecke, Spiel-Hof und Wendestelle/SkateflĂ€che.

WASSERMANAGEMENT
Die EntwĂ€sserung der FreiflĂ€chen erfolgt dezentral und flĂ€chig mit Hilfe verschiedener Maßnahmen zur RĂŒckhaltung, Verdunstung und Versickerung. Die Versickerung ĂŒber Rigolen erfolgt ĂŒberwiegend außerhalb des Altlastenbereichs und in Kombination mit Baumrigolen, sodass das Wasser schnellstmöglich von den BĂ€umen aufgenommen wird. Der Sponge Garden zieht sich um den Park, nimmt Wasser aus den angrenzenden befestigten FlĂ€chen auf. Die dichte Bepflanzung fördert die Evapotranspiration. Weiterhin werden außerhalb der ehemaligen Kiesgrube zwei Zisternen installiert, die Wasser fĂŒr Trockenperioden speichern können. Der Water Square macht das Regenereignis temporĂ€r erlebbar, indem er als EinstauflĂ€che fungiert.

PFLANZENVERWENDUNG
Der Entwurf setzt auf ein artenreiches, vielseitiges und klimaangepasstes Pflanzkonzept, das zu allen Jahreszeiten ansprechende Aspekte bietet. Die Grafik zeigt die Verteilung der BĂ€ume mit Herbstaspekt. Bei der Auswahl wurde weiterhin Wert gelegt auf: Wurzelsystem (Flach- und Herzwurzler, BlĂŒhaspekt, Bienen-/VogelnĂ€hrgehölze). Die BestandsbĂ€ume werden bis auf drei BĂ€ume alle erhalten. Sponge Garden und grĂŒner Saum um den Platz werden mit standortangepassten Staudenmischpflanzungen belegt.

FLÄCHENBILANZ BELAGSFLÄCHEN
Der Entwurf strebt eine deutliche Entsiegelung der FlĂ€chen an. Um den Versiegelungsgrad fĂŒr den ruhenden Verkehr so gering wie möglich zu halten, wird dieser stets entlang von Erschließungswegen verortet. Die erforderlichen befestigten FlĂ€chen werden mit teildurchlĂ€ssigen BelĂ€gen belegt: Kleinsteinpflaster mit hohem Fugenanteil, Rasenfugenpflaster und wassergebundene Decke. Da der Entwurf weitestgehend das bestehende GelĂ€ndeprofil nutzt, sollen fĂŒr die (multicodierten) Spiel-Linsen die bestehenden Asphalttragschichten möglichst erhalten und mit einer neuen Deckschicht erhalten werden. Somit wird der Abbruch reduziert und zudem die AltlastenflĂ€che im Bereich Marktplatz zu 60% versiegelt belassen.

FLÄCHENBILANZ ALTLASTEN
Die tiefergehenden Eingriffe in den Boden konzentrieren sich in den Randbereichen der ehemaligen Kiesgrube. Am Marktplatz, wo es eine grĂ¶ĂŸere Überdeckung des MĂŒllkörpers gibt, werden auch mittig BĂ€ume gestellt. Im Parkbereich werden fĂŒr mittig platzierte BĂ€ume kleinere AufschĂŒttungen vorgesehen, die zusĂ€tzlich RĂ€ume bilden und zum Spielen einladen. Die Altlasten im Bereich Neubau werden ausgekoffert und entsorgt. Am Platz bleibt die Versiegelung durch die AsphaltflĂ€che zu 6ß0% erhalten, der Rest wird abgedichtet (Folie oder Asphalttragschicht).

MATERIALITÄT PARK
Im Park besticht die Kombination aus naturnaher Gestaltung (Kiesweg, Kletterstruktur aus Holz, Fallschutz aus Riesel, artenreiche Staudenpflanzung) und auffĂ€lliger Möblierung. Die lange Bank bietet Platz fĂŒr Eltern, Großeltern und Passanten und reiht sich optisch in die Gestaltsprache der Platzmöblierung ein. Bei der Bepflanzung des Sponge Garden berĂŒcksichtigt der Entwurf den wechselfeuchten, (halb)schattigen Standort. Die sĂŒdlich angrenzenden StellplĂ€tze werden als Rasenfugenpflaster mit trittresistenter Blumenmischung ausgefĂŒhrt, um die natĂŒrliche Anmutung zu unterstreichen und den OberflĂ€chenabfluss zu reduzieren.

MATERIALITÄT PLATZ
Marktplatz und Shared Space werden entsiegelt und mit einem kleinformatigen heimischen Natursteinpflaster im PassĂ©-Verband neu gestaltet. Der hohen Fugenanteil gewĂ€hrleistet einen gĂŒnstigeren Abflussbeiwert als die bestehenden AsphaltflĂ€chen. Um den Abbruch und Abfall zu reduzieren, werden die AsphaltflĂ€chen in Teilbereichen erhalten, mit einer neuen Deckschicht versehen und farbig beschichtet. Dadurch entstehen verschiedene, multicodierte FlĂ€chen zum Spielen. Der Water Square erlaubt zusĂ€tzlich den temporĂ€ren RĂŒckstau von OberflĂ€chenwasser. Die seitliche Aufkantung aus Betonsitzstufen sind mit einem Kantenschutz versehen, sodass diese auch zum gelegentlichen Skaten genutzt werden kann. Die Möblierung sieht verschiedene Elemente vor, die sich durch ihre einheitliche MaterialitĂ€t und Farbgebung durch das Projektgebiet ziehen (gelb lackierter Stahl mit Holz).

BELEUCHTUNGSKONZEPT
Die nĂ€chtliche Querung des Platzes und der Shared Space - FlĂ€chen soll verkehrssicher ausgeleuchtet sein. Im Park hingegen wird auf eine Beleuchtung verzichtet, da eine Durchwegung zum Erreichen des Ziels nicht erforderlich ist. Am Platz spielen die Mastleuchten mit den runden Spielfeldern und inszenieren diese. Dabei wird auf eine warme und zurĂŒckhaltende Beleuchtung gesetzt.

Beurteilung durch das Preisgericht

Unter der Leitidee “Drei neue Lieblingsorte fĂŒr Germering“ wird fĂŒr den ehemali- gen Festplatz eine starke rĂ€umliche Grundidee vorgetragen. Marktplatz, Park und Nachbarschaftsgarten werden ĂŒber eine rahmengebende EingrĂŒnung mit klimaresilienten GroßbĂ€umen sehr gut in den stĂ€dtebaulichen Kontext eingebunden. Die Setzung des neuen KitagebĂ€udes unterstĂŒtzt diesen rĂ€umlichen Ansatz und bildet zugleich auf der GebĂ€udewestseite einen gut proportionierten verkehrsfreien Hof zwischen Bestand und Neubau. Entlang der Zufahrtsstraße zum kleinen Muck werden richtigerweise sĂ€mtliche ParkplĂ€tze gebĂŒndelt.

Die Ausnutzung des nördlichen Kitadaches als Spielbereich reduziert die eben- erdige FreispielflĂ€che und vergrĂ¶ĂŸert zugleich den öffentlichen GrĂŒnbereich. Der Park, konzipiert als offene Wiese, steht in sehr guten rĂ€umlichen Zusammenhang mit dem Marktplatz. Geschickt wird ĂŒber die eingestreuten Nutzungsintarsien der Trennung der Marktstraße entgegengewirkt. In gleicher Weise gepflastert wird sie zum selbstverstĂ€ndlichen Bestandteil der zentralen PlatzflĂ€che. BegrĂŒĂŸt wird hierbei die angebotene Multicodierung von TeilflĂ€chen beispielsweise fĂŒr Parken und Spiel, wenngleich die Parkierung fĂŒr die Marktnutzung hierdurch sehr heterogen und verstreut erscheint. Der Wertstoffhof sĂŒdlich der Kleinfeldstraße ist richtig positioniert und erhĂ€lt mit dem Nachbarschaftsgarten eine sinnvolle ErgĂ€nzung unter BerĂŒcksichtigung des wertvollen Baumbestandes.

Die sogenannten „Spiellinsen“, angelegt als kreisrunde Intensivbereiche unter BerĂŒcksichtigung der Nutzung bestehender AsphaltflĂ€chen, sind vom Grund- satz her eine ideenvolle Bereicherung des Spiel- und Aufenthaltsangebotes. Die Anzahl, Lage und Bespielung kann jedoch in GĂ€nze nicht ĂŒberzeugen. Bei- spielsweise werden die sehr nahe an der Nachbarbebauung angeordneten lĂ€rmintensiven Spielangebote in Bezug auf den Immissionsschutz Ă€ußerst kri- tisch gesehen. Der Marktplatz und seine Funktionen werden sinnfĂ€llig nachge- wiesen. UnverstĂ€ndlich bleibt die rĂ€umliche Trennung von Kiosk und WC in zwei Einzelpavillons.

Das Regenwassermanagement wird auf sehr plausible Art und Weise nachgewiesen und wird zu einem wichtigen Gestaltungselement. Nicht nachvollziehbar ist die gewĂ€hlte und in der Perspektive ĂŒberprĂ€sente Pflasterweise des Marktplatzes. Diese entspricht in der dargestellten Form auch nicht der Notwendigkeit im Hinblick auf Barrierefreiheit.

Die Arbeit entspricht im Prinzip den GrundsĂ€tzen des Entsiegelungskonzepts hinsichtlich der Kriterien Entsiegelung, Versickerung und Retention sowie Um- gang mit den Kontaminationsschwerpunkten. Jedoch werden Baumrigolen innerhalb des Deponiekörpers als punktuelle Versickerung angesehen und er- möglichen nicht die geforderte flĂ€chige Versickerung. Die Anpflanzung von verzehrfĂ€higen FrĂŒchten ist aufgrund der Bodenkontamination innerhalb des Deponiekörpers zu unterlassen, außerhalb des Deponiekörpers sind Anpflanzungen denkbar. Die erforderliche Abgrabung zur Errichtung des „Spongegardens“ ist unter BerĂŒcksichtigung des geforderten Unterbaus prinzipiell denkbar, fĂŒhrt jedoch wegen des erforderlichen Erdaushubs kontaminierten Materials voraus- sichtlich zu Mehrkosten bei der Verwertung/Entsorgung.

Insgesamt stellt die Arbeit einen wertvollen Beitrag zur Lösung der gestellten Aufgabe dar. Es gelingt, eine zukunftsweisende Antwort zur Umgestaltung des ehemaligen Festplatzes zu geben, die dem Anspruch zur Schaffung eines einprĂ€gsamen Gesamtraumes bei gleichzeitiger Entsiegelung in hohem Maße gerecht wird.
Lageplan

Lageplan

Leitidee

Leitidee

SchrÀgaufsicht

SchrÀgaufsicht

Schwarzplan - stÀdtebaulicher Ideenteil

Schwarzplan - stÀdtebaulicher Ideenteil

Raumskizzen

Raumskizzen

Detail und Schnitt - Park

Detail und Schnitt - Park

Detail und Schnitt - Platz

Detail und Schnitt - Platz

Perspektive

Perspektive