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Nichtoffener Wettbewerb | 11/2023

Freiraumneugestaltung Stadteingang Süd in Papenburg

Visualisierung Wetlands

Visualisierung Wetlands

2. Preis

Preisgeld: 29.480 EUR

nsp landschaftsarchitekten stadtplaner PartGmbB schonhoff schadzek depenbrock

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Das neue Rathausquartier
Der südliche Stadteingang ist ein wichtiger Ort der Papenburger Identität. Charakteristisch für das neue Ensemble ist das Aufgreifen und Weiterentwickeln der vorhandenen Strukturen. Die Linearität und die Symmetrie des neobarocken Rathausumfeldes wird aufgegriffen, neu interpretiert und weiterentwickelt zugunsten einer multifunktionalen und ausdrucksstarken Raumfolge. Die Außenraumgestaltung erzeugt ein prägnantes und vernetzendes Raumgefüge, welches die vorhandenen sowie künftigen hochbaulichen Strukturen sowohl inszeniert als auch zusammenbindet.
Ziel ist es die bestehenden Gebäude wie das historische Rathaus und das Pumpwerk, sowie das neue Rathaus und das Marien Hospital in eine zeitgenössische Stadtlandschaft einzubinden, in Beziehung miteinander zu setzen und räumliche Synergien zwischen den Gebäuden zu bilden. Aus dem Verbund zwischen Neuem und Vorhandenem entsteht das neue Rathausquartier mit einer einzigartigen Strahlkraft und Nutzungsvielalt, der Stadteingang erhält ein neues Gesicht mit starker Adressbildung und prägender Charakteristik.

Um auf die städtebauliche Setzung und die künftigen Freiraumansprüche angemessen reagieren zu können, entsteht inmitten des Areals eine rahmengebende, prägnante Hauptfigur deren Haptik und Farbigkeit aus der direkten Umgebung abgeleitet wird. Der Rahmen aus einem Klinker in Langformat bildet zudem die künftigen Übergangsbereiche über die Rathausstraße hinweg. An der südlichen Kante entsteht ein Fußgänger-Überweg mit Lichtsignalanlage. Neben der Wege- und Leitfunktion entsteht so ein ausdrucksstarker Brückenschlag, der das Hospital an das neue Rathausquartier anbindet. Sowohl das Innere des Rahmens als auch die angrenzenden Teilräume werden durch die hochwertige Form- und Gestaltsprache miteinander verwoben und inszeniert.
Innerhalb des Rahmens werden im Kontext der angrenzenden Bebauung, des klimagerechten Stadtumbaus und der Verkehrsführung zwei eigenständige Teilräume ausgebildet, die mit ihren unterschiedlichen Typologien und Atmosphären zur Aufwertung des Quartiers und der angrenzenden Nachbarschaften beitragen, der „Urbane Platz“ und die „Wetlands“. Weitere Elemente wie der „Laufsteg“ und der „Hain“ ergänzen den Kanon an Teilräumen und bereichern das Ensemble mit weiteren Formen, Nutzungen und Atmosphären.

Der Hain
Der vorhandene Betonwerkstein im Bereich Pumpwerk und dem historischen Rathaus wird aufgenommen und in die neue Freiflächengestaltung integriert. In Korrespondenz zu den Baufluchten und den angrenzenden Parkflächen entsteht südlich des historischen Rathauses der quadratische Hain. Der Spalierbaumbestand wird aufgegriffen, weitergeführt und in die Gesamtanlage integriert. Hier entstehen Stellplätze für Fahrräder, Lastenräder, E-Bikes und eine Fahrradreparaturstation. Der Hain wird mit einer wassergebundenen Wegedecke ausgeführt, unterhalb der neuen Baumstandorte werden zugunsten des Regenwassermanagements Baumrigolen vorgesehen. Unter dem geschlossenen Blätterdach entsteht im Sommer ein angenehm schattiger Ort für geselliges Beisammensein, z.B. für Mittagspausen an der großen Tafel oder auch Boules-Spiel oder Rückzug und Kontemplation.

Der Laufsteg (Beamtenlaufbahn)
Die großformatigen Betonelemente erzeugen einen Steg der sich elegant zwischen den Rathausgebäuden aufspannt und diese miteinander in Beziehung setzt. Durch die Linearität und Dimensionierung fügt er sich wie selbstverständlich in den Raum ein und bildet eine starke formelle Geste zwischen den Bauteilen und den einzelnen Teilräumen; entlang des Stegs entsteht eine spannende Abfolge unterschiedlicher Freiraumelemente, ein Wechselspiel zwischen Dichte und Weite, zwischen Urbanität und Park-Atmosphäre.

Der Urbane Platz und die Grüne Insel
Eine großzügige Fläche spannt sich auf und wird zur Bühne für das städtische Leben im öffentlichen Raum. Im Platzinneren entsteht ein Belag aus Betonwerkstein, Format 30 x 10 cm im Reihenverband
und changierenden Grau- und Beigetönen. In regelmäßigen Abschnitten wird die Laufrichtung gewechselt, sodass ein spannender, dynamischer Platzcharakter entsteht. Die Form, die Dimensionierung und die robuste Materialität ermöglichen eine Vielzahl von Nutzungen und Aneignungen über das ganze Jahr hinweg. Hier entsteht künftig ein großzügiger neuer Raum für unterschiedliche Events wie Stadtfeste, politische Veranstaltungen, Flohmärkte etc.
Als zentraler Treffpunkt und Publikumsmagnet wird in den urbanen Platz eine eigenständige radiale Form eingelassen, die einen spannenden Kontrast zur linearen Platzfläche bildet. Charakteristisch für diese Insel ist das eigenständige skulpturale Sitzelement, welches zum Verweilen einlädt. Von hier aus kann der Blick in die Tiefe des Platzes schweifen. Die Insel wird auf vielfältige Art mit dem Thema Wasser bespielt: Zur Platzmitte orientiert sich einen Fontainenfeld und sorgt für Spaß und Abkühlung, insbesondere an warmen Tagen. Die sanfte Abfolge von grünen Hügeln und Mulden ermöglicht das Auffangen und Versickern von Regenwasser. Die Baumstandorte innerhalb der Insel werden mit Baumrigolen versehen, um eine Drosselung der Regenspitzen zu ermöglichen. Unter dem Lichten Blätterdach entsteht zudem ein angenehmer Aufenthalt im Freien.

Die Wetlands
Als grünes Pendant zum urbanen Platz entsteht östlich der Rathausstraße, abgesetzt gefasst vom Rahmen eine großmaßstäbliche Freifläche mit sanft modellierter Topografie sowie artenreicher Vegetation. Die vorhandenen raumprägenden Bestandsgehölze werden locker und sensibel ergänzt, wodurch ein angenehmes Spiel aus Licht und Schatten entsteht. Das städtische Grün übernimmt die Funktion der Wasserrückhaltung bei Starkregenereignissen, in der modellierten Landschaft können temporär unterschiedliche Wasserstände eingestaut werden. Die Vegetationsflächen absorbieren Wärmestrahlung und lassen durch Verdunstung einen kühlenden Effekt entstehen. In den Mulden entstehen wechselfeuchte Lebensräume für spezielle Pflanzen- und Tierarten, die Erhebungen laden zur freien Aneignung und zum informellen Spiel ein. Die Wetlands bieten neben der vegetativen Vielfalt auch die Möglichkeit umweltpädagogische Aspekte zu vermitteln, Stadtökologie zu erleben und mitzugestalten, Sie stellen damit einen wichtigen Baustein zum klimagerechten Stadtumbau Papenburgs dar.

Allee der Klimabäume
Am Nördlichen Rand des Entwurfsgebiets entlang der B70 wird das das Ensemble künftig gerahmt von der Allee der Klimabäume. Die bestehenden Gehölze werden mit unterschiedlichen stadtklimaverträglichen Zukunftsbäumen ergänzt, so dass ein heterogener Charakter entsteht, der entlang der Straße ein abwechslungsreiches Bild bietet. Für die Ergänzung der Bestandsgehölze werden stadtklimaverträgliche Gehölzarten wie z.B. Alnus x spaethii, Gleditsia triacanthos, Liquidambar styraciflua und Koelreuteria paniculata verwendet.

Verkehr / Erschließung
Im zentralen Bereich wird künftig eine Abzweigung von der Rathausstraße geschaffen um den Neubau des Marien Hospitals zu erschließen. Auf den vorgeschlagenen Kreisverkehr wird aufgrund seiner räumlichen Ausdehnung und Prägnanz bewusst verzichtet und stattdessen eine weniger raumgreifende und trotzdem funktionale Erschließung über Lichtsignalanlagen vorgeschlagen. Über die Zufahrtsstraße gelangen Besucher zum neuen Vorplatz des Hospitals und der neuen Stellplatzanlage mit rd. 150 PKW-Stellplätzen. Der Bring- und Abholverkehr für das Hospital wird auf dem Vorplatz organisiert. Das qualitativ hochwertige Entree verfügt zudem über ein großzügiges Angebot an Fahrradstellplätzen und angenehmen Aufenthaltsbereichen in der Nähe des Haupteingangs. Die PKW-Stellplätze werden in dränfähigen Materialien gefertigt und mit einem lichten Blätterdach überstellt. Über ein System aus offenen Rinnen kann überschüssiges Regenwasser von den Stellplätzen in die Wetlands geleitet werden. Fahrrad- und Lastenradstellplätze sowie E-Bike Ladestationen werden in ausreichender Anzahl dezentral über das Gebiet verteilt. Homogene Oberflächen gewährleisten einen barrierefreien Zugang, sämtliche Wege und Flächen werden Rollstuhlgerecht gestaltet und ausgeleuchtet. Treppenanlagen werden mit Handläufen und Kontraststreifen ausgebildet. Durch die linearen Formen und Teilräume werden schnelle und direkte Verbindungen begünstigt.

Durch die vorgeschlagenen landschaftsarchitektonischen Interventionen werden die Einzigartigkeit und Vielfältigkeit des neuen Rathausquartiers herausgearbeitet. Es entsteht ein klimagerechtes Ensemble, das durch seine thematischen Besonderheiten und die vielfältigen Strukturen und Atmosphären nachhaltig die Stadtgestalt Papenburgs prägt.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit 1082 formuliert eine ausdrucksstarke Lösung für den Stadtraum, es werden sowohl prägnante öffentliche Räume geschaffen, als auch ein ökologischer Mehrwert generiert.

Zentrales Element ist eine Platzachse, die sich vom Vorbereich des neuen Rathauses bis zum Neubau des Marien Hospitals erstreckt. Westlich der Rathausstraße wird ein steinerner Platz ausgebildet, der in Richtung Marktstraße mit einer grünen Insel einen attraktiven Abschluss findet. An der Insel befindet sich der zentrale Sitzbereich; ein vorgelagertes Wasserspiel sorgt für zusätzliche Aufenthaltsqualität. Der restliche Platzbereich stellt sich als multifunktionale, gepflasterte Fläche dar, die sich gut für Veranstaltungen nutzen lässt. Leider endet der Platz etwas unvermittelt an der Rathausstraße. Die Jury erkennt die gute Proportionierung des Platzes an, insbesondere die grüne Insel wird als attraktiver Aufenthaltsort und als wichtiger Beitrag zur Stadtökologie gewürdigt.

Östlich der Rathausstraße wird die Figur als grüner Platz fortgeführt. Hier sollen urbane „Wetlands“ entstehen: ein dicht mit Bäumen bestandener Bereich, der eine Bodenmodellierung erhält. Die Senken sollen zum Regenwasserrückhalt genutzt werden, eine feuchteverträgliche Vegetation gibt dem Areal einen besonderen Reiz und schafft wertvolle Stadtbiotope. Die höhergelegten Bereiche nehmen Nutzungen wie das Kinderspiel auf. Die Wetlands werden als spannender Beitrag zum Regenwassermanagement anerkannt, positiv wird hervorgehoben, dass damit das Landschaftsbild der historischen Emsländer Moorlandschaften neu interpretiert wird. Kritisch hinterfragt wird die Alltagstauglichkeit und gute Nutzbarkeit. Eine bessere barrierefreie Erlebbarkeit des Raumes auch für Besucher und Patienten des Krankenhauses wäre wünschenswert.

Die Flächen um das Rathaus werden, unter Bezugnahme auf die Grünanlage vor dem Gebäude, mit einem Ring aus Grünflächen gestaltet. Es wird aus denkmalfachlicher Sicht begrüßt, dass der Schmuckgarten und damit die Inszenierung des Rathauses zum Kanal erhalten bleiben. Durch die Anlage des Hains und der Parkplätze südlich des historischen Rathauses erfolgt allerdings eine Trennung zwischen dem alten Rathaus und dem Neubau mit vorgelagertem „urbanen Platz“. Die Einbindung des historischen Rathauses in die „Rathausinsel“ als Gesamtkonzept ist erheblich gestört. Dies passiert optisch durch den Hain, der die Blickbeziehung zwischen Alt- und Neubau behindert und auch funktional, indem der Platz als städtischer Aufenthalts- und Nutzraum dem Neubau zugeordnet und vom Altbau durch eine reine Funktionsfläche (Parkplätze) getrennt wird. Aus denkmalfachlicher Sicht wird die Präsenz und damit die städtebauliche Wirkung und Bedeutung des historischen Rathauses geschmälert.

Um den funktionalen Bezug zwischen dem alten Rathaus und neuen Platz herzustellen haben die Verfasser:innen eine Wegeachse zwischen den Eingängen des alten und neuen Rathauses ausgebildet, die Wirksamkeit dieser Intervention wird kontrovers diskutiert. Negativ wird angemerkt, dass der Freiraum nicht konsequent bis zum Eingang des neuen Rathauses weitergeführt wird.

Um auf den geforderten Kreisverkehr verzichten zu können entwickeln die Verfasser:innen ein System aus Abbiegespuren nördlich des Platzbandes. Dieser Ansatz wird anerkannt, es ist zu prüfen, ob die Aufweitung des Straßenraumes in Anbetracht des relativ geringen Verkehrsaufkommens in der gezeigten Ausprägung notwendig ist.
So sehr die direkte Anfahrbarkeit des Krankenhauseinganges positiv bewertet wird, so kritisch gesehen wird die gesamte Führung des ruhenden Verkehrs entlang des Haupteinganges des Krankenhauses. Den Sicht- und Bezugsachsen zum Hospital wird nicht ausreichend Bedeutung beigemessen. Die Verortung der Bushaltestellen in die Abbiegespuren ist funktional nicht überzeugend. Fahr- und Fußwege sind getrennt geplant. Die Lage der Flächen für Kurzparken am Rathaus wird kritisch gesehen.

Die Stellplatzanlagen werden dezentral am Rathaus, der Volkshochschule und dem Krankenhaus angeordnet. Dadurch sind die Institutionen auf kurzem Wege zu erreichen, allerdings gehen im Gegenzug auch gestalterische Qualitäten verloren. Negativ wird angemerkt, dass durch die Stellplatzanordnung der Spielbereich der Kindertagesstätte entfallen muss.

Durch die Ausbildung der Wetlands, den sensiblen Umgang mit den Bestandsbäumen und die strukturreiche Bepflanzung leistet die Arbeit einen wichtigen Beitrag zur Stadtökologie und zur Biodiversität. Das Regenwassermanagement wird dezentral ausgebildet – hier könnten die Wetlands eine zentralere Rolle einnehmen.

Insgesamt gelingt es den Verfasser:innen einen prägnanten Entwurf zu formulieren, der die geforderten Funktionen gut integriert, das Stadtbild deutlich aufwertet und einen wichtigen Beitrag zur nachhaltigen Stadtentwicklung leistet.
Visualisierung Platz

Visualisierung Platz

Lageplan Quartier

Lageplan Quartier

Lageplan Platz und Wetlands

Lageplan Platz und Wetlands

Detail Insel

Detail Insel

Detail Wetlands

Detail Wetlands

Schnitt Insel

Schnitt Insel

Schnitt Wetlands

Schnitt Wetlands