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Nichtoffener Wettbewerb | 09/2023

Neubau Verwaltungsgebäude im Freilichtmuseum Hessenpark

2. Rundgang

bauquadrat / bqprojekt gmbh

Architektur

Erläuterungstext

Städtebauliche Setzung

Der Neubau fügt sich städtebaulich als eigenständiger Körper in den Kontext rund um das bestehende Eingangsgebäude und das Areal des Hessenparks ein und orientiert sich an der vorhandenen baulichen Körnung. Das zweigeschossige Gebäude mit traufständigem Satteldach passt sich in Proportion und Geometrie an den bestehenden ortstypischen Bauten an. Durch den Neubau wird der Platz vor dem jetzigen Eingang im Westen durch die neue Gebäudekante räumlich als zweiseitiger Hof gefasst. Im Süden wird der Hof durch die Gestaltung des Freiraums flankiert und bekommt eine dritte räumliche Kante, wodurch im übertragenen Sinne ein Dreiseithof entsteht. Dort befindet sich ein Aufenthaltsbereich für Besuchergruppen oder auch eine Bühne, die verschieden bespielt werden kann. Dieser ist geprägt durch einen großen Lindenbaum, der auch im Sommer einen schattigen Platz spendet. Die Haupterschließung des Neubaus erfolgt mittig über die Traufseite und liegt in der Haupterschließungsachse vom Parkplatz und der Bushaltestelle aus kommend. Die Zuwegung über den südlichen Werkhofbereich wird beibehalten und dient vor allem der Erschließung für Rettungsfahrzeuge.

Architektonisches Konzept

Die Anmutung und Gebäudetypologie bezieht sich auf den Typus Scheune und fügt sich selbstbewusst und dennoch achtsam in den vorhandenen Kontext ein. Die mittig liegende Tenne, die durch ein Tor geschlossen werden kann, betont den Eingangsbereich mit einer großen Geste, die auch für Besucher offen zugänglich ist. Im Westen übernimmt das Tor zudem die Funktion eines konstruktiven Sonnenschutzes und filtert das Licht durch die lockere Holzlattung. Innerhalb der Bürolandschaft bildet der Bereich der Tenne eine gemeinsame Mitte und Erschließungsgelenk. Im Erdgeschoss entsteht durch diesen großzügigen Eingangsbereich auch die Möglichkeit, eine Ausstellungsfläche für Besucher zu integrieren oder den Bereich für Veranstaltungen vielseitig zu nutzen.

Daran angrenzend befinden sich im Norden und Süden zentral gelegene kleine Kerne, in welchen die Nebenfunktionen aufgenommen werden. So bleibt die Fassadenfläche und die Stirnseite frei und kann als offener Grundriss nach unterschiedlichen Bedürfnissen zoniert und angeeignet werden. Im Erdgeschoss finden sich demnach direkt angrenzend an die Tenne Nutzungen, wie die Teeküche, ein Besprechungsraum und office for a day Plätze wieder, die auch je nach Bedarf außerhalb der Arbeitszeiten genutzt werden können und zugänglich sind. Die Poststelle, als mögliche zweite Kasse, orientiert sich Richtung Hof und kann je nach Betrieb die Kasse im Bestandsgebäude entlasten. Im Obergeschoss hingegen findet sich überwiegend die Bürolandschaft wieder, die durch Lounge- und gemeinschaftliche Bereiche, die auch die Büroinfrastruktur beinhalten, ergänzt wird. Das Geschoss wird durch die durchgesteckten Kerne mit Nebenräumen gegliedert. Auf diesem Kern kann bei Bedarf im 2. Obergeschoss eine Podestebene erschlossen werden, in welcher eine Erweiterung der Ausstellungsfläche oder Bürofläche möglich ist.

Freiraumplanung

Das freiraumplanerische Konzept sieht vor, das bestehende Eingangsgebäude und das neu geplante Verwaltungsgebäude über einen gemeinsamen Platz miteinander zu verbinden und hierdurch eine attraktive Adresse für den Hessenpark zu bilden. Der Neubau fasst den Platz Richtung Westen durch seine Gebäudekante. Im Süden rahmt die Platzgestaltung mit Sitzmöglichkeiten entlang der Geländekante den Platz ebenfalls und es entsteht ein Dreiseithof. Der Hof als Zentrum und Ankommensbereich ist geprägt durch einen zentralen, neu gepflanzten Lindenbaum. Hier befinden sich auch Informationstafeln zum Hessenpark. Sowohl die Zuwegung vom Parkplatz aus kommend, als auch der Hauptplatz werden über einen einheitlichen Plattenbelag aus Basalt zusammengefasst und ergänzen das bestehende Kopfsteinpflaster. Dieser stellt eine barrierefreie Erschließung sicher. Die angrenzenden Aufenthaltsbereiche werden als wassergebundene Decke aus chaussiertem Kies auf Basis von Basalt hergestellt. Die fest installierten Freiraummöbel folgen dem Geländeverlauf, wodurch niedrige Hangsicherungen und Sitzgelegenheiten kombiniert werden können. Entlang des Platzes, aber auch in Kombination mit der Freiraumgestaltung um den Neubau, wird durch unterschiedliche Staudenbeete und Kleingehölze die Biodiversität vor Ort gefördert. Bei neu gepflanzten Bäumen wird gezielt auf Obstbäume zurückgegriffen. Diese Bäume können saisonal in der Erntezeit durch Veranstaltungen in das Kulturprogramm des Hessenparks eingebunden werden. Im westlichen, rückwärtigen Bereich des Neubaus, gliedert sich ein teilweise überdachter Außenbereich für die Mitarbeiter*innen an. Dieser liegt angrenzend an die Teeküche und bietet neben einem Sitzbereich auch einen kleinen Küchengarten mit Kräutern.

Konstruktion, Fassade und Gebäudetechnik

Die Konstruktion des Neubaus orientiert sich an den ortstypischen Bauweisen. Ein umlaufender Sockel hebt die Holzständerbauweise mit Strohballendämmung vom Erdboden ab und schützt so die Konstruktion vor Wasser und Feuchteschäden. Der Grundriss unterliegt einem ein-Meter-Raster und stellt so eine optimale Grundlage für das Bauen mit Strohballen dar. Die Gebäudeabschnitte nördlich und südlich der Tenne werden als thermisch warme und somit hochgedämmte Bereiche ausgeführt, wohingegen sich die Tenne mit geringeren thermischen Anforderungen bis unter den Dachraum erstreckt. Das Dach ist als Pfettendach ausgeführt und in anthrazitfarbenem Zinkblech gedeckt. Dadurch orientiert sich die Dachdeckung an den örtlich verwendeten Schiefereindeckungen. Die Dachfläche Richtung Westen soll mit Photovoltaikanlagen den Eigenenergiebedarf weitestgehend decken. Die Fassade ist als eine geflammte vertikale Holzverschalung, die sich leicht nach vorne neigt, ausgeführt. Die Farbigkeit und Materialität greift das vorhandene Fachwerk und die Holzverschalungen der landwirtschaftlichen Gebäude auf. Durch Geometrie und Materialität soll ein verbesserter Witterungssschutz erzielt werden.

Die Beheizung der Gebäude wird über eine wassergeführte Fußbodenheizung realisiert, die von einer Luft-Wasser-Wärmepumpe gespeist wird. Die Warmwasserversorgung erfolgt aufgrund des geringen Bedarfs dezentral über Durchlauferhitzer.

Innenräumliches Gestaltungskonzept

Das Gestaltungskonzept im Innenraum greift die Holzständerbauweise des Gebäudes auf und nutzt das Raster als gestalterisches Element im Raum. Innenausbauelemente wie zum Beispiel die Wände zwischen Büro, Teeküche und den Besprechungsräumen sind im Holzbauraster ausgebildet und ermöglichen durch die Verglasung Blickbezüge zwischen den Bereichen. Durch Vorhänge vor den Trennwänden kann flexibel geregelt werden, wie viele Blickbezüge zugelassen werden sollen. Weitere Elemente, wie zum Beispiel die Hot Desking Arbeitsplätze an der Fassade, oder die ThinkTanks und Phone Boxes sind ebenfalls als Holzrahmenkonstruktion im ein Meter Raster konzipiert, um die Bauart des Gebäudes im Innenraum widerzuspiegeln und so für den Nutzer spürbar zu machen.

Der Eingangsbereich im Erdgeschoss wird mit einem skulpturalen Element bespielt, das wieder in Holzrahmenbau aus Recycling - Material gestaltet ist. Dieses bietet Ausstellungsfläche und Sitzmöglichkeiten für die Besucher*innen. Im unteren Bereich des Elements sind Hocker integriert, die flexibel herausgezogen und zugleich in dem Element wieder verstaut werden können.

Das prägende Scheunentor, welches das Gebäude im Außenraum verschließt, wird ebenfalls im Innenraum aufgegriffen. Die unterschiedlichen Arbeitsbereiche können so nach Belieben geöffnet und geschlossen werden. In den Büroflächen wird dadurch zwischen konzentriertem / leisem arbeiten und Kommunikationsflächen / lautem Arbeiten unterschieden. Zwischen den Büroflächen mit klassischen Schreibtischen befindet sich jeweils eine Kommunikationsfläche, die Platz bietet, um auf gemütlichen Lounge Möbel zu arbeiten. Ebenfalls in diesem Bereichen befinden sich ein ThinkTank, dieser lädt dazu ein eine kleinere Besprechung zu führen, oder eine Phone Box, die ungestörtes Telefonieren ermöglicht.

Bei der Wahl der Materialien im Gebäude liegt der Fokus auf Nachhaltigkeit und Ökologie. Die Innenausbauelemente werden aus heimischem Kiefernholz, bzw. Recycling Holz und Holzwerkstoffen gefertigt. Die Büroflächen erhalten Korkböden sowie Teppichbeläge. Der Eingangsbereich wird durch den Terrazzo Belag gestalterisch geprägt und markiert den Kern des Gebäudes. Zu den Naturtönen der Innenraumgestaltung werden Farbakzente in Blassgrün oder Lachsorange gewählt.