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Einladungswettbewerb | 10/2023

Klimaanpassung im Wohnungsbau - Modellvorhaben Kolpingstraße in Deggendorf

Anerkennung

Preisgeld: 8.000 EUR

mia2 Architektur ZT GmbH

Stadtplanung / Städtebau

rajek barosch landschaftsarchitektur

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Landschafsplanerischer Ideenteil
Zentrales landschafsplanerisches Element des Bearbeitungsgebietes „Ideenteil“ ist die „Deggendorfer Aussichtswiese“.
Die Hügel um die Stadt Deggendorf sind meist bewaldet oder landwirtschaflich genutzt. Das Potenzial des Klosterberges ist das freie Feld, der freie Blick über die Stadt und die sanfe Form der Hügelkuppe.
Mit unserem Gestaltungsvorschlag werden diese Qualitäten weitgehend erhalten. Die Wiese soll zum Spielen, Spazieren, Drachensteigen, Laufen oder Rodeln im Winter für alle Deggendorfer nutzbar werden. Im Rücken der Wiese soll ein Waldsaum mit heimischen Laubbäumen, Föhren und Lärchen entstehen, und so der Wiese Schutz und Schatten geben.
Am Hang zur Stadt nach Norden und Westen schlagen wir die Anschüttung kleiner Geländeterrassen vor. Ähnlich der aktuellen Hangkante sollen hier „Wallhecken“ entstehen, also heimische Heckengehölze wie Hagebutte, Wildrosen, Haselsträucher, etc. mit vereinzelten Bäumen die Steilkanten säumen. Auf den so entstehenden kleinen Geländeterrassen sollen unterschiedliche Plätze zum Verweilen, mal in der Sonne, mal im Schatten, mal mit Aussicht, mal geschützt gestaltet werden. Aber vor allem bieten diese Naturhecken einen vielfältigen Lebensraum für die Tier- und Pfanzenwelt.
Ein Wegenetz im natürlichen Geländeverlauf verbindet die Plätzchen und führt von allen Seiten der Stadt kommend auf die Aussichtswiese hinauf.
Die Wälle und die Wallhecken werden parallel zu den Höhenschichtlinien angelegt und ermöglichen so freien Weg für den für die Stadt wichtigen Kaltlufstrom.
Zusammenfassend soll der Klosterberg also keine künstlich gestaltete Parklandschaf werden, sondern vielmehr eine subtile Intervention im Sinne der bereits vorhandenen Kulturlandschaf und Lebensraum für eine intakte Flora und Fauna, sowie für die Deggendorfer Bevölkerung sein.

Realisierungsteil
„EINEM BERGDORF GLEICH“
Am Deggendorfer Klosterberg soll entlang der Kolpingstraße ein neues, zeitgemäßes und resilientes Wohnquartier entstehen.
Wir sehen einen sensiblen Umgang mit dem grünen Hang und eine Verzahnung mit dem angrenzenden Landschafsschutzgebiet als die wichtigsten Parameter für dieses Wohnquartier.
In Anlehnung an die Geländeterrassen aus dem Ideenteil werden zwei „Stadtterrassen“ etwas angehoben über der Straße vorgeschlagen. Um diese entlang der Höhenschichtlinie liegende ebene Stadtterrasse werden ähnlich der Struktur eines Bergdorfes die Wohngebäude platziert und von diesen Stadtterrassen aus erschlossen. Wie in einem Bergdorf stehen die Gebäude auf „Lücke“. So wird jedes Haus von Süden gut belichtet, der Raum öfnet sich für Blickbeziehungen und der Ausblick über die Stadt ist freigegeben.
Die Wohnanlage ist in zwei Gebäudegruppen organisiert. Vor, zwischen und nach diesen Bebauungen fießt jeweils der Hang in seiner ursprünglichen Form bis zur Straße durch, bringt so den Naturraum bis an den Siedlungsraum heran, erhält aber auch die Möglichkeiten der aktuellen Nutzung wie Rodelhügel, Spazier und Laufstrecke für die Bewohner der Stadt.
Um dem sehr steilen Nordhang entgegenzukommen wurden die Gebäude mit asymmetrisch fallenden Satteldächern versehen, die entsprechend dem Geländeverlauf folgen und so ein allzu hohes Erscheinungsbild talabwärts vermeiden. Auch wenn die Gebäude also über vier Wohnebenen verfügen, treten nie mehr als 3 Geschosse in Erscheinung.
Die beiden Stadtterrassen können wie die Dorfplätze der beiden Gebäudegruppen verstanden werden, hier gibt es eine ebene Fläche zum Radfahren, Spielen, Verweilen und den Platz für Gemeinschafsgärten. Sie sind auch Dreh- und Angelpunkt der Wegführungen. Man gelangt einerseits übers Gelände mit Treppen und Wegen und andererseits barrierefrei direkt von der Straße über öfentliche Treppenhaussegmente auf die verteilenden Stadtterrassen. Die beiden Stadtterrassen von Gebäudegruppe Ost und Gebäudegruppe West sind mit einem befahrbaren Weg verbunden und somit auch die Aufschließungsfächen für Feuerwehr, Umzug oder einfach nur Radfahrer, etc.
Die Gebäude als Solitäre mit ihren zusätzlichen Abschrägungen bewirken nicht nur ein schlankeres Erscheinungsbild, sondern lenken den Kaltlufstrom der entlang der Höhenlinien in leichtem Gefälle durch die Gebäude, ohne ihn abzubremsen. Die Simulation ergab keine maßgebliche Beeinträchtigung der Flussgeschwindigkeiten.
Alle Süddächer sollen als PV Flächen ausgeführt werden, alle nach Norden orientierten Dächer sollen trotz Steildach als Gründächer ausgeführt werden und so eine Regenwasserrückhaltefunktion übernehmen. Zusätzlich sollen vor den beiden Tiefgaragen unter den Stadtterrassen unterirdische Wasserrückhaltebehälter eingebaut werden, die angefallenes Regenwasser langsam an den Untergrund abgeben, aber auch als Wasserreservoir für Gartenbewässerung fungieren.
Die Gebäude sind in Massivholzbauweise geplant. Gebäudeform, Lochfassade und Spannweiten lassen eine ökonomische Konstruktion mit Kreuzlagenholz erwarten. Als Dämmung schlagen wir einen Vollwärmeschutz mit Hanfdämmung vor. Der Putz soll in verschiedenen erdfarbenen Tönen einen spielerischen Siedlungscharakter schafen. Zwei der Häuser sind mit einer hinterlüfeten Holzfassade geplant, um punktuell das Baumaterial Holz auch nach außen zu zeigen. Auch hier wird das Bild eines Bergdorfes als Inspiration verstanden.
Die Wohnanlage soll nicht nur durch die Art der Einbettung im Naturraum und durch die ökologische Bauweise Vorzeigeprojekt sein, sondern auch durch die Art der Energiebereitstellung.
Wir möchten die Gebäude mit einer Kombination aus Luf–Wasserwärmepumpen mit Sole- Wasserwärmepumpen ausstatten. Die Lufwärmepumpen ziehen aus der Abluf der Tiefgaragen, die Sole- Wärmepumpen verwenden die Gründächer als Wärmekollektor, das Regenwasser in den Rückhaltebecken als Energiequelle und alle Gebäudesolen als Energiespeicher. Da die Häuser auf minimalen Energieverbrauch ausgelegt werden ist ein multispektraler Energiebezug aus den verschiedenen Quellen, die je nach Jahreszeit ihre Vor- und Nachteile haben, sinnvoll.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit bezieht sich auf das Bild des „Bergdorfes“ und entwickelt ein eigenständiges Gebäudeensemble, das es versteht, mit der Typologie des Punkthauses Stadt-, Frei- und Nachbarschaftsraum zu generieren. Durch die Rhythmisierung aus Gebäude und Zwischenraum in Verbindung mit der Anordnung von zwei Wohnetagen unter dem raumhaltigen Dach sind die beiden Gebäudegruppen gut verträglich zur bestehenden Bebauung jenseits der Kolpingstraße. Gleichzeitig erreichen sie eine Verzahnung mit dem grünen Hang. Die Setzung „auf Lücke“ generiert Raum und ermöglicht Südbelichtung, Ausblick und Durchlüftung. Allerdings ist die visuelle Verbindung auf den Klosterberg deutlich eingeschränkt.

Durch die Anordnung einer zweiten Gebäudereihe ist eine vergleichsweise aufwändige, interne Erschließung notwendig, deren Eignung für Großfahrzeuge, wie Müll und Feuerwehr aufgrund des Fehlens an Wendefläche am Ende des Weges stark eingeschränkt ist. Die in den Hang eingreifenden Tiefgaragen sind an plausibler Stelle angeordnet und effizient organisiert.

Die Gestaltung greift die Anmutung der Bergdorfarchitektur mit einer sparsamen Lochfassade auf. Die Anzahl an Wohneinheiten liegt deutlich über dem angeforderten Maß. Die Grundrisse und ihre Erschließung sind effizient organisiert. Die Wohnungen können von zwei Seiten belüftet und belichtet werden. Teilweise sind jedoch die Individualräume zu klein.

Neun Einzelbaukörper mit nicht orthogonaler Ausbildung, eine Vielzahl an Haustypologien, teilweise Felsüberbauung werden zusammen mit der aufwändigen Erschließung eine wirtschaftliche Umsetzung zur Herausforderung machen.

Eine strömungsoptimierte Bebauung durch die parallele Setzung der Volumen scheint gegeben zu sein, auch wenn die Abstände zur 2. Reihe zu gering erscheinen. Der Baumbestand wird hier nahezu erhalten. Multifunktionale Nutzungen werden mitgedacht wie Spielinsel mit wassergebundener Decke. Der Versieglungsgrad zeigt eine hohe Flächeneffizienz. Die Satteldächer sind mit Photovoltaik und Retentionsdachbegrünung ausgestattet, was hinsichtlich des Regenwasserrückhalts und der kühlenden Verdunstung positiv bewertet wird.

Das dörfliche Ensemble bietet nutzbaren Freiraum und bezieht dabei die bestehende Nachbarschaft mit ein. Bedauerlich ist jedoch, dass dieser Bereich großflächig mit Tiefgarage unterbaut und mit vergleichsweise geringem Bodenaufbau ausgestattet ist. Großbaumpflanzungen als Beitrag zur Klimaanpassung sind daher hier nicht möglich.

Durch die Baukörperanordnung wird der Baumbestand und die Gehölzgruppe berücksichtigt und erhalten. Wallhecken gliedern den
Hang des Klosterbergs angenehm, schaffen geschützte Orte und sorgen gleichzeitig für eine Zurückhaltung des Regenwassers. Der Waldsaum zur Stadt und zum Donautal wird hinsichtlich möglicher Sichteinschränkungen kritisch gesehen. Das Angebot von Spielmöglichkeiten am Klosterberg ist grundsätzlich positiv.
Lage

Lage

Grundriss

Grundriss

Ansicht

Ansicht

Am Dorfplatz

Am Dorfplatz