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Nichtoffener Wettbewerb | 11/2023

Neubau Paul-Ehrlich-Institut in Langen

2. Preis

Preisgeld: 220.000 EUR

Nickl & Partner

Architektur

Rainer Schmidt Landschaftsarchitekten und Stadtplaner GmbH

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Leitgedanke
Der Neubau für das Paul-Ehrlich-Institut in Langen ist eine Aufgabe mit außerordentlicher Bedeutung, nicht nur für die Gesundheitsversorgung, das zuständige Bundesministerium und die weiteren unmittelbar Beteiligten, sondern ebenso für Wissenschaftsbauten im Allgemeinen und für den Standort Langen im Besonderen.
Um diesen anspruchsvollen Anforderungen gerecht zu werden, steht zunächst die Schaffung eines zeitgemäßen, nutzerfreundlichen und identitätsstiftenden Instituts im Zentrum. Dabei soll ein Gebäudeensemble entstehen, das äußerst funktional aufgebaut ist, zukunftsoffen bleibt und das Thema Nachhaltigkeit auf ernsthafte Weise in die Konzeption integriert. Im Inneren wird eine maximale Verstärkung der internen Kommunikation angestrebt, die durch die zentrale Erschließungs- Begegnungs- und Austauschzone im Herzen des Ensembles erreicht wird und dadurch ein herausragendes Identifikationsmerkmal erschafft. Darüber hinaus wird eine Lösung gesucht, die, trotz ihrer Größe, im heterogenen städtebaulichen Kontext eine respektvolle Einfügung und Neuordnung erreicht.

Städtebau und Qualität der Gesamtkonzeption
Der zukünftige Bauplatz bietet kaum eindeutige städtebauliche Bezugspunkte und liegt am Schnittpunkt mehrerer stark unterschiedlicher Umgebungsstrukturen. Nordwestlich findet sich kleinteilige Wohnbebauung, im Süden ein gemischtes Gewerbegebiet und im Nordosten prägen Großstrukturen wie das existierende Paul-Ehrlich-Institut das Umfeld. Der vorgeschlagene Baukörper fügt sich respektvoll und spielerisch in die heterogene Bebauungsstruktur der Umgebung ein und bildet eine städtebauliche Figur, die mit ihren unterschiedlichen Körnigkeiten, der Abfolge der Hofstrukturen und ihrer straßenbegleitenden Präsenz zwischen der Umgebungsbebauung vermittelt und gleichzeitig eine selbstbewusste Neusetzung erreicht.
Das Gebäudeensemble besteht aus 6 versetzt angeordneten Baukörpern, die durch ein zentrales Erschließungsfoyer verbunden sind und sich von Norden nach Süden über das Gelände entwickeln. Der 6-geschossige Verwaltungsbau mit den öffentlichen Funktionen im Sockelbereich bildet dabei den Auftakt und die Begrenzung zur Paul-Ehrlich-Straße. Es folgen die 4-geschossigen Labormodulflügel mit den zugehörigen Bürobereichen; südlich bildet das Tierhaus den Abschluss der Gebäudekette.
Aus östlicher Richtung kommend, entwickelt sich so der öffentliche Vorplatz natürlich entlang der Paul-Ehrlich Straße durch den Rücksprung des ersten Labormodulriegels und führt direkt auf den Haupteingang im Verwaltungsgebäude zu. Der vorhandene Baumbestand wird in den Vorplatz integriert und weiter nördlich ist der Eingang zum bestehenden Institut sichtbar. Der Liefer- und Versorgungshof ist im UG verortet und bildet durch die dadurch entstandene Freifläche den Gegenpool zum Vorplatz im Nordosten.
Der Entwurf erlaubt einen breiten Grünstreifen zur Wohnbebauung hin, der deutlich über die geforderten 20m hinausgeht und einen Außenraum mit nutzbaren Erholungsflächen für die Allgemeinheit bietet. Sowohl das Parkhaus als auch die temporäre Bauverwaltung sind im östlichen Grundstücksbereich begrünt und in die Landschaft eingebettet. Zukünftige Erweiterungen sind sowohl als Mikro- und Makroerweiterungen möglich. Eine Erweiterung an den Endpunkten der bestehenden Struktur ist einfach realisierbar, ebenso lassen sich Solitärbauten auf der zunächst freibleibenden Grundstücksfläche realisieren.

Architektur- und Gestaltungsqualität
Das architektonische Konzept entwickelt sich aus der klaren Gliederung der Funktionen („vom Öffentlichen zum Privaten“) und dem Leitgedanken der „Maximierung der informellen Kommunikation“ heraus.
Zwischen Verwaltungstrakt im Norden und Tierhaus im Süden spannen sich 4 gleiche Labor- und Büroriegel auf, die versetzt angeordnet an ein zentrales Verbindungsfoyer angegliedert sind. Diese Anordnung zieht Tageslicht tief in das Gebäudeinnere hinein und schafft abwechselnde Raumfolgen entlang der zentralen Erschließung- und Begegnungsstruktur, die in ihrer architektonischen Ausprägung Zellorganisationsstrukturen nachempfunden ist und ein freies „Schwimmen“ zwischen den eingeschobenen runden Funktions- und Erschließungsräumen ermöglicht.
Die einzelnen Module werden gebündelt und die Funktionszonen (Begegnung – Büro - Labor) weiter gestärkt. Aus dieser einfachen Grundanordnung entstehen so höchste Aufenthaltsqualitäten und beste Orientierungsmöglichkeiten entlang einer abwechslungsreichen Abfolge vom freien Foyer hin zu den flexiblen rationalen Laborbereichen. Die vertikalen Wegebeziehungen werden verstärkt und die Reduktion auf einfache geometrische Grundformen (Rechteck & Kreissegment) erreicht darüber hinaus hohe Wiederholfaktoren im Bauprozess.

Konstruktion & Materialität
Der Entwurf verfolgt einen klaren und funktional optimierten Einsatz der Baukonstruktion und Materialien. Die Haupterschließungszone (Foyer), der Verwaltungsbau und die den Laboren zugeordneten Büros sind in Holzbauweise mit CLT-Deckenplatten und Unterzügen konzipiert. Vertikale Erschließungskerne aus Stahlbeton sorgen für die notwendige horizontale Aussteifung.
Die Labormodule, die die Endpunkte der Forschungsflügel bilden, und das Tierhaus sind hingegen konventionell in STBBauweise, mit weitem Stützenraster und Flachdecken vorgesehen. Dies schafft die Voraussetzungen für maximale Flexibilität bei späteren Anpassungen und gewährleistet schwingungsarme Laborbereiche. Die Fassade ist weitestgehend durchgängig (Ausnahmen bilden Sonderbereiche wie das Tierhaus, der Eingangsbereich, Technikgeschosse oder Anlieferzonen) aus Holzsandwichelementen und vorgehängten Wartungsbalkonen aus Stahlgitterkonstruktion konzipiert. Fassadenbegrünung wird in Teilbereichen vorgesehen. Die Wartungsbalkone dienen als zusätzlicher passiver Sonnenschutz, der den fassadenintegrierten textilen Sonnenschutz optimal ergänzt. Optional können an den Bürofassaden mit geeigneter Ausrichtung PV-Paneele zur Energiegewinnung und gleichzeitigem passivem Sonnenschutz angebracht werden.
Insgesamt wird durch eine klare konzeptionelle Trennung der Bereiche, konsequente Modularität, flexibel ausgelegte Laborzonen und ein einfaches Fassadenkonzept ein ausgewogenes, ruhiges Erscheinungsbild und sehr gute Raumqualitäten erreicht.

Gebrauchs- und Nutzungsqualitäten
Die Gebrauchs- und Nutzungsqualität wird zunächst durch die Grundkonzeption des Gebäudes entscheidend bedingt. Die klare Gebäudestruktur des Ensembles führt dabei zu einfachen Erschließungswegen und einer intuitiven Orientierung der Nutzer/innen im Gebäude, die die informelle Kommunikation fördert und damit identitätsstiftende und sinngebende Raumstrukturen schafft.

Direkt am Vorplatz befindet sich der Haupteingang im Verwaltungsbau. Im EG in unmittelbarer Nähe zum Eingangsfoyer findet sich der Hörsaal und Konferenzbereich, vis-a-vis davon die Cafeteria, die sich sowohl nach außen zum Platz wie auch nach innen zum Foyer entwickelt. In den Obergeschossen befinden sich die Büros der Institutsleitung und Verwaltung. Vom Haupteingang gesehen nach Süden entwickelt sich das innere Erschließungs- und Begegnungsfoyer, das auf allen Geschossen (EG bis 3.OG) die Labormodule und das Tierhaus verbindet. Von dieser Erschließungsachse aus werden zunächst die den Laboren zugeordneten Büros erreicht. Alle Besprechungs- und Aufenthaltsbereiche sind in das zentrale Kommunikationsfoyer gezogen und verstärken auf natürliche Weise den internen Austausch. Hier begegnen sich alle Mitarbeiter/innen des Instituts, hier finden Besprechungen statt, hier trifft man sich. Weiter entfernt von dieser zentralen Achse liegen die Laboreinheiten, maximal flexible und als sicherster Bereich am weitesten von der internen Öffentlichkeit entfernt. Im UG befindet sich im Süden der Ver- und Entsorgungshof, alle entsprechenden Lagerräume, die zentrale Registratur und ein ringförmiges AWT-System das zugeordnete Versorgungsaufzüge an den Endpunkten der Labore bedient und für reibungslose Transportverbindungen sorgt.
Das Tierhaus ist streng modular aufgebaut, konsequent in rein/unrein getrennt und kompakt auf 2 Ebenen organisiert (EG und 2.OG). Die zugehörige technische Erschließung wird mittels Technikzentrale im 1.OG zwischen den Haltungsgeschossen sichergestellt, was optimale Versorgungswege bietet. Die Ver- und Entsorgung erfolgt durch eine separate Straße im EG mit Lager- und Aufstellmöglichkeiten und Anschluss an den Lieferhof im UG. Die beiden Tierhaltungsgeschosse werden über getrennte Aufzüge und Erschließungsstränge rein und unrein übergeordnet erschlossen und je Einheit bis hin zum einzelnen Raum versorgt.
Die Kleintierhaltung ist im EG verortet, der Großtierbereich im 2.OG. Dies ermöglicht eine kompakte Bauform (Kleintierhaltung + Anlieferung = Großtierhaltung), die Zuordnung aller Klein- bzw. Großtiere auf einer Ebene und die günstige, da sicht- und zugangssichere Anordnung der Freigehege als Dacheinschnitt im 2.OG.

Die Optimierung der einzelnen Funktionsbereiche (öffentlicher Bereich, Verwaltung, Foyer, Büros, Labore, Tierhaltung, Technik) wird durch den logischen Aufbau vom öffentliche zum privaten und den entsprechenden Einsatz der Baukonstruktion und Materialien erzielt.
In den Büro- und Foyerbereichen wird auf natürliche Lüftung, hohe Tageslichtqualität und den Einsatz natürlicher Materialien (Holz, Lehm, Kautschuk) Wert gelegt, um ein besonders hohe Aufenthaltsqualität zu erreichen. Die Laborbereiche und die Tierhaltung legen hingegen verstärkt Augenmerk auf Flexibilität und Funktionalität und sind daher schwingungsarm in STB-Bauweise mit weitem Stützenraster konzipiert.
Durch die beschriebene Gebäudekonzeption, die Gebäudetechnik und das Energiekonzept wird insgesamt eine hohe ökonomische Nutzungsqualität erreicht. Die kurzen Erschließungswege und gute Zugänglichkeit der technischen Installation durch Systemtrennung bilden hierbei eine effiziente Basis.
Der Schwerpunkt sollte in der weiteren Planung auf einer Optimierung der Lebenszykluskosten liegen. Hierbei muss eine sorgfältige Abwägung von Erstellungs- und Nutzungskosten (Betrieb, Unterhalt und Instandsetzung) erfolgen, insbesondere durch: Konstruktion und Bauelemente, langlebige Materialien und Baustoffe, Reinigungsmöglichkeit der Fassade, Oberflächenbeschaffenheit der Konstruktion, Energie- und Gebäudetechnikkonzept.
Die ausgesprochen hohe soziokulturelle Qualität wird zunächst durch die benutzerfreundliche Grundkonzeption und positiven Raumabfolgen erreicht. Insbesondere der zentrale Begegnungszone kommt hier eine übergeordnete Bedeutung zu.
Der thermische Komfort wird im Sommer u.a. durch den außenliegenden Sonnenschutz sowie die sehr gute Gebäudehülle sichergestellt.
Die Grundriss- und Fassadenkonzeption (Gebäudetiefe und Zonierung, Fensterflächenanteil) ermöglichen eine sehr gute Tageslichtnutzung. Neben den gesundheitlichen Aspekten einer direkten Tageslichtnutzung kann hierdurch gleichzeitig der Energiebedarf für die Beleuchtung reduziert werden.

Logistikkonzept
Das Logistikkonzept verfolgt eine klare Trennung der Personen-, Waren- und Fahrzeugströme auf die Liegenschaft. Personen, sowohl Mitarbeiter wie auch Besucher betreten das Gebäude im Wesentlichen durch die Hauptpforte im Norden. Ein Nebeneingang im Süden dient lediglich dem direkten Zugang zum Logistik- und Tierhausbereich für einen kleinen Personenkreis.
Die Versorgung des Instituts erfolgt prinzipiell von Süden über die Otto-Hahn-Straße durch eine Pforte auf das Gelände. Die zentrale Warenannahme befindet sich im UG mit direkter Anbindung an die Lagerflächen und ein zentrales AWT-System, das ringförmig alle Versorgungskerne der einzelnen Labore und Abteilungen erschließt. Eine klare, aber im Bedarfsfall trotzdem flexible Zuordnung der Anlieferrampen ermöglicht es, auf kürzestem Wege die jeweiligen Lagerräume anzufahren. Die Entsorgung erfolgt über klar definierte und von den übrigen Warenflüssen getrennte Wege direkt in die dafür vorgesehenen Container. Spezialabfälle aus den Laborbereichen werden zwischengelagert und durch Spezialfirmen entsorgt. Für das Tierhaus erfolgt die Ver- und Entsorgung mit Streu und Futtermitteln sowie der Kadaverabtransport direkt am Tierhaus sichtgeschützt auf Erdgeschossebene.
Die Verteilung der Waren im Gebäude erfolgt zunächst horizontal im Untergeschoss vom Wareneingang aus über das AWTSystem zu den Versorgungskernen. Dort werden die Waren dann vertikal durch die Aufzugsanlagen in die einzelnen Bereiche verteilt.

Verkehrskonzept
Um das bestehende hohe Verkehrsaufkommen nicht noch weiter zu belasten, wird zunächst eine Stärkung der Erreichbarkeit durch ÖPNV und Fahrradverkehr gefördert. Ein reichhaltiges Angebot an Fahrradstellplätzen (inklusive Fahrradboxen, Lademöglichkeiten und Umkleiden) ist im Parkhaus und am Haupteingang vorgesehen.
Zur weiteren Entzerrung des Verkehrsaufkommens wird der motorisierte Individualverkehr bereits auf der Robert-BoschStraße nach Nutzungsgruppen getrennt. Besucherverkehr erfolgt über die Paul-Ehrlich-Straße und den Vorplatz. Das Mitarbeiter/innen Parken, Anlieferungen und die Ver- und Entsorgung erfolgt hingegen südlich über die Otto-Hahn-Straße. Der Hauptanteil der geforderten Stellplätze ist im Parkhaus nachgewiesen, eine geringe Anzahl für Gäste und die Institutsleitung beim Haupteingang angesiedelt. Erforderliche Stellplätze mit Ladestationen sind in ausreichender Anzahl vorgesehen. Vom Parkhaus führt ein geschützter Fußweg zum Vorplatz und Eingang.
Für Lieferanten und Fremdfirmen stehen Parkmöglichkeiten beim Ver- uns Entsorgungshof zur Verfügung.

Leistungs- und Programmerfüllung
Das geforderte Raumprogramm wird vollumfänglich Entwurf abgebildet. Insbesondere wird ein hochflexibles Labormodul entwickelt, dass alle geforderten Nutzungen erlaubt und maximal flexible Laborlandschaften zulässt. Die technische sinnvolle Kombination von 4 Standardlabormodulen generiert effiziente Versorgungswege und bietet ein maximal anpassungsfähiges Grundsystem. Die Büros im Verwaltungsbau sowie die den Laboren zugeordneten Büros bieten optimale Raumtiefen, hervorragende Belichtungsverhältnisse, natürliche Lüftungsmöglichkeiten und einen hohen Wiederholungsfaktor. Die versetzte Anordnung der einzelnen Einheiten erlaubt eine überdurchschnittliche Tageslichtqualität im zentralen Begegnungs- und Erschließungsfoyer.
Alle baurechtlich relevanten Kennzahlen (GRZ, GFZ, Gebäudehöhe) werden eingehalten. Das A/V Verhältnis liegt mit 0,25 im sehr guten Bereich, der Fensterflächenanteil des gesamten Ensembles von unter ca. 45% erzielt hohe Aufenthalts- und Nutzungsqualitäten und bietet eine optimale Basis zur Erreichung der Nachhaltigkeitsziele.

Sicherheitskonzept
Der vorliegende Entwurf bildet die Anforderungen nach einem abgestuften Sicherheitskonzept vorbildhaft ab Das Institut gliedert sich im Außenbereich in 3 Sicherheitsstufen: einen öffentlich zugänglichen Bereich (Vorplatz, Grünzug), einen durch eine Zaunanlage geschützten und zugangskontrollierten Bereich (Parkhaus, Warenanlieferung, Umfahrt) und einen zusätzlich geschützten weiteren Außenbereich (Innenhöfe).
Im Inneren werden die Vorgaben der gewünschten Sicherheitsbereiche genau umgesetzt und umfassen im Wesentlichen einen öffentlichen Bereich in unmittelbarer Nähe zur Hauptpforte (Konferenz, Museum, Cafeteria), einen Innenbereich für Mitarbeiter und berechtigte Personen (Verwaltung, Begegnungs- und Erschließungsfoyer), einen beschränkten Zugangsbereich (Bürobereiche Labor, Zugang mit Berechtigungskarte), die Funktionsbereiche (Labore, besondere Bürozonen, Tierhaltung, BT) und den Technikbereich (Zugang Mitarbeiter Technik). Darüber hinaus sind weitere Sonderund Überwachungsbereiche vorgesehen (z.B. S3 Labore, Archiv und IT, GLT, Serverräume im UG).

Brandschutz
Die erforderlichen horizontalen und vertikalen Fluchtwege sind in der erforderlichen Anzahl vorhanden und so dimensioniert, dass auf jeder Geschossebene innerhalb der vorgesehenen Maximallänge immer ein Fluchtweg vorhanden ist. Die Geschosse sind in Brandabschnitte gemäß Hessischer Bauordnung unterteilt und sind derart konzipiert, dass eine optimale Kombination von baulichen und sicherheitstechnischen Maßnahmen erreicht wird.
Für das zentrale Erschließungsfoyer ist eine deckengebundene Löschanlage vorgesehen und ein Entrauchungskonzept zu erstellen. Erforderliche Löschmitteln werden an geeigneter Stelle in den verschiedenen Nutzungseinheiten bereitgestellt. Sicherheitsbeleuchtung ist für die Notausgänge vorgesehen.
Es werden alle notwendigen Stellflächen für die Feuerwehrfahrzeuge im Umkreis des Gebäudes vorgesehen, um ein rechtzeitiges und wirksames Eingreifen zu gewährleisten. Die notwendige Anfahrbarkeit ist uneingeschränkt gegeben.

Wirtschaftlichkeit
Die modulare Gebäudestruktur und hohe Wiederholungsfaktor der Bauteile lassen ein äußerst wirtschaftliches Gebäude erwarten, sowohl in der Planung, Vorfertigung, Errichtung und beim Betrieb.
Die Lebenszykluskosten des Gebäudes werden vor allem durch die Energie-, Instandhaltungs- und Reinigungskosten beeinflusst. Der vorgesehene hindernisfreie Ausbau reduziert langfristig die Reinigungs- und Instandhaltungskosten. Auf eine reinigungsfreundliche Einbausituation, Gestaltung der Treppengeländer und Sanitärräume wird bei der Planung geachtet. Alle Fassadenbereiche können durch den vorgesehenen Wartungsbalkon mit einfachen Hilfsmitteln und ohne den internen Betrieb zu beeinflussen gereinigt werden. Zudem ist die Materialwahl im Innenausbau in Hinblick auf die ökologische und wirtschaftliche Qualität sowie gemäß ihrer gesundheitsverträglichen Beschaffung ausgewählt. Vorausschauend für eine hohe Lebensdauer sind Materialien und Bauteile eingesetzt, die eine gute Reinigungs- und Instandsetzungsfähigkeit aufweisen und durch Systemtrennung rückbaubar und anschließend wiederverwendbar bzw. recyclingfähig sind.

Nachhaltigkeitskonzept
Flexibilität, Konstruktion und Materialwahl, Wasserkonzept, Freiraumkonzept Der Beitrag zum Klimaschutz wird durch die Energieeffizienz des Gebäudebetriebs, der Gebäudekonstruktion sowie der Gebäudeaußenhülle erreicht. Der Neubau wird mindestens in Effizienzhaus-Stufe 40 geplant. Der Entwurf erreicht ein im Vergleich zu ähnlichen Gebäuden sehr niedrigen CO2-Fußabdruck. Langfristig wird der CO2-Fußabdruck jedoch vor allem durch den Gebäudebetrieb beeinflusst.
Hier ist der Einsatz von regenerativen Energien am Standort von Vorteil: PV-Anlagen auf dem Dach und Fassade. Managementsysteme zur Minderung des Energieverbrauchs, reduzierte Stromkreise bzw. Betriebszeiten und ein nachhaltiges Nutzerverhalten leisten einen wichtigen Beitrag zur CO2-Einsparung. Der Einsatz künstlicher Beleuchtung und der damit verbundene Energieverbrauch wird durch eine möglichst natürliche Belichtung reduziert. Schmale Fensterstürze, angemessene Raumtiefen, angenehm helle Raumoberflächen und gute Sichtbeziehungen nach Außen sorgen für ein gut belichtetes Raumerlebnis. Passiver außenliegender Sonnenschutz und Wärmespeicherkapazitäten der Innenbauteile schützen den Innenraum vor sommerlichen Wärmelasten und Reduzieren den Energiebedarf.
Die aktive Reduzierung des CO2-Fußabdruckes wird nicht nur über die Energieeffizienz gewährleistet, sondern auch über die Begrünung von Dach, Fassaden, Innen- und Außenraum. Die CO2-Speicherung über die Baustoffe und Bauteile ist ebenfalls wirksam (Holzhybrid im Büro, BSH-Decken, Holzinnenausbau).
Die Voraussetzung für die Bewertungsstufe BNB Silber werden durch den Entwurf geschaffen. Die Möglichkeit einer BNB Gold Zertifizierung ist mithilfe einiger weiterer Optimierungen ebenso problemlos möglich.

Freiraum
Das neue Gebäude-Ensemble des Paul-Ehrlich-Institut in Langen positioniert sich in weitläufigen Grünflächen. Dabei gliedern sich diese Grünflächen sowohl in bestehende als auch neue Grünflächen. Das gesamte Grundstück wird von bestehenden und neuen Bäumen, wie ein grüner Rahmen, gefasst. Die größtmögliche Anzahl an bestehenden Bäumen, besonders entlang der Paul-Ehrlich-Straße wird dabei erhalten und in die Gesamtgestaltung integriert. Die Haupterschließung findet sich auf der Nord-Östlichen Seite entlang der Paul-Ehrlich-Straße wieder und geht über in einen repräsentativen Eingangsbereich, der verknüpft ist mit vorhandener und bestehender Vegetation. Gebäudenah sind Stellplätze (inkl. Barrierefreie Stellplätze) für Gäste, Firmenleitung, sowie 100 Fahrradplätze mit begrüntem Witterungs- und Diebstahlschutz situiert.
Für Mitarbeiter und Besucher, sowie Kunden der Cafeteria entstehen auf dem gesamten Gelände sonnige und beschattete Aufenthaltsbereiche. Das gesamte Areal ist barrierefrei gestaltet und verfügt über verschiedene kleinere und großzügigere Sitzbereiche. Diese Bereiche können als Kommunikations-, Treffpunkts-, Arbeits-, aber auch Rückzugsorte genutzt werden. Die Innenhöfe zeichnen sich durch einen hohen Aufenthaltswert mit intensiven und ökologischen Grünflächen aus.
Die intensiv begrünte Erhebung zum anliegenden Wohngebiet im Nordwesten bei der der Erdaushub wiederverwendet werden soll, bildet einen Lärm und Sichtschutz, sowie einen qualitativ hochwertigen Aufenthaltsbereich. Auch im Bereich des Parkhauses wird der anfallende Erdaushub verwendet, sodass das Gebäude verschwindet, abgeschirmt hinter einer naturnahen hügeligen mit fortlaufender Begrünung wird. Zudem soll auch im Bereich der Öffnung des Wirtschaftshofs das Erdmaterial genutzt werden und ein Aufenthaltsort für alle geschaffen werden. Dabei spielt auch das Thema Arbeiten im Grünen eine wichtige Rolle.
Durch Schaffung von Kleinklima und Biodiversität, sowie ein nachhaltigen Wassermanagement wird die Lebensqualität nachhaltig gefördert und verbessert. Dabei soll das anfallende Regenwasser sowohl lokal versickert werden sowie über Zisternen gesammelt und für die Bewirtschaftung der Grünflächen genutzt werden. Die extensive Dachbegrünung wird auch zum Regenwassermanagement beitragen, in dem das anfallende Wasser durch die Begrünung gedrosselt abgegeben wird. Die atmosphärische Beleuchtung unter ökologischen Aspekten unterstreicht den ökologischen Charakter des gesamten Geländes. Die extensive Dachbegrünung mit Solaranlagen ist ein störungsfreies Paradies für Pflanzen und Tiere mit einem hohen ökologischen Anspruch. Es trägt als Trittsteinbiotop entscheidend zur ökologischen Wertigkeit des Neubaus bei. Die Außenanlagen des Paul-Ehrlich-Instituts sind für Mitarbeiter, Besucher und Anwohnern unter den qualitativ ökologisch besten Gesichtspunkten entwickelt, um funktional, strukturell und zukunftsorientiert eine Ergänzung zu dem Anspruch des Instituts der Forschung von Menschen für Menschen ist.

Energiekonzept
Das Energiekonzept konzentriert sich auf energiereduzierende und effizienzsteigernde Maßnahmen sowie die sinnvolle Integration regenerativer Energiequellen, da die benötigte Grundversorgung mit Strom, Wärme, Kälte und Dampf durch die benachbarte DFS-Energy gewährleistet wird.
Angestrebt wird eine schlanke und modulare Technik, die für energetisch und bauphysikalisch intelligente Lösungen steht und die Reduktion auf das Notwendige, das Modulare und Repetitive verfolgt.
Zunächst wird zur Reduktion des Fremdenergiebedarfs das Dach der Gebäude für eine extensive Nutzung von Photovoltaik vorgesehen. Dadurch wird ein hoher Eigenproduktionsfaktor ermöglicht. Dank der Nutzungscharakteristik des Gebäudes wird so der gewonnene Strom tagsüber direkt genutzt und es kann auf eine aufwendige Stromspeicherung und Netzrückspeisung verzichtet werden. Die dazu notwendigen PV-Flächen werden anhand von ökologischen und ökonomischen Faktoren im Vorfeld definiert.
Die Labore werden nutzungsbedingt mit einer raumlufttechnischen Anlage ausgestattet. Aus den jeweiligen Lüftungszentralen im UG erfolgt die Verteilung in die direkt darüber liegenden Labore auf kürzestem Wege, um Energie und Kanallängen zu sparen. Da eine hochwirksame Fassade vorgesehen wird, ist insbesondere den internen Lasten aus der Labornutzung große Bedeutung zu schenken. Zur Temperierung kann die Kälteversorgung der DFS-Energy herangezogen werden.
Um die Betriebskosten niedrig zu halten und den Fremdenergiebedarf zu senken, sollte zudem eine hocheffiziente Wärmerückgewinnung eingesetzt werden. Die Laborbereiche werden nur im Falle der tatsächlichen Nutzung mit hohen Luftmengen betrieben. Während des Betriebes sorgt eine bedarfsgeführte Regelung der Lüftungsanlage für einen niedrigen Energieverbrauch. Basis hierfür sind eine variable Volumenstromregelung und Schiebefensterregelung an den Abzügen in den Laboren. In den anderen Zeiten wird die Lüftung auf ein Minimum abgesenkt. Dies wird durch eine entsprechende intelligente Gebäudeautomation geregelt. Die Büroflächen werden durch öffenbare Fenster natürlich belüftet. Für alle übrigen Nutzungseinheiten wird nach Bedarf ein statisches Kühlsystem vorgesehen, bei welchem mittels Kühldecken die Abwärme in den Räumen abgeführt wird. Für weitere Räume mit Sondernutzung (Serverräume, Konferenzbereich usw..) werden nutzungsabhängige Kühlsysteme vorgesehen.
Die Verteilung innerhalb des Gebäudes erfolgt in wartungsfreundlichen und revisionierbaren Schächten mit einer 10% Vorhaltung für spätere Nachinstallationen. Somit ist das Gebäude flexibel auf spätere Nutzungsänderungen ausgelegt. Die Beleuchtung erfolgt über LEDs und eine präsenz- und tageslichtabhängige Regelung.
Das Regenwasser wird auf den Dachflächen in einem Retentionsaufbau gespeichert. Überschüssiges Wasser wird in Zisternen geleitet und zur Bewässerung der Außenanlagen verwendet bzw. in Geländemulden oder Rigolen versickert. Somit kann die Einleitmenge in das öffentliche Netz deutlich reduziert, gegebenenfalls komplett vermieden werden.

Barrierefreiheit
Die klare Grundstruktur des Gebäudes schafft beste Voraussetzungen für eine barrierefreie Umsetzung und alle zutreffenden Verordnungen und Richtlinien werden eingehalten. Im Außenbereich am Vorplatz sind barrierefreie Stellplätze in unmittelbarer Umgebung zum Eingang vorgesehen und weitere im Parkhaus vorgehalten. Die Außenbereiche und insbesondere der Sitzmöglichkeiten dort sind barrierefrei erreich- und nutzbar. Im Gebäudeinneren sind alle öffentlich zugänglichen Bereiche barrierefrei vorgesehen und alle Büroarbeitsplätze barrierefrei realisierbar.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das neue PEI öffnet sich mit einem einladenden Vorplatz zur Paul-Ehrlich-Straße. Der große Vorplatz bietet eine hohe städtebauliche und Aufenthaltsqualität für die gesamte Umgebung. Die Ausrichtung des Haupteingangs (Zugang über Eck) wird etwas kritisch gesehen.

Die gewählte Struktur ist sehr gut geeignet, das Gebäude mit dem Freiraum zu verzahnen. Der grüne Rahmen öffnet
sich zu einem angenehm dimensionierten Vorplatz, im Nordwesten wird ein vielfältig gegliederter öffentlicher Park angeboten. Der Gedanke, den anfallenden Erdaushub für die Geländemodellierung zu benutzen, wird begrüßt, die konkrete Ausformung im Bereich des Parkhauses wirkt jedoch unbeholfen. Die einzelnen Höfe tragen zu einer angenehmen Arbeitsumgebung bei und können unterschiedlich genutzt werden. Sie wirken in ihrer Proportionierung jedoch eher etwas eng, zumal sie teilweise noch von Verbindungsgängen durchschnitten werden.

Dem Haupteingang folgt im Inneren eine zentrale Magistrale, an die sämtliche Funktionsbereiche angebunden sind. Es gibt eine sehr gute Orientierung im Inneren, gute Bezüge nach außen.

Die Ausdehnung der Magistrale über eine Breite von ca. 30 m wird kritisch gesehen; ebenfalls muss hinterfragt werden, ob die Magistrale in allen 4 Ebenen benötigt wird. Die Ebenen sind weitgehend gedeckelt, wodurch die gewünschte Offenheit nicht erreicht wird; die partiellen Durchstöße werden nicht ausreichend sein, um den durchlässigen / transparenten Charakter zu erzielen.

Von der Magistrale entwickeln sich versetzt vier Finger, die strukturell alle gleich aufgebaut sind und die S1 bis S3 Labore sowie die Büros enthalten. Der erste und letzte Finger beinhalten als „Sondernutzungen“ die Verwaltung und die Tierhaltung.

Die Finger untereinander sind durch leichte Glasstege miteinander verbunden, was funktional gut ist, städtebaulich / architektonisch aber die offenen Höfe etwas schwächt.

Die Rundungen die sich im Übergang zwischen Magistrale und den Nutzflächen der Finger ergeben, wirken etwas manieriert. Erweiterungen sind in der Fortsetzung / Verlängerung der Finger angedacht, was plausibel / machbar erscheint. Die Erweiterungen führen zu Störungen im Bestand.

Die Position und Anbindung des Parkhauses ist noch nicht zufriedenstellend gelöst.

Der Entwurf weist grundsätzlich eine sehr gute Funktionalität auf. Die Verteilung der Funktionen im Gebäude ist gut nachvollziehbar und führt zu guten Funktionalen Abläufen.

Die S3 Labore und S3 Tierhaltung sind getrennt, könnten aber durch Tausch von 50% der Flächen je eine Kopplung von Labor und Tierhaltung in einer Ebene zusammengefasst werden, damit die Aufzüge und Treppen nicht als S3-Bereiche ausgebildet werden müssen.

Das Freigehe im 1. OG ist ungünstig platziert, hier müsste ein neuer Standort gefunden werden.

Die Finger sind geschichtet in Bürobereiche mit Innenhof zur Belichtung und nachfolgend / nachgelagert vor den Labo- bereichen, was funktional positiv bewertet wird.

Die Kompaktheit und Flächeneffizienz des Entwurfs ist ungünstig, bereits im ersten BA wird das gesamte Grundstück verbaut. Die große Hüllfläche durch ausgestanzte Atrien, der sehr große Anteil der Verkehrsflächen sowie der große Footprint werden negativ beurteilt. Hingegen sind visueller Komfort, Tageslichtversorgung, Angebote für Kommunikation unter Mitarbeitenden gut.

Der Entwurf überzeugt durch hohe Funktionalität und klare Strukturierung; daneben lässt der Vorplatz mit angrenzender Magistrale eine gute interne Verknüpfung und kommunikativen Austausch erwarten. Die Gestaltung und Ausformulierung der Magistrale lässt allerdings viele Fragen offen und überzeugt nicht abschließend. Zudem ist der hohe Flächen- verbrauch, die großen Gebäudetiefen und der hohe Verkehrsflächenanteil in einer zwingenden Überarbeitung nur schwer ohne Verlust der Qualität zu kompensieren.
Fassadendetails

Fassadendetails

Ansicht Paul Ehrlich Straße

Ansicht Paul Ehrlich Straße

Grundriss EG

Grundriss EG

Lageplan Ideenteil

Lageplan Ideenteil

Lageplan

Lageplan

Modellfoto

Modellfoto