Inmitten der Stadt Tuttlingen erhebt sich eine architektonische Erweiterung des Landratsamtes, die das Karree vervollständigt und somit an die klassizistische Neugestaltung der Stadt nach dem verheerenden Brand von 1803 anknüpft. Zwischen Alt- und Neubau entsteht ein innerstädtischer Platz, der durch die eindrucksvolle Skulptur »Begegnung« des Künstlers Jörg Bach geprägt ist und wörtlich wie bildlich einen Ort des Austauschs schafft.
Der klare Baukörper des Erweiterungsbaus ist über eine Brücke und einen Tunnel mit dem Bestandsbau verbunden
und besticht durch eine präzise, rationale Haltung, die durch die vorgefertigte Betonwerksteinfassade unterstrichen wird. Je nach Blickwinkel erscheint das Gebäude entweder monolithisch geschlossen oder fast entmaterialisiert transparent, während der Schattenwurf der Fassade eine plastische und differenzierte Ästhetik erzeugt.
Das Gebäude wird durch sechs Stahlbetonkerne strukturiert, die Fluchttreppenhäuser und Nebenfunktionen aufnehmen und Erdbebenschutz gewährleisten. Die Grundrisse entwickeln sich als regelmäßiges Rechteck mit vier oberirdischen Vollgeschossen und einer eingeschossigen Vollunterkellerung. Im Inneren erstrecken sich zwei gebäudehohe Atrien, um die sich flexible Büroetagen gruppieren. Den umlaufenden Büroflächen entlang der Fassade aus Stahlbeton-Fertigteilen wird eine Mittelzone vorgeschaltet, die der Auslagerung von Funktionen aus den Büroflächen dient.
Materialität und Farbigkeit der Innenräume sind ehrlich und unverfälscht, mit Betonböden, gestockten und schalungsglatten Betonflächen. Die warme Anmutung von Eiche in allen Bereichen mit Publikumsverkehr und Filz und Beton im internen Bürobereich erzeugen ein Wechselspiel aus Weichheit und Härte. Ein großformatiges Orientierungssystem in Weiß strukturiert die Atrien und zeigt die Funktionen der verschiedenen Bereiche, sodass sich BesucherInnen leicht zurechtfinden.
Ein innovatives Büro- und Arbeitskonzept stärkt den Dienstleistungsgedanken der Verwaltung und schafft eine offene Bürolandschaft, die Schwellenängste abbaut und eine offene Verwaltung präsentiert. Servicepoints dienen als erste
Anlaufstelle für die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger, während Großraumarbeitsbereiche mit Rückzugsmöglichkeiten und zahlreichen Besprechungsoptionen den Bedürfnissen der Belegschaft gerecht werden.
Die tragende Fassade ermöglicht Stützenfreiheit im Inneren und Flexibilität für die neue Arbeitswelt. Die massiven
Betondecken sind mit einer Bauteilaktivierung ausgestattet, die sowohl heizen als auch kühlen kann, während innen
liegende Räume eine kontrollierte Raumbelüftung mit Wärmerückgewinnung erhalten.
Insgesamt verbindet der Erweiterungsbau des Landratsamtes Tuttlingen historische Bezüge mit modernen Arbeitswelten und schafft einen Ort der Begegnung und des Austauschs für BürgerInnen und VerwaltungsmitarbeiterInnen gleichermaßen.