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Nichtoffener Wettbewerb | 10/2023

Neubau eines Wohngebäudes mit Arztpraxis am Marktplatz in Maßbach

Perspektive vom Marktplatz

Perspektive vom Marktplatz

2. Preis

Preisgeld: 8.000 EUR

Georg Redelbach Architekten

Architektur

Erläuterungstext

In der Ortsmitte, direkt am Marktplatz vom Markt Maßbach soll ein Neubau mit Mischnutzung aus Wohnen und Arztpraxis den Ortskern stärken und beleben. Durch einen zentralen Hof mit Bauerngarten führt die durchgängig barrierefreie Erschließung in den offenen Treppenraum der die beiden Hauptbaukörper verbindet und dessen Galerieflächen zu Austausch und Aufenthalt einladen.
Mit einem Erdgeschosssockel aus massivem Recycling Beton, einem Obergeschoss in vorgefertigter Holzbauweise und dem Ziegel gedeckten Satteldach wird die traditionelle, regionale Baukultur mit Steinsockel und Fachwerk interpretiert. Die klare Gliederung der Holzleisten-Fassade, Farbigkeit und Materialwahl, eine ruhige und geschlossene Dachfläche und die zweigeteilten Fenstern im Hochformat fügen sich ins ortstypische Straßenbild.
Zur variablen Nutzung wird die Arztpraxis in Mischbauweise mit einer Konstruktion aus Stützen im Innern und Tragwänden außen errichtet, während die Massivholzbauweise in den Wohneinheiten das angenehme Raumklima unterstützt. Grundsätzlich tragen die verwendeten Werkstoffe aus wiederverwendbaren Materialien und nachwachsenden Rohstoffen zum nachhaltigen Konzept bei; ebenso die Robustheit der Konstruktion, die kompakte Bauweise und das Energiekonzept mit Photovoltaik und Wärmepumpentechnik.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Entwurfsverfasser haben mit zwei giebelständigen kompakten Baukörpern, welche sich aus der historischen Gebäudestellung des Urkataster ableiten, in Richtung Rathaus reagiert und diesen Bereich stadträumlich nachvollziehbar ergänzt. Der erste größere Baukörper nimmt die Traufhöhe und die Raumkante des Nachbargebäudes mit einem leichten Knick an der Weichtunger Straße auf und begrenzt überzeugend den Straßenraum. Durch den zweiten kleineren eingedrehten Baukörper entlang der „kleinen Gasse“ und Am Zürch öffnet sich das Gesamtgebäude selbstbewusst Richtung Rathaus. Die beiden Hauptbaukörper werden durch einen zurückversetztem Erschliessungsbau, welcher sich zum Platz Am Zürch öffnet, barrierefrei miteinander verbunden. Der vorgelagerte eingefriedete Bauerngarten mit Hofbaum grenzt sich vom Straßenraum ab und wird hinterfragt. Positiv wirkt die Höhenentwicklung der Bebauung, die sich am Bestand und an der umgebenden Bebauung orientiert.
Die beiden zweigeschossigen Baukörper weisen jeweils ein Satteldach mit Dachneigung 50° auf. Die Ziegleindeckung entspricht der Gestaltsatzung, die Belichtung der im Dachgeschoss liegenden Wohneinheiten erfolgt über Schleppdachgauben und funktioniert gut. Die Fassaden der Gebäude weisen hinsichtlich Materialduktus und den wohlproportionierten Fensteröffnungen eine einheitliche Gesamtgestaltung auf. Die Fensteröffnungen sind überwiegend gleich groß und größtenteils bereits zweigeteilt dargestellt.
Durch die beiden getrennten Baukörper mit mittigen Erschließungsbauwerk ist aus architektonischer Sicht allerdings die Flexibilität stark eingeschränkt. Die unterschiedlichen Erdgeschosshöhen erzeugen einen erhöhten Aufwand in der Treppenhaus- und Aufzugsgestaltung.
Der rückwärtige Bereich kann funktional nicht überzeugen und die Rampe zum Untergeschoss wird vom Preisgericht aus gestalterischen und wirtschaftlichen Gründen hinterfragt. Die Erschließung der Praxis und der Wohneinheiten von den beiden barrierefreien, rückwärtigen Stellplätzen ist über die „kleine Gasse“ gewährleistet.
Die Anordnung der geforderten Fahrradstellplätze in einem Nebengebäude wird positiv bewertet. Dennoch ist die Gestaltung des Nebengebäudes noch einmal zu optimieren. Die Sinnhaftigkeit der Rampe in der „kleinen Gasse“ wird hinterfragt.
Die Wohnungen im EG entlang der „kleinen Gasse“ sind wegen der Nordorientierung nicht ausreichend belichtet. Allerdings wird durch die Lage im Hochparterre mehr Privatsphäre geschaffen. Aussagen über Abstellräume für Mobilitätshilfen werden nicht gemacht. Die Barrierefreiheit aller Wohnungen ist gewährleistet.
Der Eingang zur Arztpraxis über die Kellergasse ist für den Rettungsdienst gut zugänglich. Es ist ein großer Wartebereich, direkt am Eingang mit Empfangstresen gelegen, vorhanden. Dieser ist allerdings nicht abschliessbar und lässt eine zugige Atmosphäre zu. Die Untersuchungszimmer sind zwar abseits vom Wartebereich, jedoch zur Weichtunger Straße gelegen, was hinsichtlich Einsehbarkeit zu überdenken wäre. Die Lage des Patienten-WC liegt direkt gegenüber vom Labor und wird positiv bewertet, ebenso die Flexibilität zur Umgestaltung bei den Behandlungsräumen.
Die kompakte einfache Kubatur und eine effiziente Grundrissorganisation in den beiden Hauptbaukörpern lassen eine hohe Wirtschaftlichkeit erwarten. Die Konstruktion im EG aus Dämmbeton als Sichtbeton und im OG Holz-Massivbau mit Wärmedämmung incl. Holzverschalung zeugt von hoher Robustheit der Konstruktion. Die Holzverschalung der Fassade wurde vom Preisgericht kontrovers diskutiert und wäre zudem mit der Gestaltungssatzung in Einklang zu bringen. An der nördlichen Grundstücksgrenze wäre die baurechtliche Genehmigungsfähigkeit auf Realisierbarkeit hin zu überprüfen.
Die Zielsetzung mit Nahwärmenutzung ist als unrealistisch zu betrachten. Die Holzbauweise ab dem OG ist nachhaltig und damit als positiver Beitrag zu betrachten. Die optionale Nutzung des Flachdaches mit Photovoltaik wird kritisch gesehen. Hierfür wären alternative Dachflächen denkbar.
Insgesamt bietet jedoch der Entwurf durch seine städtebauliche Idee ein stimmiges Gesamtkonzept, das vor allem wegen seiner einfachen Baukörperfigur überzeugt.

Perspektive vom Am Zürch

Perspektive vom Am Zürch

Ansicht Weichtunger Straße

Ansicht Weichtunger Straße

Ansicht Am Zürch

Ansicht Am Zürch

Fassadenschnitt+ Ansicht

Fassadenschnitt+ Ansicht

Erdgeschoss

Erdgeschoss