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Einladungswettbewerb | 09/2023

Quartiersentwicklung Ehemalige Daimlersiedlung in Stuttgart-Hallschlag

Lageplan

Lageplan

3. Preis

Preisgeld: 14.100 EUR

bogevischs buero

Stadtplanung / Städtebau

Studio Vulkan Landschaftsarchitektur

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Gesamtkonzept
Schreitet man durch den wunderbaren Grüngürtel aufs Grundstück, tritt man in eine andere Welt. Die Kraft der Nachkriegs-Moderne trifft einen in Mark und Bein.
Man sieht großzügige Freiflächen, üppige Bäume, ein freies luftiges Erdgeschoss, dass zum Flanieren einlädt und das alles wird gerahmt von 2 wunderbaren, fein gegliederten Riesen.
Alles scheint hier möglich.
Die Enge der Stuttgarter Gäschen weit weg, spaziert man über die grüne Mitte und wird doch plötzlich jäh in die Wirklichkeit zurückgepfiffen, wenn einer der Hausmeister einen ‚dezent‘ auf die rechtmässige Nutzung (nämlich die des Fernhaltens) der Grünflächen hinweist.

In der Mitte ist leer !
Und eigentlich steckt doch genau hier die Kraft; inmitten des starken Randes - eine aktive Mitte ! Hierin legen wir das Thema unseres Entwurfes, wir bilden eine Art Spielfeld auf dem Deckel der bestehenden und zu sanierenden Tiefgarage aus und ergänzen die ‚tote‘ Wiese um das Leben. Dabei nutzen wir den Bestand auch aus Gründen des Erhalts der grauen Energie und liefern eine Art Baukastensystem, mit welchem in den nächsten Jahren sukzessiv saniert werden kann.
Dort wo die Schäden am größten sind, nehmen wir Teile der Garage raus, erstellen innere Ränder und erhalten so ein fettes Pflanzbett in dem Bäume erster Wuchsordnung wurzeln können. An anderer Stelle entstehen auf dem sanierten Deckel Nutzflächen wie Gärten; Spielangebote oder auch mal ein Gemeinschaftspavillion.

Die Mitte wird aktiviert!
Die Kraft der großen Häuser greifen wir auf und setzen im Nordosten eine Art Abschlussbaustein, einen Turm, der mit dezenter Drehung etwas aus dem System zu brechen scheint und halten so wesentliche Teile des Grundstückes frei, womit es gelingt einen großen Teil des wunderbaren Baumbestandes im Norden zu erhalten.
Im Südwesten bilden wir mit einem Art Kantenhaus eine nutzbare Schwelle zu den tieferliegenden Bereichen der Riegelgebäude an der Rostocker Straße, auch hier kommt der Binnenraum zu einem Abschluss. Unter dem Gebäude verbindet eine große Freitreppe die beiden öffentlichen Räume. Die Tiefgaragenzufahrt wird dezent auf die Seite gerückt.
Beide die Mitte abschließenden Gebäude erhalten Nicht-Wohnnutzungen im Erdgeschoss.
Die Ergänzungsbauten an der Rostocker Straße sind zum Bestand versetzt und schaffen trotz der Ähnlichkeit der Häusersetzung zum Bestand eine raumbilden Wirkung, eine Art Abschluss der grünen Innenhöfe.

Nachhaltigkeitskonzept
Die Gebäude sind in einer nachhaltigen Bauweise geplant: alle Wohngebäude sind als Holzhybridbauten mit Stahlbetonskelett und vorgestellter Holzständerwand vorgeschlagen. Die erdberührenden Bauteile bestehen aus Recyclingbeton.
Zur Förderung der Biodiversität werden Nistkästen, Fledermausbretter und Insektenhotels in die Planung integriert. Für die Grünflächen werden ökologisch wertvolle Pflanzen ausgewählt. Die Beleuchtung wird insektenfreundlich gestaltet. Alle Dächer sind mit Photovoltaikanlagen geplant.

Energiekonzept
Es entstehen kompakte Baukörper, die einen geringen Fußabdruck hinterlassen. Große Teile des Baumbestandes können erhalten werden. Der ökologische Fußabdruck wird dadurch auch positiv beeinflusst.
Dank hoch wärmegedämmter Hüllen kann der Heizwärmebedarf minimiert werden.
Um das Quartier mit erneuerbarer Energie zu versorgen, wird mit Sonnenenergie und Wasser gearbeitet. Der Strom wird mittels Wärmepumpe zum Beheizen der Räume genutzt. Dabei wird insbesondere in den Gewerbefläche auf aufwändige Lüftungsanlagen verzichtet, durch eine Betonkernaktivierung werden die
Decken als Grundheizung und im Bereich der Gewerbeflächen auch zur Spitzenlastkühlung verwendet werden. Die Wärme/Kühlung wird über Erdsonden mit Wärmepumpen generiert, der Strom wird auf den Dächern und an den Fassaden erzeugt.

Freiraumkonzept
Die ehemalige Daimlersiedlung am Hallschlag ist vom Freiraum und raumbildendem Baumbestand geprägt. Die ausgewachsenen Großbäume vermitteln die großen Volumen der Baukörper in den Stadtraum und wirken wie ein durchlässiger Filter zwischen den offenen Wiesenflächen und der Nachbarschaft. Der Freiraumentwurf baut auf diesen spezifischen Qualitäten auf und entwickelt sie weiter. Mit behutsamen städtebaulichen Setzungen kann der vorhandene Baumbestand weitestgehend erhalten werden und bildet auch für die Neubauten eine imposante grüne Kulisse. Nur durch kleinere Eingriffe in die Erschließungsfigur wird die Wegestruktur verbessert und das wohnungsnahe Freiraumangebot wird durch zeitgemäße Nutzungsbereiche ergänzt. Die funktionalen Nebenbereiche für Müllentsorgung und Fahrradparken sind in den grünen Rahmen integriert. Es entsteht eine zusammenhängende Freiraumfigur, die die übergeordneten Grundsätze des Masterplans aufnimmt und Bestands- und Neubauten als ein gestärktes Quartier ablesbar macht.

freiraum - wohnen im westen
Die neuen Baukörper im westlichen Quartier adressieren sich zur Rostocker Straße. Sie bildet den Eingang in das nachverdichtete Wohnquartier. Mit einer durchgängigen Begrünung, Zonen für Kurzzeitparken, Bereichen für Fahrradparken und integrierten Aufenthaltsbereichen wird die Rostocker Straße zur verkehrsberuhigten Wohnstraße mit erhöhter Freiraumqualität weiterentwickelt. Eingebettete Grünflächen können das anfallende Regenwasser aufnehmen und gliedern den Straßenraum. Ein wasserdurchlässiges Wegenetz erschließt die Grünbereiche zwischen den Wohnzeilen und aktiviert den Freiraum. Artenreiche Blühwiesen und gemähte, nutzbare Rasenflächen schaffen ein vielfältiges Vegetations- und Nutzungsangebot. Die Freiflächen können das auf den Dächern anfallende Regenwasser aufnehmen und lokal versickern.

freiraum - wohnen am feld
Das Feld, das sich zwischen den beiden Bestandshochhäusern und dem neu gesetzten Hochhaus im Nordosten aufspannt bildet das Herz des Quartiers. An diesem großen, offenen und zugänglichen Freiraum findet sich die neue und die vorhandene Nachbarschaft zusammen. Das Feld wird von einem Belagsrahmen gefasst. Als Erschließungszone bindet er die Erdgeschosse an und reagiert auf die
räumlichen Gegebenheiten. Ein rasterartiges Wegenetz aus Haupt- und Nebenwegen schafft ein Grundgerüst, und erschließt das Feld in die Tiefe. In diese flexible Grundstruktur werden Gemeinschaftsgärten, artenreiche Blühwiesen, Spielrasenflächen, Bienenweiden und Flächen für Sport und Erholung eingewoben. Kleine Bauten für soziale und gemeinschaftliche Nutzungen markieren Treffpunkte in der Struktur. Ein lebendiges Band aus vielfältigen Nutzungen entsteht.
In der Bestandssituation ist die große Freifläche beinahe vollständig unterbaut und in Teilflächen versiegelt. Im ersten Schritt werden die bestehenden Belagsstrukturen zurückgebaut und das grüne Grundgerüst angelegt. Im Endausbau werden einzelne Parkfelder aufgelöst und die Unterbauung „perforiert“. In diese ertüchtigten, unterbauungsfreien Bereiche kann Regenwasser versickert und strukturgebende Baumpflanzung integriert werden. Baumreihen und Baumgruppen als raumbildende Elemente unterstreichen die Freiraumstrukturen. Dabei tragen die Bäume durch Verschattung und Transpiration auch zur Verbesserung des Mikroklimas bei. Die geplanten Baumpflanzungen werden auf das Raster der Bestandsgarage ausgerichtet. Im früheren Ausbaustadium sind keine vorbereitenden nötig und die Umsetzung kann flexibel und je nach tatsächlichem Stellplatzbedarf erfolgen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Leitgedanke des Entwurfs ist es, zwischen den bestehenden Wohnhochhausscheiben eine aktive grüne Mitte zu schaffen und als Abschlussbauwerk einen markanten, das Gesamtgebiet überragenden Wohnturm mit 61m Höhe zu positionieren. Dieser wirkt durch seine Dimensionierung identitätsstiftend sowohl für das bestehende Quartier als auch für den gesamten Stadtteil Hallschlag. Er bildet ein Ensemble mit einem kleineren Baustein. Diese beiden Elemente sind in der städtebaulichen Gesamtkonzeption sinnvoll gesetzt und stellen einen gelungenen Abschluss des östlichen Quartiersrandes dar. Die Grundrisse erscheinen plausibel gelöst und sind durchgehend gut belichtet. Allerdings wird das durch die Fuge entstehende Gegenüber von Aufenthaltsräumen vom Preisgericht als kritisch bewertet. In den Erdgeschosszonen sind Gemeinschaftseinrichtungen untergebracht.

Im westlichen Bereich wird die Raumkante zur Rostocker Straße durch vier neue Punkthäuser gegliedert, die schlüssig zwischen den einzelnen Wohnzeilen angeordnet sind. Die Rostocker Straße selber ist nach wie vor mit dem KfZ befahrbar und dient der Erschließung der Quartiersgarage.

Die freiräumliche Verzahnung der neuen Gebäude mit den Grünflächen lässt attraktive Freiräume mit hoher Aufenthaltsqualität für die Bewohnerschaft entstehen.

Die Geschossigkeit dieser neuen Punkthäuser mit durchgängig sieben Geschossen leistet einen nennenswerten Beitrag zur Wohnraumschaffung, stellt aber einen gewissen Maßstabssprung zur Bestandsbebauung dar. Die vorgesehenen Wohnungen sind mehrseitig orientiert und versprechen eine angenehme Wohnsituation.

Den Abschluss der Rostocker Straße bildet ein Quartiersplatz, über den gleichzeitig die einzige Zu- und Abfahrt zur Bestandstiefgarage führt. Der Entwurf bietet keine zusätzliche Zu- und Abfahrt zur Bestandstiefgarage über die Bottroper Straße. Dies macht bereits im 1. BA weitreichende Umbaumaßnahmen im Bereich der Bestandstiefgarage erforderlich, deren Realisierbarkeit in Frage gestellt wird. Der mit dieser Lösung verbundene Mehrwert für die Wohnqualität und den öffentlichen Raum wird nicht ganz ausgeschöpft. Die Rostocker Straße wird dadurch zusätzlich stark verkehrlich belastet und in ihrer Aufenthaltsqualität eingeschränkt.

Der Quartiersplatz wird baulich gefasst durch ein 3-geschossiges Gebäude, das als Mobility-Hub mit Mieterbüro und Nebenanlagen dient. Des Weiteren stellt es durch eine Treppenanlage den Übergang zum höher gelegenen Dach der Tiefgarage dar. Dieses wird durch geometrisch angeordnete Grünflächen mit unterschiedlichen Ausstattungselementen wie z. B. Biotopen, Retentionsflächen und Liegewiesen gegliedert.

Die TG wird auch im perspektivischen Ausbau vollständig erhalten bleiben, allerdings soll sie an zahlreichen Stellen perforiert werden, um Baumpflanzungen mit Bodenanschluss zu ermöglichen. Diese Konzeption wird als äußerst fragwürdig beurteilt, weil sie zum einen nur eine geringe ökologische Wirksamkeit hat und zum anderen die Wirtschaftlichkeit und Effizienz der TG deutlich einschränkt.

Weiteres Element des perspektivischen Ausbaus ist die Arrondierung der bestehenden Wohngebäude im Norden durch einen dritten Baukörper.

Die mittlere Kompaktheit aller Baukörper ist gut. Das Aktivsolar-Potenzial der Dächer und Fassaden ist auf den Plänen nicht ausreichend erkennbar. Es sind Ansätze für ein Energiekonzept vorhanden. Die vorgeschlagene Holzhybridbauweise und der Einsatz von Recyclingbeton sind sinnvoll.

Der kleine Fußabdruck der Gebäude ist zwar ein Beitrag zur stadtklimatischen Qualität. Es wird aber keine Architektur gezeigt und damit auch keine Begrünung der Fassaden dargestellt, wodurch das Biodiversitätspotential und der Stadtklimaindex nicht prüf- und beurteilbar sind.

Insgesamt leistet die Gesamtkonzeption insbesondere mit der städtebaulichen Setzung des Hochpunktes im Osten einen wertvollen Beitrag für die Quartiersentwicklung im Hallschlag. Allerdings überzeugt der Umgang mit dem fließenden und dem ruhenden Verkehr nicht. Ein baulicher Eingriff in die Tragstruktur der Bestandstiefgarage im BA 1 ist konstruktiv nicht möglich. Der mit dieser Lösung verbundene Mehrwert für die Wohnqualität und den öffentlichen Raum ist für das Preisgericht nicht nachvollziehbar. Die zusätzlich entstehende Wohnfläche ist in der Gesamtschau der vorgelegten Entwürfe eher gering. In der Weiterentwicklung wäre der Zielwert von rd. 20.000 m² Wohnfläche anzustreben. Ein vermittelnder Übergang zwischen westlichem und östlichem Quartiersbereich wird weder über die Architektur noch über den Freiraum geschaffen.
Konzept

Konzept

Baumerhalt

Baumerhalt

Erschließung und Brandrettung

Erschließung und Brandrettung

Regenwassermanagement

Regenwassermanagement

Grundrissausschnitt Nachverdichtung

Grundrissausschnitt Nachverdichtung

GrundrissausschnittSpielfeld

GrundrissausschnittSpielfeld

Schnitt Spielfeld mit Quartiersgarage

Schnitt Spielfeld mit Quartiersgarage

Schnitt Gesamtquartier

Schnitt Gesamtquartier