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Nicht offener, einphasiger, freiraumplanerischer Realisierungswettbewerb mit Teilnahmewettbewerb | 09/2023

Neugestaltung Fußgängerzone und Marktplatz Billstedt in Hamburg

1. Preis

Preisgeld: 24.500 EUR

WES LandschaftsArchitektur

Landschaftsarchitektur

SBI Beratende Ingenieure für Bau - Verkehr - Vermessung GmbH

Verkehrsplanung

Erläuterungstext

„Das Beste für die Menschen“. In sieben Kapiteln. Billstedt.

Bunte Vielfalt. Mitten im Leben, was für eine Freude. Aufenthaltsqualität? Fehlanzeige.

Unser Thema: „Das Beste für die Menschen“. Mit höchstem Anspruch. An diesem Ort. Billstedt.

Was für eine Welt, was für ein Eindruck, welche Gegensätzlichkeiten. Man ist geradezu überwältigt von der Lebendigkeit des Ortes. Die vielfältige Mischung der Menschen, klein, groß, jung, alt, aus verschiedenen Nationen, verdient einen gemeinsamen Ort, der höchste Aufenthaltsqualität bietet, der Ruhe und Geborgenheit schafft, der das pulsierende Leben ermöglicht.

Stadträumlich betrachtet sind die Räume interessant, bieten eine Folge verschiedener Orte und sind lesbar und wahrnehmbar in ihrer Gesamtheit. Der bisherige Baumbestand, linear in Achsen mittig gepflanzt, konterkariert das schöne Raumgefüge. Daher entwickeln wir ein komplett neues Raumkonzept. In sieben Kapiteln.

Der Marktplatz als echter Marktplatz, einladend, hell. Am Rande leicht nach innen gebogene Bäume, in Reihe, hoch aufgeastet, mit schirmförmigen Kronen, lassen völlig neue Proportionen, auch vor den Fassaden, entstehen, der Raum wird licht, hoch, hell, ein Markt der Freude. Zwischen den Bäumen regelmäßig verteilte, farbige transparente Sitzbänke mit Rücken- und Armlehnen. Man sitzt zu beiden Seiten, zum Platz hin oder zu den Nutzungen der Ränder hin.

Die Achse Möllner Landstraße erzählt eine Geschichte der Räume. Von Westen herkommend, empfängt einen der Platanen-Hain mit dem zentralen Wasserspiegel. Sitzen, Verweilen, Spielen, Bleiben. Eine Willkommensgeste mit locker verteilten Sitzgelegenheiten unter den hoch aufgeasteten Solitären. Und jeder Raum entfaltet seine eigene Besonderheit.

Man geht weiter nach Osten, die Räume verengen und weiten sich in Folge. Wir nutzen die trapezartigen Aufweitungen, bieten dort ruhige, angenehme Sitzmöglichkeiten zu allen Seiten. Man sitzt nach Außen, zum Eingang des Billstedt-Centers, oder nach innen, geborgen, allein, in Gruppen. Die hohen Rückenlehnen bieten Schutz, in Teilen werden die steinernen Sofas zu Loungemöbeln. Die elegant geformten Sofas wirken weich, einladend, sind gleichzeitig solide, mit dem Ort verbunden.

Die Sofas werden begleitet von locker verteilten, elegant-farbigen Einzelsesseln, nutzbare Tische schälen sich aus dem Belag. Eine Gesamtkunstform. Trinkbrunnen bieten frisches Trinkwasser.

Nach dem Übergang über den zentralen Marktplatz folgt erneut eine trichterförmige Öffnung nach Osten, auch hier das Motiv des Wohnraumes im Freien. An dieser Stelle entsteht bei Regen ein flacher Wasserspiegel, der zum Spielen einlädt, das Licht reflektiert, die Sonne hereinholt. Die Versickerung erfolgt über eine rigolenartige Weiterleitung in versickerungsfähige Bereiche.

Weiter nach Osten entsteht ein ungewöhnliches Gegenüber aus Geschäften und Wohnen. Daher entwickelt sich eine Asymmetrie des Raumes, die Wohnseite erhält eine offene, ebenfalls einladende grüne Vorzone, die sich mäandernd in die Wegeführung integriert. Elegante Sitzmöbel nehmen Bezug auf die Westseite und ergänzen. Der Raum vor dem Polizeigebäude bleibt frei.

Ein skulpturales Sitz- und Liegeobjekt mit teilweisem Wasserfilm lädt am östlichen Ende ein, betont die Eingangssituation, bildet den Filter zur Straße, bewahrt jedoch den freien Blick in die historische, leicht abfallende, charmante alte Möllner Landstraße in Richtung Osten.

Die locker verteilten, malerischen und hoch aufgeasteten Bäume mit schirmförmigen Kronen wirken, als seien sie zufällig platziert. Sie sind, im Gegenteil – wie im Stile des englischen Landschaftsgartens – präzise gesetzt, nichts ist dem Zufall überlassen.

Unterstützt wird die lockere Verteilung durch große, runde Pflanzkreise, die temporär als Rasenflächen, mit intensiv blau blühenden Stauden, wie z.B. Geranium, oder mit knallorangen Blütenstauden bepflanzt, zu einer künstlerischen Installation werden und die gesamte Fußgängerzone in unterschiedliche Farben und Stimmungen versetzen kann. Neben einer parkartigen Atmosphäre bieten die Rasenteppiche, üppige Blütenpflanzen oder temporäre Events, überraschende räumliche Stimmungen und Veränderungsmöglichkeiten.


Ziele des Technischen Konzeptes

Höchstmögliche Entsiegelung streben wir an. Unter Betrachtung der extremen Nutzungsdichte sehen wir die in den Plänen dargestellten entsiegelten Flächen aus Grün und wassergebundenen Decken auch im Hinblick auf notwendigen Pflegeaufwand als sinnvolles Maximum.

Circa 25 Bäume werden in guten Qualitäten neu gepflanzt, einige Bestandsbäume können umgepflanzt werden. Es sind ausschließlich Arten aus aktuellsten Forschungslisten bezüglich des künftigen Stadtklimas vorgesehen. Verschiedene Arten unterstützen die parkartige Atmosphäre.

Der temporäre Anstau von Regenwasser und die Einladung zum Spiel macht das Thema auf 250 Quadratmetern im Stadtraum für Jung und Alt bewusst. Über Rigolen wird das Wasser in versickerungsfähige Bereiche geleitet.

Die Beleuchtung folgt dem fließenden Gesamtkonzept. 6 Meter Lichtpunkthöhe und Abstände von ca. 20 Metern, in Positionen, die der Komposition der Bäume entsprechen, nehmen die Leuchten selbst optisch zurück, betonen jedoch bei Dämmerung und Nacht gerade diese schönen Bereiche. Insektengünstige Leuchtmittel verstehen sich von selbst.

150 Fahrradständer sind dezentral an sinnvollen Zielpunkten integriert.

Das vorhandene Natursteinpflaster wird mit einer gesägten, damit leicht begehbaren Oberfläche über die Ränder und den nördlichen Platzbereich wiederverwendet. Die Marktplatzfläche sowie die Loungebereiche mit den Möbeln werden als Beton-Fertigteile mit hochwertigen Oberflächen hergestellt. Der aus dem Ort entwickelte Belag ruht formal in sich, erhält ebenfalls eine hochwertige Oberfläche.

Der Gedenkstein mit dem Zitat Richard von Weizsäckers erhält einen prominenteren Standort im nördlichen Bereich des Marktplatzes, figurative Kunstobjekte werden in Verbindung mit den Kapiteln positioniert.

Sämtliche Ausstattungselemente, auch Leuchten und Abfallkörbe folgen einem einheitlichen Farbkonzept.

Ziel ist ein heiteres, einladendes und positive Atmosphäre bietendes Gesamtkonzept, das aus dem Ort Billstedt heraus entwickelt ist, das nachhaltig, zukunftsweisend und zukunftsgerecht ist. Und dessen formale, in gewissem Sinne zeitlose Sprache die Dynamik des Ortes und seiner NutzerInnen betont.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit 1007 gibt der Möllner Landstraße als Fußgängerzone eine eindeutige neue Identität. Unter dem Titel sieben Kapitel ist der Straßenraum in sieben unterschiedliche Bereiche und Atmosphären gegliedert. Ein durchgehender Belag aus hellem Betonwerkstein, locker gesetzte Bäume und Betonskulpturen als Sitz- und Spielelemente gliedern den Raum. Das Entree wird mit einer einladenden Geste aus einem großen Wasserspiegel inmitten eines Platanenhains einladend gestaltet. Der große Wasserspiegel wird aufgrund seiner Pflegeintensität im Preisgericht diskutiert. Ein schwebendes Kunstobjekt soll dem Ort zusätzliche Bedeutung verleihen. Die funktionalen Anforderungen mit Veloroute und Anlieferzone sind gut gelöst.

Die im weiteren Verlauf Richtung Marktplatz angebotenen großräumigen Betonskulpturen als Sitz- und Spielobjekte werden hinsichtlich ihrer Gestaltkraft sehr positiv aufgefasst, gleichzeitig ist aber die Anzahl und auch die Größe zu hinterfragen. Der Vorschlag der Wasserspiele bzw. der Wasserpfützen wird als belebendes Element für alle Nutzerinnen und Nutzergruppen, insbesondere Kinder und auch hinsichtlich des Kleinklimas sehr positiv bewertet. Um die Wasserspiele wird mit Sicherheit eine anziehende und lebendige Atmosphäre entstehen.

Der Marktplatz als Platz im Platz ist in seinen Proportionen und in seiner Funktionalität überzeugend. Die vorgeschlagene Rahmung aus zwei Baumreihen Zürgelbäume (Celtis australis) schaffen einen inneren Platzraum, der auch ohne Marktnutzung proportiert und atmosphärisch zu sein scheint. Die Zürgelbäume mit dem gewählten Habitus in Schrägstellung stellen einen interessanten Ansatz dar, die Umsetzung bzw. Verfügbarkeit wird angezweifelt. Die Multifunktionsfläche ist im Übergang zum Kundenzentrum Billstedt platziert und verhindert an dieser Stelle einen räumlichen Abschluss. Der Wochen- markt und andere Veranstaltungen sind mit dieser Platzlösung gut umsetzbar.

Im östlichen Verlauf der Möllner Landstraße werden die Nachbarschaften aus Wohnen und Einzelhan- del in richtiger Weise berücksichtigt. Die vorgeschlagenen Grünflächen mit verschiedenen Vegetations- bildern schaffen unterschiedliche Raumfolgen. Auf der Nordseite für die Geschäfte offene Spielräume und auf der Südseite Schutz und Adresse für den Wohnungsbau. Insgesamt entstehen mit den gut proportionierten Grünflächen und platzierten Sitzbänken wertvolle Aufenthaltsräume. Am Reclamplatz öffnet sich der Raum erneut platzartig und wird über ein weiteres Wasserspiel akzentuiert. Somit ist auch im Osten ein stimmiges Entree geschaffen.

Insgesamt liegt eine überzeugende Arbeit für die Neugestaltung der Fußgängerzone und den Marktplatz vor. Die vorgeschlagenen landschaftsarchitektonischen Interventionen, Betonskulpturen und Wasser- spiele werden in ihrer Besonderheit und Anziehungskraft positiv bewertet, ihre Vielzahl und Größe sind bei einer Umsetzung zu überprüfen.
Visualisierung Bereich West

Visualisierung Bereich West

Wettbewerbstafel

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Wettbewerbstafel

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