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Offener Wettbewerb | 09/2023

Instandsetzung Betriebsgebäude Seepolizei und Schifffahrtskontrolle Oberrieden (CH)

1. Rang / 1. Preis

Preisgeld: 75.000 CHF

Bischof Föhn Architekten ETH SIA

Architektur

B3 | Engineering und Management am Bau

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Beurteilung durch das Preisgericht

Das architektonische Konzept leistet einen wesentlichen Beitrag zum sensiblen Ortsbild. Die Durchlässigkeit der Freiräume wird gestärkt, auf die kleinmassstäbliche Siedlungsstruktur wird geachtet und der Seeuferweg wird integriert. Das instandgesetzte Bestandsgebäude wird mitsamt den neu gestalteten Freiräumen sichtbarer Teil der übergeordneten Seeuferanlage.

Die bestehende Struktur wird so weit wie möglich erhalten, vorhandene Räume werden umgestaltet und weitergenutzt. Um aufwendige Pfahlfundamente zu vermeiden, wird auf eine Aufstockung verzichtet. Stattdessen schlagen die Projektverfassenden zur Seestrasse hin einen kompakten zweigeschossigen Erweiterungsbau vor. Das Konzept sieht für alle Baumassnahmen ein schonungsvolles Vorgehen vor. Vom Rohbau bis zum Ausbau werden Bauteile vom Bestand oder von anderswo wiederverwendet und eingebaut. In vier isometrischen Darstellungen werden die Phasen vom Rückbau bis zur Fertigstellung plausibel aufgezeigt. Diese interessante Strategie bestimmt mitunter das neue architektonische Erscheinungsbild des erweiterten Betriebsgebäudes. Gekonnt werden die verschiedenen und vielfältigen neuen Elemente spielerisch collagiert und auf überzeugende Art und Weise mit dem Bestand zusammengefügt.

Die südöstlich gelegene, öffentliche Zone erhält eine adäquate Vorplatzgestaltung. Der seitlich angeordnete Haupteingang ist gut auffindbar und mit einem markanten Vordach gekennzeichnet. Eine zweigeschossige Eingangshalle schafft Orientierung und Überblick für Mitarbeitende, Kundinnen und Kunden. Direkt daneben und seeseitig platziert befinden sich gut auffindbar die Kundenschalter der Schifffahrtskontrolle. Ein gegenläufiges Treppenhauspaar trennt Seepolizei und Schifffahrtskontrolle, die kompakt auf zwei Geschossen und völlig nutzungsgetrennt organisiert werden. Die so erweiterte Gebäudestruktur ermöglicht auch zukunftsperspektivisch eine flexible Einteilung und Nutzung der Räume. Die Aufenthaltsräume von Seepolizei und Schifffahrtskontrolle haben Zugang zu einer gemeinsamen Terrasse mit Blick zum See. Im Erdgeschoss des Erweiterungsbaus befinden sich strassenseitig die Garagenplätze sowie die Material- und Ausrückräume der Seepolizei. Da vorgesehen ist, die Haustechnik aufs Dach zu verlegen, können die Räume im Untergeschoss für die Garderoben umgenutzt werden.

Trotz der nutzungsbedingten Einschränkungen wird ein pragmatisches Freiraumkonzept vorgeschlagen, das die Seeuferanlage stärkt und durch gezielte Bepflanzungen den Grünraum besser mit der Umgebung vernetzt.

Die bestehenden Tragwerke werden weitgehend unverändert beibehalten und wo nötig behutsam ergänzt. Der Ergänzungsbau ist als Stahlskelett ausgebildet, das mit Holz-Elementdecken ausgefacht wird. Zur Verbesserung der Gebäudestabilität wird die bestehende Bodenplatte nach Süden kraftschlüssig ergänzt und mit Schrägpfählen im Baugrund verankert. Die analoge Massnahme im Bereich des Eingangs entlang der Südwestfassade steift den seeseitigen Bereich des Bestandes wirkungsvoll aus. Das Tragwerkskonzept entspricht dem architektonisch respektvollen Umgang mit dem Bestandsbau und zeichnet sich durch einen ebenso pragmatischen wie wirkungsvollen Einsatz der Mittel aus.

Das vorgeschlagene Projekt zeugt von einem grossen Verständnis für die Bedeutung der Nachhaltigkeit und wie diese realisiert werden kann. Der Eingriff in den Bestand ist äusserst zurückhaltend, was zu sehr tiefen Treibhausgasemissionen in der Erstellung führt. Zurückgebaute Bauteile werden lustvoll und gekonnt vor Ort wiederverwendet. Die Fassadenbekleidungen aus Metallprofilblech und Eternit sind aus ReUse angedacht, Neubauelemente sind ressourcenschonend materialisiert. Die Übergänge zwischen Bestand und neuen Anbauten weisen Lücken im Dämmperimeter auf; die Voraussetzungen für einen energieeffizienten Betrieb sind abgesehen davon aber sehr gut. Die Behaglichkeit dürfte in allen Jahreszeiten gewährleistet sein. Leider ist ein Grossteil der Erschliessungsflächen ohne Tageslicht ausgebildet. Die Kreislaufwirtschaft wird durch eine konsequente Systemtrennung ermöglicht.

Das Projekt überzeugt mit dem kompaktesten Bauvolumen, wie auch dem bescheidensten Flächenkonsum. Es weist eine hohe Flächeneffizienz und einen tiefen Verglasungsanteil in der Fassade auf. Dank behutsamem Umgang mit dem Bestand und wenig Eingriffen resultieren tiefe Erstellungskosten und attraktive Kostenkennwerte.

Das Sicherheits- und Trennungskonzept der beiden Organisationen wird vorbildlich umgesetzt. Der polizeilich-logistische Ausrückprozess zu See, Land und Luft ist sehr gut organisiert.
Allerdings sind einzelne Justierung bei der Raumverteilung vorzunehmen, im Speziellen betreffend die Platzierung des Raumes für das Tauschmaterial. Weitere, wünschenswerte
Optimierungen ergeben sich bei der Anbindung von Kader- mit den Mannschaftsräumen, bei der Platzierung des Ruheraumes sowie bei der Seeübersicht für Mannschaft und Kader. Das Projekt wird so zu einem sinnvollen und arbeitsalltagspraktischen Arbeitsort für die Mitarbeitenden der Seepolizei werden. In diesem Infrastrukturgebäude, in welchem auch zentrale Ausbildungen für Taucherinnen und Taucher von anderen Polizeikorps der Schweiz durchgeführt werden, kann effizient und zielorientiert geschult und gearbeitet werden.

Die vorgeschlagene Anordnung und Funktionalität der Räumlichkeiten der Schifffahrtskontrolle weisen diverse Unstimmigkeiten auf, welche durch Umorganisation zu beheben sind. So liegt beispielsweise der Schalterraum der Mitarbeitenden nicht wie gefordert neben den Büros des Standortleiters und der Expertinnen und Experten. Auch muss der Aussenschalter barrierefrei zugänglich sein und ebenso soll ein Zugang für Kundinnen und Kunden zum Kranbetrieb vorgesehen werden. Wünschenswert ist zudem eine Optimierung der Wege zur Mole. Es sind grundsätzlich kurze Wege für alle relevanten betrieblichen Verbindungen vorzusehen, so liegen beispielsweise die Räumlichkeiten der Expertinnen und Experten und der Mitarbeitenden weit voneinander entfernt.

Die Verfassenden erkennen die Qualität des Betriebsgebäudes der Seepolizei und Schifffahrtskontrolle von Jakob Eschenmoser und finden für die Gesamtinstandsetzung einen respektvollen, intelligenten, architektonisch inspirierenden, nachhaltigen und auch äusserst effizienten Umgang. Diese Haltung widerspiegelt sich auch eindrücklich in den Zahlen. Der Entwurf beansprucht für die planerische Umsetzung am wenigsten Geschossfläche und kommt mit den tiefsten Anlagekosten aller Wettbewerbsbeiträge aus. Das Nutzerkonzept hingegen weist gewisse Friktionen auf, die den Betrieb noch nicht ganz optimal gestalten lassen.