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Gutachterverfahren | 03/2023

Neubau Hansaallee 305-313 in Düsseldorf-Heerdt

Visualisierung

Visualisierung

4. Rang

pbp prasch buken partner architekten bda

Architektur

JKL PartG mbB Landschaftsarchitekten und Stadtplaner Prof. Dirk Junker & Lennart Harmeling

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

STÄDTEBAULICHE EINBINDUNG

An der Schnittstelle zwischen dem Böhler Areal, den vorhandenen Bürogebäuden und dem Wohnquartier VIERZIG549 bildet das Projekt mit einem markanten Hochpunkt einen Auftakt in den sich dahinter erstreckenden Stadtteil. Entsprechend der vorhandenen Strukturen schließt der Entwurf als geöffnete Blockrandbebauung die, durch den Abbruch des Bestands, entstandene Lücke. Durch die Setzung zweier Fugen in den Baukörper gliedert sich der Gebäudekomplex optisch in einen Winkelbaukörper und einen Einzelbaukörper, welche mit dem Erdgeschoss verbunden sind. Mittig entsteht das „Stadtzimmer“, welches durch die Öffnungen, öffentliche Treppenanlagen und die privaten Treppenhäuser über zwei Ebenen erschlossen werden kann. Die Erdgeschossnutzungen fliesen in den Innenhof, wodurch zwei kleinere Plätze entstehen. Auf der eingeschossigen Innenhofbebauung befinden sich private Gartenflächen und ein spannender Aufenthaltsbereich mit Kinderspielflächen für die Bewohner:innen.
Neben klaren Zugängen und Adressbildungen von außen, verbunden mit Vorräumen für Briefkästen und Paketstationen, werden den Bewohner:innen zusätzlich optionale Erschließungen durch die Ebenen des Stadtzimmers angeboten, die zum Schlendern und Vernetzen anregen.
In der Höhe nimmt der Gebäudekomplex die Traufkante bzw. Attikahöhe der Nachbargebäude mit sechs Geschossen auf. Ergänzend werden die Hochpunkte so zurückgesetzt positioniert, sodass die straßenbegleitende sechs geschossige Gebäudekante die Dominante bildet.

FUNKTIONEN UND NUTZUNGEN

GEWERBE
Das gesamte Erdgeschoss des Gebäudekomplexes verschmilzt mit dem öffentlichen Raum der umgebenden Stadt. Es lädt zum Erkunden und Entdecken ein. Mehrere Treppenanlagen, Brücken, Durchführungen, Gärten und durchgesteckte Ladenzonen gestalten das Gebäude zu einer einladenden Erlebniswelt. Im gesamten Erdgeschoss, sowie vom 1. bis zum 4. Obergeschoss im nördlichen Hochpunkt befinden sich öffentliche Nutzungen und Gewerbeeinheiten. Kombiniert wird der belebte Raum mit einem Gemeinschaftsraum und einer Gemeinschaftswerkstatt für die Hausbewohner:innen. Diesen werden in der Sockelzone ebenfalls leicht zugängliche Fahrradräume angeboten, die durch ihre einfache Erreichbarkeit das Reisen mit dem ökologischsten Fortbewegungsmittel attraktiver gestalten. Wir stellen uns für eine gesunde Nachbarschaft und einen modernen und diversifizierten Stadtteil Nutzungen wie einen Bio-Markt, Apotheke, Lauf- oder Fitnessgeschäft, Gastronomie, Sozialstation oder Tagespflege, Bäckerei oder Café, Kiosk oder Post und einen Fahrradladen vor. Für das Fahrradgeschäft, welches gleichzeitig als Werkstatt fungiert und in seiner zentralen Situierung den Dreh- und Angelpunkt des Quartiers bildet, ist zusätzlich eine kleine Fahrrad-Teststrecke durch den Gewerbehof denkbar. Energie können die Bewohner:innen oder Besucher:innen bei der Bäckerei, die den Innenhof bespielt oder in der größeren Gastronomiefläche im Süden mit einer sonnigen Außenterrasse tanken. Größere, aber auch kleinere Gewerbe- oder Atelierstrukturen können, durch die vielseitigen Ausrichtung und Öffnungen und dem freien Stützenskelett, einfach durch das Versetzen von Trennwänden realisiert werden und geben so auch kleineren Akteur:innen die Chance beispielsweise Popup-Stores zu verwirklichen. Eine Varianz der Nutzungen und Flächengrößen ist somit denkbar. Im östlichen Gebäude befinden sich Ateliers, in denen Arbeiten und Wohnen kombiniert werden kann. Eine Wendeltreppe könnte eine Verbindung zu den darüber liegenden Wohnungen schaffen und so außergewöhnliche Wohnformen bilden.

WOHNEN
Der Grundriss ist in einer klaren, effizienten und wirtschaftlichen Rasterstruktur realisiert, welche individuell auf unterschiedlichste Wohnformen reagieren kann. Ein Regelgeschoss weist einen Nutzfaktor von 80,1% mit einer Wohnfläche von 1872qm bei 2336qm BGF auf. In dem Gebäudekomplex ist ein Mix von freifinanzierten und geförderten Wohnungen angedacht. Die geförderten Wohneinheiten sind für eine Diversifizierung durchmischt im Gebäude positionierbar. An der Hansaallee geben wir den Anstoß mit Clusterwohnungen für alternative und neue Wohnformen. Alle Wohnungen sind in barrierefreier Ausführung möglich. Die Badausstattung der kleineren Wohneinheiten besteht wahlweise aus einer Dusche oder einer Badewanne. Die größeren Wohnungen besitzen beides. Entlang der Böhlerstraße und Hansaallee besitzen die Wohnungen Schallschutzloggien, um den nötigen Lärmschutz sicherzustellen, der von diesen Straßen ausgeht.
In seinem Facettenreichtum der unterschiedlichen Wohnformen im Gebäudekomplex und den verschiedenen Nutzungsmöglichkeiten der Erdgeschossflächen, möchten wir dem Stadtteil und den dort lebenden Menschen einen essenziellen Beitrag zur Diversifikation der Bewohnerschaft und Aktivitäten zurückgeben. Durch benannte architektonische Elemente sollen die Verbindungen, nicht nur der Einwohner:innen des Stadtteils, sondern auch der Bewohner:innen untereinander im Gebäude gestärkt werden.

UNTERGESCHOSS
Im Untergeschoss befindet sich eine Tiefgarage mit 100 Stellplätzen, Elektroladestationen, einem Carsharing-Angebot, sowie die Abstellräume der Wohnungen und Technikräume.
FASSADENKONZEPT UND MATERIALITÄT

Zur Stadt zeigt sich das Gebäude in einem roten Vollklinkergewand mit vorgesetzter Gerüststruktur. In dem Gerüst sind die Schallschutzloggien, Pflanzkästen sowie die Balkone integriert. Es bietet einen konstruktiven passiven Sonnenschutz und die Möglichkeit, dass sich daran Rankpflanzen der vertikalen Gärten emporziehen können. Die Nähe zum ehemaligen Böhlerwerk als Stahlhersteller spiegelt sich in der Materialität des Gerüsts wieder. Die rostrote Fassade entstand in Anlehnung an den ehemals industriellen Standort. Nach dem „Inside-Out“-Prinzip besitzt die Fassade Richtung Innenhof in Form einer Holzfassade ein anderes Gesicht. Diese Fassade belebt und vitalisiert den Innenhof, gibt diesem einen differenzierten und intimeren Charakter der Gemeinschaft und agiert gleichzeitig als Sinnbild für den Holzbau, indem sie der inneren Holzkonstruktion ein Gesicht gibt.
Das Gebäude wird in Hybridbauweise konzipiert, in welcher darauf geachtet wird, die Stärken der unterschiedlichen Baustoffe voll auszukosten und diese gezielt einzusetzen. Die Untergeschosse, das Erdgeschoss sowie die aussteifenden Treppenhauskerne werden in Stahlbeton hergestellt. Die Decken werden aus Schallschutz- und Brandschutzgründen als Holz-Hybriddecken und alle nichttragenden Bauteile aus Holz hergestellt. Das Tragsystem besitzt eine klare lineare Struktur und weist somit eine effiziente Bauweise auf.

FREIRAUM UND BEGRÜNUNG

Straßenbegleitend säumen Baumreihen das Grundstück. Im Nordwesten reagiert die Außenraumgestaltung auf den geplanten zukünftigen Verlauf der Straßenbahn. Der Fußweg wird entlang der Grenze geführt. Im Falle einer Umsetzung der neuen Straßenbahntrasse müssen lediglich die nördlich davon liegenden Grünflächen entfallen und keine komplette Umplanung des Bereichs vorgenommen werden. In den Innenhöfen des Erdgeschosses werden Rasengittersteine verlegt und Bauminseln mit Sitzmöglichkeiten geschaffen. Auf der eingeschossigen Innenhofbebauung befinden sich private Gartenflächen und ein Aufenthaltsbereich mit Kinderspielflächen für die Bewohner:innen. Dieser Bereich wird ebenfalls intensiv begrünt. In Kombination mit den verspringenden Ebenen, den Grünflächen, Stufengärten, Bäumen, Spiel- und Kletterflächen, dem Radrundkurs des Fahrradgeschäfts, den transparenten Gewerbeflächen und Aktivzonen wird das Stadtzimmer stark belebt und trägt seinen nachhaltigen Charakter in das städtische Umfeld.

NACHHALTIGKEITSKONZEPT

Als nachhaltige Architektur verstehen wir eine ausgewogene Synergie aus gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und ökologischen Anforderungen. Dabei spielt der Mensch für uns eine zentrale Rolle. Wir möchten mit unserer Architektur eine gesunde und spannungsvolle Wohnatmosphäre mit einer Vielzahl an vitalisierenden, partizipativen, inspirierenden und sportlichen Möglichkeiten anbieten, die unserer Meinung nach eine intakte Nachbarschaft befördern. Durch sie können Energien freigesetzt werden, die zur Instandhaltung und Achtsamkeit des Wohnortes beitragen, sowie zur allgemeinen Zufriedenheit. Gleichzeitig wird durch die angebotenen Strukturen den Bewohner:innen eine eigenständige Partizipation und Verantwortung zur Verbesserung des Stadtklimas durch Bepflanzung und Bewirtschaftung der Vielzahl an Dachterrassen, vertikalen Gärten und Balkonen an die Hand gegeben. Auf die extensiv begrünten Dachflächen der Staffelgeschosse und des Hochhauses werden Photovoltaikanlagen als Beitrag zur eigenen fossilfreien Energie- und Stromgewinnung platziert. Die extensive Dachbegrünung sorgt für eine Kühlung der Photovoltaikanlagen und somit zu einer Effizienzsteigerung dieser. Als Retentionsfläche kann der Dachaufbau darüber hinaus Regenwasser auffangen und reduziert damit die Abflussmenge in die Kanalisation, um diese bei großen Regenereignissen zu entlasten. Auf den Dachflächen des 6. Obergeschosses sehen wir eine intensive Begrünung in Kombination mit Gärten und Gemeinschaftsterrassen mit Hochbeeten vor. Dort sind auch Biotope in Form von Insektenwiesen mit Wildblumen und standortgerechten Sträuchern geplant. Ergänzend wird das Grün in die Vertikale geführt. Die Gerüststruktur der Fassade wird begrünt und sorgt wie die zahlreichen Dachbepflanzungen für ein angenehmes Klima, eine Verbesserung der Luftqualität und bietet Lebensräume für Insekten und heimische Vogelarten.
Der nachhaltige Baustoff Holz, der in der Hybridbauweise und in der Außenfassade eingesetzt wird reduziert den CO2-Ausstoß, speichert ihn und sorgt für ein angenehmes Wohnklima. Die Wände können schlanker dimensioniert werden und maximieren somit die Wohnfläche. Vorproduktionen im Werk erhöhen die Qualität und verringern die Dauer der Baustellenarbeiten vor Ort.
Die Öffnungen in dem Gebäudeblock sorgen für eine gute Durchlüftung und Belichtung des Stadtzimmers und verbessern damit das Mikroklima. An heißen Tagen kann dies einen Schutz vor Überhitzung bieten und somit unseren zukünftigen Bewohnern eine Wohlfühloase schaffen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit antwortet mit einer klaren städtebaulichen Setzung einer Blockrandbebauung und reagiert angemessen auf die angrenzenden (benachbarten) Raumkanten. Zum Böhler Areal wird eine eindeutige, großzügige Platzsituation ausgebildet. Ein Hochpunkt zur Hansaallee markiert den Stadteingang. Seine zurückhaltende Höhenentwicklung wie auch das Rückversetzen wird vom Preisgericht als interessanter Beitrag gesehen. Dies gilt ebenso für den zweiten Hochpunkt am südwestlichen Baufeldrand, der vermutlich jedoch zur Verschattung des Innenbereiches führt. Die vollständige Programmierung des Erdgeschosses inklusive der innenliegenden Bauten des sogenannten Stadtzimmers werden im größeren städtebaulichen Zusammenhang als problematisch eingeschätzt. Die ambitionierte Bebauung des Innenhofs wirkt an dieser Stelle überladen. Qualitative Freiräume sind aufgrund der Enge nicht zu erkennen, der große Versiegelungsgrad ist unangemessen. Gleiches gilt für die vollständige Unterbauung des Blockes mit einer Tiefgarage.

Die Adressbildung der Hauseingänge steht in Konkurrenz zur Gewerbenutzung. Die vertikalen Er- schließungen werden als wirtschaftlich eingestuft, führen jedoch zu einer großen Anzahl an einseitig belichteten Wohnungen. Insgesamt reagieren die Wohnungsgrundrisse wenig differenziert auf die Lage im städtebaulichen Kontext. Trotz einer durchaus ambitionierten Architektursprache kann das städtebauliche und programmati- sche Konzept leider nicht überzeugen. Die vollständige Programmierung des Erdgeschosses inklusive der innenliegenden Bauten des soge- nannten Stadtzimmers werden im größeren städtebaulichen Zusammenhang als problematisch einge- schätzt. Die ambitionierte Bebauung des Innenhofs wirkt an dieser Stelle überladen. Qualitative Frei- räume sind aufgrund der Enge nicht zu erkennen, der große Versiegelungsgrad ist unangemessen. Gleiches gilt für die vollständige Unterbauung des Blockes mit einer Tiefgarage.
Visualierung

Visualierung

Lageplan

Lageplan

Konzept Nachhaltigkeit

Konzept Nachhaltigkeit

Konzept Städtebau

Konzept Städtebau

Ansicht Nord-West

Ansicht Nord-West

Schnitt Nord-Süd

Schnitt Nord-Süd

Visualisierung Innenhof

Visualisierung Innenhof