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Nichtoffener Wettbewerb | 10/2023

Wohnungsneubau Leo 11 in Ditzingen

Modellfoto

Modellfoto

3. Preis

Preisgeld: 8.000 EUR

Waechter + Waechter Architekten BDA PartmbB

Architektur

TERRABIOTA Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

EINGESCHMIEGT
In dem heterogenen von Maßstabssprüngen geprägten städtebaulichen Geflecht bildet das punktförmige ‚Haus der Begegnung‘ eine ruhige Raumkante als Abschluss des hinteren Rathausplatzes und zugleich Umlenkpunkt der Leonberger Straße. In der Körnigkeit, den Kantenlängen und der Höhe schmiegt sich der viergeschossige Baukörper wie selbstverständlich ein in die Morphologie, mit schwach geneigtem Dach dennoch niedriger als das Gegenüber.

GRÜNER ORT DER BEGEGNUNG
Der rückwärtige Rathausplatz mit den Freiflächen um den neuen Stadtbaustein wird als erweiterter Garten und sozialer Begegnungs- und klimagerechter Aufenthaltsraum entwickelt und bildet damit einen grünen und auch blühenden Kontrast zum steinernen, eher versiegelten großen Rathausplatz. Die Nahbereiche um das ‚Haus der Begegnung‘ verzahnen fließend private Bereiche wie den Südgarten mit Kontaktzonen vor den Gebäuden über die grüne Platzfläche in den öffentlichen Raum. Reduziertes Tempo, Aufenthaltsqualität und ungezwungene Begegnungsflächen stehen hier für die Menschen im Fokus. Ein durchgehender ruhiger Platzbelag visualisiert den Vorrang für eine fußläufige Nutzung.

GEMEINSAMER GARTEN
Die wertvolle und ortsbildprägende Kastanie bleibt erhalten und bildet den identifikationsstiftenden Mittelpunkt im gemeinsamen Garten zwischen dem ‚Haus der Begegnung‘ und dem Bestand Haus 13, der einlädt zum Treffen. Aufgrund der Höhenlage teilt sich dieser eher intimere Rückzugsort auf in zwei Ebenen mit ebenerdigem barrierefreiem Anschluss zum südlichen Wohneingang und mit Rampen (<6%) angebundenem oberen Eingangsniveau von Haus 13.

BEGEGNEN
Schaufensterartig sind die städtischen Veranstaltungs- und Gruppenräume der sozialen Dienste und Einrichtungen zum öffentlichen Raum geöffnet, der in die Nutzung miteingebunden werden kann. Die Einblicke in die bunte Vielfalt im Inneren machen neugierig und laden im Sinne der Inklusion Bürger mit und ohne kognitive oder mobile Einschränkung oder psychischer Erkrankung ein zur Begegnung, Beteiligung und Austausch. Auf Platzebene sind die vielfältig bespielbaren Räume zum mittigen Foyer zu öffnen und über dieses miteinander koppelbar; über einen Luftraum mit Freitreppe sind auch die Räume im Obergeschoss räumlich mit dem Foyer verknüpft.

GEMEINSAM WOHNEN
Die Gemeinschaft steht im Mittelpunkt. Um die Begegnung und den Austausch zwischen den Bewohnern zu ermöglichen und zu fördern sind die barrierefreien und rollstuhlgerechten Wohnungen in den beiden Ober-geschossen um eine gemeinsame Mitte als Herz angeordnet; stirnseitig liegt der Gemeinschaftsraum mit offener Küche zum Mitmachen (+4) bzw. das Büro (+3). Die Grundrisse sind klar geschnitten mit vielfach nutzbaren und gut möblierbaren Räumen sowie minimierten bzw. zum Wohnen mitnutzbaren Verkehrsflächen. Die vorgelagerten, gut nutzbaren Loggien erweitern als Außenzimmer die Wohnungen und leiten filterartig zum öffentlichen Raum über. Die Erschließung erfolgt unabhängig der städtischen Nutzungen aus dem gemeinsamen Garten zu Haus 13 dem Geländeverlauf folgend mit etwas höherem Niveau. Der Aufzug ist jeweils aus den beiden Nutzungseinheiten getrennt über einen Schlüsselschalter nutzbar.

RESSOURCENSCHONEND IN HOLZ
Bei der Materialwahl sind die Nachhaltigkeit, der Lebenszyklus und die Schonung der natürlichen Ressourcen besonders berücksichtigt. Das klare, über die Geschosse durchgehende Konstruktionssystem aus Tragschotten mit wirtschaftlichen Spannweiten ist einfach herstellbar. Die Decken und mittigen Tragachsen werden ressourcenschonend in tragenden Brettsperrholzelementen (CLT) gedacht, der Schallschutz wird über geeignete Schüttungen (z.B. Lehm) sichergestellt, so dass alle Bauteile zirkular trennbar sind. Alle weiteren Elemente sind nichttragend und damit jederzeit bei wechselnden Anforderungen veränderbar.

ENERGIE SPAREN
Die Kompaktheit und das sehr günstige A/V Verhältnis erlauben energetisch sehr geringe Transmissions-wärmeverluste. Die Beheizung erfolgt energetisch sinnvoll über eine Fußbodenheizung, so dass die Speichermasse in das Energiekonzept eingebunden werden kann und im Inneren keine die Nutzung störende Heizkörper erforderlich sind. Effiziente Anlagentechnik (Wärmerückgewinnung, Niedertemperatursysteme etc.) und ein in der Herstellung und im Betrieb wirtschaftliches, dezentrales Haustechnikkonzept mit Luftwärmepumpe und Photovoltaik ergeben insgesamt einen sehr guten Energiestandard (>KfW40).

AUSDRUCK - EINFACH
Die sachliche, unaufgeregte, aus der Logik des Holzbaus abgeleitete Einfachheit bestimmt den Ausdruck; dennoch nach innen und außen ein identitätsstarkes Gebäude, das sich unaufgeregt in die Heterogenität des Umfelds integriert. Die Anmutung innen und außen lebt von der Schönheit des Holzes, dessen Textur die Geschichte des Wachstums und dessen Patina die des Gebrauchs erzählt. Im Inneren sind die Holzbauteile weißlich hell geölt und geseift, außen vergrauen die Holzschindeln silbrig, bilden eine Einheit mit den leichten, wellförmigen Blechen des Dachs und fügen sich in den Material- und Farbkanon des Bestands ein. Die geschuppten, durch den rhythmischen Wechsel der Öffnungen gegliederten Längsfassaden nehmen Bezug zu den gestuften Fassaden der historischen Bestandsbauten. Die Stirnseiten werden durch die filigranen Loggien und die Markisen der Wohnnutzung entsprechend belebt. Durch die raumhohen und bodentiefen Verglasungen zu den Loggien sind die Veranstaltungsräume und Wohnräume auch in der Tiefe hell und lichtdurchflutet. Sämtliche Oberflächen sind strapazierfähig und so für die Nutzung dauerhaft geeignet.

ENTFLECHTEN
Am Haupteingang des Rathauses im Kreuzungsbereich Gerlinger/Leonberger Straße wird die zweite Zufahrt zum Parkplatz am Kreuzungspunkt geschlossen, um Geh- und Fahrbereiche zu entflechten und die Durchgängigkeit einer sicheren Wegebeziehung für Fußgänger- und Radfahrer*innen ‚am Laien‘ und entlang der Gerlinger Straße zur Kita und Wilhelmschule zu stärken.

Beurteilung durch das Preisgericht

Selbstbewusst im Stadtraum präsentiert sich der streng orthogonale viergeschossige Baukörper einerseits als Gegenüber des Rathauses, andererseits im qualitätvollen und gegliederten Freiraum des Platzes und dem Gartenhof.
Typologisch als Atrium in konsequentem Holzbau konzipiert, beeindruckt der Stadtbaustein durch seine minimalistische und präzise Grundrissorganisation. Der Duktus der Grundrissstruktur wird kontrovers diskutiert. Während einerseits die großzügigen Erschließungsbereiche des gedeckten Atriums honoriert werden, Orte der zufälligen Begegnung und der Gemeinschaft, wird aber auch der Charakter eher mit einem Wohn-heim als einem Wohn-haus assoziiert, das eher ein introvertiertes Wohnen erwarten lässt.
Die Wohn- und Gemeinschaftsbereiche erscheinen dennoch in Proportion und Orientierung gut gegliedert und organisiert. Die gelungene Fassade aus einem Wechsel aus zur Rettung nutzbaren, schmalen Balkonbändern, die in der Nutzung als Balkon eingeschränkt wirken, und der präzisen Lochfassade mit Schindeldeckung samt konstruktivem Holzschutz unterstreicht die minimalistische Gesamtkonzeption, zugleich verstärkt sie aber auch den seriellen und daher an ein Wohnheim erinnernden Gesamtcharakter. Die Ausrichtung der Balkonzone wirkt rigide und gleichförmig, befördert nicht die Wirkung und Adresse.
Auch wirken die öffentlichen und privaten Eingänge nach Außen hin unscheinbar und unterdimensioniert, wenngleich sich jeweils angemessene Entrées und Eingangssituationen im Inneren anschließen.
Die Ansätze zu Kompaktheit, Ressourcenschonung, Energieeffizienz und reduziertem Materialeinsatz werden begrüßt.
Die Bezüge vom Haus zum Freiraum erscheinen im Entwurf vernachlässigt. Eine barrierefreie Zuwegung zum Kastanienhof ist nicht zu erkennen, ursächlich durch die Intention den Baukörper niveaugleich im Stadtraum zu platzieren.
Die Zufahrt zur Parkierung im Hof wirkt unterdimensioniert.
Der Entwurf als ein wertvoller Beitrag in der Diskussion um eine sensible Organisation eines sich gestalterisch zurücknehmenden Stadtbausteins empfunden. Besondere Würdigung erfährt die schlichte und reduzierte Prägung der äußeren architektonischen Erscheinung mit Blick auf Relevanz und Wesentliches.
Freianlagen
Die Idee, einen Grünraum von der Kirche bis in den Hof des Gebäudes zu ziehen und entsprechend zu formalisieren (Einzelbäume mit Sitzbänken) schafft dem Gebäude zwar ein dienliches Umfeld, wird aber der städtebaulichen Situation und den unterschiedlichen Atmosphären von Platz und Gartenhof nicht gerecht. So überformt die Arbeit auch die vorhandene Hofgartensituation zu stark. Die Verlegung der Erschließung auf die Südseite des Gebäudes führt zu einer weiteren Versiegelung in diesem Bereich. Der Garten selbst wird angeschnitten und formal vom Gebäude abgesetzt ohne dass ein Mehrwert für das Ensemble deutlich wird. Eine Verknüpfung mit dem Gebäude wie auch eine barrierefreie Erschließung aus dem Gebäude heraus sind nicht gegeben. Auch ist durch Eingriffe in den Bodenbereich von einer Schädigung der Kastanie auszugehen.

Energie und Nachhaltigkeitskonzept
- Sinnvoller Einsatz von Holz als Baustoff
- Gute Tageslichtversorgung der Kernzonen durch das Atrium
- Natürliche Querlüftung über Atrium möglich – jedoch im Sinne des Schallschutzes schwierig umsetzbar im Betrieb
- (zu) hoher Verglasungsanteil an Nord-Ostfassade, geringer Verglasungsanteil Süd-Ostfassade.
- 1/3 der für Wohnraum attraktiven Süd-Ostfassade durch Treppenhaus belegt
- Nutzung des Laubengangs bei aktiviertem außenliegendem Sonnenschutz schwierig.
- Lüftungskonzept Veranstaltungsräume mit dichter Belegung unklar.
- Energiekonzept mit Außenluft-Wärmepumpe. Aufstellort der Außenlufteinheit unklar.
- Keine Regenrückhaltung auf den Dachflächen ersichtlich. Ein Regenrückhaltungskonzept muss noch ausgearbeitet werden
Lageplan

Lageplan

Grundriss Erdgeschoss

Grundriss Erdgeschoss

Grundriss 2.Obergeschoss

Grundriss 2.Obergeschoss

Schnitt

Schnitt

Nordansicht

Nordansicht

Ostansicht

Ostansicht

Dreitafelprojektionen

Dreitafelprojektionen