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Einladungswettbewerb | 09/2023

Quartiersentwicklung Ehemalige Daimlersiedlung in Stuttgart-Hallschlag

Perspektive Grüne Treppe

Perspektive Grüne Treppe

ein 2. Preis

Preisgeld: 22.912 EUR

ARP Architektenpartnerschaft Stuttgart GbR

Stadtplanung / Städtebau

MS Architekturmodelle

Modellbau

Erläuterungstext

ZUSAMMEN WACHSEN: Gemeinsam neue Wege gehen

Unter diesem Leitbild werden die unterschiedlichen Siedlungsteile der ehemaligen „Daimlersiedlung“ baulich ergänzt und mittels einer übergeordneten Freiraumplanung mit einer klaren Wegeführung und Freiraumgliederung zu einem unverwechselbaren und nachhaltigen Stadtquartier innerhalb des „Hallschlags“ vernetzt. Hierbei werden die charakteristischen Siedlungsteile als Zeugen der Städtebauleitbilder ihrer jeweiligen Entstehungszeit und unter Wahrung ihrer baulichen und freiräumlichen Identität weiterentwickelt. So entsteht die „neue Daimlersiedlung“.

Ziel ist es, bereits vor dem mittelfristig (in 15-20 Jahren) geplanten Neubau der bestehenden Tiefgarage das Bau- und Freiraumkonzept in seinen wesentlichen Zügen umzusetzen. Ein torsoartiger Interimszustand soll hiermit vermieden werden. Bauliche Ergänzungen im Westen und Osten stärken die jeweilige stadträumliche Situation sowohl der „Zeilensiedlung“ aus den 60er – Jahren im Westen als auch der in den 70ern in Anlehnung an die Bauten von Le Corbusier errichteten „Wohnmaschinen“. Wesentliche Konzeptbausteine sind hierbei der „Grüne Boulevard“, der sich zwischen den Gebietseingängen, den Grünen Entrées, im Westen und Osten erstreckt, die mit der dort geplanten Freitreppe, als Impulsprojekt, schon in der 1. Bauphase - vor dem Neubau der TG - die bestehende städtebauliche Barriere überwindet und die wichtige städtebauliche Verknüpfung zwischen den bestehenden und neuen Siedlungsteilen herstellt. An dieser wichtigen Nahtstelle soll zukünftig auch die neue Quartiersmitte entstehen. Senkrecht hierzu verlaufende Verbindungsachsen ergänzen das künftige rasterartige Wegenetz und sichern an den Rändern und im zentralen Bereich die enge Anbindung an die angrenzenden Wohnquartiere, die Sport-, Spiel- und Freiflächen sowie an Bus und Stadtbahn.

Der Prozess zur Umgestaltung gliedert sich in vier wesentliche Phasen. Jede Phase soll zusammen mit den Bewohnern als integrativer Prozess entwickelt werden. Dabei soll sich die Neugestaltung rücksichtsvoll in die bestehende Struktur einfügen und diese sinnvoll weiterentwickeln. Eine flexible Architektur und ein vielfältiges Freiraumangebot ermöglichen es in dem Quartier alt zu werden und in diesem zu wachsen.

Quartiersgarage als Chance
Der Auftakt bildet die Umgestaltung der bestehenden der Bestandsquartiersgarage an der Rostocker Straße. Der einst vom Auto dominierte, unübersichtliche Raum bekommt als Quartiersplatz eine neue soziale Funktion, die das Miteinander fördert. Das Landschaftselement integriert eine große urbane Freitreppe mit einer hohen Aufenthaltsqualität (Begrünung und Sitzmöglichkeiten). Des Weiteren wird eine von zwei Mobilitätsstationen integriert. Auf dem Landschaftselement selbst entsteht der Hallschlag Balkon und ein Kiosk lädt zum Verweilen ein. Der große Vorteil eines solchen Landschaftselementes: schon zu Beginn schafft man eine Verknüpfung beider Ebenen und steigert die Aufenthaltsqualität in hohem Maße. Ein Umzug ist nach dem Neubau der Quartiersgarage folglich nicht nötig.

Einbinden statt Überplanen
Die geplanten baulichen Ergänzungen fassen im Westen die bestehenden Freiräume im Bereich der Rostocker Straße zwischen den Zeilenbauten und bilden im Osten mit dem markanten „Artriumhaus“, als Teil eines eigenständigen Bauensembles, einen räumlichen Abschluss des großen Freiraums zwischen den mächtigen Wohnmaschinen. In der Phase A werden drei einzelne Baukörper, die die neu gestaltete Rostocker Straße begleiten, vorgeschlagen. Neben dringend benötigten Wohnraum kann sowohl die GWG, direkt an der Quartiersmitte, als auch ein 4-gruppiger Kindergarten seine neuen Räume beziehen. Neue, das bestehende Angebot ergänzende Wohnmöglichkeiten für unterschiedlichen Lebensentwürfe und Lebensphasen und quartiersbezogenen Gemeinschaftseinrichtungen ergänzen somit das Angebot mit dem Ziel für ein inklusives, lebendiges Stadtquartier.

Gemeinschaft durch Beständigkeit
Nachdem die Bestandsquartiersgarage abgebrochen und verkleinert wird, kann in der Bauphase im Zuge der Erneuerung der Tiefgarage ein weiteres markantes Gebäude in der Phase C die Nutzung an der Quartiersmitte vervollständigen - das neue „Quartiershaus“. Das Gebäude auf der neuen Quartiersgarage integriert einen gemeinschaftlich sowie für soziale Einrichtungen genutzten Sockel.

Mobilität und Verkehr
Das Gebiet der ehemaligen Daimlersiedlung ist gut an den öffentlichen Nahverkehr angebunden. Im Norden des Gebiets, entlang der Löwentorstraße, befinden sich die U-Bahn-Haltestellen "Bottroper Straße" und "Hallschlag" der Stadtbahnlinie U12. Des Weiteren gibt es östlich am Rand des Gebiets entlang der Bottroper Straße eine Bushaltestelle der Linie 56. Das Konzept sieht vor, konsequent den Fuß- und Radverkehr zu bevorzugen und schafft neue Wegeverbindungen quer durch das gesamte Quartier. Ergänzend zu den sozialen und sonstigen Einrichtungen sollen damit Anreize geschaffen werden, auf das Auto in Stuttgart zu verzichten. Es wird daher der erforderliche Stellplatzschlüssel in Anlehnung an die Stellplatzsatzung der Stadt Stuttgart reduziert.

Der Autoverkehr soll so schnell wie möglich in erdbedeckte Tiefgaragen verschwinden, die beiden Neubaubereiche im Osten und Westen sind daher mit einer Tiefgarage unterbaut. Öffentliche Besucherparkplätze an den Gebietseingängen fangen den Besucherverkehr ab, sodass der zentrale Bereich der Gesamtentwicklung weitgehend autofrei ist. Auch dies trägt zur Kindersicherheit bei.
Die bestehende Quartiersgarage wird zum Mobility Hub umfunktioniert und bietet neben der Reduzierung der Fläche, Angebote für Car- und Bikesharing. Gleichzeitig werden im vorderen Bereich die erforderlichen neuen und alten Fahrradabstellplätze nachgewiesen. Auch im Falle der Sanierung kann dieses Prinzip erhalten bleiben. Hier können durch gezielte Umwidmung von Garagenstellplätzen im Bestand können Bereiche für Großbäume zu geschaffen werden, die eine natürliche Beschattung bereits in den ersten 10 bis 15 Jahren ermöglichen.

Energie, Klima und Ökologie
Auf dem Areal der ehemaligen Daimlersiedlung wird ein ökologisches und nachhaltiges Quartier geschaffen. Wesentlicher Nachhaltigkeitsaspekt ist die Reduzierung der Flächen für Tiefgaragen und so möglichst viel unbebaute Freifläche zu genieren. Zusätzlich kann durch eine gezielte Stellung der Baukörper Raum für eine Durchlüftung geschaffen werden. Um die Folgen der Flächenversiegelung zu minimieren, werden Dach- und Fassadenbegrünungen, Erdüberdeckung, Begrünung der Tiefgaragen eingesetzt, wobei die kompakten Gebäude durch ihre Stellung den natürlichen Sonnenlichteintrag maximieren. Retentionsflächen werden in die Außenanlagenplanung integriert und Zisternen werden für die Bewässerung genutzt. Diese Maßnahmen fördern ein günstiges Mikroklima und bietet Ersatzlebensräume für Flora und Fauna.

Ziel des Energiekonzeptes für das neue Stadtquartier ist es, eine klimaneutrale Energieversorgung sicherzustellen. Die Installation eines Eisspeichers als zentrale Energieversorgung, eine Kombination aus Wärmepumpen und Solar- / Luftabsorbern auf den Dächern tragen zu einer zentralen und innovativen Energieversorgung bei. Der über die Dachflächen erzeugte Ökostrom wird für die Ladestationen in der Tiefgarage genutzt.

Freiflächen- und Wegesystem

Die Gestaltung der Freiräume schafft unterschiedliche Angebote für alle Altersgruppen im Sinne einer wohnungsnahen Alltagsvielfalt. Hierbei steht eine gute Orientierung im Quartier für die Bewohner und eine in Bezug auf den Klimawandel angepasste Gestaltung mit einem vielfältigen Angebot an „Schattenoasen“ (Baumdächer, Sonnensegel, begrünte „Stadtloggia“) und Wasserangeboten im Vordergrund.
Die unterschiedlichen Zeitepochen der Bestandsbebauung sollen mit einem großen grünen Band – Aktivitätsband – eingerahmt und miteinander verknüpft werden. Das Band knüpft dabei an die übergeordneten Wegeverbindungen an, bilden jedoch durch ihre Randlage intime und spannende Räume aus. Weiterer Gestaltungspunkt ist ein attraktives und gut gestaltetes Wohnumfeld für die Zeilenbauten zu schaffen, die Freiräume werden mit dem Aktivitätsband verknüpft, erhalten aber ihre eigenen intimeren Freiräume mit verschiedenen gemeinschaftlichen Nutzungen. Wiederkehrende Elemente im Freiraum, wie beispielsweise einheitliche Fahrradboxen, fördern darüber hinaus ein einheitliches Gesamtbild. Die neue grüne Freitreppe als identitätsstiftendes Landschaftselement mit dem daran gelegenen Quartiersplatz soll die Barriere zwischen Osten und Westen durch die zentral gelegene Quartiersgarage auflösen und neuer Dreh- und Angelpunkt des Quartiers werden. Durch ergänzende soziale Nutzungen entsteht ein attraktiver Freiraum für das Gesamtquartier für die künftigen Bewohner.

Die entfallenden Bäume werden durch die gezielte kompakte Setzung der geplanten Baukörper minimiert. Auf der freigewordenen Fläche aufgrund der Reduzierung der Tiefgaragenfläche können umfassende Baumneupflanzungen vorgenommen und so ausreichend Schattenflächen für die Bewohner geschaffen werden. Um den heißen Sommermonaten entgegenzuwirken, ergänzt ein Teich den angrenzenden Freiraum und macht das grüne Quartier mit seinem alten und neuen Baumbestand nach und nach zur neuen urbanen Mitte.

Architektur
Als Bauweisen werden Holz-Hybrid, monolithische und KS/Recycling-Beton in Kombination mit einem mineralischen WDVS vorgeschlagen. Für die Gebäude werden klare, ansprechende Fassaden vorgeschlagen. Die Gebäude sind modern und anspruchsvoll gestaltet. Ergänzt wird das Energiekonzept der einzelnen Baukörper durch die Integration von PV-Elementen in der Fassade. Die geplante Dach- und Fassadenbegrünung mindern zusätzlich die klimatischen Belastungen in den Sommermonaten.

Die Baukörper weisen kompakte Wohneinheiten und optimierte Fassadenflächen auf, was zu niedrigen Wärmeverlusten im Winter führt. Durch die optimale Ausrichtung der Wohnungen wird der natürliche Sonnenlichteintrag maximiert.

Wohnungen
Die Erschließung der Gebäude erfolgt über klar ausformulierte Eingangsbereiche, welche konsequent über den angrenzenden Freiraum aus erreichbar sind. Kinderwagen, Gehilfen und Fahrräder können im Erdgeschoss nachgewiesen werden. Die städtebauliche Grundkonzeption ermöglicht die Orientierung möglichst vieler Wohnungen hin zu den Grünräumen. Differenzierte Wohngrundrisse, Betreuungs- und Freizeitangebote bringen Menschen in allen Lebenslagen zusammen. Das gewünschte Gemenge kann nachgewiesen werden. Die Grundrisse bieten ein großes Maß an Flexibilität. So kann auf etwaige Veränderungen in der Zukunft reagiert werden. Die Dachterrassen werden aktiv bespielt, es kann gekocht, gelesen oder gespielt werden.

Beurteilung durch das Preisgericht

Den Verfasser: innen gelingt es, die bestehenden Stadtquartiere zu einem einheitlichen und vernetzten Ensemble im Stadtraum zu verorten.

Die inhaltliche Auseinandersetzung mit den äußeren Rahmenbedingungen ist wohltuend spürbar und legt den Grundstein für das Potential einer qualitätsvollen Quartiersentwicklung.

Im Freiraum werden zwei gut proportionierte Eingangsplätze an den richtigen Orten gesetzt, welche sehr gut und direkt von der Fußwegeverbindung von der U-Bahn und Bottroper Straße im Norden bzw. Osten kommen und von der Rostocker Straße im Westen kommend in das Quartier räumlich und gestalterisch einführen. Der Boulevard verknüpft in seiner Lage angemessen die beiden Eingangsplätze.

Entlang der Rostocker Straße wird der Boulevard von drei neuen Baukörpern gesäumt, welche die bestehende Zeilenbebauung stadträumlich spannungsvoll ergänzen.

Die Dimension und Ausgestaltung des Boulevards wird in Hinblick auf die Angemessenheit kontrovers diskutiert. Im Zentrum öffnet sich der Boulevard auf den Aufenthaltsqualität versprechenden Platz der neu gebildeten Quartiersmitte. Der Platz stellt einen angemessenen Rahmen für die hier verorteten Quartiersnutzungen dar, jedoch wirkt die sehr breit gestaltete Freitreppe für den Ort etwas überdimensioniert.

Der baukörperlichen Ausbildung des Entrees im Bereich der Bottroper Straße gelingt es jedoch leider nicht, eine identitätsstiftende und angemessene Antwort auf das städtebauliche Potential der Prägnanz der historischen Nachbarschaft zu geben.

Die hier vorgeschlagenen Baukörpertypologien aus Hof- und Dickhäuser lassen keine qualitätsvollen Wohnungsgrundrisse erwarten.

Die Funktionalität der Tiefgarage wird über alle Bauabschnitte gewährleistet.

Positiv beurteilt wird zudem das in die Nachbarschaften verknüpfende Fuß-und Radwegenetz durch das Quartier, insbesondere auch in Richtung Sport und Freizeit nach Norden, wenn es auch in seiner Struktur und Ausgestaltung etwas streng wirkt. Insgesamt werden großzügige und zusammenhängende halböffentliche und öffentliche Grün- und Freiräume geschaffen, die mit einer Vielzahl an Freizeitnutzungen wie z.B. Spiel- und Sportangeboten und Erholungsbereichen, für die Bewohnerschaft nutzbar und erlebbar sind.
Ebenfalls achten die Verfasser:innen auf einen größtmöglichen Erhalt an Bestandsbäumen und ergänzen diesen sinnvoll mit Baumneupflanzungen und ökologischen Aspekten wie Retentionsflächen und einem Teichbiotop.

Die mittlere Kompakt aller Baukörper ist überdurchschnittlich gut. Die Belichtung und Besonnung des Hofhauses wird wegen des engen Hofes und der teilweisen Verschattung durch das benachbarte Punkthaus kritisch gesehen. Das Aktivsolar-Potential auf den Dächern ist nachgewiesen, auf den Fassaden kommt es jedoch teilweise zu Verschattungen.

Die vorgeschlagenen Energiebausteine sind plausibel. Die angesprochene Holzhybridbauweise ist sinnvoll, wird jedoch nicht konkreter belegt.

Die Regenwassernutzung mit Zisternen wird grundsätzlich begrüßt, jedoch nur einen begrenzten Beitrag zu Bewässerung und Toilettenspülung leisten können.

Die Gründächer, der vorgeschlagene Teich und die Retentionsmulden werden positiv bewertet. An den Fassaden wird jedoch nur sehr ansatzweise eine Begrünung gezeigt, die nicht die Flächenvorgaben von mindestens 30% widerspiegelt. Es wird eine vergleichsweise niedere stadtklimatische Qualität erwartet, auch wegen des überdurchschnittlichen Versiegelungsgrades. Insgesamt besteht hier Optimierungspotential. Im Teilbereich 5 sollte die Windexposition des naheliegenden nördlichen Wohnscheibe gelegenen Punkthauses berücksichtigt werden.

Insgesamt stellt die Arbeit einen sehr gut ausgearbeiteten Beitrag mit aber unter dem Durchschnitt liegenden Werten der Flächeneffizienz und dem Angebot an Wohnfläche dar. In der Weiterentwicklung wäre der Zielwert von rd. 20.000 m² Wohnfläche anzustreben.

Im Bereich der Rostocker Straße und der neuen Quartiersmitte werden die bestehenden Strukturen äußerst behutsam ergänzt und geben eine gelungene Antwort auf eine künftige identitätsstiftende Quartiersentwicklung.

Jedoch vermag die gewählte Baukörperstellung im Bereich der Bottroper Straße keine Angemessene Antwort auf die Fragestellung der Fortschreibung der kraftvollen und ausdrucksstarken Wohnideologie der bestehenden Hochhausscheiben zu geben. Ebenso vermögen die angebotenen Wohnungstypologien in diesem Bereich nicht zu überzeugen.

Dennoch wird die Zusammenführung der bestehenden Strukturen zu einem divergenten und zusammenhängenden Quartier positiv gewürdigt.
Lageplan

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Präsentationsplan 01

Präsentationsplan 01

Präsentationsplan 02

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Präsentationsplan 03

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Präsentationsplan 04

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Modell

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