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Award / Auszeichnung | 05/2023

Brandenburgischer Baukulturpreis 2023

Haus Parlow

DE-16247 Friedrichswalde

Nominierung

ANNABAU Architektur und Landschaft

Architektur

Niehues Winkler Ingenieure GmbH

Tragwerksplanung

Projektdaten

  • Gebäudetyp:

    Wohnungsbau

  • Projektgröße:

    166m² (geschätzt)

  • Status:

    Realisiert

  • Termine:

    Fertigstellung: 09/2022

Projektbeschreibung

Gegenüber der Dorfkirche im Ortskern, liegt auf einem rechteckigen Grundstück das Haus Parlow. Das längliche Anwesen fällt nach Westen hin ab und erlaubt Dank der Lage einen Blick über die Dächer hinweg in die Landschaft.

Der Baukörper ist nur 5 m breit und 15 m lang. Durch den geringen „Footprint“ des Hauses bleibt viel Freiraum/Garten erhalten. Der Winkel des Pultdaches ist parallel zum Verlauf der Topographie gewählt. Auch im Inneren wirkt die Landschaft konstituierend. Das Erdgeschoss gliedert sich kaskadenförmig über vier Plateaus. Darüber sind auf unterschiedlichen Höhen Plattformen aus reinem Brettsperrholz angeordnet, welche durch Treppen variierender Steigungszahl miteinander verbunden sind. Neben den dienenden Funktionen, wie Küchenzeile, Bad und WC, gibt es eine große Anzahl flexibler Flächen, welche keiner eindeutigen Nutzung zugeordnet werden müssen. Die innere Erschließung erfährt durch die vielen Versprünge und offenen Sichtbeziehungen ein performatives Moment.

Die vier Plateaus des Erdgeschosses gründen auf Stahlbetonfundamenten und erhielten Sichtestrichböden. Alle aufgehenden Bauteile sind konsequent aus Brettsperrholzplatten unterschiedlicher Stärken gefertigt, welche im Innenraum sichtbar bleiben. Die Brettsperrholzelemente der Außenwände sind gebäudehoch und die Decken sind zwischen die Wände eingehängt worden. So wurde die Anzahl der Bauteile erheblich reduziert. Die Außenwände sind von außen mit Zellulosefasern gedämmt und mit sägerauhen Fichtenholzbohlen verkleidet. Diese tragen durch den Anstrich mit roter Schlammfarbe zum besonderen Charakter des Hauses bei. Das Dach ist ein Gründach mit einer Retentionsebene, in der Regewasser gespeichert und über einen langen Zeitraum an die Pflanzen abgegeben wird. In seiner Nachhaltigkeit zeichnet sich das Projekt sowohl durch die gewählten Holzbaustoffe, das Gründach mit Retentionsvolumen, als auch durch sein Energiekonzept aus. Die Wärmeversorgung wird über eine Luftwärmepumpe gesichert und durch einen Kaminofen ergänzt. Nur die Fußböden im Erdgeschoss sind mit einer Fußbodenheizung ausgestattet. Über die Zwischenräume kann warme Luft durch das Gebäude strömen, was den Energieverbrauch mindert. Massive Bauteile (Estrichböden) speichern Wärme und geben diese verzögert ab. Das Dach ist zur Montage von PV-Modulen vorbereitet. Das Gründach schützt vor einer starken Erwärmung im Sommer.

Durch die großen, teils festverglasten Wandöffnungen fließen vor allem an den Stirnseiten Außen- und Innenraum ineinander. Durch ein Vordach geschützt, befindet sich auf der Südseite eine Terrasse, welche den Kaskaden des Innenraums folgt. An den Pflanzensträngen entlang der Südseite ranken winterharte Kiwipflanzen, die die Terrasse einfassen und in den Sommermonaten als Schattenspender dienen. Die Materialien des Hauses sind robust und altern würdig. Durch die Oberflächenqualität der Rohbaumaterialien wird auf einen Ausbau bewusst verzichtet.

Welchen Nutzen hat das Projekt?
Dank seines schmalen, hohen Baukörpers (5x15x7 m) zeichnet sich das Haus durch einen äußerst geringen Flächenverbrauch aus. Die kompakte Gestaltung ermöglicht eine effiziente Nutzung des verfügbaren Raums, ohne dabei an Funktionalität einzubüßen.
Das Gründach mit Retentionsvolumen erfüllt eine ökologische Funktion. Es bietet wertvollen Lebensraum für Pflanzen, Insekten und Vögel. Auf diese Weise wird die Fläche, die für den Bau des Hauses verwendet wurde, in Form einer ökologischen Nische an die Natur zurückgegeben.
Das Atelier hat bewusst einen Blickbezug zur Dorfstraße. Dieses gestalterische Element fördert die Kommunikation und Interaktion mit der Nachbarschaft. Das Atelier wird somit zu einem Ort des Austauschs und der Begegnung, der eine Verbindung zwischen dem Haus und seiner Umgebung schafft.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Haus liegt gegenüber der Dorfkirche in Parlow, einem Ortsteil der Amtsgemeinde Friedrichswalde am Nordrand der Schorfheide. Das längliche Grundstück fällt nach Osten hin ab, die vorhandene Topografie des Hanggrundstücks wird zum Raumkonzept und zur Tektonik des Gebäudes. Das Gebäude gründet auf einem Fundament aus Betonschalsteinen und erstreckt sich – der Topografie des Geländes folgend – über vier Plateaus. Auf der Südseite befindet sich eine durch ein Vordach und rankende, winterharte Kiwipflanzen geschützte Terrasse, welche den Kaskaden des Innenraumes folgt. Das Dach ist als Gründach ausgeführt, mit einer Retentionsebene zur wassersparenden Gartenbewässerung.
Mit Ausnahme der Funktionseinheiten Küchenzeile, Bad und WC sind die Nutzflächen flexible Wohnflächen, welche keiner bestimmten Nutzung zugeordnet sind. Hervorzuheben ist die klare Umsetzung eines offenen Grundrisses über verschiedene Ebenen und die geschickte Anordnung der Fenster und Glastüren, welche immer wieder offene Sichtbeziehungen in die Landschaft ermöglicht.
Beeindruckt hat die Jury sowohl das minimalistische als auch nachhaltige Materialkonzept. Alle Bauteile, Wände, Decken, Brüstungen, Treppen sind aus Brettsperrholz gefertigt, teilweise aus Kalamitätsholz. Die Außenwände sind mit Zellulosefasern gedämmt und mit sägerauen Fichtenholzbohlen verkleidet. Die Einbaumöbel wurden aus Verschnitt hergestellt. Der Einsatz der verwendeten Materialien konnte insgesamt auf ein Minimum reduziert werden.
Die Jury würdigt die klare, schlüssige und konsequente Umsetzung des Raumkonzeptes und des Einsatzes nachwachsender Baumaterialien bei einem realisierten Wohnprojekt in einem Dorfzentrum. Das extensive Gründach mit Regenwasserrückhaltung sowie das regenerativen Versorgungskonzept, bestehend aus einer Erdwärmepumpe mit Warmluftverteilung, leisten einen wertvollen Beitrag zum nachhaltigen Planen und Bauen.