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Einladungswettbewerb im kooperativen Verfahren | 10/2023

Neubau Gewerbe- und Wohnungsbauten Neufreimann in München

Ansicht Ost

Ansicht Ost

3. Preis

Preisgeld: 20.000 EUR

Florian Nagler Architekten GmbH

Architektur

BEM : Burkhardt | Engelmayer | Mendel Landschaftsarchitekten Stadtplaner Partnerschaft mbB

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Mitarbeit: Johanna Nagler, Max Nagler

Der Beitrag folgt im wesentlichen den Ideen des städtebaulichen Masterplans und den Vorgaben des Bebauungsplans - eine einfache Setzung in Form eines Blockes mit Innenhof. Dieser Innenhof bildet das Herzstück unseres Entwurfs. Er liegt im 1. Obergeschoss und ist sehr großzügig über zwei, sich in attraktiven Durchgängen befindenden Freitreppen erschlossen. Durch die erhöhte Lage ist es möglich, die große Anzahl an Fahrrädern im Erdgeschoß - aus allen Richtungen einfach zugänglich - unterzubringen. Dieser Bereich ist nicht lediglich ein überdachter Unterstand für Fahrräder, sondern eine attraktive Halle mit einem spannenden Faltwerk, schöner Lichtführung und Flächen als Treffpunkt - sprich: ein Bereich, der auch hohe Aufenthaltsqualität hat. Das aus diesen Anforderungen entwickelte Tragwerk ermöglicht es, im darüber liegenden Hof eine Topografie auszubilden, auf der wirklich intensiv geplanzt werden kann. Die auf Druck beanspruchte Konstruktion aus wasserundurchlässigem Beton ermöglicht es, auf Abdichtungen jeglicher Art zu verzichten. Die hängenden Gärten müssen nicht einer Sanierung beseitigt und erneuert werden, sondern können langfristig erhalten bleiben.
Die Gewerbeflächen sind wunschgemäß im Erdgeschoss, bzw. in Teilen auch im Obergeschoss angeordnet und haben somit auch Bezug zum schönen Innenhof. Das Gebäude basiert auf einem gut baubaren Raster mit geringen Spannweiten. Dennoch kann der gewünschte Wohnungsmix gut abgebildet werden. Die größeren privaten Freiflächen (Loggien) sind alle dem Innenhof zugewandt. Nach aussen gibt es zusätzlich kleiner, aus der Tiefe der Wand- und Fassadenkonstruktion entwickelte Balkone, die trotzdem gut dimensioniert sind und zumindest für ein Frühstück zu zweit ausreichen...
Konstruktion, sowie der Einsatz von Materialien und von Technik folgen den Prinzipien des an der TU München vorangetriebenen Forschungsprojekts "einfach bauen".
Den Wünschen der Bauherren entsprechend, wird der Materialkanon differenziert. Ein einheitliches Skelett aus Stahlbeton mit Stützen, wenigen aussteifenden Wänden und Unterzügen aus Stahlbeton wird "im Westen" mit Flachdecken aus Beton und Ausfachungen aus Kalksandstein ergänzt. "Im Osten" kommen Decken aus Brettsperrholz, Trennwände aus Lehmziegeln oder Trockenbauwände aus gepressten Strohplatten zum Einsatz.
Einheitlich ist dann wiederum der Einsatz von einfachen Dielenböden aus Esche, Lärchenholzfenstern und einer farbig gefassten Fassade aus Tanne.
Einfache, möglichst reduzierte Wand - und Deckenaufbauten korrespondieren mit einer Haustechnik, die weitgehend auf natürliche Lüftung setzt, die von einer einfachen Abluft in den Bädern (in Kombination mit den Küchenzeilen und den Schächten vorgefertigte Raumzellen) unterstützt wird. Die Nachströmung der Luft erfolgt über Fensterfalzlüfter, beziehungsweise die geöffneten Fenster. Ein aussen liegender Sonnenschutz ist aufgrund der angemessenen Fensterflächen, der innen bündigen Lage der Fenster und der massiven Bauweise nicht erforderlich. Die Möglichkeit des Anschlusses an das Fernwärmenetz der Landeshauptstadt München ist Grundlage für ein einfaches, vernünftiges Energiekonzept.
Der geschützte Innenhof auf der Ebene des ersten Obergeschosses, die „Grüne Gasse“ als wichtige Nord-Süd-Verbindung im Quartier und die Dachflächen bieten ein vielfältiges Freiraumangebot. Die polygonale freie Formensprache im Freiraum steht im Kontrast zum gleichmäßigen architektonischen Raster und spiegelt sich in allen Freiräumen wider.
Der gemeinschaftlich genutzte Wohnhof wird geprägt durch die im Raster angeordneten Lichtkuppeln und im Kontrast dazu den freien, fließenden Platz- und Grünflächen. Großzügige Erschließungsflächen verbinden die wichtigen Zugänge ins Gebäude und zu den Treppen hinab zur „Grünen Gasse“ und zur Magistrale. Mit Aufweitungen und Nischen, Sitzangeboten und unterschiedlichen Oberflächen ergeben sich abwechslungsreiche Perspektiven, Treffpunkte, Begegnungsräume und Spielbereiche.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit hält sich an die Vorgaben des B-Plans. Die Bebauung stellt einen umlaufend geschlossenen Block dar mit klarer Formulierung der Zugänge im EG.
Die Fahrradstellplätze werden ebenerdig im Blockinneren untergebracht in einer den Innenhof komplett überbauenden Halle, die über zwei offene und zahlreiche überglaste, Öffnungen belichtet wird. Positiv gesehen wird einerseits die attraktive konstruktive Gestaltung der Halle, andererseits die ebenerdige Erreichbarkeit der Fahrradstellplätze ohne Fassadenflächen an den öffentlichen Bereichen zu beanspruchen. Negativ wird bewertet, dass die Aufenthaltsqualität und Nutzbarkeit des Innenhofs durch die Perforierung der Hallendecke stark beeinträchtigt wird.
In einem Abstand von weniger als 5m vor aufgehenden Innenhoffassaden sind die Dachöffnungen der Fahrradhalle feuerbeständig abzuschließen (z. B. mit F90- Brandschutzverglasungen).
Da die Grundfläche der „Fahrradhalle“ als Geschossfläche angerechnet wird, ist die Umsetzbarkeit aus wirtschaftlicher Sicht fraglich.
Die Erschließung über vier Treppenhäuser und umlaufende Laubengänge funktioniert - kritisch gesehen werden die sehr knappen („französische Balkone“) bzw. wenig qualitätvollen Freisitze (gleichzeitig Wohnungszugang) der Wohnungen.

Die rhythmisierten und profilierten Fassaden mit klarer Sockelausbildung haben hohe gestalterische Qualität. Die umlaufenden „Rundbogenparavents“ vor den Laubengängen im Innenhof werden kontrovers diskutiert und müssten im Hinblick auf Brandschutz und Belichtung gegebenenfalls überprüft werden.

Insgesamt ist die Arbeit in konzeptioneller und gestalterischer Sicht ein interessanter und wertvoller Beitrag.

Der Höherlegung des Innenhofs stärkt die Privatheit des Hofes und ermöglicht die doppelte Nutzung von Flächenpotentialen. Positiv ist ebenso die Idee der Sichtbarmachung von Regenwasser im Bereich der Treppe zur Grünen Gasse, nach Westen hin zum öffentlichen Raum muss sichergestellt werden, dass das Regenwasser nicht auf öffentlichen Grund geleitet wird.
Sehr kritisch wird gesehen, dass der Innenhof durch die Lichtkuppeln und Lichtschächte porös wirkt und der Funktion bzw. architektonischen Gestalt des darunterliegenden EGs dienend gestaltet ist. Darüber hinaus ist die Nutzbarkeit des Hofes dadurch eingeschränkt. Die Aufbauhöhen der bepflanzten Mulden zwischen den Lichtkuppeln (max. 80cm) erscheinen nicht ausreichend für die Entwicklung einer grünen Mitte.
Schnittansicht

Schnittansicht

Grundriss Hofgeschoss

Grundriss Hofgeschoss

Fahrradhalle mit Faltwerk

Fahrradhalle mit Faltwerk

Fassadengestaltung im Hof

Fassadengestaltung im Hof

Detailausschnitt Fassade

Detailausschnitt Fassade