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Nichtoffener Wettbewerb | 10/2023

Sanierung und Erweiterung Sport- und Kulturzentrum in Sandhausen

Perspektive Sport- und Kulturzentrum

Perspektive Sport- und Kulturzentrum

2. Preis

Preisgeld: 33.000 EUR

ATELIER 30 Architekten GmbH

Architektur

weihrauch+fischer gmbh

Landschaftsarchitektur

EFG Beratende Ingenieure GmbH

Tragwerksplanung

ZWP Ingenieur-AG

TGA-Fachplanung

3DWAY architectural graphics

Visualisierung

Erläuterungstext

Sanierung und Erweiterung
Sport- und Kulturzentrum Sandhausen

Städtebauliche und freiräumliche Idee
Die bestehende Turn- und Festhalle Sandhausen zeigt sich als eine städtebauliche Gebäudestruktur, welche sich durch verschiedene An- und Umbauten seit Ihrer Erbauung im Jahr 1958 stark verändert hat. Hierdurch wurde zwar der Bedarf an zusätzlichen Räumen gedeckt, jedoch wurde die Ablesbarkeit einer klaren, identitätstiftenden Architektur für diesen zentralen Ort in der Stadt geschwächt. Hieraus stellte sich uns die Fragestellung mit welcher Antwort man dem Bestand begegnet, um so viele Interventionen des Bestandes wie nötig und so wenige wie möglich auszubilden, damit hier ein neues Sport- und Kulturzentrum im Ortskern Sandhausen entsteht, was städtebaulich, gestalterisch und funktional eine Antwort auf die Aufgabenstellung leisten kann und zukünftig eine Haltung bezieht, welche das fragmentarische des Bestandes in eine städtebauliche prägende Architektur transformiert. Im Ergebnis dieses Prozesses sind es folgende Komponenten, welche die neuen städtebaulichen und freiräumlichen Qualitäten das neue Sport- und Kulturzentrum prägen und einen Mehrwert bilden:

• Im nördlichen Bereich erhält der Festplatz seine Fassung durch eine klare räumliche Kante des Wettbewerbsgebietes durch die Aufstockung der neuen Nutzungen. Durch den großzügigen Haupteingangsbereich wird hier eine klare und einladende Adresse hin zum Platz geschaffen.

• Durch den Rückbau des westlich gelegenen Restaurantbereiches mit seinen Nebenräumen erhält der Baukörper eine in sich geschlossene Form, welche im Vergleich zum Bestand nicht mehr additiv wirkt, sondern zu einer architektonischen Einheit wird.

• Durch die Disposition des westlichen Gebäudeteils entsteht an dieser Stelle ein Mehrwert durch einen vielfältig nutzbaren grünen Vorplatz zum Eingang in den Multifunktionsaal, bzw. zu den Mehrzweckräumen. Dieser zweite Eingang erscheint vor allem bei Mehrfachnutzungen des Gebäudes sinnvoll. Hin zum neu entstehenden grünen Platzbereich staffelt sich das Gebäude ab schafft durch die durch Vereine nutzbare Dachterrasse in diesem Bereich eine einladende Geste und proportioniert das Gebäudevolumen.

• Im westlichen Bereich wird durch die Lage des Multifunktionsaals mit einer pergolaartige Verbindung zum bestehenden Stuhllager der Festhalle eine besondere Raum in Form eines sich hin zum Grün öffnenden Patios angeboten. Für die Nutzung der Festhalle und des Multifunktionssaales ergibt sich hier ein spannender und vielfältig bespielbarer Außenraumbereich. Dieser Patio schließt gleichzeitig geschickt das Volumen des neuen Sport- und Kulturzentrums zu einer in sich homogenen Architektur, welche das Gebäude gestalterische als Einheit wirken lässt.

• Durch die Interventionen wird der Bestand in einer selbstverständlichen Art und Weise transformiert, wodurch die gestalterische Einheit nicht nur aus der Fußgängerperspektive wahrgenommen wird. Auch die neu entstehende grüne Dachlandschaft mit Ihren Rücksprüngen und Einschnitten vermittelt diesen Eindruck als 5-te Fassade für den Betrachter im gegenüberliegenden Rathaus.

Architektur und Gestaltung
Die Neubauten erhalten eine differenzierte Fassade aus einer gölten Duglasienlamellen, deren Abstände und durch Fensteröffnungen changieren und hierdurch dem Gebäudevolumen eine feinsinnige Gliederung innerhalb der Fassade verleihen. Durch die unterschiedliche Ausrichtung der lisenenartigen Holzlamellen in Verbindung mit der Fassadenbegrünung entsteht zudem eine filigrane detailreiche Gestaltung. Im Kontext zur bestehenden Bebauung entsteht ein Wechselpiel der Materialitäten und der Körnigkeit der Baukörper. Im Sockelbereich definieren präzise eingelassene Glasausschnitte die Eingangsbereiche und lassen Ein- und Ausblicke in die unterschiedlichen Funktionsbereiche zu. Die Festhalle erhält ebenfalls einen markanten Einschnitt in der Nordseite, hin zum raumfassenden Element des begrünten Patios. Bei Bedarf verfügt diese zusätzlich über einen blickdichten innenliegenden Blend/Sichtschutz. Alle anderen Fensterbereiche erhalten zudem einen außenliegenden Sonnenschutz.

Innere Erschließungsabläufe
Vom nördlich gelegenen Haupteingangsbereich betritt der Besucher das Foyer der der Festhalle. Neben Garderobe und Küche sind hier die Sanitäranlagen angeordnet, welche bei Veranstaltungen durch einen Nebeneingang von außen her erschlossen werden können. Im Bereich des Foyers leitet ein galerieartiger Luftraum in den Festsaal. Durch das vorgeschlagen Oberlicht in diesem Bereich erhält der Festsaaleingang eine helle, großzügige und freundliche Wirkung. Ein zweiter Eingang bindet über ein kleines Foyer an die interne Erschließungsachse und führt den Besucher in die im OG gelegenen Mehrzweckträume für Musik- bzw. Vereinsnutzung. Im EG wird auf kurzem Weg der Multifunktionssaal erschlossen. Dieser kann bei Bedarf mit dem Festsaal zusammenschaltet werden. Beide Bereiche können Bei Veranstaltungen oder Yogalehrängen den grünen Patio nutzen. Die DIN 18040-1 für barrierefreies Bauen in öffentlich zugängliche Gebäude findet Anwendung im vorliegenden Entwurf Anwendung.

Konstruktion, Materialwahl, Umbaumaßnahmen
Die Konstruktion ist in Hybridbauweise geplant, dabei bleibt der Bereich der Festhalle, des Stuhllagers und der neue nord-östliche Küchenbereich in seiner Primärkonstruktion erhalten. Neuerrichtete Bauteile erfolgen, wo es sinnvoll erscheint, in einer Holzbauweise. Die Fassadenflächen sind hochgedämmt und werden mit einer Douglasienverschalung bekleidet. Im Bereich der bestehenden Festhalle wird die Attika mit der neuen Holzverschalung leicht erhöht, um ein homogenes Bild des Baukörpers zu erzeugen. Fassade und Dach erhalten eine Begrünung. Die Dachkonstruktionen der neuen Bauteile sind als Holzdecken vorgesehen.
Die Innenräume sind durch einen Materialwechsel, lasierten Holzflächen und Glas geprägt. Im Zusammenspiel mit hellen Bodenbelägen und einem abgestimmten Farb-Materialkonzept entstehen kommunikative und helle Räume. Alle Fensterflächen erhalten einen außenliegenden Sonnenschutz. Zur Schalldämpfung werden akustisch wirksame Oberflächen vorgeschlagen. Grundsätzlich sollen Materialien dort eingesetzt werden, wo es sinnvoll/wirtschaftlich ist. Zur Verwendung kommen schadstofffreie Materialien, die am Ende des Lebenszyklus sortenrein trennbar sind. Dabei werden die Materialien in die Kategorien kompostierbar, wiederverwendbar, weiterverwendbar, energetische Verwertung deklariert.

Freiraum und Festplatzgestaltung
Das unmittelbare Umfeld des Sport- und Kulturzentrum Sandhausen ist gekennzeichnet durch versiegelte Nutzflächen, offenen Raumkanten sowie unscheinbare Grünflächen. Mit der Neugestaltung des Zentrums wird eine neue starke Adresse im Stadtbild initiiert, dessen Strahlkraft mit einer kraftvollen Freianlagengestaltung weiter gestärkt wird.
Ziel der Freiraumgestaltung ist es mit einem übergreifenden Gestaltungskonzept das Quartier aus Rathaus, Sport- und Kulturzentrum und Festplatz zu einem starken, zusammenhängenden Objekt zu fassen. Mit einer klaren Flächenzonierung und Raumausbildung werden dabei die Teilräume hervorgehoben und die Raumkanten gestärkt. Das Konzept gestaltet den Festplatz als zentrale horizontale Achse des Quartiers. Mit einer durchgängigen, hochbelastbaren, gestalteten Asphaltoberfläche wird er zum multifunktionalen Freiraum. Die offene nördliche Kante erhält mit dem Platanenhain über der grünen Markt- und Überlaufparkplatzfläche einen räumlichen Abschluss. Das allseits präsente Rathaus dockt auf einem Platzrahmen aus großformatigen Betonplatten an den Festplatz an. Seine Eingänge und Zufahrten werden attraktiver, sichtbarer und erreichbar gemacht. Das Sport- und Kulturzentrum bildet mit seinen starken Rampen / Treppengeste den baulichen Schwerpunkt des südlichen Quartiers. Es öffnet sich mit der Treppe als einladende Geste zum Festplatz und bindet nahtlos an die seitlichen Straßenzüge an. Mit der Klärung der räumlichen Kubatur des Gebäudes erhält dessen Westeingang eine deutliche Attraktivitätssteigerung. Der Kulturgarten bespielt die Fläche als Grünes Entree zum Zentrum. Seine geschwungene Pflanzinseln mit hoher ökologischer Vielfalt und den Sitzbänken werden überstanden aus locker gesetzten blühenden Obstbäumen. Die Gartenanlage bildet dabei ein Gegenpol zum offenen Platzraum und einen Raum mit hoher Intimität und Geborgenheit als Eingangszone aus. Die Wildblumenwiese mit Obstbäumen fasst das Zentrum an der südlichen Kante. Einen besonderen Freiraum bildet der Patio des Zentrums aus. Dezent gefasst mit einem leichten Dach des Umganges wird ein offener und doch geschützter Hofraum geschaffen. Eine ebene Kiesfläche bildet das Tableau für Veranstaltungen und Feste. Locker verteilte Pflanzinseln aus Gräsern und Solitärsträuchern strukturieren die Fläche und verleihen ihre Leichtigkeit und Abwechselung.

Beurteilung durch das Preisgericht

Städtebau und Architektur

Der Wettbewerbsbeitrag zeigt eine klare räumliche Struktur und einen respektvollen Umgang mit dem Bestand. Die bestehende Turn- und Festhalle bleibt für die Sandhäuser Bürgerschaft erkennbar und wird durch eine Aufstockung mit Mehrzweckräumen gelungen zu einem Sport- und Kulturzentrum erweitert. Die erwünschten Synergien zwischen den verschiedenen Raumnutzungen und das Raumprogramm wurden strukturell gut durchdrungen und planerisch gekonnt umgesetzt. Die Raumanordnung lässt eine Wiedererkennung des Bestands zu.

Städtebaulich fügt sich das Gebäude durch die zweiseitigen Rücksprünge des Obergeschosses in die Umgebungsbebauung ein und bildet gegenüber dem mehrgeschossigen Sandhäuser Rathaus ein stimmiges Volumen. Die Fassade ist gestalterisch ansprechend und hochwertig ausformuliert. Eine konsequentere Gliederung von Bestand und Aufstockung hätte das Erscheinungsbild zusätzlich bereichert.

Das Sport- und Kulturzentrum öffnet sich durch seine Eingangssituation zum Festplatz und lädt den Besucher ein. Ähnlich dem Bestand werden die beiden Eingangsbereiche durch ihre räumliche Nähe und architektonische Ausgestaltung zum Nachteil einer klaren Adressbildung vermengt, in ihrer Anordnung funktionieren sie jedoch sehr gut. Die Einbindung in den umgebenden Freiraum und die landschaftsplanerische Neugestaltung des Festplatzes hätten konsequenter gedacht werden können. Insgesamt stellt dieser Wettbewerbsentwurf einen planerisch sehr durchdachten, gestalterisch gelungenen und ökonomisch umsetzbaren Ansatz dar.


Landschaftsarchitektur

Die Arbeit ist städtebaulich und freiraumplanerisch klar gegliedert. Ein Baumhain bindet den offenen Fest- und Parkplatz ein. Der Baukörper steht weiterhin im Norden „auf dem Platz“, wird auf den anderen drei Seiten grün und vegetativ gefasst. Der vorgeschlagene Gartenhof ermöglicht eine vielfältige Nutzbarkeit. Die südliche Grünfläche erscheint allerdings weiterhin als ungenutzte „Restfläche“ problematisch. Positiv wird die Terrasse im 1. OG gewertet.


Tragwerk

Das Tragwerkskonzept ist gut ausgearbeitet und durchdacht. Der Festsaal sowie ein Teil des östlichen Teils werden erhalten. Außerdem ist vorgesehen Teile der Gründung wiederzuverwenden.

Das bestehende Kellergeschoss wird weiterhin als Technikgeschoss verwendet. Der über dem Kellergeschoss liegende Neubau soll in seiner Tragstruktur an den Bestand so weit wie möglich angepasst werden, um möglichst gering in den Bestand des Kellergeschosses eingreifen zu müssen.

Das Erdgeschoss des zweigeschossigen Foyers sowie des westlichen Flügels soll in Massivbauweise errichtet werden, wobei auf die vorhandenen Gründungselemente Bezug genommen werden soll. So werden Streifenfundamente und Pfähle der Gründung wiederverwendet und die Kosten für die neue Gründung minimiert.
Aufgrund dieser Bauweise kann die neue Konstruktion einfach mit dem Bestand aus Stahlbeton verbunden und der Neubau einfach in den Bestand integriert werden. Auch die Aussteifung des Bestands kann durch die massive Bauweise und die Anbindung an den Neubau einfach realisiert werden.

Der Neubau erhält eine Stahlbetondecke und im Bereich des Foyers mit seinen größeren Spannweiten eine Holz-Beton-Verbunddecke. Dadurch können die Lasten aus dem in leichter Holzbauweise geplanten und mit Rück- und Vorsprüngen versehenen Obergeschoss gut abgetragen werden. Das 1. OG ist als leichte Holzkonstruktion in Holzrahmenbauweise vorgesehen. Aufgrund der gewählten Baumaterialien kann das Obergeschoss nachhaltig und sehr wirtschaftlich ausgeführt werden. Der einstöckige Bereich des Anbaus auf der West- sowie auf der Südseite wird ebenfalls in Holzrahmenbauweise vorgesehen, wobei der neue Multifunktionssaal mit HolzBrettschichtbindern überspannt wird.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass der Entwurf nicht nur ein durchdachtes Tragwerkskonzept durch den teilweisen Erhalt und die Einbindung des Neubaus in den Bestand sowie die Wiederverwendung der vorhandenen Gründung beinhaltet, sondern aufgrund der gewählten Materialien auch eine sehr nachhaltige und wirtschaftliche Lösung bietet.


Brandschutz

Das EG und das OG sind ohne brandschutztechnische Trennung dargestellt. Die Herstellung eines Deckendurchbruchs im Foyer ist zwar möglich, aber kostenintensiv und scheint zum Mehrwert in keinem guten Verhältnis zu stehen. Die Abtrennung der vorgeschlagenen Freitreppe ist erforderlich. Auch der Treppenraum G2 bedarf einer Abtrennung.


Energie und Klimaschutz

Das architektonisch-konstruktive Konzept schafft gute Voraussetzungen für die Erreichung der ambitionierten Klimaschutz-Ziele. Hervorzuheben sind das günstige Verhältnis zwischen Hüllfläche und Bruttorauminhalt, das Angebot an Dachflächen für die Solarenergiegewinnung und der energetisch vertretbare Anteil der Verglasungsfläche an der Hüllfläche. Hingewiesen wird auf die Optimierungsmöglichkeit des Anteils an Verglasungsflächen in Ost- / West-Orientierung im Hinblick auf den sommerlichen Wärmeschutz.

Das ausgearbeitete Energiekonzept überzeugt unter anderem durch die Nutzung mehrerer Wärme- / Kältequellen für die Wärmepumpe und eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung, für welche mit der Lüftungszentrale im 1. OG ein angemessenes Flächenangebot vorgesehen wurde. Es bleibt jedoch offen, wie der Kältebedarf des Gebäudes zu Spitzenzeiten im Sommer gedeckt wird. Die Idee zur Vorwärmung des Trinkwarmwassers über Solarthermie wird begrüßt, bleibt jedoch zu vage.